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Unfassbar: Pferd erschossen, weil Mieterin nicht zahlte
07.04.2015 / News

Diese Erinnerungs-Tafel – mit Spenden der Facebook-Gruppe finanziert – soll an das tragische Schicksal von War Kitty erinnern.
Diese Erinnerungs-Tafel – mit Spenden der Facebook-Gruppe finanziert – soll an das tragische Schicksal von War Kitty erinnern. / Foto: privat

Der Betreiber eines Mietstalls in North Yorkshire hatte ein Pferd erschossen, weil ihm die Mieterin 30,– Pfund an Reitgebühren schuldete – nun wurde er freigesprochen.

 

Selten hat ein Fall von Tierquälerei einen derartigen Aufschrei der Empörung in ganz Großbritannien ausgelöst: In der Tat – das, was am 15. Oktober in der Nähe des Dörfchens Raskelf passierte, sprengt jegliche Vorstellung und ist an Bösartigkeit und Zynismus wohl kaum überbietbar: Der 36-jährige Edward Johnson, Besitzer des Mietstalls ,GG Centre' in Raskelf/North Yorkshire, hatte wegen ausstehender Reitmieten in der Höhe von 30,– Pfund ein gesundes siebenjähriges Pferd namens War Kitty erschossen und es anschließend mit einem Schaufelbagger in den Garten der Mieterin – Beckie Warner – gekippt, als wäre es nur ein Stück Abfall. Beckie Warner sagte später aus, dass sie am Abend das Geräusch des Baggers gehört hätte, sich aber nichts dabei gedacht habe. Sie brachte ihre Kinder zu Bett und entdeckte den Kadaver ihres Pferdes im Garten, als sie den Abfall aus dem Haus brachte. „Ich war völlig am Boden zerstört", meinte sie gegenüber einer Lokalzeitung, „ich konnte einfach nicht glauben, dass jemand etwas so Böses tun könnte!" Einen Tag später nahmen die Polizeibehörden von North Yorkshire den 36-jährigen Stallbesitzer sowie einen 56-jährigen Mann fest, der bei der Tat mitgeholfen haben soll, aber kurz darauf wieder freigelassen wurde.

Die Tierschutzorganisation RSPCA schaltete sich ein, da sie ausgerechnet in dem fraglichen Einstellbetrieb insgesamt zwölf Pflegepferde untergebracht hatte – und ließ diese umgehend in einen anderen Stall bringen.

Zu mehr aber war RSPCA nicht in der Lage, wie eine Sprecherin wenige Wochen später zugeben musste – denn Edward Johnson wurde nicht wegen Tierquälerei, sondern wegen Sachbeschädigung angeklagt: „Das betroffene Pferd stand nicht in der Obhut von RSPCA, der mit der Untersuchung betraute Tierarzt meinte, dass das Pferd auf humane Weise getötet worden sei – was bedeutet, dass eine Anklage nach dem geltenden Tierschutzgesetz leider nicht in Frage kommt." Immerhin fügte sie hinzu: „Die RSPCA hat absolutes Verständnis für die starken Emotionen, die dieser Vorfall ausgelöst hat und billigt ganz und gar nicht, was da geschehen ist."

Der Vorfall löste in Großbritannien eine Welle des Zorns und der Empörung aus – wohl gerade deshalb, weil die Erschießung eines siebenjährigen, gesunden Pferdes ein barbarischer Akt der Grausamkeit und keine ,Sachbeschädigung' ist und der Besitzer des Mietstalls auch nicht das Einverständnis der Besitzerin von War Kitty, Liz King, für die Tötung eingeholt hatte. Auf der Plattform change.org wurde eine Petition gestartet, die nach der Höchststrafe für Edward Johnson verlangte, der „ein unschuldiges Pferd aus purer Gehässigkeit tötete". Bis zum heutigen Tag wurde die Petition über 7.000 Mal unterschrieben. Eine Facebook-Gruppe verlangte die sofortige Schließung des GG Centre in York und konnte über 4.000 Mitglieder für ihr Anliegen gewinnen. Hunderte erboste Mails und Facebook-Einträge überschwemmten die Social-Media-Seiten der diversen Medien in einem Ausmaß, das man selten zuvor erlebt hatte.

