Seit 11. Mai ist Ing. Karl Platzer neuer Geschäftsführer des Pferdezentrums Stadl-Paura. Im Interview mit ProPferd verrät er erste Details über sein Unternehmenskonzept, die bevorstehende Landesausstellung – und wie ernst die wirtschaftliche Lage des Pferdezentrums tatsächlich ist.
ProPferd: Hr. Ing. Platzer, was ist in den letzten zwei, drei Jahren im Pferdezentrum Stadl-Paura schiefgelaufen – wie konnte es zu jener Krise kommen, von der in den letzten Wochen soviel zu lesen war?
Ing. Platzer: Zu den operativen Details kann ich hier nur wenig sagen, weil ich nicht in operativer Verantwortung war. Was wir gesehen haben war, daß sich die wirtschaftliche Lage eindeutig verschlechtert hat. Woran es genau gelegen ist, daß die Ausbildungspferde weniger geworden sind, daß Einnahmen und Kosten nicht zusammengepasst haben – da kann ich nichts dazu sagen, weil es die Vergangenheit betrifft.
ProPferd: In den letzten Wochen kursierten viele Gerüchte rund um die wirtschaftliche Situation des Pferdezentrums, sogar von einem bevorstehenden Konkurs war die Rede. Wie ernst war bzw. ist die Situation wirklich?
Ing. Platzer: Ich kann das sehr offen sagen: Die Situation ist sehr ernst. Es ist aber Gottseidank in Zusammenarbeit mit der OÖ Landwirtschaftskammer, Hrn. Landeshauptmann Josef Pühringer und Hrn. Landesrat Max Hiegelsberger gelungen, eine finanzielle Beteiligung zu erhalten, durch die wir einen Großteil der bestehenden Verbindlichkeiten, die sich in den letzten drei Jahren angehäuft haben, abdecken können. Es wurde auch sichergestellt, daß die OÖ Landwirtschaftskammer Mehrheitseigentümer der Betriebsgesellschaft wurde – eine wesentliche Voraussetzung, damit die Sanierungsmittel fließen konnten. Das Thema ,Finanzen’ wird uns wohl noch einige Jahre beschäftigen – das muss uns allen klar sein. Wir hoffen aber, durch bevorstehende Investitionen mittelfristig auch die letzten Außenstände abbauen und somit künftig schuldenfrei wirtschaften zu können. So ist u. a. geplant, fixe Boxen im Außenbereich zu errichten und mit einer guten Auslastung der Anlage durch Turniere, Kurse etc. auch entsprechende Erlöse und Deckungsbeiträge zu lukrieren.
ProPferd: Was in den letzten Jahren offenbar kaum gelungen ist....
Ing. Platzer: Nicht zuletzt deshalb muss sich vieles ändern. Ich bin optimistisch – wir werden die Probleme lösen und Stadl-Paura wieder auf Kurs bringen. Dabei kommt uns natürlich der Umstand zugute, dass im Rahmen der Landesausstellung die gesamte Anlage aufgewertet wird und eine Auffrischung erhält, daß gewisse baufällige Gemäuer saniert und neuen, zukunftsorientierten Zwecken zugeführt werden. So werden wir zukünftig einen mittelgroßen Übernachtungsbereich mit 21 Doppelzimmern haben, wo wir z. B. Leute unterbringen können, die bei uns einen Kurs absolvieren oder an Tagungen oder Seminaren teilnehmen. Die Bewirtschaftung soll in Zusammenarbeit mit unserem örtlichen Gastronomiebetrieb erfolgen. Derzeit wird gerade die alte Kaserne vollständig entkernt – hier entsteht für die Landesausstellung ein sehr modernes und großzügiges Kommunikationszentrum, mit attraktiven Seminar- und Veranstaltungsräumen, wo man später Events von wenigen Personen bis zu 150 oder 200 Teilnehmern unterbringen kann – also von der geschäftlichen Besprechung über Kurse, Tagungen und Seminare bis zum Reiterball mit 200 Gästen. Wir möchten das z. B. auch Firmen anbieten, die nicht aus dem Pferdebereich kommen und hier für ihre Tagungen oder Meetings eine perfekte Infrastruktur vorfinden werden. Eine Tagung im Pferdedienstleistungszentrum, verbunden mit einem kleinen Rundgang oder einer Pferde-Präsentation – das ist ein Angebot mit besonderer Qualität und ein Alleinstellungsmerkmal, das niemand anderer hat und das viele Firmen anspricht, davon bin ich ganz fest überzeugt. Wir werden mittelfristig mit der Vermarktung dieses Angebots auch eine spezielle Person betrauen, denn der Tagesbetrieb fordert uns jetzt schon sehr, und dieses Geschäftsfeld kommt neu hinzu und muss auch entsprechend professionell betreut werden. Kurz: Wir haben uns einige Dinge vorgenommen, wodurch wir glauben, daß sich das Ergebnis stabilisiert und damit auch Stadl-Paura weiter seine wichtige Funktion in Österreichs Pferdewirtschaft erfüllen kann.
