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Plastik, Leder, Polyester: Wo Druse-Erreger besonders gut bzw. schlecht überleben
27.07.2023 / News

Feuchte Behältnisse wie Eimer sind ideale Lebensräume für den Druse-Erreger – wie die aktuelle Studie zeigt, können aber auch Polyesterhalfter eine fatale Rolle bei der Übertragung spielen ...
Feuchte Behältnisse wie Eimer sind ideale Lebensräume für den Druse-Erreger – wie die aktuelle Studie zeigt, können aber auch Polyesterhalfter eine fatale Rolle bei der Übertragung spielen ... / Symbolfoto: Archiv/Fotolia/Kirill Gorlov

Druse ist der Albtraum jedes Pferdebesitzers – denn der Erreger ist hochgradig ansteckend und auch durch kontaminierte Gegenstände und Materialien übertragbar. Schwedische Forscherinnen haben untersucht, wie wirksam die Bakterien durch Hygiene- bzw. Reinigungsmaßnahmen bekämpft werden können – mit durchaus überraschenden Ergebnissen.

 

Streptococcus equi, der Erreger der gefährlichen Infektionskrankheit Druse bei Pferden, ist nicht nur durch direkten Kontakt mit infizierten Pferden (Tröpfcheninfektion durch Anschnauben oder Anhusten), sondern auch durch sogenannte Vektoren, also kontaminierte Geräte, Gegenstände und Oberflächen in einer Stallumgebung hochgradig übertragbar. Die Erkrankung ist deshalb bei Pferdebesitzern besonders gefürchtet und kann bei betroffenen Pferden zu Lymphknotenschwellungen, Enzündungen, Abszessen, hohem Fieber etc. führen und in schweren Fällen tödlich enden. (Was Pferde bei dieser Erkrankung durchmachen, verdeutlichen u.a. diese Bilder aus dem Vorjahr, die während eines Druse-Ausbruchs am Hof von Pferdetrainer Florian Oberparleiter entstanden – wirklich schlimm und für Pferdefreunde schwer erträglich ...)

Frühere Studien haben eine Überlebenszeit von S. equi zwischen 34 und 72 Tagen ermittelt, wobei gilt: Je kühler die Temperatur, desto länger überleben die Bakterien. Höhere Umgebungstemperaturen im Sommer sowie direkte Sonneneinstrahlung verkürzen hingegen die Überlebenszeit von S. equi auf 1–3 Tage. Mit anderen Worten: Der Druse-Erreger liebt es kalt und feucht!

In einer nun veröffentlichten Studie haben schwedische Forscherinnen untersucht, wie wirksam sich Druse-Erreger durch Hygiene- bzw. Reinigungsmaßnahmen bekämpfen lassen – und welche Rolle dabei unterschiedliche Materialien, Utensilien und Oberflächen spielen, die rund ums Pferd anzutreffen sind bzw. im Stallumfeld zum Einsatz kommen.

Im Rahmen mehrerer Testreihen wurden dabei unbehandeltes Holz, Beton, Kunststoff, Lederhalfter, Lederhandschuhe und Polyester-Halfter gezielt mit einem Laborstamm von S.-equi-Bakterien versetzt. Darüber hinaus wurde ein klinischer Stamm von S. equi auf weiteren ausgewählten Materialien aufgebracht.

Drei Tage nach Aufbringung der Erreger wurden von jeder Materialgruppe Proben genommen, um das Bakterienwachstum nach der Kontamination zu bestätigen. Von den verbleibenden nicht beprobten Stücken wurde die Hälfte gemäß den Empfehlungen des Nationalen Veterinärinstituts  einer Reinigung und Hygiene unterzogen, der Rest wurde als ungereinigte Kontrolle aufbewahrt. Für die Hygienegruppe wurde jeder Gegenstand 1 Minute lang gründlich mit lauwarmem Wasser und einem handelsüblichen Reinigungsmittel mit 15 % Alkoholethoxylat geschrubbt, 10 Minuten lang stehen gelassen und dann mit Leitungswasser gespült. Nach 2 Stunden wurde jeder Gegenstand in einem Desinfektionsmittel eingeweicht und anschließend zwei Tage lang ungestört trocknen gelassen.

Die Ergebnisse waren ebenso bemerkenswert wie aufschlussreich: Nach der Reinigung und Desinfektion waren alle Proben mit Ausnahme der Polyesterhalfter kulturnegativ (es konnten also keine S.-equi-Erreger mehr nachgewiesen werden). Selbst von Materialien wie Beton oder unbehandeltem Holz konnten die S.-equi-Bakterien erfolgreich entfernt werden. Allerdings unterschieden sich die Überlebensraten zwischen den einzelnen Materialien und den Baketerien-Stämmen (Laborstämme vs. klinischer Stamm).

