Zu geringes Körpergewicht als Risikofaktor einer Kolik-OP bei Pferden 08.06.2023 / News
Eine Kolik-OP ist trotz aller medizinischen Fortschritte nach wie vor mit beträchtlichen Risiken verbunden, so die AutorInnen. / Symbolfoto: University Nottingham
Italienische WissenschaftlerInnen haben im Rahmen einer umfangreichen retrospektiven Studie die Risikofaktoren untersucht, die das Ergebnis und die kurzfristige Überlebensrate bei Kolik-Operationen beeinflussen. Zu ihrer Überraschung war darunter auch ein zu geringer BCS-Wert – doch das war nicht die einzige spannende Entdeckung.
Trotz Fortschritten in der Anästhesie und den chirurgischen Techniken besteht immer noch ein erhebliches Risiko im Zusammenhang mit Kolikoperationen bei Pferden, so die AutorInnen einleitend. Es handelt sich um einen großen chirurgischen Eingriff, der mit Risiken wie Anästhesiekomplikationen, postoperativen Infektionen und schlechter Heilung der Operationsstelle verbunden ist. Darüber hinaus werden Kolikoperationen in der Regel bei akuten medizinischen Notfällen durchgeführt, wenn die Gesundheit des Pferdes bereits beeinträchtigt ist.
Selbst bei erfolgreicher Operation benötigen Pferde mit Koliken in der postoperativen Phase wahrscheinlich eine intensive Pflege und Überwachung, was kostspielig und zeitaufwändig sein kann. Für Pferdebesitzer ist es daher wichtig, sich der mit einer Kolikoperation verbundenen Risiken bewusst zu sein und ein offenes Gespräch mit ihrem Tierarzt über die möglichen Ergebnisse und die Prognose zu führen. Ein frühzeitiges Eingreifen und eine rechtzeitige chirurgische Behandlung können die Chancen auf einen positiven Ausgang verbessern, sind jedoch keine Garantie für den Erfolg.
Um die Risikofaktoren für Kolikoperationen besser einschätzen zu können, überprüfte ein italienisches Forscherteam die Aufzeichnungen und Krankengeschichten von Pferden, bei denen an drei großen Pferdekliniken in Nord- und Mittelitalien zwischen 2018 und 2021 eine Kolikoperation durchgeführt wurde. In der in der Zeitschrift ,animals' veröffentlichten retrospektiven Studie untersuchten Dr. Alessandro Spadari und seine Kollegen von den Veterinärmedizinischen Lehrkrankenhäusern der Universitäten Bologna, Perugia und Turin Daten von insgesamt 451 Pferden, die sich einer Kolikoperation unterziehen mussten.
Die ForscherInnen fanden heraus, dass die kurzfristige Überlebensrate für alle Pferde, die sich einer Operation unterzogen hatten, 68,5 % betrug (siehe Grafik unten), und für diejenigen, die sich sowohl von der Operation als auch von der Anästhesie erholten, betrug die Überlebensrate 80 %.
Besonders interessante Zahlen: Von den insgesamt 451 kolik-operierten Pferden der Studie starben 65 (= 14,5 %) während der Operation. Von den verbliebenen 386 Pferden, die sich von der Anästhesie erholten, starben aber noch weitere 77 (= 17,0 %) während des Aufenthalts an der Klinik. Die verbliebenen 309 Pferde (= 68,5 %) konnten aus der Klinik entlassen werden. Grafik: Alessandro Spadari et.al.
Die Studie identifizierte auch mehrere mögliche Risikofaktoren, die das Ergebnis der Operation beeinflussen könnten, darunter Alter, Körperzustand (Body Condition Score = BCS), Hämatokrit-Wert (= Anteil der zellulären Blutbestandteile am Volumen des Blutes, Anm.) und Gesamtproteinspiegel im Plasma vor und nach der Operation, weiters die Refluxmenge, Art der Erkrankung, Art der Läsion, Dauer der Operation, Erfahrung des Chirurgen und Menge der intra- und postoperativen Flüssigkeiten, die verabreicht werden.
