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Die Hohe Schule der Niedertracht – OÖ Pferdesportverband demontiert sich selbst
08.06.2017 / News

Leopold Pingitzer schreibt für ProPferd.
Leopold Pingitzer schreibt für ProPferd. / Foto: Archiv/Petr Blaha

Die Vorgänge bei der ao. Generalversammlung des OÖ Pferdesportverbandes am 6. Juni in Grieskirchen (siehe unseren Bericht dazu) waren zweifellos denkwürdig, vielleicht sogar historisch (im Sinne eines historischen Tiefpunkts) – und haben verdientermaßen ein verheerendes Echo nach sich gezogen: „Diffamierung & Peinlichkeiten" und „Eine Wahl als Skandal" titelte etwa die Kronen Zeitung, „Die OÖ-Reiter bleiben Streiter" das Neue Volksblatt. Nicht weniger deutlich sind die Reaktionen in den sozialen Netzwerken: In der Facebook-Gruppe, die sich um die Liste von Gerhard Pischlöger geschart hat, ist vom einem „unvorstellbaren Skandal" und einem „Affentheater" die Rede – und einer „Abschaffung der Demokratie" im OÖ Pferdesportverband. Ein prominenter Dressurreiter postete: „Diese Sitzung gewährte mir Einblicke in die tiefsten Abgründe der Menschheit! Niveaulos und charakterlos sondergleichen! Aus reiner Feigheit, sich einer ordentlichen Wahl zu stellen, wurden hunderte Mitglieder vorgeführt."

Auch wenn diese Reaktionen natürlich emotional und von einer gewissen Parteilichkeit geprägt sind, bleibt eines unbestreitbar: Selten zuvor haben sich soviele OÖ Pferdesportler von ihrem Verband verraten und verschaukelt gefühlt – und selten sind die perfiden Mechanismen, mit denen sich die Mächtigen des österreichischen Pferdesports an ihre Macht klammern und um jeden Preis Ämter, Funktionen und Einflusssphären bewahren wollen, so offensichtlich und öffentlich geworden wie diesmal. Und das könnte im besten Fall sogar positive Folgen haben: Ein altes System hat seine Maske fallen lassen und sein wahres Gesicht gezeigt – und das gefällt vielen nicht. Was sich bei dieser Generalversammlung und in den Wochen davor abgespielt hat, hätten viele nicht für möglich gehalten und kann, wenn sich die kursierenden Vorwürfe bestätigen, selbst mit übelsten politischen Intrigenspielen mithalten.

Tatsächlich deutet vieles darauf hin, dass die Führung des OÖ Pferdesportverbandes rund um Präsident Leopold Landsteiner in den letzten Wochen böse Spielchen getrieben hat und der drohenden Entmachtung durch die Liste Pischlöger vor allem eins entgegensetzte: bad campaigning, zu deutsch: eine Schmutzkübelkampagne. Man erhob – nur zwei Tage nach Einbringung des Antrages – mit vagen Formulierungen zweideutige Vorwürfe, schrieb von „zweckwidriger" Mittelverwendung und von „Selbstbedienung" einzelner Vorstandsmitglieder – blieb aber konkrete Fakten und Indizien schuldig.

Gerhard Pischlöger wehrte sich zwar rechtlich gegen die Anschuldigungen und brachte sogar mehrere Klagen ein – doch die Mühlen der Justiz mahlen langsam, und erste Entscheidungen und Urteile sind erst in einigen Monaten zu erwarten. Bei vielen Verbandsmitgliedern blieb Verunsicherung zurück – und Gerhard Pischlöger, der stets aufs Neue seine Unschuld beteuern musste, geriet zumindest eine Zeitlang in die Defensive (so funktioniert bad campaigning – und nicht zuletzt deshalb ist es auch in der Politik so beliebt und wirkungsvoll).

Jedenfalls konnte bis zur Generalversammlung am 6. Juni nichts Konkretes über die angeblichen Malversationen vorgelegt worden. Mehr noch: Die öffentlich ausgesprochene Entlastung des alten Vorstandes durch die Kassaprüfer lässt sich in Wahrheit mit den vorangegangenen Vorwürfen nicht vereinbaren – denn wenn es Unregelmäßigkeiten gegeben hat, dann kann es auch keine Entlastung geben. Vor allem hätten diese Unregelmäßigkeiten längst bei den zuständigen Behörden angezeigt und überprüft werden müssen – auch das ist offenkundig nicht geschehen: Auf die Frage von Pischlögers Anwalts Dr. Siegfried Zachhuber, ob nun gegen die angeschuldigten Personen (Gerhard Pischlöger und Christine Wirth) tatsächlich ein Strafverfahren eingeleitet wurde – sie hätte einfach mit JA oder NEIN beantwortet werden können – meinte Präsident Landsteiner ausweichend: „Das ist ein schwebendes Verfahren…“ (womit er wohl den Nachdenkprozess meinte, ob man denn nun Anzeige erstatten soll oder nicht). Tatsächlich hat Dr. Zachhuber am Tag der Generalversammlung bei den örtlich zuständigen Landesgerichten von Steyr, Wels und Linz angefragt, ob es irgendwelche Verfahren gegen seinen Mandanten gebe – und überall abschlägige Antworten erhalten: Es lag nichts vor  – und wundersamerweise verschwanden unmittelbar nach der Generalversammlung auch die Anschuldigungen von der Website des OÖ Pferdesportverbandes. Ein Schelm, der Böses dabei denkt ...

