Es ist bekannt, dass Stress sich negativ auf den Magen-Darm-Trakt und die allgemeine Gesundheit von Pferden auswirkt. Anpassungen in der Ernährung, die Optimierung des Futters und das Angebot bestimmter Nährstoffe oder Nahrungszusätze können Pferden helfen, durch Stress bedingte körperliche Veränderungen besser zu bewältigen.
Pferde können in einer Vielzahl von Situationen gestresst werden, die uns Menschen möglicherweise überhaupt nicht stressig erscheinen. Daher ist es für Pferdebesitzer wichtig, die natürlichen Bedürfnisse ihrer vierbeinigen Schützlinge zu verstehen, so die Ernährungsspezialistin Dr. Clair Thunes in einem Vortrag auf der ,EquiSummit 2023’, einer virtuellen Konferenz zur Pferdeernährung, die von 5.–6. September stattfand und über die das Portal TheHorse kürzlich berichtete: „Pferde tun täglich Dinge, die wir nicht als stressig empfinden, die es aber für Pferde sehr wohl sind: Anhängerfahren, eingeschränkte Bewegung durch den Aufenthalt im Stall, aktives Training, Hitzestress/heißes Wetter und vieles andere mehr sind Belastungen, denen Pferde mehr oder weniger regelmäßig ausgesetzt sind.“ Zudem gebe es, so Dr. Thunes weiter, viele Stressquellen, die kaum vermieden werden können – etwa Umweltbedingungen, routinemäßige Pflege wie Tierarzt- oder Hufschmied-Besuche, Ernährungsstress aufgrund einer neuen Heulieferung etc.
„Wie können Pferdebesitzer ihren Pferden helfen, mit diesen Stressfaktoren umzugehen, die nicht beseitigt werden können? Die Antwort lautet: Zum Teil durch eine gut gemanagte Ernährung“, so Dr. Thunes. Sie erinnerte die Zuhörer einleitend daran, dass hochwertiges Raufutter die Grundlage der Ernährung jedes Pferdes ist. „Raufutter ist unerlässlich. In ihrer natürlichen Umgebung fressen Pferde 15 oder mehr Stunden am Tag – und ihr Magen-Darm-Trakt ist darauf ausgelegt, nahezu kontinuierlich zugeführtes Futter zu verarbeiten.“ Die allgemein empfohlene Heumenge für ein Pferd beträgt mindestens 1,5 bis 2 % des Körpergewichts in einem Zeitraum von 24 Stunden, was für ein durchschnittliches 500-kg-Pferd ca. 8 bis 10 kg entspricht.
Raufutter allein deckt aber den Ernährungsbedarf eines Pferdes nicht vollständig ab. Manche Pferde benötigen möglicherweise Ergänzungsfuttermittel oder auch zusätzliche Kalorien. Um Stress und seinen unerwünschten Auswirkungen entgegenzuwirken und Pferde bestmöglich zu unterstützen, können Besitzer – über die Erfüllung der Mindesternährungsbedürfnisse eines Pferdes hinaus – andere Nährstoffe und Zusätze verwenden, die dem Pferd dabei helfen, Stressbelastungen besser zu bewältigen:
Chrom
Wenn Pferde gestresst sind, steigt ihr Spiegel des Stresshormons Cortisol, was sich negativ auf den Stoffwechsel, die Immunfunktion und Entzündungen auswirken kann. Chrom ist an dieser ,Stress-Kette’ beteiligt, und Studienergebnisse zeigen, dass die Fütterung von organischem Chrom den Cortisolspiegel senkt.
Bakterium Bacillus subtilis PB6
Dieses lebende, sporenbildende Bakterium befällt und tötet Krankheitserreger bei Pferden wie Clostridium difficile und C. perfringens, Streptococcus equi und Rhodococcus equi. All diese Krankheitserreger können, so Dr. Thunes, „die Zellen schädigen, die den Magen-Darm-Trakt auskleiden, die Enterozyten, die fest aneinander haften und eine undurchdringliche Barriere zwischen dem Inneren des Magen-Darm-Trakts und dem Kreislauf des Pferdes bilden sollten.“
Diese Verbindungen halten eng und fest zusammen, wie die zu einer Faust geballten Finger – nichts kann durch sie hindurchgelangen, was nicht vorgesehen ist. Doch Krankheitserreger können diese engen Verbindungen schwächen, als würde man die Faust entspannen und die Finger auseinandergleiten lassen. In diesem geschwächten Zustand können Krankheitserreger und andere kleine Moleküle in den Blutkreislauf gelangen, wo sie nicht sein sollten, und beispielsweise Darmentzündungen und andere Krankheiten auslösen.
Dieser Schwächezustand, in der die ,engen Verbindungen’ im Magen-Darm-Trakt zusammenbrechen, wird als ,Leaky-Gut-Syndrom’ bezeichnet. „Eine entzündete Darmschleimhaut kann für das Pferd belastend sein und zu systemischen Erkrankungen wie Darmentzündung (Kolitis), fehlerhaften Aufnahme von Nahrungsbestandteilen (Malabsorption), Nahrungsmittelallergien, Verlagerung von Krankheitserregern (Pathogentranslokation) und weiteren entzündlichen Darmerkrankungen führen“, so Dr. Thunes.
Bacillus subtilis wurde von der „Vereinigung für Allgemeine und Angewandte Mikrobiologie“ (VAAM) zur Mikrobe des Jahres 2023 gewählt. Als Probiotikum in Form von Nahrungsergänzungsmitteln soll es auch beim Menschen ein gesundes Darmmikrobiom unterstützen und die Barrierewirkung der Darmschleimhaut stärken.
Buttersäure
Buttersäure ist eine kurzkettige Fettsäure, die von Bakterien im Darmtrakt produziert wird und einen Bestandteil des Mikrobioms darstellt. Dieses Molekül fördert das Wachstum des Gewebes, das den Magen-Darm-Trakt über seine gesamte Länge auskleidet. „Gesunde Enterozyten fördern die Darmentwicklung, verbessern Tight Junctions, erhöhen den Antioxidantienspiegel, um die Heilung im Magen-Darm-Trakt zu fördern, modulieren die Immunantwort und reduzieren Entzündungen“, so Dr. Thunes.
Zink
Auch das Spurenelement Zink kann eine positive Rolle bei der Bewältigung von Stress spielen, so Dr. Thunes: „Zink ist an der Aufrechterhaltung der beschriebenen ,engen Verbindungen’- und Epithel-Barriere-Funktionen beteiligt.“
In dieser Hinsicht kommt Zink eine wichtige Funktion bei der Immunabwehr zu – zusammen mit Buttersäure trägt Zink dazu bei, stärkere Barrieren gegen Krankheitserreger, Parasiten und Toxine aufrechtzuerhalten, so Dr. Thunes, die hinzufügt: „Die Erforschung dieser und anderer Inhaltsstoffe mit immer besseren wissenschaftlichen Methoden ist in vollem Gang, weil wir versuchen, besser zu verstehen, wie wir Pferden helfen können, dem alltäglichen Stress und seinen negativen Auswirkungen standzuhalten."
Ihre zentrale Botschaft für PferdebesitzerInnen lautet, „dass die Bekämpfung von Stress mit fundierten Managementpraktiken und einer Basisernährung beginnt, die das Pferd mit allen Bausteinen versorgt, die es braucht, um körperlich und geistig gesund zu sein.“