Am 1. Februar lud der Geschäftsführer der Spanischen Hofreitschule Dr. Alfred Hudler zum Pressefrühstück in die Hofburg, berichtete von seinen ersten 14 Monaten im Amt – und hinterließ eine weitgehend ratlose Journalistenrunde. Bericht und Kommentar von Dr. Friederike Bubenheimer-Erhart.
Dr. Alfred Hudler lenkt seit Dezember 2022 die Geschicke der Spanischen Hofreitschule. Der unscheinbar wirkende Mittsechziger betrat beim Pressegespräch am 1. Februar den Salon mit dem großen Gemälde von George Hamilton, das die Herde von Lipica zeigt und den vornehmen Raum dominiert, durch einen zweiten Eingang, der ihn ohne langwieriges Händeschütteln direkt ans Rednerpult führte. Begleitet wurde er von Oberbereiter Herbert Seiberl und Tierärztin Dr. Sophia Sommerauer.
Den geladenen Journalisten erstattete Hudler in einer ausführlichen Rede Bericht von seiner bisherigen Amtszeit und gab Ausblicke auf seine künftigen Pläne. Er wolle die Spanische Hofreitschule durch Pflege der Tradition und behutsame Weiterentwicklung zu einer Vorzeigekulturinstitution machen. Ziel sei es, den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen, dabei das Tierwohl sicherzustellen, die drei Standorte Wien, Piber und Heldenberg relevant und attraktiv zu halten, aber auch, und das sei ausdrücklicher Wunsch des Eigentümervertreters, gut und gesund zu wirtschaften. Die Spanische Hofreitschule sei „eine großartige Marke“, die es weiter zu stärken gelte.
Hudler erläuterte Maßnahmen, die er bereits gesetzt habe oder noch setzen wolle, um das alles zu erreichen. Die Zahl der Vorführungen in Wien, die derzeit bei rund 80 pro Jahr liege, ließe sich nicht weiter steigern, es solle aber zusätzliche Angebote der Morgenarbeit und der Führungen geben. Heuer sei eine Tournee nach London und Aberdeen geplant, 2025 dann nach Paris. Auf Basis einer Markenbewertung und einer Marktforschung, die er in Auftrag gegeben habe, sollen weitere Angebote geschaffen werden. Die Spanische Hofreitschule erhält nun eine jährliche Basisabgeltung in der Höhe von 2,5 Millionen Euro vom Bund. Damit könne man im laufenden Betrieb auskommen. Für Investitionen wie die geplante Umgestaltung des Besucherzentrums in Wien würde aber zusätzliches Geld benötigt. Das solle durch einen Club aktiver Förderer, der noch zu gründen sei, beigesteuert werden.
In Piber sei ein Zuchtkonzept erstellt worden, das u.a. die Vergrößerung der Stutenherde vorsehe. Die Gestütsflächen würden künftig wieder selbst bewirtschaftet und deckten den gesamten Bedarf an Heu für die rund 400 Pferde an allen drei Standorten. Im Sinne von Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft werde der Mist aus Wien in Piber als Dünger verwendet. Man wolle den Tourismus in Piber stärken. Der im Vorjahr eröffnete Kletterpark habe 4.000 Besucher verzeichnet. Nun werde über Angebote zur Übernachtung für auswärtige Gäste nachgedacht. Ein betriebseigenes Haus könnte 20 Gästezimmer bieten. Die Spanische Hofreitschule beschäftige rund 200 Mitarbeiter, davon etwa die Hälfte Frauen. Zu seinen persönlichen Highlights, so Hudler abschließend, gehörte das Engagement des gesamten Teams, dem er dafür ausdrücklich dankte. Der Sattler Ali beispielsweise versehe seit über 40 Jahren seinen Dienst an der Spanischen Hofreitschule. Das sei beeindruckend.
