Pferde-Parasiten: Auch Bandwürmer resistent gegen Entwurmungsmittel? 19.01.2024 / News
Vor allem bei Pferden, die viel Zeit auf der Weide verbringen, kommen Bandwurm-Infektionen gehäuft vor. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay
Eine neue Studie legt nahe, dass Resistenzen gegen konventionelle Entwurmungsmittel weiter auf dem Vormarsch sind – und neben Spulwürmern mittlerweile auch Bandwürmer offenbar nur mehr mit begrenzter Wirksamkeit bekämpft werden können.
Pferde sind häufig Träger von Bandwurminfektionen, insbesondere von Anoplocephala perfoliata, der am meisten verbreiteten Bandwurm-Art bei Pferden. Obwohl diese Parasiten mit Koliken in Verbindung gebracht werden können, vertragen die meisten infizierten Pferde sie im Allgemeinen gut und zeigen keine negativen Anzeichen.
Bandwürmer kommen häufig bei Pferden vor, die viel Zeit auf der Weide verbringen, da sich der Zwischenwirt, eine Hornmilbe, in der Weideumgebung aufhält. Im Gegensatz dazu werden Bandwürmer bei Pferden unter trockenen und niederschlagsarmen Bedingungen selten beobachtet.
Zwei Medikamente, Praziquantel und Pyrantel, werden üblicherweise zur Bandwurmbekämpfung eingesetzt und gelten allgemein als wirksam bei der Bekämpfung dieser Parasiten.
Während das Problem der Anthelminthikaresistenz bei Spulwürmern große Aufmerksamkeit erregt hat, wurde ihm bei Bandwürmern nicht so viel Beachtung geschenkt. Die Resistenz gegen Entwurmungsmittel (Anthelminthika) bei Bandwürmern von Pferden stellt, wie auch bei anderen Parasiten, eine erhebliche Herausforderung für das Management der Pferdegesundheit dar.
Im Gegensatz zu Spulwürmern, die durch eine Eizahl im Kot leicht diagnostiziert und beurteilt werden können, stellen Bandwürmer eine größere Herausforderung dar, da sie sporadisch Eier ausscheiden. Dieses unregelmäßige Muster erschwert nicht nur die Diagnose, sondern stellt auch die Beurteilung des Ansprechens auf die Behandlung und die Identifizierung von Wurmmittel-Resistenzen vor Herausforderungen.
Ein Bericht des renommierten Parasitologen Martin K. Nielsen, Mitglied der M.H. des Gluck Equine Research Centers im Veterinärmedizinischen Institut der Universität von Kentucky in Lexington (USA) weist auf ein offensichtliches Versagen der Wurmmittel Praziquantel und Pyrantelpamoat bei der Behandlung von Bandwürmern hin. Die Studie wurde bei Pferden auf einem Vollblutgestüt in Zentral-Kentucky im Jahr 2023 durchgeführt, die Ergebnisse wurden vor kurzem im „International Journal for Parasitology: Drugs and Drug Resistance“ veröffentlicht.
56 junge Pferde wurden zunächst mit einer Kombination aus Ivermectin und Praziquantel entwurmt, gefolgt von einer Behandlung mit Pyrantelpamoat. Die Wirksamkeit der Entwurmung wurde beurteilt, indem die Anzahl der Parasiteneier im Kot am Tag der Behandlung und erneut 14 Tage später überprüft wurde. Zwei Stuten-Gruppen, bestehend aus 39 und 45 Pferden, erhielten ebenfalls die Behandlung mit Ivermectin/Praziquantel und ihr Kot wurden vor und nach der Behandlung untersucht.
Bei den Jährlingen betrug die Gesamtwirksamkeit gegen Bandwürmer, gemessen anhand der FECR-Werte, 23,5 % für Praziquantel und 50,9 % für Pyrantelpamoat. Praziquantel entfernte erfolgreich Bandwurmeier bei drei von 17 Jährlingen, aber fünf weitere Jährlinge hatten nach der Behandlung keine Bandwurmeier mehr, sondern nur noch Bandwurmeier.
Leider konnte Pyrantelpamoat bei keinem der 14 Jährlinge, die positiv auf Bandwürmer getestet wurden, die Bandwurmeier eliminieren. Bei neun der 84 getesteten Stuten wurde festgestellt, dass sie Bandwurmeier hatten, und nach der Praziquantel-Behandlung wurden sieben von ihnen immer noch positiv auf Bandwurmeier getestet.
