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Gerichtsgeschichten & Pferdesachen: Fehlbehandlung durch den Tierarzt?
13.08.2023 / News

Im Laufe seiner jahrzehntelangen Tätigkeit hat der Tierarzt und gerichtlich beeidete Sachverständige Dr. Reinhard Kaun – der auch ein Leben lang Reiter, Gespann-Fahrer und Turnierrichter war – einen einzigartigen Wissensschatz zusammengetragen, der nahezu jeden Aspekt im Umgang mit Pferden berührt, der zu rechtlichen Problemen oder sogar zu gerichtlichen Auseinandersetzungen führen kann. Einen wichtigen Teil davon hat er im Handbuch „Über die forensische Relevanz im Umgang mit Pferden" zusammengefasst und systematisch dargestellt – von allgemeinen Fragen des Handlings und Umgangs mit Pferden bis zu Themen wie tierärztliche Sorgfaltsfehler, Pferdekauf, Schadenersatz, Wertermittlung, Strafrecht und Regelwerke, Tiertransporte, Straßenverkehrsordnung sowie Unterricht und Veranstaltungen, um nur einige zu nennen. All diese Themen sollen in der neuen Serie „Gerichtsgeschichten & Pferdesachen" auszugsweise und anhand real erlebter, aussagekräftiger Geschichten dargestellt und illustriert werden, die aus Gutachten von 1989 bis 2000 stammen. Jede Folge soll auf diese Weise Fachwissen vermitteln, vor allem aber auch das Bewusstsein und die Aufmerksamkeit für einen möglichst sicheren und von ethischen Prinzipien getragenen Umgang mit dem Partner Pferd schärfen.

In der 8. Folge seiner Serie geht Dr. Reinhard Kaun auf einen Fall ein, in dem der Kläger dem behandelnden Tierarzt die unsachgemäße Behandlung seines Pferdes und Unterlassung einer Risiko-Aufklärung vorwarf. Das Gericht sah es am Ende anders – und lieferte eine aufschlussreiche Begründung.

Wichtig zu wissen: Der Tierarzt schuldet – ebenso wie der Humanmediziner – nicht die Heilung, sondern nur das Tätigwerden nach den Regeln der medizinischen Kunst, also einen Heilversuch lege artis. Symbolfoto: Archiv/Petr Blaha


Der geschilderte Fall spielte sich vor mehr als 25 Jahren ab und ist im Spiegel der damaligen Zeit zu lesen und zu verstehen – Sachverständige sind generell dazu verpflichtet, jeden „Fall“ im Lichte seiner individuellen Besonderheit zu sehen und zu analysieren, wodurch Textbausteine in Gutachten nicht nur verpönt, sondern eigentlich unmöglich sind. Ein weiteres wichtiges Kriterium für die fachliche Beurteilung eines Gerichtsfalles ist immer, dass der fachliche Standard, der bei der Beurteilung anzulegen ist, dem Zeitpunkt des Vorfalles bzw. der Tat zu entsprechen hat, womit keine „heutigen Erkenntnisse oder Methoden“ retrospektiv als Maßstab für einen früheren Zeitpunkt angelegt werden dürfen.

Der Kläger, von Berufs wegen im humanmedizinischen Leistungssektor tätig, beobachtete bei seinem Pferde ein Umfangsvermehrung im Bereich des rechten Oberkiefers und zog deshalb im Zeitraum von Mai bis September mehrere Tierärzte bei, bis er sich, wegen bisher unbefriedigender Behandlungsergebnisse schließlich an die Klinik des Beklagten wandte, wo das Pferd einer Zahnextraktion unterzogen wurde. Doch war auch damit das Problem nicht beendet, weshalb noch weitere Veterinärmediziner konsultiert wurden, bevor das Pferd – nachdem der nunmehrige Kläger einige weitere Fach-Meinungen eingeholt hatte – an eine andere, namhafte ausländische Spezialklinik gebracht wurde, wo laut Op.-Bericht und Privatgutachten ein daumennagel-großes Fragment entnommen wurde. Dieses Fragment war als „knöcherner Fremdkörper“ bezeichnet worden, konnte aber röntgenologisch nicht dargestellt werden und war nach der Operation als Beweismittel nicht mehr auffindbar – dennoch war es Auslöser für eine, dann eingebrachte Klage, in der unsachgemäße Behandlung und Unterlassung einer Risiko-Aufklärung vorgeworfen wurde.

