Der Rücktritt von OEPS-Springreferentin Sabine Schranz macht einmal mehr deutlich: Der derzeitigen OEPS-Führung geht es nicht um den Sport, sondern um die Behauptung von Machtstrukturen und -positionen. Ein Kommentar von Leopold Pingitzer.
Österreichs Pferdesport-Szene hat wieder einmal Gesprächsstoff: Die populäre und engagierte Springreferentin Sabine Schranz hat ihre Funktion zurückgelegt und ihre Motive, die zu diesem Schritt führten, in einem gestern auf dem Portal Eqwo.net veröffentlichten „Offenen Brief“ ausführlich dargelegt. Es ist eine Chronik der Unglaublichkeiten und Grauslichkeiten – aber auch der Beleidigungen und Erniedrigungen (unten im Wortlaut nachzulesen).
Im Wesentlichen begründet Sabine Schranz ihren Rücktritt mit dem Faktum, dass sie sich mit den Entscheidungen und dem Auftreten des OEPS nicht länger „identifizieren" kann. Weiter heißt es: „Zusätzlich fehlt es mir an der nötigen Unterstützung eines Sportdirektors. Meinen Ideen zur Förderung des Spitzen- und Nachwuchssportes im Springreiten wurden im besten Fall Steine in den Weg gelegt, oder es wurde vom OEPS nicht darauf reagiert, aber meist gab es Verbote oder subjektiv getroffene Entscheidungen.“
Danach folgt eine lange Auflistung von Negativ-Erlebnissen, die ihr in den 20 Monaten ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit widerfahren sind – von der OEPS-Weigerung, eine CSIO5*-Teilnahme von A-KaderreiterInnen zu unterstützen (!) über schikanöse Abrechnungs-Modalitäten, der mangelnden Unterstützung von Österreichischen Meisterschaften und Staatsmeisterschaften bis zum Verbot, freie Startplätze bei Nachwuchs-CSIOs an talentierte Nicht-KaderreiterInnen vergeben zu dürfen (Letzteres ist aus Sabine Schranz' Sicht „eine klare Entscheidung gegen den Sport").
Ein gutes Dutzend derartiger Punkte wird angeführt – man muss das in der Tat zweimal lesen und kann es immer noch nicht glauben, dass ein Sportverband in solcher Art und Weise agiert und den eigenen Sport dadurch förmlich „sabotiert". Die Aufzählung macht auf bedrückende Weise deutlich, dass es im OEPS längst nicht mehr um die Förderung oder gar den Dienst am Sport bzw. den PferdesportlerInnen geht, sondern schlicht um die Behauptung von Machtstrukturen und Machtpositionen.
Dieser Maxime wird seit vielen Jahren alles untergeordnet – und wer immer es wagt, sie in Frage zu stellen oder zu kritisieren, wird gnadenlos bekämpft. Folgerichtig gibt es auf allen Ebenen „schwarze Listen" – also Personen, die nicht erwünscht sind, die nicht dazugehören und mit denen auch nicht kommuniziert wird (ProPferd ist hier nur eines von vielen Beispielen – liebe Fr. Schranz: Willkommen im Club!).
Sind wir von alldem überrascht? Ganz und gar nicht – denn wir weisen seit mehr als acht Jahren auf genau diese Missstände hin und auf den zentralen Kritikpunkt, dass es dem OEPS im Kern nicht um den Sport, sondern nur um sich selbst und den eigenen Machterhalt geht. Der „Offene Brief" von Sabine Schranz – an dessen Glaubwürdigkeit man in keiner Sekunde zweifeln kann – gibt in diesen Mechanismus nur detaillierter Einblick als man es bislang gewohnt war: Auf sehr anschauliche Weise bekommt man da vor Augen geführt, wie man eine engagierte Referentin durch tausend kleine Sticheleien und Gemeinheiten, Absagen, Verbote oder schlicht verweigerte Antworten ausbremst, kaltstellt und desillusioniert. (Dass es im Übrigen auch anderen ReferentInnen nicht besser geht, wie wir aus vielen Gesprächen wissen, wird Sabine Schranz aber kaum ein Trost sein ...)
Die große Frage, was aus alledem folgt und ob dieser „Offene Brief" irgendetwas im OEPS verändern wird, muss an dieser Stelle unbeantwortet bleiben. Sabine Schranz hat jedenfalls ein starkes Zeichen gesetzt – und sich vor allem auch dem ungeschriebenen ,Schweige-Gebot' widersetzt, dem sich zuvor leider viele in Ungnade Gefallene gefügt haben. Das ist ihr hoch anzurechnen!