Die Ergebnisse zeigten auch, dass die Behandlung mit Ivermectin und Pyrantelpamoat gegen Spulwurmparasiten (Strongylid) bei jungen Pferden nicht sehr wirksam war. Die durchschnittliche Verringerung der Anzahl der Parasiteneier im Kot betrug 75,6 % oder weniger, und die Obergrenze des 95 %-Kredibilitätsintervalls lag in allen Fällen unter 90 %.
Nielsen betont, dass sich die Ergebnisse erheblich von den ersten Feldstudien zur Wirksamkeit beider Wirkstoffe unterscheiden, was Bedenken hinsichtlich der möglichen Entwicklung einer Anthelminthika-Resistenz aufkommen lässt. Er weist darauf hin, dass weitere Forschung und Fortschritte bei Parasitenmanagement-Strategien erforderlich sind, um nachhaltigere Ansätze zur Bekämpfung von Bandwurminfektionen bei Pferden zu entwickeln.
Die Studie „Apparent treatment failure of praziquantel and pyrantel pamoate against anoplocephalid tapeworms" von Martin K. Nielsen ist in der August-Ausgabe 2023 der Zeitschrift ,International Journal for Parasitology: Drugs and Drug Resistance' erschienen und kann in englischer Kurzfassung hier nachgelesen werden.
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Entwurmungen für Pferde: Schwedens selektiver Ansatz bewährt sich 30.08.2023 / News
Die Ergebnisse der schwedischen Langzeitstudie zeigen, dass der Einsatz von Entwurmungsmitteln deutlich reduziert werden kann, wenn die Behandlungen auf Eizählungen/Kotanalysen basieren. / Symbolfoto: Archiv
Schwedens selektive Strategie zur Parasitenbekämpfung bei Pferden funktioniert, wie die Ergebnisse einer Langzeit-Studie zeigen: Die empfohlenen Entwurmungen können demnach stark reduziert werden, wenn sie auf Kotanalysen/Eizählungen basieren. Doch es gibt eine wichtige Ausnahme.
In Schweden wurde mehrere Jahrzehnte lang eine routinemäßige, kalenderbasierte Entwurmung – gemeinhin als ,strategische Entwurmung' bezeichnet – durchgeführt. Wie in vielen anderen Ländern ist aber auch in Schweden in den letzten Jahren die Besorgnis über die zunehmende Resistenz gegen Entwurmungsmittel (Anthelminthika) gewachsen. Das Aufkommen arzneimittelresistenter Wurmpopulationen regte die Einführung alternativer Bekämpfungsstrategien an, um die Häufigkeit antiparasitärer Behandlungen zu verringern und damit die Gefahr von Resistenzbildungen einzudämmen.
Obwohl eine Entwurmung ohne vorherige Kotanalyse in Schweden immer noch erlaubt ist, basieren Behandlungsentscheidungen mittlerweile in der Regel auf den Ergebnissen individueller Kotanalysen, wobei häufig 200 Strongylideneier pro Gramm als Schwellenwert für die Entwurmung verwendet werden. Die Nutzung der Ergebnisse von Kotanalysen für Behandlungsentscheidungen bedeutet, dass einzelne Pferde behandelt werden, die wesentlich zur Kontamination der Weide beitragen, und nicht alle Pferde – man spricht daher auch von ,selektiver' Entwurmung.
Die ForscherInnen Eva Osterman-Lind, Mia Holmberg und Giulio Grandi, alle vom Nationalen Veterinärinstitut in Uppsala, haben das Ergebnis dieser selektiven Entwurmungs-Strategie beschrieben, basierend auf einer 10-jährigen Studie mit Pferden aus Reitanlagen in ganz Schweden von 2008 bis 2017.
Im Jahr 2006 wurde vom Institut ein Parasitenmonitoring für Reitanlagen (mit mindestens acht Pferden) initiiert und beworben, um eine Parasitenbekämpfung durch gezielte selektive Behandlung zu ermöglichen. Wesentliches Ziel ist es dabei, eine wirksame Bekämpfung von Parasiten auf den Pferdebetrieben zu erreichen und gleichzeitig das Fortschreiten von Resistenzen zu verlangsamen, indem unnötige Behandlungen vermieden und die Einführung verschiedener Methoden der Weidehygiene gefördert werden.