Der vom erkennenden Gericht bestellte Gutachter stellte (nach umfangreicher Recherche aller medizinischen Unterlagen und Befundaufnahme am verfahrensgegenständlichen Pferd) zu den Fragen des Gutachtensauftrages fest:

– Eine vollkommen klare Diagnose ist weder aus der Klageerzählung noch aus der Parteienvernehmung abzuleiten; der Beklagte verwies auf seine Diagnose „Granulom“, die als sekundäre Diagnose richtig war.

– Nach erfolgloser konservativer Therapie und dem frustranen Versuch einer Herdsanierung war die Indikation für eine Zahnextraktion gegeben.

– Weder aus der Klageerzählung noch aus der Parteienvernehmung kann klar und nachvollziehbar auf Ausmaß und Intensität der erfolgten Aufklärung geschlossen werden. Ganz allgemein kann jedoch gesagt werden, dass ein Tierarzt bei erfahrenen Pferdebesitzern und Angehörigen medizinischer Berufe einen gewissen Informationsstand voraussetzt.

– Sowohl die konservative Behandlung in der ersten Phase, wie auch der Versuch der lokalen Herdsanierung in der zweiten Phase weisen ein Vorgehen nach den üblichen Regeln der tierärztlichen Kunst und der Priorität der Erhaltung von Zähnen auf. Die Operation der dritten Phase mit Ausstempelung erfolgte nach den üblichen und seit vielen Jahren bewährten Methoden.

– Im Anschluss an die Ausstempelung führte der Beklagte nachvollziehbar eine Fingertastkontrolle im Operationsfeld durch und konnte hierbei keine Fragmente nachweisen. Auch auf dem, sechs Wochen nach der Operation aufgenommenem Röntgenbild waren Fragmente nicht dargestellt. Beide Kontrollmethoden, also Fingerpalpation und Röntgenuntersuchung entsprechen den üblichen Nachkontroll-Methoden.

– Aus fachlicher Sicht ist zur Zeit der Gutachtenserstattung festzuhalten, dass zum Zeitpunkt dieser Nachkontrollen im Operationsbereich keine physiologischen Verhältnisse herrschten, sondern ein fast drei Monate alter pathologischer Prozess, nämlich ein Granulom, vorlag.

Auf Grund dieses Gutachtens stellte der Kläger über seinen Rechtsbeistand den Antrag, den Sachverständigen wegen Befangenheit von Gerichts wegen abzulehnen – der Antrag wurde vom Gericht abgewiesen, weil er verspätet war, und vor Kenntnis über Inhalt des Gutachtens einzubringen gewesen wäre.
Das Gericht hielt dazu in seiner Entscheidung fest, dass sich nicht der geringste Zweifel an der Unbefangenheit des Sachverständigen ergeben hätte und obendrein eine unrichtige Begutachtung nicht als Ablehnungsgrund zu betrachten wäre (OLG Wien, SV 1987/2,20).

In derselben Entscheidung wies das Gericht auch das Klagebegehren ab.

Das Gericht traf folgende Feststellungen – zur Erklärung: gerichtliche Feststellungen sind jene Fakten (Aussagen, Ereignisse usw. aus dem Beweisverfahren, die das Gericht in freier Beweiswürdigung für „wahr“ hält – siehe dazu auch die Ausführungen in Folge 5):

– Als der Beklagte das Pferd in seiner Klinik röntgte, stellte er ein Granulom im rechten Oberkiefer fest und versuchte dieses durch eine antibiotische Behandlung zum Verschwinden zu bringen.

– Der Beklagte führte eine Wurzelspitzenresektion bzw. eine Beinhaut-Curretage mit Hilfe einer Trepanation durch.

– Beim dritten Aufenthalt führte der Kläger eine Trepanation und Ausstempelung des Zahnes durch.

– Nachdem der Beklagte das Pferd nach Entfernung des Zahns entlassen hatte, hat er nicht mit Komplikationen gerechnet, er war in der nächsten Zeit selbst auch immer wieder am Hof des Klägers. Bei einem dieser Besuche zeigte ihm der Kläger das Pferd, welches nach seiner Auffassung damals klinisch in Ordnung war, die Schwellung war zurückgegangen und kein Schmerz erkennbar.