Ob Sabine Schranz damit allein bleibt und ob ihr starkes persönliches Zeichen wirkungslos verpufft – das entscheidet sich letztlich an anderer Stelle. In Wahrheit lässt sich das gesamte OEPS-Drama, wie es sich seit Jahren vor aller Augen entfaltet, auf eine entscheidende Frage reduzieren: Wie lange schaut das oberste Aufsichtsgremium des OEPS, nämlich das Präsidium, diesem Desaster noch zu?
Denn dass eine Geschäftsführung arrogant, realitätsfern, überfordert oder völlig neben der Spur ist, das kann in jedem Unternehmen passieren. Dass man aber eine solche Geschäftsführung völlig unbehelligt und sanktionslos fuhrwerken lässt, und das schon seit vielen Jahren – das ist die einzigartige und unverzeihliche Verfehlung der neun Landespräsidenten. Denn in der Satzung des OEPS heißt es klipp und klar: „Dem Präsidium obliegt die Beschlussfassung in allen wesentlichen Fragen des österreichischen Pferdesports, es gibt die Richtlinien zur durchführenden Tätigkeit des Direktoriums und übt die Aufsicht über dieses aus." Und weiter: „Dem Präsidium obliegt die Überwachung aller Geschäfte des OEPS unter Bedachtnahme auf die geltenden Gesetze, die Satzung und die Beschlüsse der Generalversammlung."
Kann man da irgendetwas falsch verstehen? Gibt es irgendeinen Zweifel über Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten? Man kann die vorhin gestellte Frage noch weiter zuspitzen: Was hindert das OEPS-Präsidium und im Speziellen die Präsidenten der neun Landesfachverbände, ihren satzungsgemäßen Pflichten und Aufgaben nachzukommen? Wieso schaut das oberste Aufsichtsgremium des Pferdesports seit Jahren dabei zu, wie dem heimischen Pferdesport systematisch und nachhaltig geschadet wird, wie SportlerInnen drangsaliert werden und engagierte ReferentInnen das Handtuch werfen?
Nicht wenige erinnert die Performance der neun Landespräsidenten in den letzten Jahren an ein Marionettentheater, bei dem ,auf Zug' die Hand gehoben und der Sanctus erteilt wird. Österreichs Pferdesport wird aber erst dann wieder eine Perspektive haben, wenn die neun Landespräsidenten diese peinliche Rolle ablegen und sich wieder ihrer eigentlichen Verantwortung besinnen. Der Rücktritt von Sabine Schranz und ihre mutigen Worte wären ein guter Anlass dafür – das Präsidium ist nun am Zug,
meint
Ihr
Leopold Pingitzer
Hier der „Offene Brief" von Sabine Schranz im Wortlaut:
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich lege mit sofortiger Wirkung das Amt des Spring-Referenten zurück. Mein Rücktritt begründet sich auf dem Aspekt, dass ich nach außen den OEPS repräsentieren soll, mich aber leider mit dessen Entscheidungen und Auftreten nicht identifizieren kann. Zusätzlich fehlt es mir an der nötigen Unterstützung eines Sportdirektors. Meinen Ideen zur Förderung des Spitzen- und Nachwuchssportes im Springreiten wurden im besten Fall Steine in den Weg gelegt, oder es wurde vom OEPS nicht darauf reagiert, aber meist gab es Verbote oder subjektiv getroffene Entscheidungen.
Ein kleiner Auszug – quasi das Best-Off – von Verboten seitens des OEPS oder Anträge/Fragen von mir an den OEPS auf die ich keine Antworten/Reaktionen erhielt, weshalb ich meine ehrenamtliche Arbeit für den OEPS zurücklege: es wurde mir verboten das CSIO5* Abu Dhabi im Olympia Qualifikationsjahr zu unterstützen. Die A-KaderreiterInnen mussten ALLE Kosten selber tragen. Durch den Nationenpreis-Sieg wurde im Nachhinein eine kleine Erfolgsprämie vom Generalsekretär zugesagt. Für die Auszahlung dieser Erfolgsprämie an die SportlerInnen mussten alle Rechnungen inklusive Kreditkartenabrechnungen eingereicht werden.