Durch multivariate Analyse stellten die Forscher fest, dass insgesamt drei Faktoren eine besonders hohe Vorhersagekraft für das kurzfristige Überleben nach einer Kolikoperation hatten: nämlich der Hämatokrit-Wert bei der Ankunft in der Klinik, der Gesamtproteinspiegel im Plasma nach der Operation – und der BCS-Wert: Die Auswertungen zeigten, dass Pferde mit einem Body Condition Score (BCS) von weniger als 4 (von 9 Stufen) ein höheres Risiko für ein negatives Ergebnis in der Studie hatten.
Dies war für die AutorInnen selbst bemerkenswert und durchaus überraschend: „Soweit uns bekannt wurde BCS nie in Zusammenhang mit dem kurzfristigen Ergebnis (einer Kolik-OP, Anm.) gebracht. In dieser Studie hatten Pferde mit einem niedrigeren BCS ein höheres Risiko für ein negatives Ergebnis. Dieser Aspekt hängt wahrscheinlich mit der Tatsache zusammen, dass dünne Pferde nach einer Kolikoperation stärker geschwächt waren und daher eine verminderte Erholungsfähigkeit hatten.
Darüber hinaus hatten Pferde, die mit einem Hämatokrit-Wert von mehr als 50 % und einem Gesamtproteinspiegel im Plasma unter 5,7 oder über 7,4 im Überweisungszentrum ankamen, eine schlechtere Prognose als Pferde mit anderen Werten. Auch die Art der Läsion spielte eine wichtige Rolle für das Ergebnis der Operation, wobei Pferde mit der Diagnose Dickdarmvolvulus, gestieltes Lipom und Dünndarmvolvulus die schlechteste Prognose hatten.
Auch die Betrachtung weiterer untersuchter Parameter erbrachte andere Ergebnisse als in der früheren Literatur berichtet, wie beispielsweise das Alter. Dazu die AutorInnen: „In früheren Studien wurde der Einfluss des Alters auf das Ergebnis kontrovers diskutiert. Einige Studien zeigten, dass ältere Pferde häufiger starben, andere berichteten, dass bei älteren Pferden die Wahrscheinlichkeit, aus dem Krankenhaus entlassen zu werden, ähnlich hoch sei wie bei ausgewachsenen Pferden [4,14]. In dieser Studie erzielten die ausgewachsenen Pferde im Alter zwischen 10 und 14 Jahren die besten Ergebnisse. Dies kann durch die Tatsache erklärt werden, dass junge und ältere Tiere unterschiedliche prädisponierende Bedingungen haben können, die auch durch das mögliche Vorhandensein begleitender Pathologien verschlimmert werden können.“
Wie bereits in früheren Studien berichtet, ist auch die intravenöse Verabreichung von Kristalloiden eine lebensrettende Maßnahme, die bei der Behandlung von Pferden mit Koliken von grundlegender Bedeutung ist – allerdings würden exakte Richtlinien zu Infusionsvolumen und -geschwindigkeit noch fehlen, so die AutorInnen. Sie plädierten jedoch nachdrücklich für die sogenannte „zielgerichtete“ Flüssigkeitstherapie, die nicht mit höheren postoperativen Komplikationen verbunden, aber kostengünstiger ist und auch die Aufenthaltsdauer in der Klinik verkürzt. Die ForscherInnen wörtlich: „Die Verabreichung von Kristalloiden beeinflusste das Ergebnis dieser Studie und obwohl es keine Studien gibt, die die Auswirkung einer Überhydrierung auf das Ergebnis bei Pferden belegen, bestätigen die Ergebnisse unserer Studie die Notwendigkeit einer zielgerichteten Flüssigkeitstherapie.“
Die AutorInnen der Studie gehen davon aus, dass ihre Ergebnisse Chirurgen dabei helfen könnten, fundierte Entscheidungen zu treffen und überweisende Tierärzte und Pferdebesitzer über die Risiken zu informieren. Sie empfehlen die Durchführung zusätzlicher prospektiver Studien, um die Auswirkungen der in dieser Studie untersuchten Vorhersageindizes auf das kurzfristige Überleben zu validieren.
