Einem jungen Esel mit einer schweren Herzerkrankung, die immer wieder Ohnmachtsanfälle verursachte, wurde an der Tierärztlichen Hochschule Hannover erfolgreich ein Herzschrittmacher eingesetzt.
Der zwei Jahre alte männliche Esel, der 144 kg wog, litt unter immer wieder auftretenden Ohnmachtsanfällen. Dieses Symptom trat während eines halbjährigen Zeitraums der klinischen Überwachung bis zu 16 Mal am Tag auf, so Frederik Heun und seine KollegInnen von der Tierärztlichen Hochschule Hannover sowie dem Universitätsklinikum Heidelberg in ihrem kürzlich vorgestellten Fallbericht.
Eine klinische Untersuchung des Esels ergab eine unregelmäßig wiederkehrende Bradykardie – einen verlangsamten Herzschlag. Neurologische und orthopädische Untersuchungen ergaben keine Auffälligkeiten. Hämatologie und Blutbiochemie waren normal.
Das Langzeit-EKG (Elektrokardiogramm) offenbarte die Ursache der gefährlichen Herzerkrankung, die im Fachterminus als ,atrioventrikulärer Block' bezeichnet wird. Ein atrioventrikulärer Block ist eine Verzögerung in der Leitung von elektrischen Strömen, wenn sie durch das Reizleitungssystem von Vorhöfen und Herzkammern des Herzens (= atrioventrikuläres Reizleitungssystem) wandern.
Diese Blockaden dauerten bis zu einer Minute. Schließlich setzte die atrioventrikuläre Überleitung mit einem vorangehenden ventrikulären Ersatzschlag spontan wieder ein. Laboruntersuchungen und Echokardiographie ergaben keine reversible Ursache. Die Episoden wurden spontan oder durch eine leichte Tachykardie – einen schnellen Herzschlag – ausgelöst.
Unter Vollnarkose wurde ein dauerhafter Einkammer-Herzschrittmacher implantiert. Das Gerät ist auf einen Modus eingestellt, der verhindert, dass der Esel erneut ohnmächtig wird.
Das behandelnde Veterinärteam wies darauf hin, klinisch relevante Bradykardie (= verlangsamter Herzschlag) sei bei Equiden selten: „Dies ist unseres Wissens der erste Bericht, der einen paroxysmalen atrioventrikulären Block, ein in der Humanmedizin häufig verwendeter Begriff, bei einem Esel beschreibt“, sagten sie.
Die AutorInnen stellten fest, dass Herzschrittmacher-Implantationen bereits bei Pferden mit Sick-Sinus-Syndrom, bei Eseln und Pferden mit atrioventrikulärem Block dritten Grades sowie bei gesunden Pferden beschrieben wurden. Allerdings wurden keine Berichte über Esel mit paroxysmalem AV-Block veröffentlicht.
Das Forscherteam wies auch darauf hin, dass in der Literatur kurzfristige Erfolge mit Herzschrittmachern nicht einheitlich und manchmal kompliziert seien. Die häufigsten Komplikationen waren Infektionen an der Implantationsstelle oder eine Verschiebung der Elektrodenspitze im Herzen.
Im Falle des Esels zeigte die Echokardiographie 40 Tage und 17 Monate nach der Operation, dass die Herzschrittmacherleitung in der richtigen Position war und engen Kontakt zum Endokard hatte. Bei der echokardiographischen Untersuchung waren keine strukturellen Veränderungen des Herzmuskels erkennbar.
Röntgenaufnahmen bestätigten den Verlauf und die Lage der Elektrode und des Herzschrittmachers. Die linksventrikuläre Funktion blieb während der Nachbeobachtungszeit unverändert. „Zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung wies die Batterie noch eine Lebensdauer von 10 Jahre auf“, so die AutorInnen.
Die Therapie kann, so die AutorInnen zusammenfassend, als erfolgreich bezeichnet werden, da der Esel während der Nachbeobachtungszeit von 17 Monaten keine weiteren Ohnmachtsanfälle aufwies.
Die Studie „Treatment of a Paroxysmal Atrioventricular Block by Implantation of a Bipolar, Single-Chamber Cardiac Pacemaker in a Donkey" von Frederik Heun, Tobias Niebuhr, Alvaro Gutierrez Bautista, Felix Wiedmann, Nicole Verhaar, Sabine Kästner, Karsten Feige und Constanze Schmidt ist am 27. Aug. 2023 in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.