Ein A-Kaderreiter bekam teilweise seine 4* und 5* Turnierabrechnungen nicht bezahlt, obwohl er im GP platziert war und um EM Qualifikation bzw. Olympic Ranking List Punkte für Paris 2024 mit ritt. Abgewiesen vom Generalsekretär OHNE Angabe von Gründen. Bis heute erhielt ich trotz Nachfrage keine Begründung diesbezüglich.
Aus genannten Gründen habe ich einen Antrag auf transparente und leistungsbezogene Abrechnungskriterien für die Kaderreiter gestellt. Ich habe ein Modell abgegeben, welches komplett an die Abrechnung in der Vielseitigkeit angelehnt war. Bis heute habe ich NULL Rückmeldung bekommen.
Für die WM 2022 in Herning musste ich die regenfesten Teamjacken privat kaufen, da es verboten wurde über das Referatskonto Jacken für eine Weltmeisterschaft zu kaufen. Es wurde mir verboten Christian Knoll als Equipe Chef einzusetzen. Er hat als Richter einen Fehler gemacht und nicht als EC. Er durfte allerdings die ganze Zeit als Richter bzw. FEI Steward arbeiten. Selbst ein Brief der Kaderreiter konnte an dieser subjektiv getroffenen Entscheidung nicht rütteln. Auch Dr. Katharina Lange durfte ich (aufgrund ihrer deutschen Nationalität) nicht mehr als Team VET einsetzen. Wieder ein etwas sinnloses Verbot, angesichts dessen das heuer mit Dr. Philip Genn ein Tscheche der Team VET bei der EM sein wird.
Ich durfte freie Startplätze bei Nachwuchs CSIO Turnieren nicht an talentierte und motivierte Nicht-Kaderreiter vergeben. Erfahrungen sammeln im Ausland wäre doch so wichtig. Aus meiner Sicht stellte das eine klare Entscheidung gegen den Sport dar. Nachwuchs-Kaderkurse werden grundsätzlich zu spät veröffentlicht, obwohl von meiner Seite alles fix-fertig abgeliefert wurde.
Die Unterstützung der Österr. Meisterschaften wurde untersagt. Ich habe im Frühling einen Antrag abgegeben, wobei es um die finanzielle jedoch leistungsbezogene Unterstützung von U25 ReiterInnen ab CSI2* geht. Ich erhielt bislang keine Rückmeldung darauf.
Ich stellte einen Antrag, dass ich das Recht bekomme vor Abstimmungen zu Springreferats relevanten Themen beim Präsidium bzw. Direktorium vorsprechen zu dürfen. Ich erhielt keine Reaktion darauf.
Eine junge und talentierte Tiroler Reiterin wird trotz erbrachter Kaderkriterien nicht in den B-Kader aufgenommen. Die Argumentation des OEPS, dass das Stechen auch fehlerfrei sein muss ist sachlich falsch und daher auch irrelevant. Und dann gibt es noch andere Beispiele, die zum Nachdenken anregen sollten:
Ich gab einen Antrag zur Förderung des Nachwuchs-Spitzensportes bei der ÖSTM ab. Das könnte eigentlich ein positives Beispiel darstellen, aber leider war die Reaktionszeit des OEPS zu langwierig. Eine Verständigung, dass diesem Antrag stattgegeben wurde kam leider erst am Freitag, während die ÖSTM bereits im Gange war.
Es fand zur EM San Siro vergangene Woche eine Pressekonferenz statt, zu der ich nicht eingeladen war. Anschließend ging eine Presse-Aussendung des OEPS an die Medien, welche ich nicht zugesendet bekam. In dieser Presseausendung wurden die EM Teilnehmer nicht alle gleichermaßen dargestellt. Fakt: es geht wieder um einen der erfolgreichsten Kaderreiter Österreichs. Der Umgang vom OEPS mit OEPS kritischen Personen ist skandalös.
Ich stellte einen Antrag für die Veteranen EM in Frankreich. Ich schrieb in einem Mail, dass ich um Nenn- und Startgeld (siehe Ausschreibung € 350,-) und die Team AUT Ausstattung für max. 5 ReiterInnen ansuche. Das Mail beinhaltete auch die Qualifikationskriterien. Diese Amateur EM in vollem Umfang zu unterstützen erschien mir angesichts der Sparmaßnahmen gegenüber unseren A-KaderreiterInnen im Fall CSIO5* Abu Dhabi als komplett sinnbefreit. Wäre auch wieder eine tolle Außenwirkung, wenn eine Amateur-EM im vollen Ausmaß Unterstützung erfahren würde, besonders dann, wenn auch ein Direktoriumsmitglied geritten wäre und diese Förderung erhalten hätte.