Der neue Geschäftsführer zeigte sich bemüht, Begeisterung für Geschichte, Tradition und Kultur der jahrhundertealten Reitakademie und ihres Gestüts an den Tag zu legen. Selbst dem Pferdefach fremd, übergab er das Wort zu fachlichen Details noch an Oberbereiter Seiberl. Fragen gab es im Anschluss an seine und Seiberls Rede viele, auch einige kritische. Sie wurden leider nur oberflächlich beantwortet und ließen die Journalisten teils ratlos zurück. Nach wenigen Fragen wurde das Pressefrühstück überraschend beendet; unbeantwortete Fragen konnten schriftlich an die zuständige Stelle, eine externe Agentur, gerichtet werden. Hudler ließ sich entschuldigen und entschwand ebenso wie er gekommen war.
Dr. Friederike Bubenheimer-Erhart
KOMMENTAR: Viele Worte, wenige Informationen
Was für Erkenntnisse lassen sich aus diesem Pressefrühstück gewinnen? Hudlers Maßnahmen und Pläne erinnern frappierend an ein älteres Unternehmenskonzept, das für die Jahre 2019 bis 2023 erstellt worden war: Den nahezu gleichen Vortrag hätte er anhand dieses Papiers bereits bei seinem Amtsantritt halten können. Von einem Kurswechsel, den viele sich von dem neuen Geschäftsführer erhofft hatten, kann man nicht sprechen.
In dem Unternehmenskonzept ist vom Ausbau der Spanischen Hofreitschule von einer Premiummarke zu einer Weltmarke in Kultur und Klassischer Reitkunst die Rede. Dafür wurde, als die Position des Geschäftsführers 2022 wieder ausgeschrieben wurde, ein Experte für Marketing mit umfassenden Kompetenzen in Personalführung gesucht; Kenntnisse Klassischer Reitkunst galten als wünschenswert, aber nicht notwendig. Hudler, Betriebswirt und erfahrener Manager der Getränkebranche, gilt als ein solcher Experte. Von Pferden oder Reiten, geschweige denn Klassischer Reitkunst, versteht er nichts. Auf dem Gebiet des Kulturmanagements kann er ebenfalls keine Qualifikation vorweisen.
Einer seiner ersten sichtbaren Schritte als Geschäftsführer der Spanischen Hofreitschule bestand in der gemeinsamen Formulierung einer Vision und einer Mission, an der einige Mitarbeiter beteiligt waren, und die im Wesentlichen den gesetzlichen Auftrag wiedergeben. Beide Botschaften wurden auf Roll-ups zuseiten des Rednerpults präsentiert. Ob es für die abermalige Formulierung des Gesetzestextes einen Betriebswirt mit sechsstelligem Jahresgehalt und wertvolle Arbeitszeit der Mitarbeiter gebraucht hätte? Ob es nicht gereicht hätte, den Beschäftigten diesen Auftrag gelegentlich ins Bewusstsein zu rufen? Und wie steht es um Marketing und Personalführung, jene beiden Arbeitsfelder, die wohl den Ausschlag für Hudlers Bestellung gegeben haben?
Beginnen wir beim erstgenannten: Auf welches Publikum zielt Hudlers Marketing? Auf ein unreflektiertes Massenpublikum, das sich mit weißen Pferden und uniformierten Reitern in den altehrwürdigen Räumlichkeiten der Wiener Hofburg zufriedengibt? Auf Zuschauer, bei denen keine echte Levade gefragt ist, sondern ein steigendes Pferd genügt? Wie lässt sich das mit einer Weltmarke in Kultur und Klassischer Reitkunst und schließlich dem gesetzlich verankerten Kulturauftrag vereinbaren? Wie soll die einstige Hochschule für Reiter und Pferd künftig noch wahrgenommen werden? Als Werbeträger für Investmentfonds und Möbelhäuser? Gerade flimmert wieder ein vor Jahren gedrehter, reichlich geschmackloser Werbespot über die österreichischen Fernseher. Das zweifache Weltkulturerbe soll den Umsatz beim Abverkauf von Möbeln ankurbeln. Wenig Substanz hat auch eine kürzlich erschienene Broschüre mit dem hochtrabenden Titel „Encyclopedia“, die von einer Werbeagentur erstellt wurde und auf eine „stylishe" Ästhetik setzt, bei der aber die Klassische Reitkunst und deren traditionsgemäße Pflege offenkundig eine untergeordnete Rolle spielte, wie u.a. die bisweilen unglückliche Fotoauswahl nahelegt. Exzellenz, Hingabe, Schönheit, diese selbstgewählten Schlagworte entpuppen sich auch hier als leere Versprechen.
