Zwei Jugendliche hatten zu Silvester 2022 in der Nähe einer Pferdekoppel einen Böller gezündet, die darauf befindlichen Pferde gerieten in Panik, eines verletzte sich schwer. Nun sprach das Weseler Amtsgericht die beiden Angeklagten frei – sie hätten zwar dumm, aber nicht vorsätzlich gehandelt, ihr Verhalten sei daher nicht strafbar.
Es ist ein Urteilsspruch, der gewiss noch für einige Diskussionen sorgen wird: Wie die ,Neue Rhein/Ruhr Zeitung’ in ihrer Online-Ausgabe berichtet, endete der Prozess um einen zu Silvester 2022 gezündeten Böller, der mehrere Pferde auf einer nahen Koppel in Panik versetzte und zu einer schweren Verletzung eines Pferdes führte, mit einem glatten Freispruch. Wie kann das sein – werden sich jetzt viele Pferdefreunde fragen?
Die Antwort liefert das Weseler Amtsgericht, das für das Verfahren zuständig war und die Geschehnisse des verhängnisvollen Silvesterabends zu rekonstruieren versuchte. Demnach hätten die beiden angeklagten Jugendlichen – zum Tatzeitpunkt 17 und 20 Jahre alt – auf dem Grundstück der Familie des älteren Burschen ausgelassen gefeiert und dabei auch einen Böller gezündet, der mehrmals knallt. Die Pferde auf der benachbarten Koppel wollen sie nicht bemerkt haben, ebensowenig, dass die Tiere nach der Explosion in Panik geraten und wild umhergerannt sind.
Eine gänzlich andere Darstellung lieferte eine Zeugin, deren Pferd sich bei der panischen Flucht ernsthaft verletzt hatte. Sie gab an, die beiden Jugendlichen an der Grenze zur Koppel gesehen zu haben: „Die haben sich die Bäuche gehalten vor Lachen“ meinte sie wörtlich vor Gericht – und das könne sich nur auf die aufgeschreckten Tiere bezogen haben, so ihre Aussage. Man habe sofort mit lauten Rufen reagiert, doch das Unglück war bereits geschehen: In der Reithalle bemerkte die Halterin, dass ihr Pferd lahmte, ein Tierarztbesuch ergab einen Meniskusschaden, die Perspektive für das Pferd ist ungewiss.
Wer nun allerdings denkt, dass sich die beiden Angeklagten strafbar verhalten hätten und für ihre ,Sachbeschädigung’ (so der juristische Begriff) geradestehen müssten, irrt jedoch: Dafür hätten die Jugendlichen den Vorsatz haben müssen, das Tier zu verletzen – und das sei ihnen nicht nachzuweisen, so die Staatsanwaltschaft. Zitat: „Das war ein blödes Verhalten, aber blödes Verhalten ist nicht strafbar.“
Zur Information: Im § 222 des deutschen Strafgesetzbuchs (StGB) ist der Tatbestand der Tierquälerei so definiert:
„(1) Wer ein Tier
1. roh misshandelt oder ihm unnötige Qualen zufügt,
2. aussetzt, obwohl es in der Freiheit zu leben unfähig ist, oder
3. mit dem Vorsatz, dass ein Tier Qualen erleide, auf ein anderes Tier hetzt,
ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre zu bestrafen.
(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer, wenn auch nur fahrlässig, im Zusammenhang mit der Beförderung mehrerer Tiere diese dadurch, dass er Fütterung oder Tränke unterlässt, oder auf andere Weise längere Zeit hindurch einem qualvollen Zustand aussetzt.
(3) Ebenso ist zu bestrafen, wer ein Wirbeltier mutwillig tötet.“
In Österreich ist die Rechtslage sehr ähnlich – lt. § 222 des Strafgesetzbuchs muss bei Tierquälerei ebenfalls der Nachweis des Vorsatzes erbracht werden. Dieser ist in der Praxis aber oftmals schwer zu führen, sogar bei drastischen Fällen, wie ein Beispiel aus dem Jahr 2019 in NÖ vor Augen führt: Eine junge Frau, die mutmaßlich in einem Wutanfall einen Yorkshire Terrier in einen Fluß geworfen hatte (das Tier wurde darin am nächsten Tag tot aufgefunden), berief sich auf bloße ,grobe Fahrlässigkeit' – und dass sie nicht bemerkt hatte, dass der Hund in den Fluss gefallen war. Sie musste ohne nähere objektive Beweisergebnisse vom Richter freigesprochen worden – im Zweifel für die Angeklagte ...
In Österreich kann Tierquälerei aber auch verwaltungsrechtlich geahndet werden, und zwar auf Basis des Tierschutzgesetzes.