Ein brasilianisches Forscherteam hat drei unterschiedliche Varianten der Heufütterung für Pferde getestet – und dabei eine bedenkliche Entdeckung gemacht: Die zeitlich begrenzte Verfügbarkeit von Heu durch einen Futterautomaten bewährte sich dabei nicht und führte bei den Testpferden zur Entwicklung unerwünschter Verhaltensweisen.
Derzeit stehen den Besitzern im Wesentlichen drei gängige Heufütterungsoptionen zur Verfügung: die Fütterung von Heu ,ad libitum’ (,nach Belieben’), die Verwendung von sogenannten ,Slow-Feedern’ (Heunetze und ähnliche Systeme) oder der Einsatz von Futterautomaten, die so eingestellt werden können, dass sie sich zu verschiedenen Tageszeiten öffnen und schließen und zeitlich begrenzten Zugang zu Heu oder anderen Futtermitteln ermöglichen.
Auch Pferde haben eine Art ,Zeitbudget’, das die Zeit berücksichtigt, die sie den ganzen Tag über mit verschiedenen Aktivitäten verbringen. In früheren Studien wurde beschrieben, dass die Verbesserung des Wohlergehens domestizierter Pferde darin besteht, ihnen ein ähnliches Zeitbudget wie Wildpopulationen zu ermöglichen, so Jéssica Seabra, Studentin an der Bundesuniversität Parana in Brasilien, in einem Vortrag auf dem Symposium der Equine Science Society 2023, das vom 6. bis 9. Juni in Grapevine, Texas, stattfand.
Seabra und ihr Team wollten die Auswirkungen der Fütterung von Heu nach freier Wahl mit der Verwendung von langsamen Futter- und Futterautomaten auf das Verhalten und den Zeithaushalt von Pferden in Sandpaddocks vergleichen. Sie untersuchten 15 Polopferde, die aneinander gewohnt waren, und überwachten sie kontinuierlich per Video, um verschiedene Verhaltensweisen und das Zeitbudget jedes Pferdes zu analysieren. Vor Beginn der Studie und nach jeder Behandlungsperiode wurde jedes Pferd gewogen und sein Körperzustandswert (Body Condition Score = BCS) berechnet.
Die ForscherInnen teilten die Pferde in drei Gruppen ein: Die Gruppen verbrachten 15 Tage mit jeder Behandlung:
– Heu nach freier Wahl (,ad libitum’) aus einer Raufe,
– Heu aus einer großen Heubox, die mit einem Netz abgedeckt war und so das Fresstempo verlangsamte (,Slow-Feeder’) und
– Heu in zeitlich begrenzten Intervallen aus einem Futterautomaten.
Der Gruppe mit freier Wahl und der ,Slow-Feeder’-Gruppe stand ständig Heu zur Verfügung, während der Futterautomat so eingestellt war, dass er sich sechsmal täglich für jeweils 45 Minuten öffnete und das Heu für die Pferde nur in diesen Zeiträumen zugänglich machte.
Die Ergebnisse der Tests waren ebenso spannend wie interessant: „Wir haben erwartungsgemäß herausgefunden, dass die Gruppen mit freier Heuwahl im Vergleich zu den Gruppen mit langsamer und automatischer Fütterung immer mehr Heu verbrauchten und verschwendeten“, so Seabra gegenüber dem Portal TheHorse.com. „Die Gruppen mit automatischer und langsamer Fütterung hatten eine ähnliche Heuaufnahme, verschwendeten hingegen nur wenig Heu.“
In der Gruppe mit frei zugänglichem Heu ,ad libitum’ kam es zu einer Gewichtszunahme, daher ist dies wahrscheinlich nicht die beste Fütterungsmethode für übergewichtige Pferde, so Jéssica Seabra. Die Pferde sowohl in der Free-Choice- als auch in der Slow-Feeder-Behandlungsgruppe verbrachten mehr als 50 % ihres Zeitbudgets mit Futtersuche und Futteraufnahme, was dem von Wildpferden in ihrer natürlichen Umgebung ähnelt. Jedes Pferd in der Gruppe mit freier Wahl fraß durchschnittlich 16,58 kg Heu pro Tag, während die Gruppe mit Slow-Feeder durchschnittlich jeweils 10,39 kg und jedes Pferd in der Gruppe mit Futterautomat 9,3 kg täglich fraß.
Ein anderes Ergebnis sorgte bei Seabra und ihrem Team jedoch für Besorgnis: Wie sich zeigte, wirkte sich der Futterautomat negativ auf das Verhalten der Pferde aus, da die Pferde in dieser Behandlungsgruppe häufiger unerwünschte Verhaltensweisen wie Beißen und Treten zeigten als die anderen beiden Gruppen – vermutlich, weil sie um eine begrenzte Ressource konkurrierten. Diese Pferde verbrachten durchschnittlich nur 25,81 % ihres Zeitbudgets mit Fressen, und es wurde auch beobachtet, dass sie ihren eigenen Kot fraßen, was ebenfalls als abnormales Verhalten gilt. In dieser Behandlungsgruppe standen die Pferde auch länger still, waren aber ständig wachsam – wahrscheinlich, weil sie darauf warteten, dass sich der Futterautomat wieder öffnete, so die ForscherInnen.
Man müsse mit weitreichenden Schlussfolgerungen bzw. Verallgemeinerungen vorsichtig sein, so die AutorInnen, doch habe sich in diesem Test gezeigt, dass sich die Variante mit zeitlich begrenztem Heuzugang über einen Futterautomaten im gewählten Kontext am wenigsten bewährte und jene Variante war, mit der die Pferde am schlechtesten zurechtkamen. Zu bedenken sei auch, dass die Testdauer mit 15 Tagen für jede Variante wohl zu kurz gewesen ist, um die Pferde nachhaltig an eine der Fütterungsoptionen zu gewöhnen und somit auch deren langfristigen Auswirkungen beobachten zu können.
Vor allem seien weitere Forschungen erforderlich, „um besser zu verstehen, wie Pferde, die mit einer automatischen Heufütterung gefüttert werden, ihre Verhaltensbedürfnisse erfüllen können, um Aggression zu reduzieren“, so die WissenschaftlerInnen zusammenfassend.
Die Studie „Effects of Different Hay Feeders, Availability of Roughage on Abnormal Behaviors and Cortisol Circadian Rhythm in Horses Kept in Dry Lots" von Jéssica Crvalho Seabra, Tanja Hess, Marcos Martinez do Vale, Katherinne Maria Spercoski, Ryan Brooks und Joao Ricardo Dittrich ist in der November-Ausgabe 2023 des ,Journal of Equine Veterinary Science' erschienen und kann in englischer Kurzfassung hier nachgelesen werden.