Auch Hudlers Bilanz in Sachen Personalführung fällt bei genauerer Betrachtung wenig überzeugend aus: Während für die Bereiche Human Resources, Marketing und Public Relations einige neue Mitarbeiter eingestellt und Aufgaben wie die Beantwortung von Presseanfragen darüber hinaus noch extern vergeben wurden, wurden im Pferdebereich kaum neue Stellen geschaffen. Im Gegenteil: Der erfahrenste Oberbereiter – Andreas Hausberger – wurde recht bald sogar vom Dienst suspendiert. Auch darin knüpft Hudler an die traurige Praxis seiner Vorgänger an. Ein neuer wurde ernannt, sodass nun wieder drei Oberbereiter, neben Rudolf Rostek und Herbert Seiberl auch Marcus Nowotny, die Geschicke der Reitbahn leiten.
Aber wie wollen sie die Qualität in der Reitbahn – die seit Jahren in Frage steht und auch von früheren Oberbereitern z.T. scharf kritisiert wird – wieder anheben? Da gebe es nichts anzuheben, sondern nur Qualität zu halten, gab sich Oberbereiter Seiberl auf Nachfrage selbstbewusst. Unzulänglichkeiten bei den Vorführungen – so muss man wohl schlussfolgern – muss das Publikum in Zukunft also einfach hinnehmen.
Die ,Causa Hausberger‘, die bei dem Pressefrühstück übrigens gar nicht erwähnt wurde, war nur die Spitze des Eisbergs, denn ein halbes Dutzend Arbeitsverhältnisse von Personen mit leitender Funktion wurde seither beendet. Personelle Fluktuation lässt meistens auf ein nicht optimales Betriebsklima schließen. Darauf angesprochen, entgegnete Hudler, dass es zwar immer schade sei, wenn jemand ginge, sich in der Regel aber guter Ersatz finden ließe.
Tatsächlich sind aktuell einige Stellen ausgeschrieben. So wird ein Gestütsmeister für Piber gesucht, der zwar einschlägige Berufserfahrung mitbringen soll, aber keine einschlägige Berufsausbildung haben muss. Die in Aussicht gestellten Bezüge sind bei allen Ausschreibungen so niedrig angesetzt, dass man sich fragt, wer sich da bewerben soll. Der gegenseitige Respekt, mit dem man laut der Mission auch zukünftige Kolleginnen und Kollegen überzeugen will, kommt in der Entlohnung jedenfalls nicht zum Ausdruck. So gesehen erscheinen auch Hudlers Worte über den Sattler Ali als Phrasen. Leisetreten, totschweigen oder schönreden, möglichst keine Fragen (schon gar keine allzu kritischen) beantworten, alles in ruhigere Fahrwasser lenken – das ist, so scheint es, Hudlers Devise.
Vielen Insidern und kritischen Beobachtern reicht das bei weitem nicht: Sie warnen seit Jahren davor, dass Pferdefachwissen und reiterliches Können nach klassischen Prinzipien, auch Kenntnisse der Pferdezucht mittlerweile an allen Ecken und Enden fehlen – und dass Wirtschaftlichkeit, Marketing und Public Relations wichtiger geworden sind als Traditionspflege und die Bewahrung eines einzigartigen Kulturgutes. Selbst das beste Marketing läuft jedoch ins Leere, wenn der Kern der Marke angegriffen und beschädigt ist.
Dr. Friederike Bubenheimer-Erhart