Die aktuelle Studie bestätigt die Wirksamkeit dieser Maßnahmen: So hat sich gezeigt, dass die Entfernung von Kot zweimal pro Woche die Anzahl infektiöser Strongylidenlarven von Pferden und Eseln auf Weiden sehr wirksam reduziert.
Die Praxis der Entwurmungs-Behandlungen folgte ebenfalls den Vorgaben bzw. Empfehlungen des Instituts: Ein Tierarzt im Parasitologielabor kommuniziert die Ergebnisse der Kotanalysen und gibt dem Eigentümer oder Betreiber des Pferdebetriebs spezifische Ratschläge zur Entwurmungsbehandlung und zum Weidemanagement. Ein praktizierender Tierarzt, der mit der Reitanlage verbunden ist, wertet dann die Ratschläge aus und verschreibt das Entwurmungsmittel.
Die im Programm verwendeten Labormethoden wurden auf der Grundlage der Diagnose der wichtigsten Darmparasiten (Strongylus vulgaris, Cyathostomine, Anoplocephala perfoliata und Parascaris-Arten) ausgewählt und entwickelt – und auch zu Preisen angeboten, die für die Pferdebesitzer tragbar und akzeptabel waren. Von einzelnen Pferden wurden Kotproben gesammelt und von Besitzern von Pferden oder Reitanlagen im Frühjahr und Herbst zur Laboruntersuchung an das Institut geschickt.
Zwischen dem 1. März 2008 und dem 30. Juni 2017 wurden insgesamt 43.330 Kotproben von 26.625 Pferden auf 935 Reitanlagen analysiert. Jährlich lag die Zahl der Kotproben zwischen 3240 und 4946 und wurde von 244 bis 324 Reitbetrieben abgegeben. Larvenkulturen zeigten, dass die überwiegende Mehrheit der Larven zu Cyathostominen gehörte, so das Studienteam in der Fachzeitschrift ,animals’.
Der Anteil der Pferde, die im Zeitraum 2013–2017 jedes Jahr positiv auf S. vulgaris getestet wurden, schwankte zwischen 4 und 11 %. Zwischen 53 % und 61 % der Pferde pro Jahr hatten eine Zählung von bis zu 200 Eiern pro Gramm. Das Vorkommen von S. vulgaris korrelierte nicht mit einem hohen Eiabwurf – im Gegenteil: Pferde mit bis zu 200 Eiern pro Gramm waren deutlich häufiger mit S. vulgaris befallen als Pferde mit mehr als 200 Eiern pro Gramm. Insgesamt wurden zwischen 4 und 11 % der Pferde positiv auf S. vulgaris getestet und 3–10 % schieden Bandwurmeier aus, wobei es stets schwache und starke Ausscheider gab.
Interessantes Detail: Drei Viertel der Pferde mit S. vulgaris schienen erst kürzlich in ihre jeweiligen Herden eingeführt worden zu sein, so die ForscherInnen: „Daher kann man davon ausgehen, dass Neuankömmlinge häufig für die Einschleppung des Parasiten in Reitanlagen verantwortlich sind. Dies sollte das Bewusstsein dafür schärfen, wie wichtig es ist, neue Pferde zu behandeln und die Wirksamkeit der Behandlung zu überprüfen, bevor sie auf die Weide gelassen werden.“
Die AutorInnen stellten fest, dass der Anteil der S. vulgaris-positiven Betrieben zunahm, wenn Einzelproben statt Sammelproben verwendet wurden. Basierend auf den Ergebnissen der S. vulgaris-Diagnose und dem Eierauswurf der Strongyliden war eine Entwurmung bei 59 % der Pferde nicht erforderlich. Das Vorkommen von S. vulgaris war bei Pferden unter fünf Jahren signifikant höher als bei Pferden ab fünf Jahren.
Die AutorInnen wiesen darauf hin, dass Mitte der 1990er Jahre, als routinemäßige Behandlungen drei- bis viermal pro Jahr durchgeführt wurden, das Vorkommen von S. vulgaris auf schwedischen Reitgeländen noch 14 % betrug.
