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Neil Davies’ Blog: Streichelt Eure Pferde!
17.03.2015 / News

Der Australier Neil Davies propagiert ein Pferdetraining ohne Angst und Gewalt.
Der Australier Neil Davies propagiert ein Pferdetraining ohne Angst und Gewalt. / Foto: Neil Davies
Das Streicheln und Kraulen von Kopf, Hals und Widerrist ist den Pferden angenehm und schafft eine Vertrauensbasis für das weitere Training.
Das Streicheln und Kraulen von Kopf, Hals und Widerrist ist den Pferden angenehm und schafft eine Vertrauensbasis für das weitere Training. / Foto: Neil Davies

Das Markenzeichen des australischen Pferdetrainers Neil Davies ist das intensive Streicheln des Pferdekopfes – die sanften Berührungen schaffen ein Grundklima des Vertrauens und damit die Basis für die weitere positive Zusammenarbeit.

 

Meine Frau Christine hat schon immer viel Zeit damit verbracht, ihre Pferde zu streicheln und zu kraulen. Unser Schimmel Kip hat schnell gelernt, zu ihr zu kommen und ihr die Stelle zu zeigen, an der er gestreichelt oder gekrault werden wollte. Manchmal war es sein Hinterteil, manchmal die Seite, der Widerrist, Hals oder Kopf. Kip hat sogar gelernt, rückwärts zu ihr zu gehen und ein Bein zu heben, damit Chris ihn genau an der Stelle kraulen konnte. Man könnte fast sagen: Kip hat Chris trainiert, jedes beliebige Körperteil zu streicheln oder zu kraulen, das er wollte. Er mag es ganz offensichtlich und kontrolliert genau, wann und wo sie zu streicheln hatte. Ob er gezäumt oder frei war, Kip hat sich mit Chris bewegt und ihr genau die Stelle angezeigt, die er gekrault haben wollte.

Kip hat auch meinen Bruder Jim für die spezielle Aufgabe „angeheuert“, die Innenseite seiner Ohren zu kraulen. Das Pferd stand dann mit gesenktem Kopf da, während Jim die Innenseiten seines Ohrs minutenlang kraulte. Wenn Kip endlich zufrieden war, drehte er seinen Kopf, damit Jim das andere Ohr kraulen konnte. Ohne Zügel oder Halfter hat Kip es lieben gelernt, dass er an seinen Ohren gekrault wird, an den Beinen und überall an seinem Kopf und Körper.

Pferde haben oft einen Lieblingsbaum an dem sie sich reiben und kratzen. Sie gehen rückwärts darauf zu und reiben ihr Hinterteil und ihren Schweif daran. Sie reiben ihre Rippen, Schultern, Hals und Kops mit offensichtlichem Gefallen – und ich habe viele Bäume gesehen, die von dieser Aktivität glatt geschmirgelt wurden.

Wissenschaftler haben einen kleinen Teil dieses Pferde-Kraulens herausgenommen und es für das Pferdetraining genutzt. Nachdem sie beobachtet hatten, wie Pferde sich gegenseitig den Widerrist kraulen, haben Wissenschaftler sich vorgenommen zu beweisen, dass für einen Menschen das Kraulen am Widerrist die beste Stelle für Trainingszwecke ist. Sie meinen, dass das Kraulen am Widerrist das Pferd beruhigt und die Herzschlagrate verringert. Aufgrund dieser Studien sagen Wissenschaftler, dass es keinen Nutzen bringt, irgendeine andere Stelle am Pferd zu streicheln oder zu kraulen.
Es ist toll, dass Wissenschaftler versuchen, bessere Wege zu finden, um mit Pferden umzugehen und sie zu trainieren. Das Problem ist nur, dass viele wissenschaftliche Studien keine neutralen Beobachtungen sind. Viele Studien, die ich gelesen habe, hatten zum Ziel eine bereits vorhandene Idee oder Theorie zu „beweisen“. Und sobald eine solche Studie veröffentlicht wurde, wird sie quasi zum Evangelium und niemand hinterfragt sie.
Ich meine: Statt zu versuchen, das Pferd an bereits vorhandene Ideen anzupassen, sollten Wissenschaftler die vorhandenen Theorien und Trainingsmethoden hinterfragen. Sie sollten herausfinden, was das Beste für das Pferd in jeder Situation ist.

Ich habe mit Tausenden Pferden gearbeitet und dadurch bestimmt Zehntausende Experimente durchgeführt. Ich hab gelernt, dass es das wertvollste Trainingsinstrument ist, den Kopf des Pferdes zu streicheln. In seinen ersten Trainingsstunden ist jedes Pferd ängstlich, und wenn deine Hand ihm nahekommt, steigt natürlich seine Herzschlagrate. Nach ein paar Stunden lernen Pferde allerdings, es zu genießen, wenn ihr Kopf, Hals oder ihre Ohren gestreichelt werden. Es wird zu einer angenehmen und beruhigenden Erfahrung für jedes Pferd.

Es hat viele Vorteile, den Kopf eines Pferdes zu streicheln. Man kann es verwenden, um dem Pferd beizubringen, seinen Kopf bei dir zu halten und dir zu folgen. Man kann es verwenden, um dem Pferd beizubringen, auf dich zuzugehen und über Hindernisse zu steigen. Man kann es verwenden, ihm beizubringen, im Kreis zu gehen. Man kann es verwenden, um ihm beizubringen, stehen zu bleiben, seinen Hals zu beugen und seinen Kopf bei einem zu halten, wenn man an seiner Schulter steht. Man kann es verwenden, um das erste Mal aufzusteigen, das Pferd zu satteln, neue Gegenstände vorzustellen, eine Wunde zu heilen und so ziemlich alles andere, was man tun will.

Vor allem aber wird das Pferd lernen, dass es eine angenehme Erfahrung ist, wenn es bei dir ist – und das ist bei weitem das allerwichtigste. Es wird lernen, sich zu entspannen – und damit kann man anfangen, sein Vertrauen aufzubauen. Wenn ein Pferd einmal entspannt und vertrauensvoll ist, ist es leicht, ihm etwas beizubringen.

Den Beweis dafür kannst du jedesmal mit eigenen Augen sehen, wenn du mit deinem Pferd arbeitest. Man braucht keine wissenschaftlichen Studien um zu erkennen, wann ein Pferd ängstlich und unruhig ist und schweißgebadet vor dir steht. Doch leider wird diese so offensichtliche Tatsache immer und immer wieder von Trainern und Zuschauern ignoriert oder mit einer Ausrede beiseite gewischt. Jedes Mal, wenn ein Pferd wegläuft, ausschlägt, sich aufbäumt oder bockt, ist der Beweis eindeutig erbracht – die Lektion funktioniert nicht.

Es ist höchste Zeit, endlich das anzuerkennen, was so offensichtlich vor unseren Augen passiert – statt blind zu glauben, was manche sogenannte Pferde-Gurus sagen. Schaut Eure Pferde an – sie zeigen Euch nichts als die Wahrheit.

Hier geht's zur Website von Neil Davies: www.fearfreehorsetraining.com

 

ZUR PERSON

Neil Davies ist seit 1977 professioneller Pferde-Trainer. In den ersten 15 Jahren seiner Trainerlaufbahn hat er Tausende Pferde angeritten und auch zahllose sogenannte ,Problempferde’ trainiert. Egal ob ein 100-Dollar-Pony aus dem Hinterhof oder millionenteure Vollblüter – Neil Davies kennt sie alle. Neil war einer der ersten Pferdetrainer, der seine Arbeit mit Hilfe von Videos dokumentierte. Diese Videos wurden weltweit verkauft, daneben führte er Clinics und Präsentationen in Australien, Neuseeland und den USA durch. Neils einzigartiges Wissen entstand in der Arbeit mit sovielen Pferden, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Obwohl nur wenige die Möglichkeit bzw. die Neigung haben, das zu tun was er tut, kann jeder Pferdefreund von seinem Wissen und seiner Erfahrung profitieren.

 

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