Die Studie „Short-Term Survival and Postoperative Complications Rates in Horses Undergoing Colic Surgery: A Multicentre Study" von Alessandro Spadari, Rodolfo Gialletti, Marco Gandini, Emanuela Valle, Anna Cerullo, Damiano Cavallini, Alice Bertoletti, Riccardo Rinnovati, Giulia Forni, Nicola Scilimati und Gessica Giusto ist am 20. März 2023 in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
KommentareBevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...Weitere Artikel zu diesem Thema:08.07.2020 - So groß sind die Überlebenschancen von Pferden nach einer Kolik-OP
So groß sind die Überlebenschancen von Pferden nach einer Kolik-OP 08.07.2020 / News
Eine Kolik-OP ist stets mit einem gewissen Risiko verbunden und wird nur durchgeführt, wenn dies medizinisch unbedingt notwendig ist. / Symbolfoto: Redwings Horse Sanctuary
Niederländische Forscher haben untersucht, wie hoch die Überlebensrate von kolik-operierten Pferden ist – und ob diese nach dem Eingriff wieder an ihre früheren sportlichen Leistungen anschließen konnten.
Koliken sind der Albtraum jedes Pferdebesitzers und gelten als die häufigste unnatürliche Todesursache bei Pferden. Obwohl viele Pferde schnell auf eine medizinische Behandlung ansprechen und oftmals konservative Therapien zum Erfolg führen, ist bei schweren Verläufen eine Kolik-Operation unumgänglich, um das Problem zu beheben. Diese ist gleichsam das letzte Mittel, um das Pferdeleben zu retten – und mit nicht unbeträchtlichen Risiken (Vollnarkose, unvorhersehbare Komplikationen während des Eingriffs etc.) verbunden. Hinzu kommt eine meist monatelange Genesungszeit nach dem Eingriff – und die Ungewissheit, ob das Pferd seine ursprüngliche Leistungsfähigkeit und Vitalität wiedererlangt.
Doch wie groß sind die mit einer Kolik-OP verbundenen Risiken tatsächlich, wie groß sind die Überlebenschancen des Pferdes – und wie gut sind die Aussichten auf eine langfristige Rückkehr zum einstigen Leistungsniveau? Diesen Fragen sind Wissenschaftler aus den Niederlanden in einer retrospektiven Studie nachgegangen. In ihrer vor kurzem veröffentlichten Untersuchung haben sie die Überlebens- und Komplikationsraten sowie die grundsätzlichen Ergebnisse und allfällige Verhaltensprobleme bei Pferden untersucht, die sich einer Kolikoperation unterzogen hatten. Insgesamt wurden die Daten von 283 Pferden analysiert, die sich in einem tierärztlichen Lehrkrankenhaus einer Kolikoperation unterzogen hatten. Zudem wurden die Pferdebesitzer kontaktiert und gebeten, einen Fragebogen zum ersten Jahr der Rehabilitation auszufüllen.
Die Ergebnisse zeigten ein differenziertes Bild: Von 283 Pferden, die sich einer Kolikoperation unterzogen hatten, wurden 167 (= 59%) wieder nach Hause entlassen. Bei 34 Pferden (= 12%) brach der Kontakt zu den Besitzern danach leider ab, daher konnte auch keine Nachsorge durchgeführt werden. Von den verbleibenden 133 Pferden lebten 128 nach einem Jahr noch (= 96,2%), während fünf Pferde aufgrund wiederkehrender Koliken eingeschläfert werden mussten.