Die Ergebnisse zeigten, dass eine Minderheit der Pferde in einem Reitstall die meisten Eier ausscheidet, was dem „20/80-Prinzip“ entspricht – das heißt, etwa 20 % der Pferde werfen 80 % der Eier aus. Folglich werden weniger als 50 % der Pferde im Programm nach jeder Probenahme entwurmt, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Entwicklung und Ausbreitung einer Wurmmittel-Resistenz verlangsamt wird.
In der vorliegenden Studie zeigten 62 % der Pferde wiederholt niedrige oder hohe Eiausscheidungen, was von praktischer Relevanz ist, da das Institut empfiehlt, dass bei ersteren keine Proben im Herbst entnommen werden müssen und letztere meist häufiger entwurmt werden müssen.
Bei Gruppen erwachsener Pferde empfiehlt das Institut im Allgemeinen keine unspezifischen/präventiven Entwurmungen für alle Pferde, sondern nur selektive Behandlungen. Doch es gibt eine wichtige Ausnahme: Um das Vorkommen von S. vulgaris zu reduzieren, das in schwedischen Reitsportanlagen immer noch weit verbreitet ist, werden unspezifische bzw. strategische Entwurmungen empfohlen, wenn Sommerweiden mit S. vulgaris infiziert sind. In diesem Fall wurde seit 2019 empfohlen, allen Pferden im Oktober und März zwei Jahre lang makrozyklische Laktone zu verabreichen, bevor sie zum selektiven Behandlungsprogramm zurückkehren.
Die Behandlung im Oktober zielte darauf ab, während der Weidesaison erworbene Larven abzutöten, während die zweite Behandlung im März dafür gedacht war, verbleibende wandernde Vorstadien-Larven zu entfernen, da bekannt ist, dass nicht alle Entwicklungsstadien gleichermaßen anfällig für Entwurmungen sind. Um die Wirkung dieser Behandlungen zu verfolgen und Bandwürmer und Cyathostominen zu diagnostizieren, wird dennoch empfohlen, dass Reitbetriebe vor der Weidesaison Proben ihrer Pferde entnehmen.
Das Resümee der AutorInnen hinsichtlich des „schwedischen Modells“ der Pferde-Entwurmung fiel insgesamt positiv aus: „Der restriktive Ansatz Schwedens bei der Behandlung mit Anthelminthika hat Reitbetriebe dazu ermutigt, die selektive Behandlung mit Anthelminthika als eines der Instrumente zur Parasitenbekämpfung einzuführen. Diese Studie zeigt, dass die empfohlenen anthelmintischen Interventionen stark reduziert werden können, wenn sie auf Kotanalysen basieren.“
Das nach wie vor verbreitete Vorkommen von Strongylus vulgaris müsse jedoch auch künftig aufmerksam beobachtet werden, so die ForscherInnen weiter: „Das ständige Vorhandensein eines potenziell tödlichen Parasiten wie S. vulgaris ist etwas besorgniserregend und die Auswirkungen der Empfehlungen zu Blindbehandlungen für Neulinge und zusätzlichen Behandlungen in infizierten Reitanlagen sollen weiter überwacht werden. Darüber hinaus hat das Überwachungsprogramm selbst kontinuierlich aktualisierte Zahlen zum Vorkommen von Darmparasiten bei Pferden erstellt und Reitbetriebe auf die Wirksamkeit ihrer Bemühungen zur Parasitenbekämpfung aufmerksam gemacht. Zusätzlich zur herbstlichen Bandwurmdiagnostik könnte ein jährlicher Kot-Eierzahlreduktionstest (FECRT) eine Möglichkeit sein, das Überwachungsprogramm weiter zu verbessern.“
Die Studie „Selective Anthelmintic Treatment in Horses in Sweden Based on Coprological Analyses: Ten-Year Results" von Eva Osterman-Lind, Mia Holmberg und Giulio Grandi ist am 28. Aug. 2023 in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
20.03.2023 - Was machen wir, wenn die Pferde-Wurmkuren nicht mehr wirken?
Was machen wir, wenn die Pferde-Wurmkuren nicht mehr wirken? 20.03.2023 / News
„Wenn die Pferdebesitzer nicht jetzt umdenken, wird es zu spät sein“ warnt David Rendle, Präsident der britischen Pferdetierärzte-Vereinigung BEVA. / Symbolfoto: Archiv
Die Resistenz gegen Entwurmungsmittel ist eine der größten Bedrohungen, mit denen die Pferdewirtschaft konfrontiert ist. In Großbritannien möchte eine neue Inititative das Problem nun vehement und nachhaltig angehen – mit einem Schulterschluss aller Beteiligten und einer großangelegten Informations- und Aufklärungskampagne.
