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Pferdegeschichte(n) einst & jetzt: Wie das Wetter unsere Pferde beeinflusst
03.02.2024 / News

Schon in früheren Zeiten wusste man, dass die Einflüsse von Wetter und Klima viele Pferde belasten – ein Phänomen, dass sich in Zeiten des Klimawandels wohl weiter verschärfen wird. Dabei hätte der Mensch die Pflicht und Verantwortung, die Pferde vor den Folgen dieser von ihm verursachten Umweltveränderungen zu schützen, so der alte Herr.


„Ist es nicht schön, dass die Tage nun schon spürbar länger werden“ die Freude war der jungen Dame anzumerken, auch wenn ihr Partner den Mantelkragen wegen des eisigen Windes noch aufgestellt hatte, dennoch, tagsüber konnte man die Sonnenwärme schon angenehm fühlen. „Welchen Einfluss hat eigentlich der vielbemühte Klimawandel auf Pferde?“ setzte der junge Herr nach, und mit einem Lächeln fuhr er, zum alten Herrn gewendet, fort: „Keineswegs möchte ich Ihr Reizwort „Nachhaltigkeit“ bemühen, denn so wie Sie sind auch wir der Ansicht, dass der Nachhaltigkeitsbegriff viel zu oft und meist falsch auch dann verwendet wird, wenn eigentlich gemeint ist: anhaltend, dauerhaft beständig oder unbegrenzt und über einen längeren Zeitraum – auch das Junktim von „nachhaltig“ und „biologisch“ ist im Grunde unrichtig, also nur oberflächliche Sprache ebenso oberflächlicher Werbung.“

„Willkommen im Club derer, die korrekte Sprache lieben; der Einfluss der meteorologisch – also wissenschaftlich bewiesenen - Veränderungen des Weltklimas und, damit eng verbunden, der lokalen Wettererscheinungen auch in unseren Breiten, ist nicht zu übersehen und nicht zu leugnen, wenn man eine doch schon lange Beobachtungszeit auf der Erde verbracht hat und wachen Geistes und sehenden Auges war.

Viele Pferde sind Meteoropathen, also Lebewesen, deren (Wohl-)Befinden in ungewöhnlichem Ausmaße von Wetterereignissen bestimmt wird – ein Phänomen übrigens, das nicht nur bei Pferden, sondern auch bei anderen Tieren feststellbar ist. Ich erinnere mich noch an meine ersten „Schnupperstunden“ in der Tierarztpraxis des Freundes meines Vaters Dr. Zeilinger in St. Florian, der mit unendlicher Geduld dem 14-jährigen Mittelschüler, der unbedingt Tierarzt werden wollte, erklärte, dass Wettererscheinungen wie Föhn, Gewitterstimmung und anhaltender Wind das Vegetativum von Tieren belaste und beeinflusse: Rotlauf bei Schweinen, Koliken bei Pferden und erhöhte Nervosität bei Rindern, Aggressivität bei Hofhunden und deren Besitzern sowie Kannibalismus in der Massentierhaltung.

In unseren Tagen kann man das „Artenspektrum“ ausdehnen auf Auto- und Radfahrer und vielfach auch auf diejenigen, die sich betont „nachhaltig der Gelassenheit“ verschrieben haben, aber denen ständig aus innerer Unzufriedenheit der Kragen platzt. Ich bin fest davon überzeugt…“ sinnierte der alte Herr zur jungen Dame hin „dass das Fach Meteoropathologie in Zukunft an Bedeutung gewinnen wird, sowohl im Human- wie auch im Veterinärbereich; natürlich ist der Einfluss von Wetter – und klimabedingten Unbilden eine ebenso individuelle wie situationsabhängige Eigenschaft eines Organismus – menschlich oder tierisch – einerlei! Ein im Prüfungsstress stehender Schüler, eine gemobbte Angestellte oder ein hochnervöses Turnierpferd vor einer Springprüfung wird spannungsgeladener sein – in der Forensik wird diese Tatsache bereits anerkannt – im Alltagsleben sollte bei Wetterberichten auf erhöhte Risiken hingewiesen werden.