ProPferd: Im Zuge der Landesausstellung wird also tatsächlich ,nachhaltig’ investiert – d. h. die baulichen Veränderungen und Adaptierungen sollen für das Pferdedienstleistungszentrum auch nach der Landesausstellung nutzbar sein?
Ing. Platzer: Das ist eine zentrale Vorgabe – wir haben besonders darauf geachtet, daß die Investitionen auch in der Nachnutzung sinnvoll sein müssen. Wir werden das knappe Jahr, das bis zur Eröffnung der Landesausstellung noch bleibt, intensiv nutzen, um die gesamte Anlage in neuem Glanz erstrahlen zu lassen, wir werden Wege, Fassaden, Nebengebäude etc. entsprechend herrichten, um hier wirklich einen würdigen Rahmen für diesen Event zu bieten.
ProPferd: Wie sieht denn ihr Konzept für das Pferdezentrum im Detail aus, welche Geschäftsfelder wird es künftig betreuen – welche werden eher aufgewertet, welche sollen evtl. wegfallen?
Ing. Platzer: Für mich absolut zentral ist der Bereich Ausbildung und Vermarktung – denn Stadl-Paura ist schon von seiner Geschichte her der österreichischen Pferdezucht und den heimischen Züchtern verpflichtet, das ist Teil seiner Identität. Ich lege auch großen Wert darauf, daß zukünftig der Leiter der Ausbildung eine Vertrauensperson der Züchter ist, weil ich zutiefst überzeugt bin, daß uns dann die Pferdezüchter ihre Pferde zur Ausbildung anvertrauen werden, wenn diese Persönlichkeit das professionell und gut macht. Nur dann werden wir wieder mehr Ausbildungs- und Verkaufspferde haben – und nur dann werden wir wieder mehr Umsatz generieren und die Gehälter unserer Mitarbeiter ohne Probleme zahlen können. Außerdem sind gerade im Ausbildungsbereich erhebliche Mittel des Bundes und der Länder eingesetzt worden, um für den Züchter die Ausbildungskosten leistbar zu halten, und das müssen wir auch rechtfertigen.
Der Ausbildungsleiter bzw. die Ausbildungsleiterin hat auch eine zweite wesentliche Funktion – nämlich den Züchtern beim Verkauf ihrer Pferde behilflich zu sein. Es ist mit unserem jetzigen Ausbildungsleiter Rudi Krippl auch vereinbart, daß wir bereits am 5. Juni die erste Verkaufspräsentation von Pferden machen. Wir werden das auch entsprechend bewerben – künftig präsentieren wir jeden ersten Freitag im Monat ab 11 Uhr Ausbildungs- und Verkaufspferde für interessierte Käufer. Rudi Krippl kennt das Haus, das Handwerk – und die Kunden vertrauen ihm. Mit ihm sind wir, glaube ich, auf einem guten und richtigen Weg, um dieses Geschäftsfeld professionell und wirtschaftlich sinnvoll zu führen.
ProPferd: Wie sieht es mit dem Veranstaltungsbereich, insbesondere mit Turnieren aus – auch da gab es zuletzt viele Gerüchte...?
Ing. Platzer: Auch das ist und bleibt ein wichtiges Geschäftsfeld. Hier haben wir grundsätzlich zwei Möglichkeiten, nämlich erstens die Anlage an externe Veranstalter zu vermieten – und zweitens die Variante, selbst als Veranstalter aufzutreten. Diesen zweite Variante wollen wir aber in der Tendenz eher zurückschrauben – weil es zweifellos genug ausgezeichnete Veranstalter gibt, die so eine Anlage suchen, und weil wir auch sehr darauf achten müssen, unsere eigenen Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Vielleicht war das auch ein Thema der Vergangenheit – daß man zuviel selbst machen wollte, daher zuviel Personal aufgenommen hat – und am Ende die Kosten dafür nicht mehr bewältigen konnte. Das soll und darf uns nicht mehr passieren. Das war auch der Grund, warum einige Dienstverhältnisse in den letzten Wochen aufgelöst werden mussten – das war leider im Zuge der Restrukturierung unvermeidlich – so bitter es für die unmittelbar Betroffenen auch war.
ProPferd: Gibt es irgendwelche Veränderungen bezüglich der Pferdewirt-Ausbildung in Zusammenarbeit mit dem Agrar-Bildungszentrum Lambach?