– In den folgenden zwei Jahren hat der Beklagte vom Kläger in diesem Zusammenhang nichts mehr gehört – erst nach diesen zwei Jahren teilte der Kläger mit, dass das Pferd mit dem Kopf sehr unruhig ist und dass ein anderer Tierarzt „einen Splitter aus der Maulhöhle“ entfernt habe.

– Die vor zwei Jahren durchgeführte Operation war eine Trepanation, Curretage Knochen und Wurzel.

 Nicht wenige Experten behaupten, sie wüssten, woher der Wind weht und verweisen auf Studien und exakte Messungen.

– Das Pferd wurde an eine weitere Klinik gebracht und einer Operation im Beisein eines Privatgutachters (im Auftrag des Klägers) unterzogen – der Operateur vertrat später die Meinung, beim hierbei entfernten Fragment  handelte es sich um einen Rest des Zahns, den der Beklagte entfernt hatte.

Eine histologische Untersuchung des entfernten Fragments wurde nicht vorgenommen, es wurde kein Foto angefertigt, eine Videodokumentation der Op. gab es nicht und der entfernte Fremdkörper war nicht asserviert (aufgehoben und als Beweismittel sichergestellt) worden [Verf.]

– Ein weiterer, bei der Op. anwesender Tierarzt A.B.  sowie der tierärztliche Privatgutachter C. D. schlossen aus Lage, Form und Struktur, dass es sich um „ein“ (sic!) Zahnfragment handelte – ob es sich dabei um einen Überrest von der Op. des Beklagten handelte, konnten sie nicht beurteilen.

– Der vom Beklagten ausgestempelte Zahn lag dem bestellten Gerichtsgutachter vor, auch das Pferd konnte von diesem einer Befundaufnahme unterzogen werden; dabei wurde eine schmerzhafte Umfangsvermehrung im rechten Oberkiefer festgestellt, verbunden mit Berührungsangst. Die Perkussion mit Metall- und Gummihammer erwies sich als schmerzhaft, die Finger-Fingerperkussion und das Aufsetzen der schwingenden Stimmgabel war ohne Reaktion. Unter dem Sattel stolperte das Pferd häufig, mit dem Kläger im Sattel zeigte das Pferd keine reine Gangart.

– Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es keinem der behandelnden Tierärzte gelungen ist, das Pferd zu heilen und dass nach Meinung des bestellten Gerichtsgutachters ursächlich eine Spontantrümmerfraktur des P 3 mit anschließender Zahnfachinfektion vorgelegen hat. Es ist deshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit zu vermuten, dass ursprünglich ein traumatisches Geschehen zugrunde lag.

– Untermauert wurde diese Annahme durch eine Studie an 300 Pferden, bei der in 22 % der Fälle, d.h. bei 66 Pferden, bisher unerkannte Zahnfrakturen vorgelegen hatten.

– Es ist nicht üblich, einen entfernten Fremdkörper, der über drei Jahre zu Problemen geführt hat, zu verwerfen, anstatt diesen zu asservieren.

 

Zur Beweiswürdigung hielt das erkennende Gericht fest.
– Dem von der klagenden Partei vorgelegten Privatgutachten des Tierarztes C.D.  kommt auf Grund einseitiger und unvollständiger Informationen keine Bedeutung zu, insbesondere auch deshalb nicht, weil die Feststellung, es habe sich bei dem anlässlich der OP. in der Spezialklinik entfernten Fragmentes tatsächlich um einen Rest des P 3 gehandelt, auf Grund der mangelnden Objektivierungsmöglichkeit (kein Asservat) nicht mit der nötigen Sicherheit getroffen werden konnte.

– Der bei der Op. anwesende Tierarzt A.B. räumte ein, dass eine Reihe anderer, differentialdiagnostischer Möglichkeiten in Frage käme.

– Ein wesentliches Argument, der Aussage des Operateurs der Spezialklinik nicht zu folgen, liegt darin, dass im Rahmen des Verfahrens seine Aussage nicht objektiviert werden konnte, weil eine Asservierung des Fragments entgegen der diesbezüglichen Gepflogenheit an dieser Spezialklinik nicht vorgenommen wurde. Dies ist umso auffallender, weil den dort operierenden   Tierärzten durch die vom Kläger veranlasste Teilnahme des Privatgutachters klar sein musste, dass die Frage der tierärztlichen Haftung im Raum stehen könnte. Dazu kommt noch, dass auch keine histologische Abklärung erfolgte.