In meinen Augen sind für Pferde im Besonderen folgende klimatischen Veränderungen von beachtenswerter Bedeutung:
– ständig und rasch wechselnde Wettersituationen
– plötzliche Wetterwechsel mit markanten Umstellungen beim Luftdruck und der Temperatur

 

„Red in the morning – fishermans warning,
red at night – shepherds delight!“

 
– Brütende Sonneneinstrahlung im Sommer
– Dauernde Winterstürme in erheblicher Stärke

 
Pferde unterliegen jährlich zwei markanten Einschnitten – Haarwechsel im Frühling und Haaransatz im Spätherbst. Beide Phänomene sind naturgewollt und sinnvoll, sofern sie physiologisch ablaufen – aber genau dieser physiologische Ablauf ist in den letzten Jahren zunehmend gestört:

Der Herbst ist es noch länger als vor 10-15 Jahren wärmer, obwohl der abnehmende Tag und das schwächer werdende Licht  dem Organismus schon den bevorstehenden Winter ankündigen, die Pferde beginnen „anzusetzen“ – eine Stoffwechselveränderung, die sich regelmäßig an Hufringen ablesen lässt.

Im Frühling, besser im Spätwinter gibt es schon sehr hohe Umgebungstemperaturen von längerer Dauer, helles Licht simuliert einen längeren Tag mit der Folge, dass der Haarwechsel – ein Prozess mit hohem Substanzverlust – früh einsetzt, aber dann, infolge neuerlicher Februarkälte, „stecken“ bleibt. In diesen beiden Stadien sind Pferde anfällig, empfindlich und mit Vernunft zu schonen. In diesen Zeitspannen kommt noch die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit – und vice versa - dazu.

Im Freien stellen sich die Pferde nach dem Wind, nehmen also eine Position ein, die punktuelle Unterkühlungen vermeidet, der Zugluft im Stall können sie nicht entkommen.

Die Meinung, dass PVC-Streifenvorhänge bei hohen Windstärken einen verlässlichen Schutz vor Zugluft darstellen, ist naiv und irrig. Düsenförmig geleitete Zugluft kann nicht vermieden werden, wenn eine Querströmung möglich ist – deshalb gilt: Fenster, Türen und Heulucken schließen, wenn Paddock-Türen offen sind  – oder umgekehrt. Schädliche Zugluft kann schon bei Luftgeschwindigkeiten über 0,15 m /sek auftreten, wenn die Umgebungstemperatur noch bei 20 Grad C liegt – je niedriger die Temperatur wird, umso schädlicher ist die Zugluft, speziell, wenn sie punktuell auf Kopf und Augen, Hals, Nacken und Rücken von Pferden trifft – also „windchill“.

 

Wenn es nun aber durch eine Addition von Belastungen zu einer Kumulation von den Faktoren Wetterwechsel X Haarwechsel x Zugluft usw. kommt, ist ein Zusammenbruch der Abwehrkraft unausbleiblich, denn die Schadwirkung potenziert sich dann.  Auch scheinbar harmlose Episoden wie Rosse, Transport, Impfungen, Besitzer- und Stallwechsel können das Fass zum Überlaufen bringen, obwohl jeder Stress einzeln für sich besehen, unerheblich erscheint.

Doch auch die Sommer werden den Pferden zunehmend zu schaffen machen – ich sehe mit gewisser Sorge die Zunahme von Offenstallungen, die keinen effektiven Schutz vor der heißen Sommersonne und der unerbittlichen Strahlung bieten: viele und mittelhohe Bäume oder auf zwei Seiten geschlossene Unterstände, ausreichend Zugänge zu frischem Wasser, aber auch zumindest tägliches Abmisten von Ausläufen, Koppeln und Weiden, um Fliegen und anderes Ungeziefer bzw. Erreger auf einem Mindestmaß zu halten.

 
Die „Naturpuristen“ unter den Pferdehaltern und Pferdebesitzern versuchen geradezu militant, jedem einzureden, dass es „gesund“ und „artgemäß“ ist, wenn Pferde im Sommer in der prallen Mittagshitze, im Winter stundenlang im kalten „Gatsch“ bewegungslos herumstehen – ich teile auf Basis meiner Beobachtungen und Erfahrungen diese Ansicht nicht!

Der Mensch hat über viele Jahrhunderte Pferde zu seinen Schutzbefohlenen geformt, in unserem Zeitalter sich auf die „natürliche Abkunft der Pferde“ als Weidetiere zu berufen, weil dies der Bequemlichkeit (und der Kostenfrage) frommt, halte ich für zynisch.

