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Judiths Blog: Vom richtigen Treiben
27.03.2022 / Blogs

Judith Oberngruber-Spenger arbeitet seit 35 Jahren mit Pferden.
Judith Oberngruber-Spenger arbeitet seit 35 Jahren mit Pferden. / Foto: Valerie Oberreiter

Judith Oberngruber-Spenger ist Trainerin, geprüfte Übungsleiterin Reiten mit mehr als 35 Jahren Pferde-Erfahrung und Expertin für Trauma- und Krisenbewältigung. Sie entwickelte die Methode der Selbst-Aktivierung, um Probleme bzw. negative Verhaltensmuster durch neue, positive zu ersetzen. In ihren Workshops setzt sie auch ihre Pferde als Co-Trainer ein, um Vertrauen zu schaffen, Unbewusstes sichtbar zu machen und individuelle Stärken zu fördern.


Quetschen, Boxen, Schieben, Wackeln,...und das Pferd bewegt sich immer noch nicht schneller! Häufig erlebt man dann den Griff zu „schärferen“ Waffen.

Wie schwer richtiges und vor allem effektvolles Treiben ist, sieht man auf nahezu jedem Reitplatz. Richtiges Treiben zu erklären ist genauso schwer, da es – wie bei allem im Austausch mit einem Lebewesen – eine Sache des Gefühls ist.

Mein erster Tipp wäre: Das Pferd zuallererst nicht zu behindern!

Jetzt spüre ich förmlich die Proteste meiner LeserInnen auf mich einprasseln. Aber tatsächlich würde das Pferd auch unter dem Reiter von sich aus vorwärts gehen, immer vorausgesetzt, es ist gesund und der Sattel passt einigermaßen, denn warum sollte es sich sträuben und weigern. Das Pferd ist ein Bewegungstier und hat normalerweise nichts dagegen zu gehen und zu laufen.

Hier einige Tipps, was man zuallererst überprüfen kann:

1.    Die Verbindung zum Pferdemaul: eine gleichmäßige und weiche Verbindung zum Pferdemaul oder dem trensenlosen Reithalfter wäre wichtig.
a.    Hängen die Zügel zeitweise durch, fürchtet sich das Pferd davor immer wieder einen unangenehmen Ruck im Maul zu erhalten.
b.    Wird an den Zügeln gezogen (nach rückwärts eingewirkt) versteift sich die Muskulatur des Pferdes von vorne, den Ganaschen über das Genick, dem Rücken bis nach hinten zum Schweifansatz. Es kann nur noch verhalten vorwärts gehen.
c.    Befindet sich der Reiter nicht in Balance, wird er sich immer wieder am Zügel festhalten. Beide oberen Punkte kommen zum Tragen.

2.    Starre oder Steifheit des Reiters: da die Pferdebewegung eine fließende ist, sich stetig verändert, ist es erforderlich, dass der Reiter auf diese Veränderung eingeht. Passiert dies nicht, wird das Pferd in seiner Bewegung behindert.
a.    starrer angespannter Rücken
b.    festes Becken
c.    starre Gelenke in den Beinen (Hüfte, Knie und Sprunggelenk)
d.    aber auch fixierte Ellenbogen-Gelenke (auch gestreckte Arme) und angespannte Schultern verhindern das Einfühlen in die Pferdebewegung.
e.    permanent angespannte Beinmuskulatur (Klemmen) ist eine „verhaltende Hilfe“ und führt beim Andauern zum Festhalten des Pferderückens.

3.    Fehlende Balance und Körperspannung behindern das Pferd ebenfalls in seinem Bewegungsfluss; erkennbar durch:
a.    wackelnder und schwankender Oberkörper
b.    Oberkörper permanent zu weit vorne oder zu weit hinten
c.    schwingende Unterschenkel
d.    Unterschenkel zu weit vorne oder zu weit hinten, meist mit hochgezogenen Fersen
e.    zu schweres Einsitzen oder zurück Plumpsen in den Sattel. (Zusammsacken)

Was kann ich tun, bzw. was hilft meinem Partner Pferd:

1.    Balance und Körperspannung: auf den eigenen Beinen stehen. Meine Steigbügel sind der Boden. Körperspannung kann man am Balance-Board und mit Training der Haltemuskulatur üben (zB: Blanking).
2.    In den Gelenken der Beine nach unten federn (wer Schifahren kann, stellt sich vor über eine Reihe von Buckel zu fahren). Kann man ebenfalls sehr gut am Balance-Board trainieren. In die Hocke gehen und wippen.
3.    In die Bewegung des Pferderückens einfühlen: das Heben zulassen und dem Senken folgen. Ein Zusammenklappen in der Hüfte, den Knien und Sprunggelenken ist unbedingt erforderlich. Der Winkel vom Oberkörper zum Oberschenkel und von diesem zum Unterschenkel muss sich unbedingt verringern!
4.    „Atmender Schenkel“: die Beinmuskulatur liegt leicht am Pferdekörper an und sollte möglichst entspannt sein, was den Druck angeht. (die Haltemuskulatur für die Balance ist immer aktiv). Die treibenden Hilfen sind immer als Impuls zu verstehen!!!
5.    Vorwärts treiben wir in der Regel mit beiden Beinen.
6.    Zum richtigen Zeitpunkt: Wir spannen dann unsere Waden zum Treiben an, wenn sie durch das „Zusammen-Falten“ unserer Beine ohnedies näher an den Bauch des Pferdes kommen. Also im Moment des Einsitzens im Trab und senken des Rückens im Galopp. Das ist immer nur ein kurzer Moment, daher muss sich die Wade danach wieder bis zur Haltefunktion entspannen. Ganz wichtig wir sitzen dabei NICHT fester ein und schieben auch nicht an, sondern ermöglichen dem Pferd mit dem Rücken frei zu schwingen.

Probiert es einfach aus, oder bittet jemanden euch zu filmen. Häufig fühlt es sich anders an, als es tatsächlich aussieht.

Viel Freude mit frisch vorwärts gehenden Pferden

wünscht
Eure Judith

PS.: Bitte um Kommentare, Anregungen und auch Fragen hier im Blog oder per E-Mail an judith@emotion-works.at

 

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