In der rechtlichen Beurteilung ist zu lesen:

– Der Veterinärmediziner schuldet, ebenso wie der Humanmediziner, nicht die Heilung, sondern nur das Tätigwerden nach den Regeln der medizinischen Kunst, also einen Heilversuch lege artis.

– Der Tierarzt hat in jedem Fall in groben Zügen den Patientenbesitzer aufzuklären- dem Patientenbesitzer dürfen keine wesentlichen Entscheidungsgrundlagen (auch aus wirtschaftlicher Sicht) vorenthalten werden.

– In Österreich gibt es keine gesetzlichen Bestimmungen, wonach der Tierarzt eine Krankengeschichte zu führen hat (Stand bis Novellierung Tierärztegesetz 2021 – siehe dazu weiter unten; Verf.)

– Eine Dokumentationspflicht könnte sich aus vertraglichen Schutzpflichten ergeben, da Diagnose-, Therapie- und Kontrollfehler in der Regel nur bei Vorhandensein entsprechender ärztlicher Aufzeichnungen vermeidbar sind.

– Die Kernpflicht aus dem Behandlungsvertrag ist die Sorgfaltspflicht des Tierarztes gegenüber dem Auftraggeber – Maßstab dafür und für die Fachkunde, die ein Tierarzt aufzuwenden hat, ist der Stand der medizinischen Erkenntnisse.

– Da der Tierarzt im Rahmen eines Vertrages tätig wird, haftet er grundsätzlich ex contractu für Behandlungsfehler. Der Patientenbesitzer hat zumindest den Schaden durch die Handlungen bzw. Unterlassungen des Tierarztes zu beweisen.


Der Kläger ging in die Berufung mit der Begründung einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens, unrichtigen bzw. unvollständigen Tatsachenfeststellung auf Grund unrichtiger Beweiswürdigung sowie unrichtiger rechtlicher Beurteilung. In der nächsten Instanz wurden dem Rekurs und der Berufung nicht Folge gegeben.

Das Berufungsgericht führte aus [zit.]:

– Der Kläger hat den bestellten Gerichtssachverständigen abgelehnt, weil sein Gutachten den Eindruck erweckt, dass er als Betreiber einer eigenen Tierarztpraxis für Pferde befangen sei und den Sorgfaltsmaßstab, wie er an Spezialkliniken gehandhabt wird, auch im Eigeninteresse nicht gelten lasse.

– Der Beklagte führte hingegen aus, dass nicht einmal der Anschein einer Voreingenommenheit des abgelehnten Sachverständigen bestehe.

– Der Sachverständige führte in seiner Stellungnahme aus, dass er selber in seinem Haus keine Operationen durchführe, deswegen bestehe auch kein Interesse, Verschleierungstaktiken oder mangelhafte Aufzeichnungen zu befürworten.

– Der vom Gericht bestellte Sachverständige legte nachvollziehbar dar, warum nicht mehr feststellbar ist, dass an der Spezialklinik tatsächlich ein Zahn-Rest entfernt wurde. Die drei Tierärzte, die bei der Operation an der Spezialklinik dabei waren, haben nach ihrer Auffassung gerade nicht den Zahn entfernt, sondern den Zahn-Rest, der nicht mehr auffindbar war. Bezeichnenderweise wurde selbst dem bestellten Sachverständigen bei seiner Befundaufnahme ein neuerliches Fragment gezeigt, das sich vor acht Tagen auf der Röntgenaufnahme nicht dargestellt hatte. 

– Der, dem bestellten Sachverständigen übergebene Zahn war nicht vollständig, wo sich der Rest befindet, konnte offenkundig nicht geklärt werden – daraus lässt sich aber nach den gutachterlichen Ausführungen keine Fehlbehandlung durch den Beklagten ableiten.

ZUR ERKLÄRUNG:
Asservat: ein in amtliche Verwahrung genommener, für eine Gerichtsverhandlung als Beweismittel wichtiger Gegenstand.
Beispiele: Operationsgut, Munition, Unfallfahrzeuge, Waffen, Spurenmuster, Teile von Zaumzeugen, Sätteln und Geschirren, Leichen usw.