Pferde unserer Epoche sind im weitesten Sinne „menschengemacht“ – es ist also des Menschen oberste Pflicht und Verantwortung, sie auch zu schützen vor den Folgen von „men made“ Umweltveränderungen: Wetter, Klima und der Borniertheit der Leugner.“
 


Der junge Herr und seine Partnerin blickten etwas betreten zu Boden – der alte Herr hatte sich in Rage geredet und war sichtlich erregt. Um abzulenken, stellte die junge Dame eine ganz banale Frage: „Ich weiß natürlich, dass ein „Veterinär“ Tierarzt ist – ich wurde aber auch bei Nachschau im guten, alten Stowasser aus dem Lateinunterricht am Realgymnasium nicht wirklich klüger; ich fand an Ähnlichkeit nur „veterinus“ mit der Bedeutung „Lasten ziehend“.

„Wie Sie richtig angenommen haben, ist der „Veterinär“ lateinischen Ursprungs, es trifft auch zu, dass mit „veterina“ zunächst ein Tier, das zum Ziehen von Lasten Verwendung fand, bezeichnet wurde, also Pferde, Esel und Maulesel.

Als erster Tierarzt findet etwa um 400 vor Chr. der Athener Simon Erwähnung, von dem allerdings später als gesichert galt, dass er Reiter und Pferdekenner, nicht aber Tierarzt war. Die Tierheilkunde wurde in den ganz alten Zeiten vorwiegend von Priestern, Menschen-Heilkundigen und Bauern ausgeübt, erst nach Christi Geburt dürften sich Tier-Heilkundige einerseits aus Hirten und Herdenaufsehern entwickelt haben, andrerseits aber aus der Sorge von Heerführern um ihre Pferde, die zur Etablierung von Militär-Tierärzten führte.

Sobald mehrere Legionen ein gemeinsames Lager aufschlugen, wurde an dessen linker Seite das „valetudinarium“ – also ein Lazarett für verwundete Soldaten, und an der rechten Seite ein „veterinarium“ – ein Pferdespital – errichtet, neben dem sich die „fabrica“ – Werkstätte der Schmiede – befand.

Sprachkundige weisen regelmäßig auch auf eine sprachlich – entwicklungsgeschichtliche Verbindung zu „vetus“ hin, die wir auch in der Bezeichnung „Veteran“ für altgediente Soldaten wiederfinden.“

Der alte Herr lächelte vergnügt in sich hinein und wandte sich der jungen Dame zu: „Sie sehen also – der alte Stowasser hat recht, wenn er „vetus“ mit „bejahrt, ergraut, alterprobt und erfahren“ übersetzt und damit ausdrückt, dass „Veterinäre“ bejahrte und erfahrene Menschen sind.

In vielen Orten findet man Hinweisschilder mit der Aufschrift „Tierarzt“ – folgt man diesen Hinweisen zum Zielort, so findet man dort die Praxis einer Tierärztin, die offensichtlich zu Gendern vergessen hat – Veterinärin klingt allerdings auch etwas gekünstelt!“

Eine junge Tierärztin in Mecklenburg-Vorpommern mit ihrem „Steckenpferd“.
 
Mit diesem kleinen Exkurs in die Geschichte hatte sich der alte Herr, dessen Ruhe und Gelassenheit bisher kaum zu erschüttern schien, wieder gefasst; der junge Herr fasste seinen Mut zusammen und stellte ihm eine etwas heikle Frage:

„Kann es zutreffen, was mir kürzlich bei Nennung Ihres Namens erzählt wurde, nämlich, dass Sie zu einer Zeit, als das Pferdezentrum Stadl – Paura noch Bundeshengstenstall-Amt hieß und war, dort Hausverbot hatten?“

„Zunächst JA – das stimmt im Ansatz; aber da Sie Stadl-Paura schon erwähnen, möchte ich auch festhalten, dass ich – als der Untergang dieser Institution drohte – mit einer Gruppe Gleichgesonnener den „Verein zur Erhaltung des Stallamtes Stadl-Paura“ gründete, mit dem Ziel, die Einrichtung und die Staatshengste  zu erhalten. Namhafte Persönlichkeiten gehörten diesem Verein an, es fanden unzählige Strategiesitzungen statt, in denen mancher Plan auch  „vertraulich“ besprochen wurde – aber zur Überraschung der Vorstandsmitglieder meist am nächsten Tag schon dem zuständigen Ministerium bekannt war. Ein politisch und standespolitisch besonders eifriges Vorstandsmitglied, Besitzer eines großen Reit- und Einstellbetriebes, erwies sich als „Maulwurf“ und Verursacher der „leaks“ – wieder einmal hatte sich die afrikanische Weisheit >Suche den Feind im Schatten deiner Hütte<   bewahrheitet.