Seit etlichen Jahren weisen ExpertInnen auf das Problem zunehmender Resistenzen gegen Entwurmungsmittel (Anthelminthika) bei Pferden hin – der Erfolg dieser Warnungen blieb allerdings überschaubar: Noch immer folgt ein beträchtlicher Teil der Pferdebesitzer in Sachen Entwurmung gleichsam dem althergebrachten ,Gießkannenprinzip' – entwurmt also seinen gesamten Pferdebestand in bestimmten Intervallen ohne Rücksicht auf die tatsächliche Parasitenbelastung, was mittel- und langfristig zu Resistenzen gegen die eingesetzten Wurmmittel führt. Ein alternativer Ansatz wäre die sogenannte selektive bzw. zeitgemäße Entwurmung, bei der mittels Kotprobenuntersuchungen und Zählung der Parasiteneier die individuelle Wurmbelastung jedes Pferdes festgestellt und erst dann entsprechend behandelt wird. Nur Pferde, die einen bestimmten Grenzwert an Parasiteneiern überschreiten, werden entwurmt – und Resistenzen so hintangehalten.
Nun hat sich in Großbritannien eine Initative geformt, die einem zeitgemäßen und auf einer ganzheitlichen Strategie basierenden Entwurmungs-Ansatz zum Durchbruch verhelfen und der zunehmenden Bedrohung von Wurmkur-Resistenzen entgegentreten will: Anlässlich der ,National Equine Show’ in Birmingham wurde am 4. März die neue branchenübergreifende Gruppe der Öffentlichkeit vorgestellt. Reiter wie die Vielseitigkeitsreiterin Piggy March, Trainerin und Coach Miri Hackett und Distanzreiterin Anna Bridges waren ebenfalls vor Ort, um die neue Initiative zu unterstützen.
Unter dem Namen CANTER („Controlling ANTiparasitic resistance in Equines Responsibly“) haben sich Vertreter von Tierärzten, Diagnostikanbietern, Pharmaunternehmen, Handelsorganisationen, technischen Experten, Pferdebesitzern, Tierschützern, ReiterInnen und politische Entscheidungsträger zusammengefunden, um diese elementare gesundheitliche Bedrohung abzuwehren und der Pferde-Community Zeit zu verschaffen.
Alle beteiligten Vertreter erkennen die kritischen Folgen von Wurmkur-Resistenzen – und die Notwendigkeit koordinierter Maßnahmen, um diese Entwicklung zu verlangsamen und die Wirksamkeit der begrenzten Behandlungen aufrechtzuerhalten. Zentrale Forderungen der Gruppe sind:
– das Parasitenrisiko mit ihrem verschreibenden Tierarzt zu bewerten;
– durch Eizählungs-Tests die tatsächliche Parasiten-Belastung festzustellen, um gezielt zu behandeln und
– Mist von Koppeln regelmäßig zu entfernen, um die Exposition gegenüber Entwurmungsmitteln und die Entwicklung von Resistenzen zu verringern.
Das Ziel von CANTER ist es, einen konsistenten Ansatz zur Parasitenkontrolle in der gesamten Pferdegemeinschaft zu unterstützen und – wie es Dr. Claire Stratford vom ,Veterinary Medicines Directorate’ formuliert – eine „zentrale Quelle der Wahrheit“ zu allen Fragen rund um die Resistenz gegen Entwurmungsmittel bei Pferden zu werden, in einem Bereich, in dem es traditionell unterschiedliche Meinungen und Botschaften gibt.
Die Gruppe hat sich dafür vier große Arbeitsschwerpunkte gesetzt:
1) Best-Practice-Leitlinien zu erarbeiten und noch vor Ende 2023 zu veröffentlichen, um Tierärzten evidenzbasierte Leitlinien und Informationen zu nachhaltigen, verantwortungsbewussten und praktischen Strategien zur Parasitenbekämpfung bei Pferden zu geben.
2) Es werden Leitlinien für Eizählungen im Kot erstellt, um Protokolle zur Erfassung, Verarbeitung und Interpretation der Ergebnisse zu etablieren und die effektive Nutzung von Diagnose- und Überwachungsinstrumenten zu fördern.
