Weidegras ist der Hauptfaktor für Übergewicht bei Pferden 21.04.2015 / News
Bestimmte Ponyrassen sind besonders prädestiniert für Übergewicht, so die Studie – deren Besitzer sollten daher besonders aufmerksam sein und sich rechtzeitig professionelle Hilfe suchen. / Symbolfoto: Archiv Martin Haller
Einer britischen Studie zufolge ist die Weide die Hauptursache für Fettleibigkeit bei Pferden – während ergänzendes Heu und Kraftfutter eine geringere Rolle spielen. Auch die Rasse ist ein zentraler Risikofaktor, so das Forscherteam.
Das gemeinsame Forschungsprojekt, das von der ,Equine Studies Group’ am ,Waltham Centre for Pet Nutrition’ in Leicestershire und Forschern der Universität von Bristol durchgeführt wurde, umfasste insgesamt 96 Pferde, die über 6 Monate hinweg – von Februar bis August eines Jahres – beobachtet und kontrolliert wurden. Alle Pferde hatten mindestens sechs Stunden pro Tag Zugang zur Weide (und viele hatten den ganzen Tag Zugang).
Die ForscherInnen rund um Sarah L. Giles und Christina Janet Nicol ermittelten den Body Condition Score (BCS) jedes Pferdes am Ende des Winters und erneut am Ende des Sommers. Sie schickten außerdem einen detaillierten Fragebogen an den Besitzer jedes Pferdes, um Managementinformationen zu sammeln, darunter die Art und Weise, wie das Pferd trainiert wurde, die Menge an Heu oder Kraftfutter, die zusätzlich zur Weide bereitgestellt wurde, und die Häufigkeit der Entwurmungen.
Die Ergebnisse waren bemerkenswert: Die Daten zeigten, dass der Anteil übergewichtiger Pferde und Ponys von 27 Prozent am Ende des Winters auf 35 Prozent am Ende des Sommers anstieg. Etwas überraschend stellten die ForscherInnen fest, dass die zusätzliche Fütterung von Heu und Kraftfutter bei den Pferden keinen großen Risikofaktor für Fettleibigkeit darstellte, dass also die Kalorien aus dem Weidegras bei vielen Tieren der Hauptgrund für die Gewichtszunahme waren. Und es gab auch keinen Zusammenhang mit regelmäßigem Training von geringer Intensität.
„Wir unterschätzen oft, wie viele Kalorien Pferde und Ponys auf der Weide aufnehmen können“, fasst Sarah Giles, die die Studie im Rahmen ihrer Doktorarbeit leitete, die Ergebnisse zusammen. „Andere Arbeiten meiner Waltham-Kollegen haben gezeigt, dass Ponys auf bestimmten Weiden in nur drei Stunden bis zu 1 Prozent ihres Körpergewichts in Trockenmasse fressen können und innerhalb von 24 Stunden bis zu 5 Prozent. Das bedeutet im Endeffekt, dass ein kleines Pony manchmal so viele Kalorien frisst wie ein Vollblutrennen!“
Die Rasse eines Pferdes war der größte Risikofaktor für Fettleibigkeit. Einheimische Ponyrassen wie Welsh Ponys waren am stärksten gefährdet, gefolgt von Pferden im Cob-Typ. Dies dürfe aber, so Sarah L. Giles, keine Ausrede für die Besitzer dieser Tiere sein, „um Fettleibigkeit nicht in den Griff zu bekommen. Wenn überhaupt, sollten sie sich darüber im Klaren sein, dass ihr Pferd oder Pony, basierend auf den Erkenntnissen dieser Studie, möglicherweise eher zu Fettleibigkeit neigt, und daher sicherstellen, dass sie das Gewicht sorgfältiger überwachen und von Anfang an fachkundige Ernährungsberatung einholen. Vorbeugende Maßnahmen sind weitaus effektiver, als zuzulassen, dass ein Pferd oder Pony überhaupt fettleibig wird.“
Die AutorInnen wiesen zudem darauf hin, dass die Pferde, die zu Beginn der Studie fettleibiger waren, im Laufe der Monate mit geringerer Wahrscheinlichkeit Gewichtsschwankungen aufwiesen. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass je dicker ein Pferd oder Pony ist, desto geringer sind die saisonalen Schwankungen. Diese Unterschiede sind wahrscheinlich auf zusätzliche physiologische Stoffwechselveränderungen zurückzuführen, die mit Fettleibigkeit einhergehen, so dass ein Pferd, wenn es fettleibig ist, einen geringeren Kalorienbedarf zur Erhaltung seines Körperzustands hat. Sobald Pferde und Ponys fettleibig sind, kann es also sehr schwer sein, diesen Zustand zu verändern – ein weiterer Beleg dafür, wie wichtig vorbeugende Maßnahmen sind.“
Die Studie „Obesity prevalence and associated risk factors in outdoor living domestic horses and ponies" von Sarah Giles, Sean Rands, Christine Janet Nicol und Patricia Harris ist im März 2014 im Journal ,PeerJ' erschienen und kann in englischer Zusammenfassung hier nachgelesen werden.
KommentareBevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...Weitere Artikel zu diesem Thema:24.08.2015 - Ranghohe Pferde sind öfter übergewichtig
Ranghohe Pferde sind öfter übergewichtig 24.08.2015 / News
Nicht die Größe ist entscheidend: Ranghohe Pferde haben oft einen höheren Body Condition Score – und dieser fällt bei kleinen Pferden wie diesen knuffigen Shetland-Ponys generell höher aus. / Foto: Martin Haller
Eine britische Studie konnte nachweisen, daß ranghohe bzw. dominante Pferde deutlich stärker zu Fettleibigkeit neigen – und daß Alter und Stockmaß offenbar kaum Einfluss auf den Rang haben, den ein Pferd in der Gruppe einnimmt.
Jeder, der Pferde in Gruppen hält oder die Gelegenheit hat, eine Pferdegruppe länger und eingehend zu beobachten, weiß um das Problem: Der ,Boss' kriegt das meiste Futter ab – und für die anderen bleibt oft nicht genug. Das Problem der ungerechten Verteilung ist aber nicht nur eine Herausforderung für den Stallmanager – sondern, wie eine aktuelle britische Studie zeigt, auch ein Problem für das ranghohe Pferd: Es ist häufig zu fett. Das ist ab sofort mehr als eine Vermutung, sondern wissenschaftlich erwiesen.
In der Tat scheinen ranghohe Pferde ihre dominante Position in der Gruppe unter anderem und vielleicht sogar vor allem dazu zu nutzen, möglichst viel vom vorhandenen Futter abzubekommen – und das schlägt sich über kurz oder lang auf die Rippen, wie britische Forscher der Universität von Bristol und des Waltham-Zentrums für Tiernahrung nun herausgefunden haben. Sie wollten schlicht und einfach wissen, ob es einen Zusammenhang zwischen dem Rang eines Pferdes in der Gruppe und seiner Leibesfülle (wissenschaftlich ausgedrückt: seinem Body Condition Score) gibt, ob also ranghohe Pferde öfter an Übergewicht leiden als ihre Kollegen in der Gruppe. Die Antwort darauf ist eindeutig – ja.
Die Studie, die von Sarah Giles und ihren KollegInnen durchgeführt wurde, basierte auf Auswertungen der sozialen Interaktionen von insgesamt 203 Pferden, die in 42 Gruppen in Freiland-Haltung lebten und deren Verhalten bei Fütterungs-Tests im März 2012 mittels Video aufgezeichnet wurde. Beim Test wurde den Pferden zu bestimmten Zeiten eine Anzahl von Futterrationen – Heu oder Kraftfutter – vorgelegt, die exakt der Anzahl der Gruppenmitglieder entsprach. Die Rationen wurden jeweils im räumlichen Abstand von einer Pferdelänge platziert. Die Videos hielten detailliert fest, wieviele ,Vertreibungen' es während der Fütterungen gab – und wie oft ein Pferd entweder selbst von seiner Futterration vertrieben wurde oder seinerseits andere Pferde von deren Ration vertrieben hat. Aus diesen Verhaltensweisen konnte schließlich ein ,Gruppen-Ranking' abgeleitet werden, also der genaue Platz, den jedes einzelne Pferd in der Rangordnung seiner Gruppe einnahm. Am Ende konnte für 194 Pferde eine Rangordnung festgelegt werden.