Es wurde mir anstelle eines kompetenten Sportdirektors eine Art Mentor zugewiesen. Damit ich eine Ansprechperson bzw. eine Art Ombudsmännchen habe. Leider wurden die Kompetenzen dieser Person nie schriftlich geklärt. Ein Mentor ohne Kompetenzen stellt für mich lediglich eine gratis Kummer-Nummer dar. In erster Linie drängt sich mir natürlich die Frage auf, warum ich das Referatsbudget nicht für die Förderung des Springsportes ausgeben darf. Soll eventuell am Ende des Jahres möglichst viel Geld vom Budget der Springreiter übrig bleiben (?) Der OEPS ist ein Sportfachverband und ich als Referent darf und kann das Geld vom Budget der Springreiter nicht für die Förderung des Springsportes ausgeben…
Zum nationalen Sport möchte ich nun auch noch kurz Stellung beziehen. Das die österreichischen Meisterschaften im Springreiten nicht unterstützt werden dürfen, ist eine traurige Tatsache. Der OEPS sollte umdenken: Anreize für die ÖSTM Teilnahme sollten geschaffen werden und nicht Sanktionen in der Kadervereinbarung angedroht werden. Die Veranstalter der ÖSTM brauchen Unterstützung vom Springreferat! Auch vom Medienauftritt her sollte der Stellenwert der ÖSTM der Springreiter deutlich nach oben geschraubt werden. Oder ist eine ÖSTM für einen Sportfachverband etwa nicht förderungswürdig?
Betonen möchte ich auch, dass das sportliche Makeover der ehemaligen Casino Grand Prix Serie hin zur OEPS Springtour aufgrund meiner Initative gemeinsam mit 4 Veranstaltern zustande kam und nicht aufgrund des Know-How des Generalsekretärs.
Mein Fazit aus dieser Spring-Referats-Tätigkeit lautet, dass die Arbeit mit den SportlerInnen wirklich Spaß gemacht hat. Auch die Zusammenarbeit mit den Landesspringreferenten war toll. Und ein besonderer Dank geht an die Damen vom Büro, für alle Bemühungen mich zu unterstützen und die Belange der SpringreiterInnen zu erledigen.
Ich kann einige Ansichten und Anfeindungen von der OEPS Führungsebene nicht mittragen. Leider werden sowohl die Sportler, als auch die Veranstalter (Kausa Meldestelle), als auch ehrenamtliche Mitarbeiter wie die Spartenreferenten, seitens der OEPS Führung mit wenig Respekt und Wertschätzung behandelt. Ideen für den Sport werden untergraben und respektloser Umgang ist an der Tagesordnung. Ich finde es zum Bsp. eigenartig, wenn A-Kader-Reitern vom eigenen Verband unterstellt wird, dass sie in Abu Dhabi einen bezahlten Urlaub machen wollen, auf Kosten des OEPS.
Zu allen bereits genannten Aspekten und dem Fakt, dass vorhandene Gelder nicht ausgegeben werden dürfen, kommt dann noch das Deckmantel-Argument, dass immer die gleichen Regeln für alle gelten müssen. Die Kaderkriterien werden nicht für alle SpringreiterInnen gleich angewendet, die Auszahlungskriterien sind nicht transparent und es entscheidet die Willkür des Generalsekretärs. Und bis heuer im Frühling wurde ein Dressur-Pferdetransport höher rückvergütet als ein Pferdetransport mit z.B. Springpferden, etc.
Mit diesen Problemen kämpfen anscheinend mehrere OEPS Spartenreferenten und der Österreichische Pferdesportverband wird – zumindest beim Springreiten sowohl auf nationaler, als auch auf internationaler Ebene – milde ausgedrückt „belächelt“. Wichtig ist mir auch zu erwähnen, dass es vereinzelte Personen in der OEPS Führungsebene gibt, die sich uneigennützig der aktuellen Probleme der Spartenreferenten annehmen. Schockierend hingegen empfand ich den Tadel, dass es eigentlich nicht erwünscht sei, dass Spartenreferenten mit Präsidiums- bzw. Direktoriumsmitgliedern kommunizieren. Daher lautet mein Resümee aus rund 20 Monaten ehrenamtlicher Tätigkeit für den OEPS: Aufgrund der aktuellen Führungspolitik, möchte ich nicht mehr als ein Teil des OEPS gesehen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Schranz