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Dramatischer Appell gegen Fremdfütterung: "Lasst es bitte einfach sein!"
09.06.2023 / News

Fremdfütterung ist leider – unter Menschen, die sich mit Pferden nicht auskennen – eine verbreitete und gefährliche Unsitte, auch Warnschilder werden dabei häufig ignoriert.
Fremdfütterung ist leider – unter Menschen, die sich mit Pferden nicht auskennen – eine verbreitete und gefährliche Unsitte, auch Warnschilder werden dabei häufig ignoriert. / Symbolfoto: Archiv/Fotolia

Eine deutsche Pferdebesitzerin, die vor kurzem eines ihrer Pferde aufgrund von Fremdfütterung verloren hat, appelliert mit eindringlichen Worten: Bitte füttert nicht die Pferde anderer Leute – es kann ihrer Gesundheit schaden und im schlimmsten Fall für das Pferd tödlich enden.

 

Es sind dramatische Worte und drastische Fotos, mit denen eine Pferdebesitzerin aus Barrien (Landkreis Diepholz) bei Bremen in einem Facebook-Posting derzeit viel Aufmerksamkeit erregt und auch viel Zustimmung erntet: Vor einigen Wochen – exakt am 31. März dieses Jahres – musste sie sich von ihrer geliebten Isländerstute Mimi verabschieden, nachdem fremde Personen Zwiebelbaguette auf die Weide geworfen hatten, „was Pferde überhaupt nicht fressen dürfen". Die Folgen waren für die Stute dramatisch: „Sie hatte eine schwere Kolik und obwohl der Tierarzt 3 x in kurzen Abständen da war und wir alles versucht haben, mussten wir sie letztendlich von ihren unsäglichen Schmerzen erlösen. Am 01.06.wäre sie 30 Jahre alt geworden, was man ihr und uns genommen hat."

Fremdfütterung ist leider – unter Menschen, die sich mit Pferden nicht auskennen – eine verbreitete und gefährliche Unsitte und für viele Pferdebesitzer ein ernstes Problem, vor allem dann, wenn öffentliche Wege an Koppeln oder Weiden vorbeiführen und Spaziergänger glauben, den darin befindlichen Pferden „etwas Gutes tun zu müssen". Warntafeln mit dem Hinweis ,Pferde nicht füttern' oder ,Füttern verboten' werden dabei oft ignoriert.

Dem tritt die erzürnte Pferdeliebhaberin mit klaren Worten entgegen: „Was stimmt mit euch nicht? Das sind MEINE Pferde und kein Allgemeingut. Ich füttere eure Kinder oder Hunde ja auch nicht und vor allem mit nichts, was ihnen Schmerzen bereitet oder gar zum Tod führt. Ich investiere sehr viel Zeit und Geld in die Gesunderhaltung meiner Pferde, warum müsst ihr sie dann krank machen oder töten?"

Und sie weist nochmals eindringlich darauf hin, dass nicht alle Pferde jedes Futter vertragen: „Meine beiden schon von Spaziergängern krank gefütterten Shetties hab ich schon weit genug von den lieben Fütterern entfernt, aber auch die beiden großen Vollblutstuten sollen NICHT GEFÜTTERT WERDEN!!! Sie sind beide über 20 Jahre und haben Zahnprobleme, wodurch sie eingeweichtes Futter bekommen, weil sie sonst eine SCHLUNDVERSTOPFUNG bekommen und daran elendig ersticken können. Und ihr macht euch dann vom Acker und das Tier krepiert elendig unter größter Angst und Schmerzen."

Ihrem abschließenden Appell wird sich zweifellos jede/r wahre Pferdeliebhaber/in anschließen: „Wenn ihr mit euren Kindern mal Pferde gucken, streicheln oder kuscheln wollt, schreibt mich gerne an, dann können wir das gerne mal GEMEINSAM machen mit speziellem Futter, das den Pferden nicht schadet, aber bitte WEDER BROT, NOCH ÄPFEL, BIRNEN, MÖHREN, ABGEZUPFTES GRAS (WOMÖGLICH MIT GIFTPFLANZEN DRIN), NOCH SONST IRGENDWAS. LASST ES BITTE EINFACH SEIN."

Mehr ist dazu nicht zu sagen – vielen herzlichen Dank für die offenen und wahren Worte. Bitte weitersagen: Niemals fremde Pferde füttern!

 

HINTERGRUND: Überaus empfindliches Verdauungssystem
Warum man fremde Pferde und Ponys niemals ohne Erlaubnis füttern soll, hat viele Gründe:

– Pferde bekommen in der Regel eine speziell auf ihre Bedürfnisse und Ansprüche abgestimmte Fütterung – und zwar sowohl hinsichtlich der Menge, als auch der Inhaltsstoffe. Jede zusätzliche Futtergabe bringt diesen geregelten Ernährungssplan durcheinander und kann sich schädlich auf den Organismus auswirken.

– Pferde leiden nicht selten an Allergien oder an Futterunverträglichkeiten, problematische Substanzen können sich somit negativ auf ihre Gesundheit auswirken. Zudem gibt es immer mehr Pferde mit Stoffwechselstörungen, die z. B. nur äußerst geringe Mengen von frischem Gras fressen dürfen. Davon abgesehen können sich in einem abgerissenen Büschel Weidegras auch Giftpflanzen befinden.

– Das Verdauungssystem von Pferden ist sehr empfindlich – Fallobst, schimmeliges Brot oder sonstige Nahrungsreste werden unter Umständen schlecht vertragen und können Verdauungsprobleme und in schlimmen Fällen auch Koliken verursachen.

Fremde Pferde füttern ist fahrlässig!
Bereits wiederholt haben sich Gerichte mit Schadenersatz-Klagen nach einer Fütterung von Pferden durch fremde Personen beschäftigt. Als wegweisend gilt ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe aus dem Jahr 2008, das ausdrücklich festhält, dass die ungeregelte und unkontrollierte Zufütterung bei fremden Pferden als fahrlässige Handlung einzustufen ist – auch und gerade dann, wenn man keinerlei Kenntnisse oder Erfahrungen über die Nahrungsgewohnheiten von Pferden hat.

Der Beklagte hatte auf einem Reiterhof, in dem ein Anhänger mit frisch eingebrachtem Heu herumstand, mehrere Handvoll davon an drei Pferde gefüttert, die daraufhin Koliken erlitten, eine trächtige Stute musste sogar eingeschläfert werden. Ein Sachverständigengutachten legte klar, daß das Verfüttern des frischen Heus für die Koliken aller drei Pferde ursächlich war.

Unwissenheit schützt nicht vor Haftung
Während das Landgericht Karlsruhe den Beklagten in erster Instanz noch freigesprochen und die Klage auf Schadenersatz abgewiesen hatte, kam das OLG Karlsruhe zu einem anderen Urteil: Das Füttern der Pferde mit frischem Heu stelle einen rechtswidrigen Eingriff in das Eigentum des Klägers dar. Der Beklagte habe fahrlässig gehandelt, da die Gefahren einer unkontrollierten Fütterung für ihn erkennbar und diese für ihn auch leicht vermeidbar gewesen wären. Da er weder über die Nahrungsgewohnheiten der Tiere informiert war, noch Kenntnisse über allfällige Nahrungsunverträglichkeiten hatte, wäre er gehalten gewesen, jegliche Futtergabe zu unterlassen – es hätte ihm klar sein müssen, dass eine ungeregelte Zufütterung eine Gefahr für die Gesundheit der Tiere darstellen konnte, da er auch nicht wissen konnte, wann die Pferde zuletzt gefüttert worden waren und wann die nächste Fütterung bevorstand. Dass es nicht zum Allgemeinwissen gehören mag, dass frisches Heu für Pferde gefährlich ist, vermag ihn bei seinem Eingriff in fremdes Eigentum nicht zu entlasten. Dem Beklagten wäre es ohne weiteres möglich gewesen, von einer Fütterung der Pferde abzusehen.

Der Beklagte wurde zu einem Schadenersatz sowie zur Übernahme von Behandlungskosten in einer Gesamthöhe von 7.900,– Euro verurteilt. Inwieweit sich aus dem Fehlen von Hinweisschildern, die das Füttern der Pferde ausdrücklich verbieten, der Vorwurf eines Mitverschuldens des Klägers herleiten ließe, wurde nicht erörtert – der diesbezüglich beweispflichtige Beklagte hatte in seiner Argumentation darauf nicht Bezug genommen. Die Beweisaufnahme des Erstgerichts hat hierzu keine Klärung der tatsächlichen Verhältnisse gebracht.

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