Von den Pferden, die den Krankenhausaufenthalt nicht überlebten, mussten 73 Pferde (= 25,8%) während der Operation und 36 Pferde (= 12,7%) während des Aufenthalts auf der Intensivpflege-Station eingeschläfert werden. Das heißt, dass insgesamt 109 Pferde entweder während oder unmittelbar nach der OP eingeschläfert werden mussten, also 38,5 %. Die Überlebensrate der Pferde, die bis zur Entlassung aus der Klinik auf der Intensivpflege-Station betreut wurden, betrug 79,5%.
Während der Rehabilitation traten bei 49 Pferden (= 59,8%) ein oder mehrere neuerliche Koliken auf. 52 Pferde (= 63,4%), die nach Hause zurückkehrten, erreichten mindestens das präoperative Leistungsniveau. Bei bis zu 46,2% der Pferde wurde über verändertes Verhalten und Gangprobleme während bestimmter Reitelemente (z. B. beim Versammeln, seitlichen Biegen usw.) berichtet.
Das Resümee der Wissenschaftler: Die Verbesserung der tierärztlichen Nachsorge in Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen (z. B. Physiotherapie und Sattelanpassung) während der Rehabilitation könnte ein geeignetes Mittel sein, um die sportliche Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden nach einer überstandenen Kolikoperation weiter zu verbessern.
Diese Daten der niederländischen Wissenschaftler bestätigen auch eine ähnliche Untersuchung, die im Jahr 2017 an der Veterinärmedizinischen Universität Helsinki durchgeführt wurde. Damals zeigte sich, dass von insgesamt 236 kolik-operierten Pferden insgesamt 90 entweder während oder unmittelbar nach der Operation eingeschläfert werden mussten, das sind 38,1 % (siehe auch unseren ausführlichen Artikel dazu).
Die Studie „Colic Surgery in Horses: A Retrospective Study Into Short- And Long-Term Survival Rate, Complications and Rehabilitation Toward Sporting Activity“ von Johannes P. A. M. van Loon, Emi M. S. Visser , Marjolein de Mik-van Mourik, Pieternel Kerbert, Tsjester Huppes und Eveline S. Menke ist im Juli 2020 in der Zeitschrift ,Journal of Equine Veterinary Science’ erschienen und kann in englischer Zusammenfassung hier nachgelesen werden.
23.03.2022 - Kolik-Operation beim Pferd: Nachversorgung ist entscheidend
Kolik-Operation beim Pferd: Nachversorgung ist entscheidend 23.03.2022 / News
Kolik-Operationen sind bei Pferdebesitzern immer mit Sorgen und Ängsten verbunden, aber oft die einzige Möglichkeit, um das Leben des betroffenen Pferdes zu retten. / Symbolfoto: Archiv/Redwings Horse Sanctuary
Eine erfolgreich verlaufene Kolik-Operation ist keine Garantie für eine vollständige und vor allem langfristige Genesung: 24 bis 48 Stunden nach dem Eingriff müssen viele Faktoren sorgfältig überwacht werden – auch die weitere Beobachtung, Nachversorgung und Pflege sind entscheidend für eine völlige Gesundung der vierbeinigen Patienten, wie Tierärzte der renommierten Palm Beach Equine Clinic betonen.
Kolik ist ein Wort, das allen Pferdebesitzern Angst einflößt, und jeder Besitzer fürchtet sich davor, entscheiden zu müssen, ob er bei seinem Pferd eine derartige Operation durchführen lassen soll oder nicht. Sobald diese Entscheidung – üblicherweise in enger Abstimmung mit dem verantwortlichen Veterinär – getroffen ist, besteht der erste Schritt in einer sogenannten „explorativen“, also „erkundenden“ Operation, so Tierarzt Dr. Weston Davis von der renommierten Palm Beach Equine Clinic (PBEC). Damit soll festgestellt werden, dass der Patient tatsächlich ein Kandidat für eine Operation ist und die Schwere des Falls genau definiert werden kann. „In diesem Moment entscheiden wir, ob die Bedingungen positiv genug sind, um mit der Operation fortzufahren. Es ist immer mein Ziel, ein Pferd mit einer schlechten Prognose nicht unter unangemessenen Härten leiden zu lassen“, so Dr. Davis gegenüber dem Portal Horsetalk.co.nz.
