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Wider die Turniermisere: NÖ Reitverein setzt ein Zeichen
31.03.2024 / News

Der niederösterreichische Reitverein Geiger hält auch 2024 an seinen bewährten Turnieren fest – und setzt damit ein kraftvolles Lebenszeichen in der krisengeschüttelten heimischen Turnierszene. Was ist das Erfolgsrezept? Wir haben bei Elke König, Obfrau des RV Geiger, und Obmannstellvertreter Ralph Bucherberger nachgefragt.

Mit Leidenschaft und Know-how zum Erfolg: Obfrau Elke König (r.) und Obmannstellvertreter Ralph Buchberger.

ProPferd: Was motiviert Euch jedes Jahr, Turniere zu veranstalten?

Ralph: Die positive Resonanz der Reiter/Innen ist eine große Motivation für uns. Genauso nehmen wir Kritik und Anregungen sehr ernst und setzen diese bestmöglich beim Folgeturnier um.

Elke: Unser Verein ist gemeinnützig. Turniere sind für uns elementar, um Investitionen für optimale Rahmenbedingen zu tätigen. So haben wir in 2022/2023 in einen neuen Turnierplatz mit Sand-Vlies Boden investiert, um nur ein Beispiel zu nennen. Dieser ist prädestiniert für Spring,-und Dressurturniere und hat sich bei jedem Wetter bewiesen. Unseren Betrieb wollen wir natürlich gleichfalls am Leben erhalten, sodass wir verpflichtet sind, Turniere zu veranstalten.

Ralph: Zudem ist es einfach eine Leidenschaft von uns. Wir haben uns seit 1977 fast lückenlos dem Turniersport verschrieben. Unsere große Anlage ist ideal für Spring-und Dressurturniere. Für uns als Verein ist es immer ein Gemeinschaftsprojekt. Natürlich ist es viel Arbeit – aber zugleich ist diese ehrenamtliche Verpflichtung immer eine Herausforderung und Freude.

ProPferd: Wieso werfen so viele Turnierveranstalter das Handtuch?

Elke: Ich denke, dass in den anderen Ställen die ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen weniger werden. Jeder ist beruflich oder familiär so involviert, dass er kaum Zeit für ehrenamtliche Tätigkeiten am Turnier hat.

Ralph: Erfreulicherweise steigen die Turniere in Niederösterreich im Vergleich zu den letzten Jahren wieder. Allerdings gehen die Starterzahlen zurück. Das liegt nicht zuletzt an den Kosten für jeden Athleten. Hier wäre wünschenswert, dass die Reiter/Innen auch auf kleineren Turnieren starten. Wobei wir uns wirklich nicht beklagen dürfen. Unsere Turniere, gerade das Dressurturnier, müssen wir immer mit einem Nennstop versehen. So garantieren wir einen optimalen Turnierablauf. Deswegen sollten die Reiter/Innen immer frühzeitig nennen und ihre Boxen bestellen. So kann jeder Veranstalter auch besser planen.

Elke: Manche Veranstalter machen vielleicht auch zu wenig Werbung, wo wir aus dem Vollen schöpfen können. Der Vorteil hier ist, dass wir im Verein Leute aus dem Marketing haben, die das ehrenamtlich übernehmen. Überragend waren die Starterzahlen letztes Jahr bei unserem Springturnier. So haben wir beispielsweise den neuen Turnierplatz sehr stark über social media beworben.

ProPferd: Mit welchen Herausforderungen und Problemen sind Veranstalter in der heutigen Zeit noch konfrontiert?

Ralph: Der Turniersport ist aufgrund der Inflation zu einem finanzstarken Sport geworden. Es ist alles teurer geworden von den Benzinkosten über externe Futterkosten bis hin zum Startgeld. Dem Veranstalter ist es allerdings mit der neuen ÖTO Regelung in einem gewissen Vorgabenkatalog freigestellt, die Startkosten zu erheben.

Elke: Herausfordernd ist sicherlich auch der organisatorische Aufwand im Vorfeld genauso, am Turnier selbst und im Nachgang. Wir haben den Vorteil mit 7 Personen im Vorstand vertreten zu sein. Jeder übernimmt mit einem Team an Einsteller/innen bestimmte organisatorische Bereiche. Jeder treu seinem Know-how, seinem Netzwerk, seinen Beziehungen zu Werbepartnern etc. Ralph ist unser Turnierleiter, bei dem alle Fäden zusammenlaufen.

ProPferd: Wie schaut es mit den Kosten für die Veranstalter aus?

Elke: Die Kosten für Veranstalter sind ein obligatorischer Punkt bei den Problemen. Viele Veranstalter, gerade die kleineren, haben hier ihre größte Herausforderung. Beispielsweise ist ein guter Sprecher elementar. Eine zuverlässige Meldestelle, eine professionelle Zeitnehmung bei Spring,- und Vielseitigkeitsturnieren, genügende Anzahl an Richtern, Marketing, Gastronomie – das alles sind Kosten, die man stemmen muss.

Ralph: Ein guter Ruf ist natürlich auch entscheidend. Den muss man sich erst verdienen, so dass die Reiter im Folgejahr wiederkommen.