Ing. Platzer: Diese Kooperation bleibt selbstverständlich in vollem Umfang erhalten – mehr noch, wir haben diesen wichtigen Bereich, für den derzeit 35 Pferde zur Verfügung stehen, weiter aufgewertet, indem Rudi Pirhofer – ein international anerkannter Fahrer und Fahrausbilder und auch Lehrer an der Landwirtschaftsschule ist – ab sofort das Ausbildungsteam des Pferdezentrums unterstützt. Damit haben wir direkt mit den Lehrern und Schülern eine Verbindung geschaffen. Unser aller Ziel muss es sein, dass die Pferdewirt-Ausbildung in Lambach und Stadl-Paura eine Qualitätsmarke bleibt und sich alle Betriebe in Österreich um unsere Pferdewirte „reißen“, das ist mein Ziel. Und nicht zuletzt denken wir, daß wir mit der OÖ Landesausstellung 2016 insgesamt kräftige Impulse für die österreichische Pferdeszene setzen können, daß das Thema ,Pferd’ landesweite Aufmerksamkeit erhalten wird und sich das auch auf die Nachfrage, das Image und die generelle Attraktivität der Szene positiv auswirken wird.
ProPferd: Wie abgesichert ist das Pferdedienstleistungszentrum Stadl-Paura für die Zeit nach der Landesausstellung – auch zu dieser Frage kursierten zuletzt viele Gerüchte? Ist seitens der Landwirtschaftskammer und des Landes Oberösterreich überhaupt die Bereitschaft vorhanden, das Pferdedienstleistungszentrum in der gegebenen Struktur auch künftig weiterzuführen?
Ing. Platzer: Ich weiß, daß in der Vergangenheit zu dieser Frage böse Gerüchte gestreut wurden, was ich in hohem Maße für verantwortungslos halte. Ich habe eine ganz klare Information und Botschaft, sowohl von der Landwirtschaftskammer OÖ als auch der OÖ Landesregierung: Bitte das Pferdezentrum sorgsam bewirtschaften – damit es auch zukünftig für den Breitensport, die Zucht und die Pferdewirtschaft zur Verfügung steht. Das ist eine ganz klare Aussage und ein eindeutiger Auftrag. Das Pferdezentrum soll weit über die Landesausstellung hinaus bestehen bleiben und seine wichtigen Aufgaben für die heimische Pferdewirtschaft erfüllen. Es ist weit und breit kein Verkauf, keine Schließung oder ähnliches auch nur angedacht – ganz im Gegenteil. Es wäre ja völlig absurd, heute erhebliche Summen in die Infrastruktur von Stadl-Paura zu investieren – und morgen zuzusperren, was hätte das für eine Logik? Oberstes Prinzip – um auch das klarzustellen – ist aber: Am Jahresende muss eine schwarze Null erreicht werden, das ist eine klare Vorgabe seitens der Geldgeber. Uns allen muss klar sein: Mit öffentlichen Mitteln muss man sorgsam umgehen – die darf man nicht nach Belieben zum Fenster hinauswerfen. Wir sind dem Steuerzahler, den Eigentümern und Kunden verpflichtet.
ProPferd: Ist angesichts der vorliegenden Zahlen ein ausgeglichenes Betriebsergebnis wirklich realistisch?
Ing. Platzer: Es ist zweifellos eine Herausforderung, ist aber zu schaffen. Das sage ich auch als jemand, der bereits einige Sanierungen erfolgreich begleitet hat. Es ist in den letzten Wochen und Monaten leider viel Porzellan zerschlagen worden, das Image von Stadl-Paura hat gelitten, Vertrauen wurde zerstört. Es wieder aufzubauen, wird nicht von heute auf morgen gehen – aber die ersten Signale sind absolut positiv. Seit Rudi Krippl wieder als Ausbildungsleiter tätig ist, kommen nahezu täglich neue Pferde in den Ausbildungsstall – die Reaktionen sind durchwegs positiv. Wir sind in bestem Einvernehmen mit dem OÖ Pferdesportverband und wollen dem Turniersport gemeinsam neue Impulse geben – Stadl-Paura steht dafür zur Verfügung. Ich hatte auf der Welser Pferdemesse auch ein intensives und sehr konstruktives Gespräch mit Andreas Riedl, einem versierten Vielseitigkeitsreiter und Parcoursbauer und werde alles tun, damit nicht nur Dressur- und Springsport, sondern insbesondere auch der Vielseitigkeitssport hier ein Zuhause hat.
Ich sehe es so: Jede Krise ist auch eine Chance – und wir werden unsere nutzen, davon bin ich felsenfest überzeugt. Gemeinsam mit Sport, Zucht und Schule und einem motivierten, erfahrenen Team, das Vertrauen genießt, schaffen wir das.
ProPferd: Ich danke für das Gespräch – und wünsche alles Gute und viel Erfolg!
Das Interview mit Ing. Karl Platzer führte Mag. Leopold Pingitzer. Ing. Karl Platzer ist Agraringenieur, Wirtschaftsfachmann und hat die Reiterei von der Pike auf gelernt – in Stadl Paura.