Interessanterweise zeigte sich Leder in hygienischer Hinsicht als erstaunlich hochwertiges Material und bot selbst ohne Reinigung den S.-equi-Bakterien nur schlechte Überlebensbedingungen. Die Forscherinnen der Schwedischen Universität für Agrarwissenschaften in Uppsala wörtlich: „Selbst vor der Reinigung scheint Leder das Überleben von S. equi nur unzureichend zu unterstützen.“ Ein erstaunlicher Befund – zumal bei einem grundsätzlich organischen Material. Eine mögliche Erklärung dafür sei, dass die beim Gerben verwendeten Chemikalien einen Einfluss auf die Verringerung des Überlebens von Bakterien haben, so die Autorinnen.

Halfter aus Polyestergewebe hingegen behielten auch nach dem Reinigen lebensfähige S. equi-Bakterien – und zwar in erstaunlich hohem Maße: Sowohl nach 3 als auch nach 5 Tagen konnten die Druse-Erreger im Polyestergewebe nachgewiesen werden, und auch nach erfolgter Reinigung und Desinfektion waren von 8 untersuchten Halftern 6 kulturpositiv.

Dies bestätigte sich auch bei 24 weiteren Stücke Polyester-Halfter, die einer anderen speziellen Behandlung unterzogen wurden: Sie wurden nach Aufbringung des Erregers drei Tage lang liegengelassen, um ein entsprechendes Bakterienwachstum zuzulassen; anschließend wurden 16 Halfter 39 Minuten lang in einer Waschmaschine bei 40 °C mit einem alkalischen Reiniger gewaschen. Nach dem Waschen ließ man eine Hälfe (8 Halfter) an der Luft trocknen, die andere Hälfte wurde in einem Wäschetrockner bei 70 °C getrocknet (60 Minuten). Die restlichen 8 Halfter wurden 43 Minuten lang in der Waschmaschine bei 60 °C gewaschen. Nach dem Waschen wurden alle 24 Halfter bis zur Bakterienentnahme zwei Tage lang stehen gelassen.

Auch hier zeigte sich: Nach dem Waschen bei 40 °C in der Waschmaschine und dem anschließenden Trocknen im Wäschetrockner waren 14 von 16 Halftern kulturpositiv – erst nach dem Waschen bei 60 °C waren die Halfter kulturnegativ.

Eine mögliche Erklärung für das in hygienischer Hinsicht schlechte Abschneiden von Polyestergewebe: „Das Fortbestehen von S. equi in Halftern mit Polyestergewebe könnte auf die leichte Aufnahme von Schadstoffen in das Gewebe sowie auf die Fähigkeit des Materials, Feuchtigkeit zu speichern, zurückzuführen sein. Erst beim Waschen bei 60 °C wurden die Halfter von Bakterien befreit.“

Die Autorinnen wiesen darauf hin, dass die Studie in Innenräumen bei konstanter Raumtemperatur durchgeführt wurde. Feldbedingungen mit variablen Temperaturen könnten zusätzliche Auswirkungen auf die Überlebensfähigkeit von S. equi haben. Sie stellten außerdem fest, dass es durch regelmäßige Reinigung und Hygiene möglich sei, S. equi selbst von Oberflächen wie Beton und unbehandeltem Holz mit porösen und rauen Oberflächen zu entfernen.  Das Erkennen der Notwendigkeit intensiverer Hygiene- und Hygienepraktiken ist wichtig für die Kontrolle von Träger-bedingten S.-equi-Infektionen.

Die Forscherinnen zusammenfassend: „Es scheint, dass die routinemäßige Reinigung und Hygiene-Behandlung der meisten Materialien in Pferdeställen eine Kontamination durch lebensfähige S. equi wirksam verhindern kann. Wichtig ist jedoch, dass für Materialien wie Halfter aus Polyestergewebe eine Maschinenreinigung bei 60 °C erforderlich ist, um lebensfähige S. equi zu entfernen. Andererseits scheint Leder auch ohne gründliche Reinigung das Überleben von S. equi nur unzureichend zu unterstützen, was erhebliche Konsequenzen für die Handhabung und Pflege von Lederzäumen und -sätteln hat.“ Ihr zentrales Resümee: „Die Einbeziehung der Erkenntnisse aus dieser Arbeit in die gezielte Hygiene nach einem Druseausbruch kann dazu beitragen, die Ausbreitung auf neue Tiere über Keimherde und Stallmaterialien zu verhindern.“

Die Studie „Effectiveness of Cleaning and Sanitation of Stable Environment and Riding Equipment Following Contamination With Streptococcus equi Subsp. equi" von Anneli Rycden, Lise-Lotte Fernström, Elin Svonni und Miia Riihimäki ist im Februar 2023 in der Zeitschrift ,Journal of Equine Veterinary Science' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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