Aber selbst wenn ein Pferd die Operation erfolgreich übersteht, sind sie nicht unbedingt in Sicherheit. Wie PBEC-Tierärztin Dr. Sidney Chanutin erklärt, müssen 24 bis 48 Stunden nach einer Kolikenoperation viele Faktoren genau überwacht werden – auch die weitere Beobachtung, Nachversorgung und Pflege seien entscheidende Faktoren für eine völlige Gesundung der vierbeinigen Patienten. „Wir bekämpfen viele schwerwiegende endotoxische Wirkungen. Wenn der Dickdarm nicht richtig funktioniert, werden mikrobielle Toxine im Körper freigesetzt. Diese Mikroben, die normalerweise im Magen-Darm-Trakt bleiben würden, verursachen dann Gewebeschäden an anderen Körpersystemen. Wir müssen uns auch der Möglichkeit bewusst sein, dass der Patient eine Hufrehe – infolge einer überaktiven Blutgerinnung – oder einen Reflux entwickelt, bei dem eine Blockade dazu führt, dass Flüssigkeiten in den Magen zurückfließen.“
Unterschiedliche Kolik-Arten
Grundsätzlich können Koliken in zwei Arten unterteilt werden – Dickdarmkoliken und Dünndarmkoliken – die den Genesungsprozess und die Heilungsaussichten beeinflussen. Die Dickdarmkolik oder Impaktionskolik ist dadurch gekennzeichnet, dass sich der Darm mit mehreren Richtungsänderungen (Flexuren) und Durchmesseränderungen gleichsam auf sich selbst faltet. Diese Biegungen und Durchmesserverschiebungen können Stellen für Impaktionen (Stauungen) sein, wo eine feste Futtermasse oder Fremdmaterial den Darm blockiert. Beeinträchtigungen können durch Raufutter, Austrocknung oder Ansammlung von Fremdstoffen wie Sand verursacht werden. Dünndarmkoliken oder Verdrängungskoliken können aus einer Gas- oder Flüssigkeitsdehnung resultieren, die dazu führt, dass der Darm schwimmt und Bewegungen innerhalb des Darms ausgesetzt ist, eine Obstruktion des Dünndarms oder eine Verdrehung des Darms. Im Allgemeinen können Dünndarmkoliken schwieriger sein als Dickdarmkoliken, wenn es um die Genesung nach einer Operation geht.
Nach der OP
Dr. Davis sagte, sein Team sei fleißig dabei, die Besitzer zu beraten, wie sie ihre Pferde nach einer Kolikenoperation pflegen können. Nach der Operation sind 30 Minuten vom Liegen bis zum Stehen das beste Szenario, aber sobald dieser Zeitraum verstrichen ist, muss das Operationsteam eingreifen, indem es das Pferd ermutigt, wieder auf die Beine zu kommen. „Bei PBEC tun wir unser Bestes, um zu dieser schnellen Rückkehr beizutragen, indem wir eine konsistente Anästhesietechnik anwenden. Unser Team steuert die Anästhesie so leicht wie möglich und überwacht ständig den Blutdruck. Wir verabreichen Antibiotika, entzündungshemmende, antiendotoxische Medikamente und Plasma, um die Giftstoffe zu bekämpfen, die das Pferd bei Koliken freisetzt. Unsere Absicht im Operationssaal ist es, sicherzustellen, dass Kolikoperationen erfolgreich, aber auch so zeiteffizient wie möglich durchgeführt werden“, sagt Davis.
