Ein französisches Forscherteam konnte zeigen, dass LED-Innenbeleuchtung von unterschiedlicher Helligkeit und Farbe die Stressbelastung für Pferde beim Verladen deutlich reduzieren und den Verladevorgang selbst auch abkürzen kann.

Verlade-Probleme sind soetwas wie ein hippologischer Dauerbrenner – sprich: ein Thema. mit dem sich Pferdefreunde immer wieder beschäftigen müssen und bei dem leider noch immer viel falsch gemacht wird. Einer neuseeländischen Studie (hier nachzulesen) zufolge gibt fast jeder vierte Pferdebesitzer an, zumindest mit einem seiner Pferde Verlade- oder Transportprobleme zu haben, und im Internet kursieren abertausende Videos, die derartiges Problemverhalten bei Pferden dokumentieren.

Tatsächlich scheint es leicht nachvollziehbar, dass ein Fluchttier wie das Pferd, das den freien Rundum-Blick gewöhnt ist und für sein Überleben auf Fluchtmöglichkeiten gleichsam angewiesen ist, nicht gern in eine enge Kammer auf Rädern einsteigt, aus der es scheinbar kein Entrinnen gibt. Ebenso nachvollziehbar ist auch, dass es für ein Pferd ziemlich beängstigend sein kann, ja, vielleicht sogar sein muss, aus dem hellen Sonnenlicht in einen dunklen Anhänger zu steigen, wie das immer wieder verlangt wird.

Genau diesen Aspekt haben die französischen ForscherInnen näher unter die Lupe genommen und untersucht, ob die in einem Pferdeanhänger herrschenden Lichtverhältnisse nicht ein sinnvoller Ansatzpunkt wären, dem Pferd die Angst vor dem Verlade-Vorgang zu nehmen und den mit einem Transport verbundenen Stress zu reduzieren.

Auch die anatomischen Besonderheiten des Pferdeauges seien zu berücksichtigen, so die AutorInnen: „Die Lichtwahrnehmung eines Pferdes unterscheidet sich von der eines Menschen. An der Lichtwahrnehmung eines Pferdes sind mehrere Mechanismen beteiligt: die Photorezeptoren der Netzhaut (Stäbchen, die hauptsächlich für schwaches Licht und Zapfen für helles Licht verwendet werden), das Tapetum lucidum, das die Lichtempfindlichkeit der Netzhaut erhöht; und eine horizontale Pupille mit einer schwachen Fähigkeit, ihre Größe als Reaktion auf helles Licht zu verkleinern. Infolgedessen passen sich Pferde langsamer an plötzliche Helligkeitsänderungen an und werden leichter ,geblendet’, wenn sie einem hellen Bereich ausgesetzt sind. Diese anatomischen Besonderheiten könnten einige transportbedingte Problemverhaltensweisen beim Verladen erklären.“

Sie gingen davon aus, dass verschiedene Faktoren dazu beitragen, dass Pferde einen Anhänger oder Transporter nur widerwillig betreten – und dass die Lichtverhältnisse im Innen- und Außenbereich zweifellos zu diesen Faktoren zu zählen sind.

Ziel ihrer Studie war es zu untersuchen, wie sich LED-Beleuchtung auf die Verlade- und die Reisephase beim Transport von Pferden auswirkt und welche Auswirkungen dies auf Verhaltens- und physiologische Parameter hat. Dafür wurden im Deckenbereich eines Zwei-Pferde-Anhängers spezielle bewegliche, weiße LED-Beleuchtungskörper mit verstreuter homogener Beleuchtung angebracht. 20 junge Traberpferde in ihrem frühen Ausbildungsstadium (mit wenig Erfahrung im Verladen und Reisen) wurden nach einem standardisierten Protokoll dreimal in den Anhänger geladen (Ladephase) und blieben zwei Minuten lang mit dem Experimentator im stationären Anhänger (Steh- bzw. Reisephase).

Für jeden Verladeversuch wurden die Pferde in zwei Gruppen eingeteilt und jede Gruppe wurde unter drei verschiedenen Lichtbedingungen getestet:
– Gruppe 1: neutralweißes Licht mit 4500 Kelvin (Lichtstrom = 100 %) / neutralweißes Licht 4500 Kelvin (Lichtstrom = 50 %) / natürliche Beleuchtung, die sich im Laufe des Tages ändert;
– Gruppe 2: warmweißes Licht mit 3000 Kelvin (Lichtstrom = 100 %) / kaltweißes Licht 6300 Kelvin (Lichtstrom = 100 %) / natürliches Licht, das sich im Laufe des Tages ändert.

Ziel der Untersuchung war es somit, verschiedene Arten von Weißlichttönen zu vergleichen: ein „warmes“ Weiß (3000 K), ein „neutrales“ Weiß (4500 K) und ein „kaltes“ Weiß (6300 K). Auch der Einfluss des sogenannten Lichtstroms (gibt an, wieviel Licht eine Lichtquelle in alle Richtungen ausstrahlt – gibt also die Lichtintensität an): ein „neutrales“ Weiß, das mit voller (100 %) oder mittlerer (50 %) Intensität ausgestrahlt wird.  Jedes Pferd innerhalb seiner Gruppe wurde für seinen Verladeversuch zufällig zugewiesen, Versuche fanden alle 20 ± 2 Tage statt.

Die Ergebnisse waren bemerkenswert: Während der Verladephase und der Stehphase unterschied sich das stressbedingte Verhalten und das Untersuchungsverhalten zwischen den Bedingungen in den einzelnen Gruppen nicht wesentlich. Es zeigte sich aber, dass die Farbtemperatur („warmes“ oder „kaltes“ Weißlicht) während der Stehphase einen positiven Einfluss auf die Erholung der Herzfrequenz des Pferdes hatte, wenn das Pferd in seinen Stall zurückkehrte.

Als der erste Verladeversuch unabhängig von den anfänglichen Lichtverhältnissen analysiert wurde, stellte sich heraus, dass Pferde, die in den Anhänger geladen wurden und bei denen eine hohe Beleuchtungsstärke im Inneren des Anhängers (mehr als 4500 lx) herrschte, deutlich weniger Zeit brauchten, um sich dem Anhänger zu nähern. Sie zeigten auch während der Verladephase deutlich weniger stressbedingtes Verhalten als diejenigen, die bei niedriger/mäßiger Beleuchtungsstärke (<3000 lx) verladen wurden.

Darüber hinaus zeigte die hierarchische aufsteigende Klassifizierung aller Versuche, dass bestimmte Lichtverhältnisse, einschließlich externer Faktoren wie dem Wetter, einen positiven, negativen oder neutralen Einfluss auf die Physiologie und das Verhalten der Testpferde haben können.

Das Resümee des Forscherteams: „Wir kommen zu dem Schluss, dass der Einsatz von LED-Beleuchtung im Anhänger wertvoll ist, da sie es ermöglicht, die Beleuchtungsparameter an spezifische Umgebungs- und natürliche Lichtverhältnisse während der Verlade- und der Steh- bzw. Reisephase anzupassen.“

Die Studie „Effects of different LED lighting conditions on young horses during trailer loading and stationary confinement" von Claire Neveux, Marion Ferard, Emmanuel Melac und Nicolas Pousset ist im April 2023 in der Zeitschrift ,Applied Animal Behaviour Science' erschienen und kann in englischer Zusammenfassung hier nachgelesen werden.