ProPferd: Mit welchen Maßnahmen wäre den Veranstaltern am meisten geholfen?

Ralph: Förderungen im Allgemeinen wären natürlich ein großer Zugewinn. Als Veranstalter braucht man viel Unterstützung und Sponsoring. Wir haben beispielsweise von Sponsoring auf Werbepartner umgestellt. Uns ist eine win-win Situation für beteiligte Unternehmen sehr wichtig.

ProPferd: Wie könnte man generell Turniere wieder attraktiver machen?

Elke: Die Turnieratmosphäre ist für mich ein ausschlaggebender Punkt – ich meine die persönliche und gastfreundliche Ebene. Unsere Gäste werden beispielsweise schon bei Anreise von einem Team aus 4 Leuten komfortabel umsorgt. Von Hänger Service über Parkplatz-Einweisung bis zur Boxenzuordnung. Und bei Bedarf wird auch beim Ausladen geholfen.

ProPferd: Ihr bringt viel Eigenleistung bei Euren Turnieren ein. Ihr habt sogar neue Rahmenbedingungen für Euer – bekannt hervorragendes – Buffet geschaffen. Was genau habt Ihr hier verbessert?

Elke: Durch den Umbau des Turnierplatzes wurde auch der Zuschauerbereich angehoben. So hat jeder einen hervorragenden Blick auf das ganze Geschehen. Unser Buffetbereich befindet sich ab diesem Jahr ebenfalls auf der gleichen Ebene. So ist es für unsere Gäste und auch unsere ehrenamtlichen Helfer viel komfortabler.

Ralph: Ein wesentlicher Punkt für den Erfolg eines Turniers ist tatsächlich die Gastronomie, die wir nicht auslagern sondern selber stemmen. Dankenswerterweise mit unseren ehrenamtlichen Helfern!

Elke: Das ist wirklich fantastisch. Da stehen die Omas Tage vorher schon in der Küche und backen Mehlspeisen und zaubern Nachspeisen. Die Eltern unserer Kinder vom Schulbetrieb unterstützen genauso wie unsere Einsteller/innen und deren Familien. Am Turnier selber haben wir ein mega Team aus Einsteller/innen, Familienmitgliedern und Freunden. Hier werden frische Salate und vegetarische Speisen hergerichtet, da brutzeln Steaks und Würstel auf dem Grill und eine weitere Mannschaft ist für die Getränkeausgabe verantwortlich. Der herrliche Duft von Kaffee lockt nicht nur die Athleten und ihre Begleiter/innen an, sondern viele Zuschauerinnen und Zuschauer, die wir über social media und Mund-zu-Mund Propaganda zum Turnier einladen.

Ralph: Stimmt, wir erreichen mit dem Buffet sehr Viele, die mit dem Turniersport gar nichts zu tun haben. Aber die Qualität unseres Buffets gepaart mit fairem Sport hat sich rumgesprochen und viele nutzen unsere Turniere für einen Familienausflug.

Beste sportliche Bedingungen und ein exzellentes Buffet sind zwei wesentliche Erfolgsfaktoren des RV Geiger.

ProPferd: Unabhängig vom Turniergeschehen: Wie reagiert Ihr auf die allgemeinen Preissteigerungen der letzten Jahre – wie kann man die eigenen Kosten so niedrig wie möglich halten und trotzdem weiterhin kostendeckend wirtschaften?

Ralph: Hier sind vor allem Eigenleistungen ein großes Thema. Franz Zeilinger ist der Papa einer unserer Einstellerinnen. Er ist in der Baubranche tätig – ein riesen Glück für uns! Bei den vielen baulichen Veränderungen der letzten Jahre und auch heuer motiviert er uns, unsere Familien, unsere Pfleger, Freunde und Bekannte, die Ärmel hochzukrempeln. Gleichzeitig sorgt an Bau-Tagen ein anderes Team für das leibliche Wohl genauso wie für den Ablauf im alltäglichen Betrieb.

ProPferd: Wo andere Ställe wegen allseits enorm gestiegener Preise mit den Einstellkosten auffahren mussten, habt Ihr in 2024 gerade Mal um 3% erhöht. Wie schafft Ihr das?

Elke: Als gemeinnütziger Verein brauchen wir nur kostendeckend zu arbeiten und uns so selbst erhalten. Außer unseren beiden wunderbaren Pflegern Nelo und Michael arbeiten wir alle ehrenamtlich. Uns spielen natürlich die einzelnen Berufe unserer Einsteller/innen in die Hände. Jeder bringt seinen Bereich gewinnbringend für den Verein ein. Ich gebe hier nur mal, stellvertretend für alle, vier Beispiele: Eventmanager, Handwerker, Leitung Rechnungswesen & Unternehmer/Innen.

ProPferd: Kurz nochmal zurück zu Euren Turnieren. Könnten sich kleinere Veranstalter bei Euch für Informationen zum Turniergeschehen melden?

Elke & Ralph: Sehr gerne! Erfahrungswerte oder Ratschläge von anderen Turnierveranstaltern haben uns auch immer geholfen.

ProPferd: Herzlichen Dank für das Gespräch und die Anregungen für andere Turnierveranstalter!