Der kontinuierliche Kontakt mit Curly Horses führt bei Pferdeallergikern zu deutlich geringeren Immunreaktionen – das ist das Ergebnis einer US-Studie mit Wiener Beteiligung. Dieser Effekt wirkt erstaunlicherweise auch gegenüber anderen Pferderassen – hier zeigte sich, dass der Umgang mit Curly Horses bei 88% der Patienten eine Immuntoleranz gegenüber anderen Pferden auslöste.
Von American Bashkir Curly Horses wird behauptet, dass sie hypoallergen – also wenig allergieauslösend – sind, dies wurde aber lange Zeit nicht klinisch nachgewiesen. Erst 2013 konnte in einer Pilotstudie an 10 Reitern mit Pferdeallergie eine deutliche verminderte allergische Reaktion bei Kontakt zu diesen Pferden bestätigt werden, die in der Folge in einer vergrößerten Zahl von betroffenen Reitern bestätigt wurde.
Die im Jahr 2010 gegründete Curly-Farm Klappholz vereint die auf Innere Medizin, Allergologie, Lungen- und Bronchialmedizin spezialisierte Arztpraxis von Dr. Wolfgang Mitlehner mit einem Ferienhaus und einer Reitschule mit Curly-Pferden. Diese Einrichtung bietet Reitern mit Allergien eine sichere Umgebung, in der sie mit Curly Horses interagieren und reiten können.
Dr. Mitlehner hat Studien an Allergikern durchgeführt, die Curly Horses geritten sind, um ihre allergischen Reaktionen auf diese Tiere zu untersuchen – in der Zeitschrift ,Pneumologie’ wurde nun eine umfassende Untersuchung dazu veröffentlicht. An dieser Gemeinschaftsarbeit waren Susanne Mitlehner von Curly Farm Klappholz, Dr. Wolfgang Mitlehner, Alexandra Mitlehner, Hans Caspar Mitlehner, Peter Stoll und Ines Swoboda von der FH Campus Wien sowie Monika Reissmann von der Humboldt-Universität zu Berlin beteiligt.
Das Team untersuchte die Auswirkungen der Exposition gegenüber Curly Horses bei 141 Patienten mit Pferdeallergie, indem es deren Lungenfunktion und Nasendurchgängigkeit während der Interaktion mit den Tieren beurteilte. Wie sich zeigte, führte der wiederholte Umgang mit Curly Horses, einschließlich Reiten, Putzen und Fellpflege, bei Reitern mit Allergien zu verminderten Abwehrreaktionen, was durch Verbesserungen bei allergiespezifischen Tests (FEV1-, PEF- und PNIF-Messungen) objektiv belegt werden konnte. (Anmerkung: PNIF, FEV1 und PEF sind Standardmaße zur Beurteilung von Nasenverstopfung, allergischem Schnupfen und beeinträchtigter Lungenfunktion, insbesondere bei Erkrankungen wie Asthma.)
Doch das war nicht alles: Weitere Besuche und Pferde-Kontakte, die auch längere Reitphasen von insgesamt bis zu 40 Stunden oder mehr beinhalteten, führten auch zur weiteren Verminderung allergischer Reaktionen gegenüber Curly Horses. Sehr starke allergische Reaktionen traten nur in 72 von insgesamt 1.312 Reitstunden auf, und zwar hauptsächlich in den ersten zehn Reitstunden.
Und es zeigte sich noch ein anderes, durchaus überraschendes Ergebnis: Bei 41 der 141 Patienten wurde weiter untersucht, ob eine wiederholte Exposition zu Curly Horses eine Toleranz gegenüber anderen Pferden induzieren könnte. Die Patienten der Toleranzinduktionsstudie wurden jährlich mit einem nasalen Provokationstest auf eine Pferdeallergie getestet. Die Toleranzinduktionsstudie zeigte, dass die Exposition gegenüber Curly Horses bei 88% der Patienten, die die Studie abschlossen, eine Immuntoleranz gegenüber anderen Pferden auslöste.
Dies war auch für Studienleiter Dr. Mitlehner verblüffend – und er begab sich auf Spurensuche, um dieses bemerkenswerte Phänomen zu entschlüsseln: „Um den Mechanismus zu verstehen, der die Hypoallergenität verursacht, führten wir IgE-Immunoblots durch, um festzustellen, ob Curly Horse-Haare IgE-bindende Proteine enthalten.“
IgE-Immunoblots spielen in der Allergiediagnostik eine bedeutende Rolle. Durch die Untersuchung des Musters von IgE-Antikörpern, die an verschiedenen Allergenen auf der Membran haften, können Ärzte die spezifischen Allergene identifizieren, gegen die ein Patient sensibilisiert ist. Diese Informationen sind für die Diagnose von Allergien und die Erstellung geeigneter Behandlungspläne, etwa einer allergenspezifischen Immuntherapie (Allergiespritzen) oder Empfehlungen zur Allergenvermeidung, von entscheidender Bedeutung.
Es wurden jedoch keine Unterschiede in der IgE-Reaktivität zwischen Curly Horses und Nicht-Curly Horses festgestellt, so Dr. Mitlehner. Darüber hinaus zeigten die Patienten der Immuntoleranzstudie keine verringerte IgE-Reaktivität gegenüber Haaren von Curly Horses oder Nicht-Curly Horses, obwohl die Patienten eine Toleranz entwickelt hatten. Allerdings wurden bei den Studienpatienten steigende Werte von IgG-Antikörpern gegen Pferde nachgewiesen.
Dr. Mitlehners Resümee: „Insgesamt deuten unsere Daten stark darauf hin, dass eine kontinuierliche Exposition zu Curly Horses eine Immuntoleranz induzieren kann, sodass diese Patienten nicht mehr auf Pferde reagieren. Der Grund für die geringere klinische Allergenität von Curly Horses bleibt unklar, aber die Daten legen nahe, dass blockierende IgG-Antikörper bei der Entwicklung der Immuntoleranz von Bedeutung sein könnten.
Die Studie „Horse allergy: Curly Horses can mediate immune tolerance“ von Alexandra Mitlehner, Caspar Mitlehner, Monika Reißmann, Peter Stoll, Ines Swoboda und Wolfgang Mitlehner ist in der Ausgabe 1/2024 der Zeitschrift ,Pneumologie’ erschienen und kann in englisch-deutscher Kurzfassung hier nachgelesen werden.