Auf dem Hof von Florian Oberparleiter in Sierning/OÖ brach im April 2022 die Druse aus. In einem Bericht hat er den Verlauf der gefürchteten Erkrankung nachgezeichnet und in bedrückenden, dramatischen Fotos festgehalten. Sein dringender Appell an Pferdehalter und -besitzer: Druse niemals auf die leichte Schulter nehmen!
Anfang April 2022 ist auf unserer Anlage in Sierning, Oberösterreich die Druse ausgebrochen. In diesem Bericht möchten wir den Verlauf der Krankheit und die Folgen offenlegen.
Verlauf und Symptome
Zum Zeitpunkt des Ausbruchs befanden sich sechs Pferde auf unserer Anlage – drei eigene Pferde und drei Pferde die zur Ausbildung hier waren.
Zuerst brach die Krankheit bei drei Pferden aus, zwei weitere folgten zeitversetzt. Die Pferde waren 6 Wochen krank und es dauerte insgesamt dreieinhalb Monate, bis alle Pferde nicht mehr ansteckend waren.
Die ersten drei Pferde, Isa, Franz und Phoebe erkrankten schwer. Bei Phoebe führte die Krankheit schließlich zum Tod. Bei später erkrankten Pferden, Monty und Jupiter, hatten wir einen mittleren und einen leichten Verlauf. Der Wallach Cody erkrankte nicht oder hatte so einen milden Verlauf, dass wir keine Symptome feststellen konnten.
Die schwer erkrankten Pferde litten an eitrigem Nasenausfluss, hohem Fieber, Husten und geschwollenen und aufplatzenden Lymphknoten. Die Schwellungen kann man sich wie 3 bis 10 cm große Eiterpickel vorstellen, die 2-3 Wochen reifen und schließlich platzen. Bis dahin ist das Fieber hoch und es geht den Pferden schlecht.
Das Platzen der Lymphknoten ist zwar eine eklige Angelegenheit (noch mehr Eiter zusätzlich zu jenem aus der Nase …), es schenkt den Pferden aber große Erleichterung. Der Druck ist weg, das Fieber sinkt und die Pferde verhalten sich vitaler. Nach dem Platzen dauerte es jeweils über drei Wochen, bis kein Eiter mehr nachkam und sich die Wunden langsam schlossen.
Bei Isa und Phoebe war es mit dem Platzen der Lymphknoten auf der Unterseite des Kopfes leider nicht getan!
Schwerer Verlauf bei Isa
Als die aufgeplatzten Lymphknoten auf der Unterseite des Kopfes bei Isa schon zu verheilen begannen, füllte sich ein Lymphknoten zwischen Kopf und Hals. Dieser wurde faustgroß und drückte auf die Luftröhre. Isa wäre beinahe erstickt. (Notfall am Ostermontag mitten in der Nacht!)
Den Lymphknoten aufzuschneiden bevor er reif war, war nicht möglich, da auf der entsprechenden Stelle viele Blutgefäße verlaufen. Es dauerte zwei Wochen, bis der Knoten reifte und platzte. Danach dauerte es wiederum drei Wochen, bis kein Eiter mehr kam und sich die Wunde (das Loch!) zu schließen begann.
Tödlicher Verlauf bei Phoebe
Phoebe wurde im Verlauf der Krankheit augenscheinlich zweimal gesund. Sie war die erste, bei der die Lymphknoten auf der Unterseite des Kopfes platzen, die erste bei der das Fieber sank und die erste, der es augenscheinlich wieder gut ging.
Zwei Wochen später begann Phoebe wieder zu fiebern und eine Schwellung auf der Brust tat sich auf. Der Keim war in den dortigen Lymphknoten gewandert. Der Lymphknoten liegt weiter unter der Haut als jener am Kopf.
Nach einer Ultraschalluntersuchung wurde der Knoten aufgeschnitten. Es kam Eiter, als ob man eine Packung Milch ausgeschüttet hätte. Wiederum wurde Phoebe augenscheinlich gesund. Die Wunde wurde zweimal täglich gespült, begann zu verheilen und da Fieber war weg.
Eine Woche später hatte Phoebe jedoch plötzlich Probleme zu gehen. Sie stürzte und konnte nicht mehr aufstehen. Sie begann in Seitenlage die Augen zu verdrehen und im Liegen zu galoppieren. Kurz vor dem Eintreffen der Tierärztin schaffte sie es nochmal aufzuspringen. Es versagten jedoch alle Beine! Wir stützten sie. Es wurde diagnostiziert, dass die Druse neurologisch geworden war. Geschwollene Lymphknoten im inneren des Körpers drückten auf Nervenbahnen.
Eine rektale Untersuchung wurde vorgenommen. Da bäumte sich Phoebe unkontrolliert auf, überschlug sich rückwärts, landete auf dem Kopf und schlug um sich. Sie konnte ihren Körper nicht mehr kontrollieren! Wir entschieden uns, sie von Ihrem Leid zu erlösen und schläferten sie ein.
Übertragung
Druse ist eine Tröpfcheninfektion. Sie kann von Pferd zu Pferd durch Nasensekret und Eiter übertragen werden. Der Mensch kann zum Überträger werden, wenn sich Ausfluss des Pferdes auf seiner Kleidung oder auf sonstigen Ausrüstungsgegenständen befindet und ein anderes Pferd daran schleckt.
