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Verletzungen mit Pferdehalfter: Studie ortet erhebliches Risikopotenzial
05.05.2021 / News

Vielen Pferdebesitzern ist das Verletzungspotenzial im Zusammenhang mit Halftern nicht bewusst – es fehlt zudem an Wissen über die sorgsame Verwendung und korrekte Anpassung.
Vielen Pferdebesitzern ist das Verletzungspotenzial im Zusammenhang mit Halftern nicht bewusst – es fehlt zudem an Wissen über die sorgsame Verwendung und korrekte Anpassung. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay

Halfter sind im Pferdebereich unentbehrlich – aber auch mit einem erheblichen und oft unterschätzten Risikopotenzial behaftet: Eine Studie zeigt, dass ein Drittel aller befragten Pferdebesitzer von Verletzungen im Zusammenhang mit dem Tragen von Halftern bei ihren Pferden berichten.

 

Die britischen Wissenschaftler David Marlin, Jane Williams und Kirstie Pickles haben sich eines Themas angenommen, das de facto jeden Pferdebesitzer betrifft, aber nur höchst selten näher untersucht und diskutiert wird: nämlich das Pferdehalfter. Das Halfter gehört zweifellos zu den am häufigsten verwendeten Ausrüstungsgegenständen im Pferdebereich und ist in vielen Situationen ein selbtverständliches und unentbehrliches Hilfsmittel. „Trotzdem scheint es nur minimale Informationen über die Verwendung oder, was noch wichtiger ist, Risikofaktoren für Verletzungen von Pferden und Pferdehaltern im Zusammenhang mit der Verwendung von Halftern zu geben", so die Forscher.

Sie untersuchten daher die Verwendung und Sicherheit von Halftern im Rahmen einer Online-Umfrage, die insgesamt 19 Fragen umfasste und die über diverse soziale Medien in der britischen Pferde-Community verbreitet wurde. Insgesamt antworteten 5.615 Pferdefreunde, die meisten von ihnen waren entweder in der Dressur, im Springen, in der Vielseitigkeit oder als Freizeitreiter aktiv.

Insgesamt gaben 88% der Befragten an, mehrmals täglich Halfter zu verwenden, meist jedoch nur für kurze Zeitspannen von weniger als 30 Minuten. Die Halfter wurden üblicherweise bei der Pflege, beim Zäumen und Satteln, beim Führen von Pferden zur Koppel und wieder zurück, beim Ausmisten und beim Transport verwendet – allesamt Tätigkeiten, die mit einem nicht unerheblichen Verletzungspotenzial verknüpft sind, wie bereits aus anderen Untersuchungen hervorgeht.

So ist es auch nicht ganz überraschend, dass 1615 Personen – das sind immerhin 31% der Befragten – von Verletzungen im Zusammenhang mit angelegten Halftern bei ihren Pferden berichten, wobei in 15% der Vorfälle auch eine beteiligte Person verletzt wurde. 70 % Prozent der Verletzungen ereigneten sich, wenn das Pferd angebunden war, und 20 Prozent auf Paddocks oder Koppeln. Bei den erlittenen Verletzungen handelte es sich hauptsächlich um Schnitte, Blutergüsse und Schürfwunden – doch nicht immer endeten die Zwischenfälle glimpflich: 134 Pferde erlitten einen Bruch – und es kam zu insgesamt 167 Todesfällen, so die Umfrage.

Ein weiteres beunruhigendes Ergebnis: Bei allen Halftertypen erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit eines Verletzungsrisikos um das 1,7-fache, wenn ein Halfter beim Ausmisten verwendet wurde. Während des Transports reduzierte die Verwendung des Halfters jedoch die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung um das 0,7-fache.  Als positiv konnte vermerkt werden, dass die Verwendung von Sicherheitshalftern aus Leder oder Kunststoff das Risiko im Vergleich zu Standardhalftern aus demselben Material reduzierte.

Die Häufigkeit der gemeldeten Verletzungen in Verbindung mit dem Tragen eines Halfters sei besorgniserregend, so die Forscher – insbesondere auch angesichts der Tatsache, dass 70% der Verletzungen dann auftraten, wenn das Pferd angebunden war. „Die Tatsache, dass nur 20% der Befragten ein Sicherheitshalfter verwendeten, deutet darauf hin, dass Pferdebesitzer das Risiko einer Verletzung im Zusammenhang mit dem Halfter als gering einschätzen", sagten sie.

„Angesichts der Häufigkeit und Schwere der hier gemeldeten Verletzungen im Zusammenhang mit dem Halfter sind weitere Untersuchungen erforderlich, um die Risikofaktoren im Zusammenhang mit Menschen und Pferden, die zu Verletzung durch Halfter beitragen, vollständig zu verstehen." Insgesamt waren fast 4% aller Befragten aufgrund eines Vorfalls im Zusammenhang mit dem Halfter verletzt worden. Pferde waren daher fast achtmal häufiger verletzt als der Pferdehalter oder Besitzer.

Die Autoren wiesen auch noch auf einen anderen irritierenden Umstand hin – dass es nämlich keinen anerkannten Sicherheitsstandard bei der Entwicklung bzw. Produktion von Halftern gebe und offenbar auch keine veröffentlichten Informationen zu Faktoren wie der Bruchkraft herkömmlicher Halfter oder der Öffnungskraft von Sicherheitshalftern oder -vorrichtungen verfügbar sind. „Es ist auch unklar, nach welchen Spezifikationen Hersteller Halfter herstellen. Ebenso scheint es keine branchenweit anerkannten Richtlinien für die Passform, Verwendung, Lebensdauer oder Sicherheitsüberprüfung von Halftern zu geben.“  

Für die Wissenschaftler ist daher klar: „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Pferdebesitzer und Reiter weitere Hinweise zur korrekten Passform und effektiven Verwendung von Halftern begrüßen würden. Die Entwicklung evidenzbasierter, standardisierter Branchenrichtlinien für die Verwendung häufig verwendeter Utensilien und Ausrüstungsgegenstände, einschließlich Halftern, würde die Ausbildung von Pferdebesitzern und Reitern unterstützen und könnte das Wohlbefinden von Menschen und Pferden verbessern, indem es das Verletzungsrisiko herabsetzt. Es besteht weiterer Forschungsbedarf in Bezug auf die Funktion des Halfters und die von der Industrie anerkannten Richtlinien für die Passform und Verwendung eines Pferdehalfters.“

Zentrales Resümee der Forscher: „Ein besseres Wissen über das Verletzungsrisiko bei Halftern, verbunden mit standardisierten Anleitungen zur korrekten Anpassung und Verwendung, kann das Verletzungsrisiko verringern.“ In diesem Sinne ist von der gesamten Pferdebranche, aber auch den Herstellern noch einiges zu tun …

Die Studie „An online survey of equestrian headcollar use and safety" von David Marlin, Jane Williams und Kirstie Pickles ist am 3. Mai 2021 in der Zeitschrift ,Equine Veterinary Education' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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