Im Rahmen eines Kadertreffens und Trainings der österreichischen Distanzreiter fand am Samstag, dem 14. März, in Stadl-Paura eine Diskussion über Status und Zukunft dieser Disziplin mit zwei internationalen Experten statt. ProPferd war dabei.
Nach Stadl-Paura gekommen waren zwei prominente Persönlichkeiten der internationalen Distanzreit-Szene, der Schweizer Dr. Dominik Burger, Chef d’Equipe der Schweizer Vielseitigkeits- und Distanzreiter sowie Dr. Jean Luis Leclerc, Bundestrainer der französischen sowie deutschen Distanzreiter und Mitglied im „Endurance Committee“ der Internationalen Reiterlichen Vereinigung FEI. Sie stellten sich, ebenso wie der österreichische Bundesreferent Peter Alleithner sowie die OÖ Distanz-Referentin und Trainerin Daniela Entner, dem Gespräch mit Journalisten sowie Reiterkollegen.
Eine Disziplin unter Generalverdacht
Deutlich zu spüren war in der Runde die Sorge der österreichischen Distanzreiter um ihren Sport und dessen Ruf nach den grauenvollen Vorkommnissen bei Distanz-Events in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Eindeutig und auch glaubhaft war die Distanzierung von den Methoden und Vorgehensweisen, wie sie in manchen arabischen Ländern ganz offenkundig praktiziert werden. In Österreich – und wohl in den meisten anderen Reitsportnationen – wäre dergleichen undenkbar, hier stehen der Sportsgeist, das Fairplay, aber vor allem das Wohl des Partners Pferd über allem anderen. Die meisten der heimischen Reiterinnen und Reiter sind Idealisten, die ihren Sport mit großer Hingabe ausüben und sich bemühen, ihren Pferden ein artgerechtes Leben mit Koppelgang und Sozialkontakt zu Artgenossen zu ermöglichen.
Einhellig wurde unter den Diskussionsteilnehmern der Schritt der FEI begrüßt, den Reitsportverband der Vereinigten Arabischen Emirate auf unbestimmte Zeit zu suspendieren – auch wenn dagegen noch ein Rekursrecht seitens der Vereingten Arabischen Emirate besteht. Dieser symbolträchtige Schritt der FEI könnte immerhin der Auftakt dafür sein, dass sich im Endurance-Sport nun wirklich etwas ändern wird, und zwar substantiell und nachhaltig.
Geld verdirbt den Sport
Dass der Distanzreitsport heute am internationalen Pranger steht, hat zweifellos mehrere Gründe – einen zentralen nannte Dr. Dominik Burger in der Diskussion unverblümt: „Geld regiert die Welt.“ Und damit auch den Sport. Wo großzügig Gelder fließen, drückt man nur allzu bereitwillig ein oder sogar alle zwei Augen zu – und diesen Vorwurf, lange zugesehen und zu wenig gehandelt zu haben, kann man der FEI wohl nicht ersparen. Fast zwei Jahre hat es – von der ersten Pressemitteilung im März 2013 bis heute – gedauert, dass endlich mit klaren Worten und drastischen Schritten reagiert wurde. Respekt und Anerkennung gebührt hier zweifellos dem Schweizerischen Verband für Pferdesport, der sich seit zwei Jahren intensiv für Fairness und Respekt dem Pferd gegenüber und Gleichheit der Sportler im Distanzreitsport einsetzt und mit seinem öffentlichen Statement vor wenigen Wochen eine entscheidende Rolle dabei spielte, die FEI endlich zum Handeln zu bewegen.
Mehr Zivilcourage tut not
Auch dies war eine der zentralen Schlussfolgerungen dieser Diskussion: Dass sich erst dann etwas ändern wird, wenn alle Sportler, Funktionäre und Beteiligte mit Achtsamkeit und Eigenverantwortung handeln und nicht davor zurückscheuen, mit dem Finger auf Regelverstöße und Pferdemisshandlungen zu zeigen und es nicht hinnehmen, dass Verantwortliche wegsehen. Zivilcourage ist gefragt – und auf Seiten der Verbände die ernsthafte Bereitschaft, Kritik wahrzunehmen, anzunehmen und – wenn sie berechtigt ist – auch als Anlass für Veränderungen zu nutzen.
Dies soll freilich nicht nur für das Distanzreiten, sondern für jeglichen Pferdesport gelten. In den letzten Jahren und Jahrzehnten sind in mehreren Reitsportdisziplinen Dinge passiert, die niemals hätten passieren dürfen – vom Barren über die Rollkur bis zu fragwürdigen Methoden im Westernreiten und im Rennsport. Hingesehen und etwas geändert wurde leider oft erst dann etwas, wenn es bereits fünf vor zwölf war.
Spiel mit dem Feuer
Auch ein weiterer Punkt, der in dieser Diskussion angesprochen wurde, sollte die Verantwortlichen in allen pferdesportlichen Disziplinen nachdenklich machen: Der Trend ,Schneller – höher – stärker’ hat mit der fortschreienden Kommerzialisierung auch im Pferdesport immer mehr Platz gegriffen. Wer nicht mithalten kann, ist schnell weg vom Fenster – und der Distanzreitsport ist wohl zum Beispiel dafür geworden, dass dieser Trend in eine Sackgasse führt, weil er letztlich zu Lasten und zum Schaden des Partners Pferd geht. Damit aber setzt der Pferdesport – und wieder ist das Distanzreiten das beste Beispiel dafür – in einer modernen, vernetzten Welt seine gesellschaftliche Akzeptanz aufs Spiel.
Doch es kann auch anders gehen: Wie eine der Reiterinnen bei der Diskussion sagte, haben viele Aktive ihren Ehrgeiz zurückgeschraubt, geben sich mit den hinteren Rängen zufrieden und leben ihren Sport unter dem Motto: „Dabei sein und ins Ziel kommen ist alles“. Dabei können sie immerhin ruhigen Gewissens sagen, dass sie zum Wohle ihres Pferdes handeln. Und das ist doch schon sehr viel, in Zeiten wie diesen.
Barbara Frisch/ProPferd