 

Prinzipiell sollte nichts entsorgt oder vernichtet werden, wenn auf Grund des besonderen Vorkommnisses zu erwarten ist, dass gerichtliche oder versicherungsrechtliche Folgen eintreten werden. Neben der Sicherung von Asservaten sollte auch eine Obduktion immer in Betracht gezogen werden.

Sollte wegen der Beschaffenheit eines Asservates dessen Untergang oder Verderb zu befürchten sein, müssen fotografische Aufnahmen angefertigt werden, die das Aufnahmedatum, den Aufnahmeort, die genauen Maße und die Umgebung nachvollziehen lassen – beginnend mit Übersichtsaufnahmen aus zumindest zwei, gefolgt von Detailaufnahmen aus jeweils vier Richtungen – auf möglichste Farbtreue ist zu achten. 

Auf Farbtreue achten.

Darstellung des Schadens

 

Operativ entferntes Griffelbein


Tierärztegesetz ab 01.06. 2021
§ 16.
(1) Berechtigt zum Betreiben einer Ordination oder einer privaten Tierklinik sind nur freiberuflich selbständig tätige Tierärztinnen und Tierärzte oder Tierärztegesellschaften (§ 18). Jede Ordination oder private Tierklinik muss von einer Tierärztin oder einem Tierarzt fachlich eigenverantwortlich geführt (tierärztlich geleitet) werden; eine Person darf jeweils nur eine private Tierklinik oder höchstens zwei Ordinationen führen.
(2) Tierärztinnen und Tierärzte, die eine Ordination oder eine private Tierklinik führen, sind verpflichtet, diese
1.
in einem solchen Zustand zu halten, dass sie den hygienischen Anforderungen und dem veterinärmedizinischen Bedarf entsprechen;
2.
durch eine zweck- und standesgemäße äußere Bezeichnung kenntlich zu machen.
Weiters sind sie verpflichtet die Einhaltung der Dokumentations- und Aufzeichnungspflichten sicherzustellen.

§ 30.
(1) Tierärztinnen und Tierärzte dürfen Zeugnisse und Gutachten nur nach gewissenhafter Erhebung und Untersuchung und unter genauer Beachtung der Regeln, Erkenntnisse und Erfahrungen der Veterinärmedizin nach bestem Wissen und Gewissen abgeben.
(2) Abschriften der von ihnen ausgestellten Zeugnisse und Gutachten sind von Tierärztinnen und Tierärzten sieben Jahre lang aufzubewahren.
(3) Die Zeugnisse und Gutachten sind von der Tierärztin oder vom Tierarzt eigenhändig zu unterfertigen. Der Name der ausstellenden Tierärztin oder des ausstellenden Tierarztes ist in Druckschrift der Unterschrift beizusetzen.


„Dennoch ist die Dokumentationspflicht nach herrschender Ansicht eine Nebenleistungspflicht des tierärztlichen Behandlungsvertrages…“
Tritthart: Der tierärztliche Behandlungsvertrag, ÖJZ 2016/49

 

Forensische Relevanz:

– Die Sicherstellung und Erhaltung von Asservaten in geeigneter konservierter Form oder als bildliches Dokument in aussagekräftiger forensisch brauchbarer Form (Foto, Video, IR- Images, bildgebende Diagnostik) ist ein bedeutsamer Teil der Dokumentationspflicht.

– Nach Operationen, Unfällen und traumatischen Ereignissen sollte „alles aufgehoben“ oder „bildlich festgehalten“ werden, was im Augenblick als Müll erscheinen mag.

– Genaue Kennzeichnung, Katalogisierung und Beschreibung von Zusammenhängen in Form von Gedächtnisprotokollen ermöglichen eine Rekonstruktion auch noch nach Jahren – bei der Aufarbeitung gibt es nichts Unwichtiges!!

 

Die an der ausländischen Spezialklinik tätigen Tierärzte waren – aus einer Meta-Ebene betrachtet – zusammen mit dem, vom Kläger beauftragten tierärztlichen Privat-Sachverständigen sichtlich bemüht, dem beklagten Tierarzt einen Behandlungsfehler zuzuordnen und – parallel dazu – den bestellten Gerichtsgutachter in schlechtem Lichte darzustellen.

Dazu fällt mir eine afrikanische Weisheit ein:

Suche den Feind im Schatten deiner Hütte!

Univ.Lektor VR Mag. Dr. Reinhard Kaun
http://www.pferd.co.at | http://www.pferdesicherheit.at

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