Doch nun zum angeblichen Hausverbot und den Auslöser dafür – mein Bericht in der Pferdezeitschrift CHEVAL über die Hengstparade am 4. Oktober 1981 – der alte Herr erhob sich, suchte eine Weile in den Regalen und kehrte mit einem dicken Bündel an Schriftstücken wieder. „Hier ist es, ich lese vor:

Wie aus dem Vorwort des Programmheftes zur Hengstschau 1981 hervorgeht, wurden im Bundes-Hengstenstallamt Stadl-Paura seit über 100 Jahren Hengstschauen veranstaltet; um die Publikumswirksamkeit zu erhöhen wurden in zunehmendem Maße auch Schaunummern eingeflochten, mit der Absicht, reine und trockene Züchter-Fachsimpeleien zu vermeiden und zusätzlich die Hengste bei der Arbeit zu zeigen.

Heuer spielte auch in besonderem Maße das Wetter mit, denn ich erinnere mich auch an Hengst-Paraden bei beißender Kälte und Schneefall. Für das unkundige Auge – ein Großteil der Zuseherschaft – war es wieder eine beeindruckende Schau, dem Sehenden blieben grobe Fehler nicht verborgen.

Zwei Dinge wurden aber von beiden Gruppen gleichermaßen bekrittelt: einerseits die Organisation des Kartenverkaufs beim Eingang, wo die vor dem Kiosk Schlange-Stehenden den Neuankömmlingen den Weg versperrten und andererseits die Sicherheitsvorkehrungen beim Parcoursausgang. Durch Verlegung des früheren Ausgangs hatte man vermutlich gehofft, dieses Problem entschärfen zu können, aber mir wird schlecht bei dem Gedanken, dass die beiden spindeldürren Männer, die die Noriker-Koppel vorstellten, irgendwo auf der Strecke geblieben wären und die vier Hengste führerlos den Weg in ihren Stall gesucht hätten.

Gestütsparade Gestüt Ganschow, MVP.

Zwar war der Ton, in dem der Hausherr die Schau-Nummern kommentierte, sehr militärisch (…ein neben mir sitzender älterer Herr sagte, er erinnere ihn an einen gewissen Josef G.;….) so ließ das ordentliche Aussehen mancher jungen Bereiter, ihre Haltung und ihr Umgangston mit den Pferden sehr zu wünschen übrig. Wenn einer der besten Staatshengste beim Aufsitzen des Reiters unruhig steht, weil der Reiter, gerade von einem anderen Pferde kommend, nervös ist – den Hengst im Maule reißt und ihn vor versammelten Zuschauern anbrüllt „bleib stehen, Du Drecksau…“ so meine ich, er hat sich im Ton doch sehr vergriffen.

Es missfiel mir auch, dass der Fünferzug mit Haflingern beim Wegfahren mit „Antreten!!!“ angebrüllt wurde und dabei die Peitsche mit voller Wucht auf die Vorauspferde sauste. Bei diversen vorgestellten Gespannen ließ sich ein „Fahrstil“ nicht immer wirklich erkennen – außer einer starren Bracke war von Achenbach`schen Maximen nichts feststellbar. Dass sowohl der Vierspänner wie auch der Fünferzug mit nur einem Beifahrer besetzt waren, ist nicht nur ein Sicherheits-Risiko.

Gestütsparade Gestüt Ganschow, MVP.

Wie schnell nämlich eine Gefahrensituation entstehen kann, war bei der Nummer „Fahrschule vom Sattel“ mit Haflingern zu sehen. Schlimm empfand ich auch, dass die Noriker- Fünferkoppel stark verrostete Ketten ins Maul nehmen mussten, um unter Kontrolle zu bleiben.

Summa summarum: eine schöne Hengst-Parade mit vielen schönen Pferden, aber etwas getrübt durch manche Wermuts-Tropfen. Die aktiven Deckhengste habe ich seit Jahren nicht in so guter Verfassung gesehen.

Das Hausverbot war allerdings eine rein rhetorische Sanktion – in all den Folgejahren war ich als Turniertierarzt, Turnierrichter, Sprecher und mit den eigenen Pferden immer wieder bei Veranstaltungen dort anwesend – dass ich persona non grata war, ließ mich nur der „Chef“ gelegentlich spüren.“

 
Ein Mensch erblickt das Licht der Welt, 
doch oft hat sich herausgestellt,
nach manchem trüb verbrachten Jahr,
dass dies der einzige Lichtblick war.

Eugen Roth
 
Dokumente, Fotos, Grafiken und Literatur – Archiv & ex libris Dr. Kaun seit 1963

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