3) Ein Forschungszweig wurde gegründet, um Wissenslücken und Möglichkeiten zu identifizieren.
4) Eine effektive und breit angelegte Kommunikationsstrategie soll entwickelt werden, um all diese Informationen zu verbreiten.
Für Pferdebesitzer wurde auch ein kostenloses Analyse-Tool entwickelt, mit dessen Hilfe jeder Pferdehalter das Parasitenrisiko für seine Pferde einschätzen kann. Dieses „Risikoprofil für die Parasitenbelastung ihres Pferdes“ (siehe unten) und unterstützende Infografiken sollen die breite Palette von Faktoren hervorheben, die das Parasitenrisiko eines Pferdes beeinflussen. Ziel ist es, ein einfaches Bewertungsinstrument bereitzustellen, mit dem Pferde als niedriges, mittleres oder hohes Risiko einer Parasiteninfektion und -krankheit eingestuft und geeignete Maßnahmen mit dem verschreibenden Tierarzt besprochen werden können.
Das CANTER-Risikoprofil für die Parasitenbelastung: Je mehr Faktoren in der Kategorie ,gering' (low) zutreffen, desto geringer ist auch das Risiko; je mehr Faktoren in die Kategorie ,hoch' (high) fallen, desto höher ist das Risiko eines Parasitenbefalls und einer daraus resultierenden Erkrankung für ihr Pferd bzw. ihre Pferde. (Grafik: CANTER)
Der Präsident der British Equine Veterinary Association, David Rendle, sagte, die Resistenz gegen Anthelminthika stelle eine enorme Bedrohung für die Gesundheit und das Wohlergehen von Pferden dar, und die Annahme eines diagnostischen Ansatzes zur Parasitenkontrolle und eine Reduzierung des Einsatzes von Entwurmungsmitteln seien dringend erforderlich: „Wenn Pferdebesitzer nicht jetzt umdenken, wird es zu spät sein“, sagte Rendle. Und er meinte weiter: „Risikofaktoren für Parasiten-assoziierte Krankheiten sollten immer berücksichtigt werden, wenn ein Plan für die diagnostisch-orientierte Parasitenkontrolle entwickelt wird, und Diagnosen und Behandlungen sollten in diesem Rahmen berücksichtigt werden, nachdem die Risiken bereits berücksichtigt wurden. Wir müssen weg von der Ad-hoc-Nutzung von Eizählungen und Behandlungen.“
Alle Infos zur neuen Initiative CANTER findet man hier!
02.07.2022 - Studie zeigt: So schlecht wirkt die alte Entwurmungs-Praxis
Studie zeigt: So schlecht wirkt die alte Entwurmungs-Praxis 02.07.2022 / News
Ein weiteres Ergebnis der ungarischen Studie: Eine hohe Besatzdichte sorgt auch für eine höhere Anzahl von Wurmeiern im Kot. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay
Um der wachsenden Bedrohung durch Wurmmittel-Resistenzen zu begegnen, plädieren Experten seit einiger Zeit für eine gezielte oder strategische Wurmbekämpfung statt der jahrzehntelang praktizierten regelmäßigen Behandlung. Eine aktuelle Studie zeigt am Beispiel Ungarn, wie dringlich dieser Strategiewechsel ist.
Wie die Studien-AutorInnen eingangs feststellen, wird in Ungarn immer noch häufig der althergebrachte Ansatz zur Parasitenbekämpfung bei Pferden angewendet, bei dem in regelmäßigen Abständen wechselnde Entwurmungs-Behandlungen durchgeführt werden – nahezu keine landwirtschaftlichen Betriebe verwenden regelmäßig Eizählungen (Fegal Egg Counts = FEC) als Richtschnur für ihre Entwurmungsbehandlungen.
Die Wissenschaftlerin Kinga Joó und ihre Mitarbeiter von der Unversität Kaposvar sowie der Veterinärmedizinischen Universität Budapest bezeichneten diesen Ansatz als „sicherlich nicht nachhaltig“ und als „Hauptfaktor, der für die derzeit hohen Grade an Anthelminthika-Resistenzen verantwortlich ist.“ Sie führten eine Studie mit dem Ziel durch, Risikofaktoren im Zusammenhang mit Strongyliden-Eizählungen zu untersuchen und statistisch zu analysieren. Ihre Arbeit wurde vor kurzem in der Fachzeitschrift ,Veterinary Parasitology: Regional Studies and Reports’ veröffentlicht.