Weiters wurden die Basis-Daten jedes einzelnen Pferdes berücksichtigt – insbesondere Alter, Stockmaß, Geschlecht und Rasse, und es wurde auch der Body Condition Score auf einer Skala von 1 bis 9 (1 = stark unterernährt, 9 = extrem dick) für jedes Pferd ermittelt, wobei ein Score von 7 bis 9 als ,dick' bzw. ,fettleibig' eingestuft wurde.
Die sorgfältige Auswertung der Futter-Tests förderte eine Reihe interessanter Ergebnisse zutage:
– Der durchschnittliche Body Condition Score der 194 beobachteten Pferde lag bei 5,53, und immerhin 17,24 % der Pferde wurden als ,dick' (BCS von 7 bzw. darüber) eingestuft.
– Kleinere Pferde (also mit einem geringeren Stockmaß) wie z. B. Ponys neigten mehr zu Übergewicht als größere Pferde.
– Je höher der Rang eines Pferdes, desto höher sein Body Condition Score – hier zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang. Für jede Stufe, die ein Pferd in der Rangordnung seiner Gruppe aufsteigt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Übergewicht um den Faktor 12.
– Es konnte kein Zusammenhang zwischen dem Alter und dem Body Condition Score bzw. dem Risiko von Dickleibigkeit nachgewiesen werden. Pferde mittleren Alters hatten jedoch mit größerer Wahrscheinlichkeit auch einen höheren Rang in der Gruppe.
– Gruppen mit Pferden auf einer ähnlichen Altersstufe und von ähnlicher Größe zeigten eine größere Zahl von ,Futter-Vertreibungen'.
Das Resümee der Wissenschaftler: „Unsere Studie beweist, daß der Rang eines Pferdes mit seinem Body Condition Score in einem deutlichen Zusammenhang steht, und dieser Zusammenhang scheint völlig unabhängig sowohl vom Alter als auch von der Größe (Stockmaß) zu sein – zwei Eigenschaften, die in früheren Studien als bestimmende Faktoren für den Rangordnungs-Status eines Pferdes beschrieben wurden.
Tatsächlich sind viele Forscher davon ausgegangen, daß eine größere, kräftigere Statur einen Wettbewerbs-Vorteil in einem Nahrungs-Konflikt bietet. Unsere Ergebnisse legen jedoch nahe, daß dabei die Größe, also das Stockmaß, nicht im Zusammenhang mit dem Rang eines Pferdes steht; es besteht jedoch ein Zusammenhang zwischen der Größe und dem Body Condition Score, der bei kleineren Individuen generell höher ausfällt. Dies trifft u. a. auch auf die bodenständigen britischen Ponyrassen zu, die eine deutliche Prädisposition zu Fettleibigkeit – also einen hohen BCS – haben.
Da Übergewicht die Gesundheit und das Wohlbefinden von Pferden beeinträchtigen kann und fettleibige Pferde ein deutlich größeres Risiko haben, von Stoffwechselerkrankungen wie EMS, Cushing-Syndrom oder Hufrehe betroffen zu sein, sollten Stallmanager und Pferdebesitzer das Fressverhalten und den Futterzustand ihrer Pferde ständig im Auge behalten, so die Empfehlung der Wissenschaftler. Ranghohe Pferde sollten als potentielle ,Risiko-Kandidaten' betrachtet werden, deren individuelle Nahrungsaufnahme aufmerksam beobachtet und notfalls durch entsprechende Management-Maßnahmen reguliert werden sollte.
Die Ergebnisse scheinen zudem eine bereits 1986 aufgestellte Hypothese von Maynard-Smith und Brown zu bestätigen, wonach die natürliche phänotypische Varianz einer Gruppe deren Zusammenhalt und Stabilität unterstützt und Konfliktverhalten reduziert. Eine Gruppe mit Pferden von unterschiedlichem Alter und unterschiedlicher Größe – also mit hoher Varianz – zusammenzustellen, kann Nahrungskonflikte und das damit verbundene Verletzungsrisiko minimieren.
In diese Richtung geht auch die klare Empfehlung der Forscher: „Unsere Ergebnisse könnten erhebliche Konsequenzen für das Management von größeren Pferdepopulationen haben, die häufig in Gruppen gleichen Alters oder derselben Rasse gehalten werden, etwa auf großen Gestüten oder in Rennställen. Sehr junge Pferde werden oft in großen Gruppen im Freiland gehalten, und unsere Ergebnisse zeigen, daß jüngere Pferde sozial wesentlich aktiver sind als ältere. Pferde in Gruppen zu halten, die hinsichtlich Alter, Größe und Rasse gut durchgemischt sind, kann zu weniger Interaktionen führen – und der Pferdebesitzer muss sich weniger Sorgen über Verletzungen machen. Schon eine vorangegangene Studie hat gezeigt, daß sich Stuten öfter zusammenschließen und häufiger freundschaftliche Verbindungen eingehen, wenn sie sich altersmäßig stärker unterscheiden."
Die Studie „Dominance rank is associated with body condition in outdoor-living domestic horses (Equus caballus)" von Sarah L. Giles, Christine J. Nicol, Patricia A. Harris und Sean A. Rands ist im Magazin ,Applied Animal Behaviour Science erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
22.01.2019 - Übergewichtige Pferde: Bewegung ist für gesundes Abnehmen entscheidend
Übergewichtige Pferde: Bewegung ist für gesundes Abnehmen entscheidend 22.01.2019 / News
Nicht überraschend, aber bemerkenswert: Zum gesunden Abnehmen gehört nicht nur eine geringere Nahrungsaufnahme, sondern auch regelmäßige Bewegung. / Symbolfoto: Fotolia/pimmimemom
Wenn übergewichtige Pferde abnehmen sollen, bringt leichte, regelmäßige Bewegung deutliche gesundheitliche Vorteile – das konnte eine Studie australischer Wissenschaftler nachweisen.
Man sollte annehmen, dass es eigentlich eine Binsenweisheit ist: Beim Abnehmen gehört regelmäßige Bewegung einfach dazu und tut der Gesundheit insgesamt gut. Das stimmt soweit auch – doch wie Wissenschaftler der Universität von Melbourne in einer aktuellen Studie herausgefunden haben, liegen die gesundheitlichen Vorteile regelmäßiger Bewegung nicht in erster Linie darin, die Gewichtsabnahme zu beschleunigen, sondern den Glukose- und Insulin-Haushalt des Körpers zu verbessern.
An der Studie der University of Melbourne nahmen insgesamt 24 Pferde und Ponys teil, die alle als deutlich übergewichtig eingestuft wurden, mit einem Body Condition Score (BCS) von 7 oder mehr Punkten (auf der 9-Punkte-Skala nach Henneke).
Sämtliche Pferde wurden 12 Wochen lang einer Diät unterzogen, die eine Ration von Heu im Ausmaß von 1,25 % ihres Körpergewichts enthielt. Alle Pferde erhielten außerdem eine tägliche Mahlzeit mit Sojabohnenmehl, Luzerne-Häcksel und einem Vitamin-/Mineralpulver, um sicherzustellen, dass sie ausreichend Protein und Spurenelemente erhielten. Die Gesamtration deckte 82,5% ihres geschätzten täglichen Energiebedarfs.
Die Hälfte der Pferde hatte – zusätzlich zu ihrer Diät – an fünf Tagen in der Woche auch noch eine Bewegungseinheit von geringer Intensität in einer Schrittmaschine zu absolvieren. Jede Einheit bestand aus fünf Minuten Schritt, 15 Minuten flottem Trab und weiteren fünf Minuten Schritt.
Vor und nach der 12-wöchigen Diät wurden die Pferde und Ponys gewogen, es wurde ihre Körperfettmasse bestimmt, ihre Insulinsensitivität unter Verwendung eines Glukosetoleranztests gemessen – und es wurden weitere Tests durchgeführt, um sowohl Entzündungs-Biomarker als auch sogenannte Adipokine zu messen (das sind Botenstoffe, die aus dem Fettgewebe des Körpers in die Blutbahn freigesetzt werden und maßgeblich den Energiestoffwechsel und die Insulinwirkung beeinflussen – Adipokine gelten als ,Verbindungsglied’ zwischen einem zu hohen Körpergewicht und Insulinresistenzen, Anm.)
Die Ergebnisse, die vor kurzem im ,Journal of Veterinary Internal Medicine’ veröffentlicht wurden, waren auch für die Wissenschaftler bemerkenswert: So zeigte sich, dass der Rückgang des BCS, des Körpergewichts und der Körperfettmasse zwischen den Gruppen sehr ähnlich war – die Bewegungseinheiten für die Hälfte der Pferde hatten offenkundig keinen signifikanten zusätzlichen Gewichtsverlust herbeigeführt. Beide Gruppen hatten außerdem niedrigere Basis-Insulin- und Leptin-Konzentrationen sowie eine erhöhte Konzentration von Adiponectin, einem Proteinhormon, das an der Regulierung des Glukosespiegels und des Fettsäureabbaus beteiligt ist.
Bemerkenswert waren jedoch zwei auffallende Unterschiede: Verglichen mit der Gruppe ohne regelmäßige Bewegungseinheit hatten die Pferde, die in der Schrittmaschine trainiert wurden, eine signifikant verbesserte Insulinsensitivität sowie geringere Konzentrationen von Serum-Amyloid A – einem Protein, das während akuter Entzündungsphasen ausgeschieden wird. Das Resümee der Wissenschaftler daher: „Die regelmäßigen, leichten Bewegungseinheiten boten dieser Gruppe übergewichtiger Pferde – im Vergleich zu jenen, bei denen nur die Ernährung eingeschränkt war – einen zusätzlichen gesundheitlichen Nutzen.“
Dieses Resultat war durchaus überraschend, steht es doch in scheinbarem Widerspruch zu mehreren früheren Studien, bei denen Gewichtsreduktion und Verbesserungen der Insulinsensitivität bzw. Glukosetoleranz allein durch Ernährungseinschränkungen und ohne vorgeschriebene Bewegung erzielt wurden. Doch direkte Vergleiche zwischen Studien seien schwierig, weil sie in vielen Fällen unterschiedliche Ansätze verfolgen, so die Wissenschaftler. So waren etwa die in ihrer Studie aufgenommenen Tiere nur für relativ kurze Zeit übergewichtig gewesen und zeigten mehrere Werte, die auf eine Insulinempfindlichkeit im Anfangsstadium hinwiesen. Es ist nicht bekannt, so die Forscher, „ob das beschriebene Abnehm-Protokoll zu unterschiedlichen Ergebnissen bei Tieren mit chronischer Fettleibigkeit oder noch deutlicher ausgeprägter Insulin-Fehlregulierung geführt hätte.“ Und weiter: „Obwohl die Tiere in unserer Studie nicht unter der Voraussetzung einer schweren Insulin-Fehlregulierung ausgewählt wurden, waren unsere Ergebnisse für mehrere Rassen und eine breite Palette von Insulinsensitivität konsistent. Das unterstützt unsere Empfehlungen, dass Bewegung als Teil eines ganzheitlichen Management-Programms für Tiere mit Fettleibigkeit oder EMS einbezogen werden sollte, wo immer das möglich ist..“
Die Studie „Influence of dietary restriction and low‐intensity exercise on weight loss and insulin sensitivity in obese equids“ von Nicholas J. Bamford, Samantha J. Potter, Courtnay L. Baskerville, Patricia A. Harris und Simon R. Bailey ist im Dezember 2018 in der Zeitschrift ,Journal of Veterinary Internal Medicine’ erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.
01.12.2015 - Übergewicht ist immer größere Gefahr für die Pferdegesundheit
Übergewicht ist immer größere Gefahr für die Pferdegesundheit 01.12.2015 / News
Übergewicht ist für immer mehr Pferde ein Problem – Tierärzte fordern nun eine entschlossene nationale Gegenstrategie. / Foto: HorseWorld
Britische Veterinäre schlagen Alarm: Jüngste Studien und Umfragen zeigen, daß Übergewicht bei Pferden dramatisch zunimmt – und auch die damit verbundenen gesundheitlichen Probleme. Tierärzte fordern eine entschlossene Gegenstrategie – und mehr Ehrlichkeit gegenüber den Pferdebesitzern.
Seit einigen Wochen liegt der ,National Equine Health Survey' (NEHS = Nationale Umfrage zur Pferdegesundheit) 2015 vor und gibt wieder interessante Aufschlüsse über die häufigsten Krankheiten und gesundheitlichen Probleme der britischen Pferdepopulation. Die Online-Befragung wurde zum siebenten Mal durchgeführt und hat sich längst zu einer angesehenen und anerkannten Informationsquelle entwickelt, deren Ergebnisse auch von Experten sehr ernst genommen werden. An der Befragung 2015 nahmen fast 5.000 Pferdebesitzer teil, die Angaben zum Gesundheitsstatus von insgesamt 15.000 Pferden einbrachten. Die Resultate – die zuletzt bei der Jahreskonferenz der Tierschutzorganisation ,World Horse Welfare' (WHW) diskutiert wurden – geben in mehrfacher Hinsicht Anlass zur Sorge.
Vor allem das Phänomen, daß Übergewicht unter britischen Pferden offenbar sprunghaft ansteigt, beschäftigt Experten und Tierärzte. Aus den Resultaten ergibt sich, daß mittlerweile 23,2 % der Pferdebesitzer ihr/e Pferd/e als übergewichtig klassifizieren – gegenüber 16,9 % im Jahr 2014 und 7,8 % im Jahr 2013. Fast zwei Drittel der Befragten (64 %) gab an, für die Gewichtskontrolle sogenannte ,Gewichts-Bänder' zu verwenden – im Jahr 2014 waren es nur 51 %. Im Bericht heißt es dazu: „Diese Ergebnisse bestätigen die Warnungen von Tierschutzorganisationen, daß Übergewicht ein wachsendes Problem ist und daß mehr Anstrengungen notwendig sind, um damit fertig zu werden."
Diese Einschätzung teilt auch Dr. Sue Dyson von der Organisation ,Animal Health Trust', die bei der WHW-Jahreskonferenz meinte, daß Übergewicht immer öfter ein „stummer Folterknecht" für Pferde wäre. Übergewicht ist zwar an sich keine Krankheit, aber ein Zustand, der das Risiko für ernsthafte und möglicherweise sogar lebensbedrohende Erkrankungen zum Teil drastisch erhöhe. Bei vielen Pferdebesitzern herrsche nach wie vor eine völlig falsche Vorstellung davon, was ein gesundes Körpergewicht ist – und sie ermahnte auch ihre Berufskollegen, bei diesbezüglichen Aussagen deutlicher zu sein: „Wir müssen Klartext reden und es den Leuten unmissverständlich sagen, wenn ihre Pferde zu fett sind."
In ihrer eigenen Praxis schicke sie mittlerweile jeden achten Pferde-Patienten mit einem Diätplan nach Hause. Immer öfter bemerke sie, daß durch das zu hohe Körpergewicht nicht nur sogenannte ,Zivilisations-Krankheiten' wie EMS (Equines Metabolisches Syndrom), Cushing oder Insulin-Resistenz befördert, sondern auch andere Erkrankungen und gesundheitliche Probleme verschärft werden, etwa die Neigung zu Hufrehe, ein allgemein erhöhtes Verletzungsrisiko und Arthrose. Dr. Dyson: „Übergewicht kann die klinischen Symptome von Arthrose deutlich verschlimmern – wir wissen auch, daß durch den Fettstoffwechsel chemische Mediatoren freigesetzt werden, die den Arthroseprozess verschärfen können."
Sie wies auch darauf hin, daß es vor allem Pferde im Freizeit- und Hobby-Bereich sind, die von diesem Problem betroffen sind – und nur in seltenen Fällen Pferde aus dem Leistungssport: „Wir sehen keine übergewichtigen Rennpferde, Distanzpferde, Vielseitigkeitspferde oder Poloponys. Aber wir sehen übergewichtige Showponys, Dressurpferde und Turnierpferde in den unteren Klassen", so Dr. Dyson. Auch andere aktuelle Studien in Großbritannien belegen das Ausmaß des Problems: So zeigte eine Untersuchung aus dem Jahr 2015, daß von 792 tierärztlich behandelten Pferden nicht weniger als 31,2 % übergewichtig waren – bei einer Studie aus dem Jahr 2014 waren es 20,6 %. Auch andere internationale Studien zeigen, daß im Durchschnitt jedes vierte bzw. fünfte Pferd von Fettleibigkeit betroffen ist – Tendenz steigend.
Immerhin zeigen die NEHS-Ergebnisse auch, daß die große Mehrheit der betroffenen Pferdebesitzer das Problem erkannt und auch diverse Maßnahmen zu seiner Bekämpfung gesetzt hat. Doch dabei müssen die Besitzer noch besser unterstützt und begleitet werden, so Sam Chubbock von ,World Horse Welfare': „Die Pferdebesitzer müssen das Selbstbewusstsein und das Vertrauen haben, die notwendigen Schritte zur Gewichtsabnahme auch durchzuziehen – was sehr schwierig sein kann, da in vielen Einstellbetrieben ein großer Gruppen-Druck herrscht. Wenn etwa alle Pferde auf der Koppel in dicke Decken eingepackt sind, dann ist es für einen einzelnen Besitzer enorm schwierig, sein Pferd ohne Decke grasen zu lassen. Dabei ist auch das Teil des Problems – eingedeckte Pferde benötigen nicht soviel Energie, um ihren Körper warmzuhalten, der Rest wird dann in Form von Körperfett gespeichert."
Sinnvolle Maßnahmen, um überschüssige Kilos loszuwerden, wären etwa das Einweichen von Heu, die Verwendung engmaschiger Heunetze oder von Fressbremsen, die Gabe von Kraftfutter mit niedrigem Energiegehalt, keine Leckerlis, mehr Arbeit mit dem Pferd und das Weglassen von Pferdedecken. Tierärztin Dr. Pat Harris von Waltham Equine Studies ergänzte, daß Vorbeugung auch in diesem Fall besser als Heilen ist – und daß es mit einer Reduzierung der aufgenommenen Energiemenge allein nicht getan ist: Pferde benötigen beim Abnehmen auch eine optimale Versorgung mit Proteinen, Vitaminen und Mineralstoffen, daher sind entsprechende Abnehm-Programme stets in Absprache mit dem Tierarzt zu entwerfen. Und man muss bei alledem auch berücksichtigen, daß Pferde gleichsam ,tröpfchenweise' essen, daß man sie also nicht längere Zeit ohne Raufutter lassen darf.
Den vollständigen ,National Equine Health Survey' 2015 gibt's hier zum Download (in englischer Sprache).
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