Doch das war noch längst nicht das Ende der bösen Schelmenstreiche – sie erreichten bei der Generalversammlung erst ihren Höhepunkt, als verlautbart wurde, dass der Wahlvorschlag der Liste Pischlöger angeblich nicht korrekt eingebracht und zudem auch noch von Vereinsobmann Josef Schwarz sen. wieder zurückgezogen worden war, und das bereits schriftlich am 24. Mai 2017. Der von Josef Schwarz unterzeichnete Zettel mit dem handschriftlichen Satz „Ziehe meinen Wahlvorschlag zur Generalversammlung zurück" wurde in Kopie auch auf der Generalversammlung hergezeigt – und erhitzt seither die Gemüter: Er ist, für ein derart wichtiges Schreiben, in Form und Inhalt seltsam leger und sorglos verfertigt – und was vor allem auffällt: Er trägt keinen Eingangsstempel – höchst ungewöhnlich für ein Schreiben von so weitreichender Bedeutung, das im Büro des OÖ Pferdesportverbandes landet. Dies lässt seither viel Raum für Spekulationen: Ist das Schreiben jemals dort eingelangt – und vor allem: wann genau?

Noch ungewöhnlicher – und womöglich auch skandalöser – könnten jedoch die Umstände rund um die Entstehung dieses Zettels sein: Krone-Sportchef Georg Leblhuber, der verdienstvollerweise das Schreiben fotografiert und veröffentlicht hat, zitierte in seinem mutigen Artikel auch Vereinsobmann Ernst Scheiblhofer vom Reiterhof Premser, dem Josef Schwarz in einem Gespräch gestanden hatte, dass „die Präsidenten" ihn unter Druck gesetzt und geradezu „genötigt" hätten, den Wahlvorschlag zurückzuziehen. Dass Josef Schwarz sen. von Vorstandsmitgliedern des OÖ Pferdesportverbandes (und von wem sonst noch?) im Vorfeld kontaktiert worden war, wurde vor Ort auch zugegeben – ohne freilich die näheren Details dieser ,Kontaktaufnahme' zu beschreiben.

Sollte dieser Vorwurf zutreffen, dann wäre das ein ungeheuerlicher Vorgang, der Konsequenzen haben muss, nicht zuletzt auch personelle: Denn es kann nicht sein, dass ein Vereinsobmann von seinem satzungsmäßig verbrieften und demokratisch verbürgten Recht Gebrauch macht, einen Wahlvorschlag für eine Generalversammlung einzubringen – und daraufhin vom regierenden Verbandsvorstand solange „bearbeitet" wird, bis er diesen wieder zurückzieht. Sollte dies tatsächlich so gewesen sein, läge ein eklatanter Missbrauch einer Machtposition vor – mit dem einzigen Ziel, diese Machtposition unter allen Umständen abzusichern und zu behaupten.

Der bis 6. Juni regierende Vorstand des OÖ Pferdesportverbandes muss sich auch die Frage gefallen lassen, wieso er nicht – wenn schon am 24. Mai die Zurückziehung des Wahlvorschlags ,Pischlöger' bekannt war – die Mitglieder durch eine entsprechende Info auf der Website bzw. in einem mehrere Tage später verschickten Verbandsschreiben davon informierte? Wieso ließ die Verbandsführung – man verzeihe den Ausdruck – die eigenen Mitglieder „blöd sterben" und ließ sie völlig im Unklaren darüber, dass es in Grieskirchen nur einen Wahlvorschlag und somit gar keine wirkliche Wahl geben würde? Hätten die Mitglieder das gewusst, wären vermutlich viele lieber Zuhause geblieben und hätten sich Zeit und Fahrtkosten erspart. Im Sinne der Mitglieder war das jedenfalls nicht.

Die Moral aus dieser Geschichte? Dass die Moral rasch vergessen wird, wenn es um die Erhaltung von Macht geht. Doch vielleicht hat der Eklat von Grieskirchen auch seine positiven Seiten: Aus den Kommentaren in den sozialen Netzwerken lässt sich ablesen, dass viele Verbandsmitglieder aufgewacht sind – und sich Vorgänge wie bei der Generalversammlung nicht mehr gefallen lassen wollen. Zudem ist das böse Spiel der OÖ Verbandsführung letztlich nicht aufgegangen: Nach dieser ao. Generalversammlung in Grieskirchen und nach der mehrheitlichen Ablehnung des Wahlvorschlags von Leopold Landsteiner ist dieser restlos desavouiert und hat jegliche Legitimation als Präsident verloren – nicht zuletzt aufgrund seiner Äußerungen und seines Benehmens, das eines Präsidenten unwürdig war. Und er hat das Image des Verbandes nachhaltig beschädigt. Seine Erklärung, bis Ende der Funktionsperiode 2018 im Amt bleiben zu wollen, ist eine Verweigerung der Realität – denn die hat sich am 6. Juni gründlich geändert.

Einziger vernünftiger Ausweg aus der verfahrenen Situation wäre somit eine möglichst rasche neue Generalversammlung samt Neuwahl des Vorstandes. Es braucht einen Neubeginn – in Oberösterreich und vielleicht auch darüber hinaus,

meint Ihr

Leopold Pingitzer

PS: Sagen Sie mir ruhig Ihre Meinung: redaktion@propferd.at

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