Die letzten, schwachen Hoffnungen der britischen Pferdefreunde ruhten auf dem Gerichtsverfahren, das am 27. März vor dem Bezirksgericht Northallerton durchgeführt wurde – doch anstelle einer Bestrafung für Edward Johnson gab es, zum Entsetzen vieler, einen Freispruch. Edward Johnson verließ den Gerichtssaal als freier Mann, weil die Hauptbelastungszeugin Beckie Warner nicht vor Gericht erschienen war, obwohl sie ihr Kommen zugesagt hatte. Der Prozess wurde sogar unterbrochen, um mit ihr Kontakt aufzunehmen – doch es war nichts zu machen. Den Antrag der Staatsanwaltschaft, den Prozess zu vertagen, wies Richter Ron Stead ab – und beendete das Verfahren mit einem Freispruch.

Edward Johnson verweigerte nach dem Urteil jede Stellungnahme. Im Vorfeld des Prozesses hatte er sich damit gerechtfertigt, dass er ursprünglich das Pferd nur zu Beckie Warner bringen und es in ihrem Garten anbinden wollte, dann aber sei der Vollblüter unruhig geworden und habe ausgeschlagen, so habe man es aus Sicherheitsgründen erschießen müssen. „In diesem Geschäft muß man oft Entscheidungen treffen, die nicht immer einfach und auch nicht immer angenehm sind, aber sie müssen getroffen werden", meinte ein Sprecher des GG Centres.

Kurz nach dem Prozess wurden im Übrigen weitere schwere Vorwürfe gegen das GG Centre erhoben: So habe es bereits im März 2011 einen ähnlichen Vorfall gegeben, bei dem insgesamt drei Pferde – zwei davon hochträchtige Stuten – von Mitarbeitern des Stalls erschossen worden waren. Die Pferde standen im Besitz von Dan Kelbie aus Darlington, der nun im Rahmen eines Zivilprozesses zu seinem Recht kommen möchte. Gegenüber der Tageszeitung ,The Northern Echo' gab er an, dass die Pferde erschossen wurden wenige Stunden vor seiner Ankunft, um die quartalsmäßig fälligen Mietgebühren zu bezahlen.

Die Besitzerin von War Kitty, Liz King, fühlte sich nach dem Urteil des Richters „zutiefst gedemütigt". Sie könne nur hoffen, dass der Aufschrei nach diesem Prozess dazu führen wird, dass Pferdevermieter nicht mehr das Recht haben, Pferde einfach zu erschießen und dass man die Gesetze ändern soll, um den Pferden mehr Schutz zu gewähren, damit sich solche Vorfälle nie mehr wiederholen.

ANMERKUNG: In den meisten europäischen Ländern – namentlich auch in Österreich – wäre ein derartiger Vorfall selbstverständlich ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz und daher juristisch zu ahnden. § 5 des österreichischen Tierschutzgesetzes stellt etwa klar, dass es verboten ist, einem Tier ungerechtfertigte Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen. Vielleicht führt dieser grausame Fall dazu, dass auch in Großbritannien ein zeitgemäßes Tierschutzrecht eingeführt wird, zu hoffen wäre es....

Kommentare

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1) Robert: Hallo Leo - bei aller gebotenen Aufregung über den Fall - er sprengt z. B. meine Vorstellungskraft nicht und es handelt sich dabei auch nicht um Tierquälerei - ansonsten stimme ich, wie so oft, mit Dir in allen anderen Punkten völlig überein ...
Weiterhin toi, toi, toi und viel Erfolg für diese wichtige Website !
LG, Robert
Donnerstag, 9. April 2015

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