Sobald ein Pferd in seinen Stall zurückkehrt, beginnt eine sorgfältige Überwachung, einschließlich umfangreicher körperlicher Gesundheitsbewertungen, Blutuntersuchungen und häufig fortschrittlicher Bildgebung. Körperliche Untersuchungen werden mindestens viermal täglich durchgeführt, um den Einschnitt zu beurteilen und auf Anzeichen von Fieber, Hufrehe, Lethargie etc. zu prüfen und sicherzustellen, dass das Pferd ausreichend mit Flüssigkeit versorgt ist. Ein abdominaler Ultraschall kann mehrmals täglich durchgeführt werden, um die Gesundheit des Darms zu überprüfen, und eine Sonde kann in den Magen eingeführt werden, um auf Reflux und Ansammlung von Flüssigkeit im Magen zu prüfen.
„Das Pferd muss regelmäßig misten, bevor es entlassen werden kann“, so Dr. Chanutin. „Wir arbeiten darauf hin, dass das Pferd zu einer halbwegs normalen Ernährung zurückkehrt, bevor es unsere Klinik verlässt. Sobald die Pferde an diesem Punkt sind, können wir ziemlich sicher sein, dass sie keine zusätzliche Überwachung oder ständige Aufmerksamkeit von uns benötigen.“ Dr. Davis und Dr. Chanutin empfehlen oft die Verwendung eines elastischen Bauchbandes, um die Inzisionsstelle des Pferdes während des Transports aus der Klinik und während der Genesung zu Hause zu stützen. Verschiedene Arten von Bauchbändern bieten unterschiedliche Unterstützungsstufen. Manche bieten lediglich einen Hautschutz, während andere auch die Heilung der Bauchdecke unterstützen können.
Nach 12 bis 14 Tagen werden die Nähte von der Inzisionsstelle des Pferdes entfernt. Die Inzisionsstelle wird kontinuierlich auf Anzeichen von Schwellungen, kleinen Hernien und Infektionen überprüft. Sobald das Pferd zu Hause ist, besteht die Priorität darin, den Einschnitt weiter zu überwachen und es wieder auf eine normale Ernährung umzustellen, falls dies noch nicht geschehen ist. Verringerte Wasseraufnahme, abnormaler Kotausstoß, Fieber, Schmerzen oder Unwohlsein sind alles Signale bei einem Pferd, das sich von einer Kolikenoperation erholt, wenn sofort ein Tierarzt konsultiert werden sollte.
Die ersten zwei Wochen der Genesung, nachdem das Pferd nach Hause zurückgekehrt ist, werden mit Boxenruhe mit freiem Wasserzugang und Grasen an der Hand zugebracht. Nach dieser Zeit kann das Pferd einen Monat lang auf einer kleinen Koppel ausgetrieben oder in einem Auslaufstall gehalten werden. Sie können schließlich im dritten Monat zum vollen Weidegang zurückkehren. Das Gehen mit der Hand und das Grasen ist während aller Phasen des Genesungsprozesses zu Hause zulässig. Nachdem das Pferd drei Monate zu Hause war, kann auch wieder die Erlaubnis für das Reiten erteilt werden. Wenn ein Pferd eine sechsmonatige Genesungsperiode hinter sich gebracht hat, ist das Risiko unerwünschter innerer Komplikationen im Allgemeinen sehr gering, und das Pferd kann wieder vollständig unter dem Reiter trainiert werden.
Langfristige Pflege
Dr. Davis stellt fest, dass in einer großen Anzahl von Fällen von Kolikoperationen Patienten, die in den ersten zwei Wochen nach der Operation gute Fortschritte machen, sich vollständig erholen und erfolgreich zu ihrem vorherigen Trainings- und Wettkampfniveau zurückkehren. Je nach Ausprägung der Koliken müssen jedoch einige Überlegungen zur Langzeitpflege angestellt werden. Wenn das Pferd beispielsweise Sandkoliken hatte, würde dem Besitzer geraten, die Aufnahme von Sand zu vermeiden und dem Pferd eine Selenergänzung anzubieten, um einen möglichen Rückfall zu verhindern. In Fällen von Dickdarmkoliken können diätetische Einschränkungen als prophylaktische Maßnahme empfohlen werden. Auch Pferde, die koppen, haben ein erhöhtes Risiko für einen weiteren Kolik-Vorfall, daher ist die Vorbeugung von Koppen ein Schlüsselfaktor. Im Allgemeinen ist ein Pferd, das sich vollständig von einer Kolikenoperation erholt hat, nicht weniger gesund als vor der Kolikenepisode.
„Viele Menschen haben immer noch eine negative Assoziation mit Kolikoperationen, insbesondere mit der Fähigkeit des Pferdes, nach der Operation zu seiner früheren Verwendung zurückzukehren“, so Dr. Davis. „Es ist eine weit verbreitete althergebrachte Mentalität, dass ein Pferd, nachdem es einer Kolikoperation unterzogen wurde, nie wieder voll einsatzfähig sein wird. Für uns ist das eher die Ausnahme als die Regel. Die meisten, wenn nicht alle, genesenen Kolik-Operationspatienten, die wir behandeln, haben das Glück, in ihre frühere sportliche Disziplin zurückzukehren.“
09.05.2022 - Kolik bei Pferden: Medikamentöse Behandlung mit hoher Erfolgsrate
Kolik bei Pferden: Medikamentöse Behandlung mit hoher Erfolgsrate 09.05.2022 / News
Kolik ist nach wie vor eines der häufigsten Gesundheitsprobleme bei Pferden – und eine der häufigsten Todesursachen. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay
Eine aktuelle Studie zeigt, dass sich die Überlebensraten von Kolikpferden kontinuierlich verbessern, und zwar sowohl bei operierten Pferden als auch bei jenen mit medikamentöser Behandlung, wo sie mittlerweile bei fast 90 % liegt.
Wer an Kolik denkt, denkt sofort auch an eine Kolik-OP, die nicht nur eine erhebliche finanzielle Belastung für die BesitzerInnen darstellt, sondern auch mit vielfältigen gesundheitlichen Risiken für das Pferd behaftet ist. Eine aktuelle Studie dänischer WissenschaftlerInnen zeigt jedoch, dass in der großen Mehrzahl der Kolikfälle eine medikamentöse Behandlung ausreichend ist – und diese mittlerweile eine Erfolgsrate von nahezu 90 % erreicht.
Die Studie konzentrierte sich auf Daten jener Pferde, die von 2010 bis 2018 mit Kolik-Diagnose an die Universitäts-Großtierklinik Kopenhagen in Dänemark eingeliefert wurden. Die ForscherInnen berichteten, dass während des Studienzeitraums insgesamt 1.752 Pferde mit Koliken aufgenommen wurden, von denen 355 aus unterschiedlichen Gründen ausgeschlossen wurden (ein wesentlicher Grund war u.a., dass sich der/die BesitzerInnen gegen eine Behandlung bzw. OP und für das Einschläfern entschieden hatten – dies betraf 174 Pferde; weitere 55 mussten unmittelbar nach Einlieferung eingeschläfert werden bzw. waren bereits tot in der Klinik angekommen). Es verblieben somit 1.397 Pferde, die in das weitere Studien-Design aufgenommen werden konnten.
Die ForscherInnen verglichen die Ergebnisse mit einer früheren Kolikstudie an der Universitäts-Großtierlinik, die 10 Jahre ab dem Jahr 2000 umfasste und an der 1588 Pferde teilgenommen hatten, sowie mit weiteren vergleichbaren internationalen Studien. Im Zentrum stand insbesondere die sogenannte Kurzzeit-Überlebensrate (Short-Term Survival, STS), die jene Pferde umfasste, die nach der Aufnahme und der erfolgten Behandlung wieder lebend aus der Klinik entlassen werden konnten. In der aktuellen Untersuchung betrug diese Überlebensrate 83,0 % und war damit deutlich höher als bei der früheren Studie an der Universitäts-Großtierklinik, wo sie bei 76 % lag. Eine zum Vergleich herangezogene niederländische Studie erreichte 80 %.