Das Forschungsteam sammelte Kotproben von 216 Sport- und Freizeitpferden, die auf 13 Pferdebetrieben in Ungarn gehalten wurden. Die Pferde waren zwischen 5 Monaten und 30 Jahren alt und hatten zuletzt mindestens 60 Tage zuvor eine anthelmintische Behandlung (also Entwurmungsmittel) erhalten.
Keiner der an der Studie beteiligten Betriebe hatte zuvor Eizählungen im Kot verwendet, um regelmäßig Entwurmungsbehandlungen durchzuführen. Die Analyse der Ergebnisse zeigte:
– Der größte Teil der fäkalen Wurmeierproduktion war auf eine begrenzte Anzahl von Pferden zurückzuführen. Nur 22 % der Pferde waren für 80 % der gesamten Strongyliden-Eierproduktion verantwortlich. Dies deckt sich mit den Ergebnissen anderer Studien.
– Junge Pferde (unter 5 Jahren) hatten signifikant höhere Eizahlen im Kot als Pferde im Alter von 5–17 Jahren und über 17 Jahre.
– Pferde mit sehr hoher Besatzdichte (mehr als 30 Pferde/ha) hatten signifikant höhere EPG-Werte (Wurmeier pro Gramm = eggs per gram) als Pferde mit geringerer Besatzdichte.
– Ein besonders bemerkenswertes und beunruhigendes Ergebnis war jedoch: Pferde, die mindestens einmal jährlich mit Benzimidazolen (z. B. Fenbendazol) behandelt wurden, hatten signifikant höhere FEC-Werte (Wurmei-Anzahl im Kot, fecal egg count) als Equiden, die keine Benzimidazole erhalten hatten.
Vor allem der letzte Befund deutet eindeutig darauf hin, dass Entwurmungs-Produkte auf der Basis von Benzimidazol (z.B. Fenbendazol) nicht mehr effektiv wirken, die zu bekämpfenden Parasiten (insbesondere kleine Strongyliden) also offenkundig bereits Resistenzen gegen diese Wirkstoffe entwickelt haben. Dazu die AutorInnen: „Die hier berichteten Ergebnisse weisen jedoch eindeutig darauf hin, dass die Wirksamkeit von Fenbendazol sehr gering gewesen sein könnte, und legen sicherlich nahe, dass die Verwendung dieser Anthelminthika-Klasse zur routinemäßigen Parasitenkontrolle überdacht und mit Teststudien über Verringerung der Anzahl der Wurmeier im Kot (FECRT = fecal egg count reduction test) bewertet werden sollte. Wie diese Studie zeigt, ist Pyrantel kein häufig verwendetes Anthelminthikum in Ungarn, daher könnte dieses Medikament in einigen Betrieben immer noch gegen Cyathostomine wirksam sein und kann daher verwendet werden, wenn Kontrollzählungen der Wurmeier im Kot eine gute Wirksamkeit dokumentiert haben.“
Entsprechend eindeutig fiel auch das Resümee der WissenschaftlerInnen aus: „Zusammenfassend unterstreicht diese Studie den Wert der FEC-Überwachung auf Pferdebetrieben. Die Mehrheit der Pferde waren schwache Ausscheider, die weniger anthelminthische Eingriffe erforderten. Die Studie weist nachdrücklich darauf hin, dass die routinemäßige Anwendung von Fenbendazol zu einer suboptimalen Parasitenkontrolle führt und dass dieses Medikament in naher Zukunft unter ungarischen Bedingungen evaluiert werden sollte. Schließlich zeigte die Studie, wie hohe Besatzdichten mit signifikant höheren Strongyliden-FEC-Werten verbunden waren, was zeigt, dass unter solchen Umständen ein hoher Strongylid-Infektionsdruck entsteht.“
Die Studie „Evaluation of risk factors affecting strongylid egg shedding on Hungarian horse farms“ von Kinga Joó, Roxána L Trúzsi, Csenge Zs Kálmán, Virág Ács, Szilárd Jakab, András Bába und Martin K Nielsen ist am 30. Nov. 2021 in der Zeitschrift ,Veterinary Parasitology: Regional Studies and Reports’ erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
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