Daher ist es notwendig, dass sich der Mensch wäscht und umzieht, wenn er mit anderen, gesunden Pferden Kontakt hat!
Ansteckungsgefahr nach Genesung
Sind die Pferde symptomfrei, können sie trotzdem weiter ansteckend sein. Rückstände im Luftsack können dazu führen, dass Pferde bis zu 36 Monate ansteckend bleiben können!
Wir rufen daher dazu auf, genesene Pferde IMMER freizutesten bevor sie in andere Ställe fahren!
Hierzu werden in der Regel Nasen-Rachen Abstriche gemacht und per PCR-Test untersucht. Dabei kann es aber sein, dass man beim Nasen-Rachen-Abstrich keinen Keim „erwischt“, obwohl das Pferd noch positiv ist. Daher macht man diese Tests dreimal. Trotzdem gibt diese Vorgehensweise nur eine 80% Sicherheit.
Wir haben uns daher entschieden bei allen Pferden eine endoskopische Luftsackuntersuchung mit Spülung und Probennahme zu machen. Dies führt zwar zu erheblich höheren Kosten, aber es erhöht die Sicherheit den Keim bei Vorhandensein auch zu „erwischen“.
Und tatsächlich: Isa war 8 Wochen nach ihrer Genesung noch positiv! Sie wirkte vollkommen gesund, die Luftsäcke waren aber noch mit Eiter gefüllt! Ohne Test wäre Isa, die zum Training bei uns war, wohl nach Hause gefahren und hätte dort den ganzen Stall angesteckt!
Nach nochmaliger Untersuchung wieder 3 Wochen später, war Isa dann endlich negativ. Auch alle anderen Pferde wurden negativ getestet! Somit können alle Gastpferde zu ihren Besitzern nach Hause fahren. Unser Stall wird zusätzlich voll desinfiziert!
Arbeitsaufwand, persönliche Wahrnehmung und finanzieller Aufwand
Die Zeit, in der die Druse in unserem Stall wütete, war surreal. Der Arbeitsaufwand war – obwohl wir nicht viele Pferde haben – sehr groß: mehrmals täglich Fieber messen, Auswaschen der Wunden, Reinigung der Nasen, Medikamentengabe nach Bedarf, nach den Pferden in der Nacht sehen …
Vor allem war jedoch die Sorge um das Wohl der Pferde erdrückend. Die Rückschläge bei Isa und Phoebe bereiteten uns große Sorgen. Nach Phoebes Tod hatten wir lange Schwierigkeiten, auf die Nachhaltigkeit von Besserungen bei anderen Pferden zu vertrauen.
Auf Grund der schweren Verläufe und dem damit verbundenen Arbeitsaufwand stellte Florian seine Unterrichtstätigkeit für 6 Wochen komplett ein, was zu erheblichen finanziellen Einbußen führte. Außerdem konnten Pferde, die sich zur Ausbildung bei Florian befanden, nach Abschluss der Ausbildung nicht nach Hause fahren und dreieinhalb Monate keine neuen Pferde nachkommen. Auch dies schmerzte finanziell.
Hinzu kamen entsprechende Tierarztkosten, wobei jeder Pferdebesitzer für sein eigenes Pferd bezahlte.
Fazit
Liebe Leute, bitte nehmt die Druse nicht auf die leichte Schulter!
Viele Pferdeleute glauben, es wäre gut, wenn Jungpferde die Krankheit einmal gehabt hätten. Dies stimmt zwar im Nachhinein, da die Gefahr einer Ansteckung dann geringer ist bzw. bei Ausbruch mildere Symptome zu erwarten sind. Wir raten aber dringend davon ab, bei Jungpferden deshalb weniger vorsichtig zu sein. Der Verlauf kann auch für sie sehr schlimm sein und auch schlimm enden!
Außerdem: Seid bitte vorsichtig, wenn euer Pferd in einem Stall mit Druse war. Es kann andere Pferde anstecken – egal ob es selbst Symptome gezeigt hat oder nicht! Was im Luftsack steckt, sieht man von außen nicht!
Jetzt haben wir es geschafft und sind sehr glücklich, dass diese Zeit hinter uns liegt. Phoebe hat eine Lücke hinterlassen. Wir sind jedoch glücklich, dass die restlichen Pferde gesund und nicht mehr ansteckend sind! Wir hoffen, wir konnten euch mit diesem Bericht einen Einblick geben.
Liebe Grüße, Familie Oberparleiter Juli 2022
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Florian Oberparleiter.
Fotos: Florian Oberparleiter
ZUR PERSON: Florian Oberparleiter ist international bekannter Pferdetrainer und hat sich sein ganzes Leben lang intensiv mit Tieren beschäftigt. In seinen Horsemanship- und Kommunikations-Kursen vermittelt er einen Umgang mit Pferden, der auf Körpersprache und Energie beruht. Er hat sich jahrelang mit verschiedenen Trainingskonzepten, Arbeitsweisen und Denkansätzen befasst und mit Pferdeexperten in den USA und Europa gearbeitet. Er schulte unablässig sein Gefühl und seine Wahrnehmung und entwickelte ein eigenständiges Trainingskonzept, das auf Kommunikation und nicht auf Konditionierung basiert und auch aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse berücksichtigt. Weitere Infos über ihn, seine Arbeit und seine Kurse findet man auf www.florian-oberparleiter.com.