Von den 1.397 aufgenommenen Pferden wurden insgesamt 1.077 medikamentös behandelt, das waren 77,1 % der Fälle, eine Operation war in 320 Fällen (das entspricht 22,9 %) erforderlich. Die Überlebensrate der medikamentös behandelten Pferde ohne Operation betrug 89,7 %, verglichen mit 87 % in der früheren Klinikstudie; bei den chirurgisch behandelten Fällen betrug die Überlebensrate erfreuliche 60,6 % im Vergleich zu 42 % in der früheren Studie.
Diese auffallende Verbesserung hat mehrere Ursachen, wie die AutorInnen betonten. So mussten mit 17,2 % deutlich weniger Pferde während der Operation eingeschläfert werden mussten als in der vorangegangenen Klinikstudie, wo diese Rate noch bei 40 % lag. Darüber hinaus erholten sich signifikant mehr Pferde von der Operation – 79,1 % gegenüber 56 %. Sie fanden heraus, dass sich die Kurzzeit-Überlebensrate von OP-behandelten Pferden mit 60,6 % nicht wesentlich von anderen europäischen Studien unterschied, die zwischen 55 und 62 % lagen. Zurückzuführen wären all diese Fortschritte auf mehrere Faktoren, u. a. auf „eine verbesserte präoperative diagnostische Bewertung (…), die zu schnelleren Entscheidungen über eine Operation führt, sowie auf verbesserte chirurgische Fähigkeiten und eine positive Einstellung unter den Chirurgen, die Darmresektionen durchführen“, so die AutorInnen.
Die ForscherInnen hoben aber auch die gestiegene Überlebensrate der medikamentös behandelten Kolikpferde hervor, die nahezu 80 % (exakt 77,1 %) aller Behandlungen ausmachten und die sogar – siehe oben – eine Überlebensrate von 89,7 % erreichen. „Die Kurzzeit-Überlebensrate von medikamentös behandelten Pferden ist im Allgemeinen höher als die von chirurgisch behandelten Pferden, da medikamentös behandelte Krankheitsprozesse wie einfache Obstruktionen im Allgemeinen weniger schwerwiegend sind als chirurgisch zu behandelnde Krankheitsprozesse wie strangulierende Obstruktionen“, so die Forscherinnen.
Dennoch sei es wichtig, auch diese Fälle näher zu untersuchen und weitere Optimierungen anzutreben, so die AutorInnen: Während viele Studien die Überlebensraten von Pferden mit Kolik-OP untersuchen, gebe es nur eine begrenzte Anzahl, welche die Überlebensrate bei medikamentös behandelten Pferden beschreiben. Dafür seien mehrere Gründen verantwortlich – etwa, dass die medikamentöse Behandlung von Koliken auf Analgetika und Flüssigkeiten beruht und daher eher symptomatisch und unterstützend ist, wodurch die Auswirkungen weniger gut untersucht werden können als bei chirurgischen Eingriffen. Oft werde eine Vielzahl unterschiedlicher Medikamente und Behandlungen eingesetzt, und die Protokolle können sich zwischen den Kliniken und behandelnden Tierärzten unterscheiden.
So erfreulich die hohe Überlebensrate von 90 % bei medikamentös behandelten Pferden in der vorliegenden Studie auch ist, sollten weitere Verbesserungen angestrebt werden, insbesondere bei schweren und spezifischen Erkrankungen wie Enterokolitis, bei denen die Kurzzeit-Überlebensrate relativ niedrig bleibt (67 %). Generell konnte die Untersuchung aber zeigen, dass sich die Überlebensraten bei Kolikpferden kontinuierlich verbessern, und zwar sowohl bei medikamentös als auch bei OP-behandelten Pferden, so das Resümee der AutorInnen.
Die Studie „Short-term survival rates of 1397 horses referred for colic from 2010 to 2018" von Emma Dybkjær, Kirstine Fleng Steffensen, Marie Louise Honoré, Mathias Ankjær Dinesen, Mogens Teken Christophersen & Tina Holberg Pihl ist am 7. Mai 2022 in der Zeitschrift ,Acta Veterinaria Scandinavica' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
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