Kommentare 

Zur Übersichtzurück weiter

Pferdesport muss pferdegerecht bleiben – und wo Pferde leiden, dürfen auch die Verbände nicht schweigen
02.03.2015

Leopold Pingitzer von ProPferd.at
Leopold Pingitzer von ProPferd.at / Foto: Petr Blaha

Und wieder hat der Pferdesport eine Affäre, die weltweit für Schlagzeilen sorgt: Nach Barren, Rollkur, Horse-Soring und Hindernisrennen hat es diesmal der Distanzreitsport geschafft, die internationale Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen – freilich nicht im positiven Sinn. In der Tat sind die Bilder und Berichte über den Al Reef Cup in Abu Dhabi Ende Jänner sowie von anderen Distanzritten im arabischen Raum für jeden Tierfreund – und jeden Pferdefreund im speziellen – grauenvoll und entsetzlich und selbst für hartgesottene Berichterstatter der Szene kaum zu ertragen (ich nehme mich davon nicht aus).

Ebenso unerträglich war auch das Schweigen der FEI zu all diesen haarsträubenden Vorkommnissen – man sei nicht zuständig, da die betreffenden Events nach den nationalen Regeln der reiterlichen Vereinigung der Vereinigten Arabischen Emirate stattfand und die FEI daher formell nicht zuständig sei, man könne schlicht und einfach nichts machen, hieß es aus Lausanne. Dieses Schweigen war für viele bald der wahre Skandal an der ganzen Geschichte – denn die FEI ist in anderen Fällen gar nicht zögerlich, sich auch in nationales Geschehen einzumischen. Wir erinnern uns noch allzu gut an die Aufregungen im Jahr 2012, als die FEI auf ihrer Generalversammlung den berühmten Artikel 113 der ,General Regulations' beschloss, der jeden Reiter und jeden Funktionär mit einer sechsmonatigen Sperre belegt, der an einem sogenannten nicht genehmigten Turnier (,unsanctioned event') teilnimmt, egal of auf internationaler oder nationaler Ebene. Und ausgerechnet, wenn es um Tierschutz geht wie im Fall des Al Reef Cups, ist die FEI plötzlich nur ein ohnmächtiger Zuschauer?

Das konnte nicht gutgehen. In diversen Online-Medien und den sozialen Netzwerken hob ein Sturm der Entrüstung an, der die FEI nicht unbeeindruckt ließ. Es dauerte zwar drei Wochen bis zu einer ersten offiziellen Stellungnahme – die aber fiel (siehe auch unsere Meldung dazu) durchaus zufriedenstellend aus: Zwei Events in den Emiraten wurden seitens der FEI abgesagt, eine Untersuchung der Vorfälle in Abu Dhabi in die Wege geleitet.
Entscheidender Druck kam aber nicht nur von den sozialen Netzwerken und den Medien, sondern auch von innen – nämlich den nationalen Federationen, die sich immer zahlreicher zu Wort meldeten und das Schweigen der FEI nicht länger hinnahmen: Als erstes meldete sich der dänische Reitsportverband kritisch zu Wort und erließ neue, strengere Richtlinien für dänische DistanzreiterInnen, die bei Events in Gruppe VII-Ländern (zu denen auch die Vereinigten Arabischen Emirate zählen) an den Start gehen wollen. Präsident Ulf Helgstrand: „Das Wohlbefinden des Pferdes hat für den dänischen Reitsportverband absolute Priorität – und wenn es bei einem Event Zweifel daran geben sollte, dann werden wir nicht daran teilnehmen."

Ins gleiche Horn stieß wenige Tage später der Neuseeländische Pferdesportverband ESNZ, der sein Entsetzen über die Vorfälle ausdrückte und meinte, dass es so im Distanzreitsport nicht mehr weitergehen dürfe. Auch der Schweizer Pferdesportverband SVPS bewies einmal mehr Courage und Rückgrat und fand klare Worte für die Vorkommnisse: Er forderte von der FEI nicht nur eine rasche Untersuchung, sondern auch wirksame Gegenmassnahmen – und drohte offen mit einem Boykott der Distanzreit-WM 2016 in Dubai (siehe unsere Meldung dazu).

Nachdem die FEI am 25. Februar ihr erstes Presse-Statement herausgegeben hatte, meldeten sich auch die mächtige deutsche FN und der französische Pferdesportverband öffentlich zu Wort und drückten ihre Unterstützung für die ergriffenen Maßnahmen aus.
So scheint am Ende auch die FEI ihre Lektion gelernt zu haben: Sie kann und darf, wenn es um das Wohl des Pferdes geht, nicht den Kopf in den Sand stecken – egal, ob sie nun unmittelbar zuständig ist oder nicht. Was beim Al Reef Cup in Abu Dhabi – und bei zahlreichen Events davor – passiert ist,  stürzt nicht nur den Distanzreitsport in eine existentielle Krise, sondern schadet dem Pferdesport insgesamt, und dafür ist die FEI in jedem Fall zuständig und muss Stellung beziehen.

Es geht hier nicht darum, eine neunte FEI-Disziplin – nämlich das FEI-Bashing – zu gründen, sondern die Dachorganisation des internationalen Pferdesports an ihre Verantwortung für das Pferd und für pferdegerechten Sport zu erinnern. Nichts anderes haben zahlreiche Medien, aber auch tausende Pferdefreunde durch ihre Postings, ihre E-Mails und Anrufe getan. Entscheidend war aber zweifellos auch der Druck von innen, von den nationalen Verbänden, die sich mit klaren Statements an die Öffentlichkeit gewendet haben, allen voran der verdienstvolle und couragierte Schweizer Pferdesportverband: Chapeau! Mit Bedauern ist hingegen festzustellen, dass  der Österreichische Pferdesportverband (OEPS) bis zum heutigen Tag keine Veranlassung sah, sich zu dieser Causa öffentlich zu äußern. Das ist für viele Pferdefreunde – ich nehme mich wieder nicht aus – nicht ganz verständlich. Zumindest hätte man Solidarität mit dem mutigen Schweizer Vorstoß bekunden können – leider hat's auch dazu nicht gereicht,
meint Ihr Leopold Pingitzer

Sagen Sie mir ruhig Ihre Meinung: redaktion@propferd.at

 

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen