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Verwarnungs-Verwirrung: Kritik am Vorgehen des OEPS
09.03.2017

Nach dem CDN Ebreichsdorf könnte Österreichs Dressursport der nächste Gerichtsstreit drohen ...
Nach dem CDN Ebreichsdorf könnte Österreichs Dressursport der nächste Gerichtsstreit drohen ... / Symbolfoto: Julia Rau

Ebreichsdorf und kein Ende: Auch wenn das nationale Dressurturnier Mitte Februar im Magna Racino/NÖ (CDN-A*, CDN-B, CDNP-A, 9.–12. Feb. 2017) schon einen Monat zurückliegt, erhitzt es nach wie vor die Gemüter und beschäftigt die Medien – und vielleicht auch bald die Gerichte. Was ist geschehen?

Dressurreiter Peter Gmoser hatte am Samstag, den 11. Februar, den FEI Grand Prix mit dem Pferd Ehrengold MJ gewonnen, war aber nach Beendigung seines Ritts einem Steward aufgefallen, da sein Pferd Blut am Maul hatte.  Dieser meldete den Vorfall bei C-Richter Reiner Komarek, der daraufhin das Paar disqualifizierte. Dagegen erhob Peter Gmoser Einspruch – die Verletzung sei erst nach dem Bewerb aufgetreten, weil sich das Pferd beim Ausreiten in die Zunge gebissen habe, und ein solcher Fall sei in der ÖTO nicht klar geregelt. Dem Einspruch wurde stattgegeben, Peter Gmoser wieder in die Wertung genommen.

An der anschließenden – vor allem in sozialen Medien intensiv geführten – öffentlichen Diskussion beteiligte sich auch die zweitplatzierte Reiterin, die Deutsche Meike Lang, die Gmoser rüdes Abreiten vorwarf und damit  einen regelrechten ,Shitstorm' entfachte. Peter Gmoser setzte sich mit einer ausführlichen öffentlichen Stellungnahme am 21. Februar auf dem Portal EQWO.net zur Wehr, bestritt darin jegliche Tierquälerei entschieden – und ging seinerseits in die Offensive: „Sie selbst wurde ja vom Steward verwarnt, da sie sich beim Abreiten nicht korrekt verhielt. Das hat auch niemand in irgendwelchen Postings breit getreten."

Damit war das Ländermatch Deutschland gegen Österreich eröffnet: Während sich Österreichs Pferdesport-Medien nahezu geschlossen hinter Peter Gmoser stellten, erhielt Meike Lang Unterstützung auf deutschen Portalen. Dabei wurde auch Kritik an der Vorgangsweise des OEPS laut – konkret am Umstand, dass es in der ÖTO offenbar keine klare Regelung gibt, wie mit einer nach dem Bewerb aufgetretenen Verletzung wie in diesem Fall umzugehen wäre. Das Portal dressuraktuell.de titelte gar: „Keine Blutregel in Österreich?" – und das wollte wiederum der OEPS nicht auf sich sitzen lassen: Am 28. Februar veröffentlichte Sportdirektor Ing. Franz Kager ein ausführliches Statement unter dem Titel „Tierschutz hat oberste Priorität" – und stellte dort fest, dass die Disqualifikation von Peter Gmoser auch durch die geltende ÖTO gerechtfertigt gewesen wäre: „Bei der Entscheidung hätte man auf die ÖTO § 1 Pkt. 6 „Im Falle von Unklarheiten bei der Auslegung ist im Sinne des internationalen Reglements zu entscheiden“ zurückgreifen müssen, da der § 55.1.6 der ÖTO dies nicht eindeutig regelt. In die ÖTO werden die Bestimmung des Weltreiterverbandes FEI in den einzelnen Sparten übernommen, um auch auf nationalen Turnieren eine klare Entscheidungsgrundlage zu haben."

Folglich wäre lt. internationalem Reglement zu entscheiden gewesen, sprich: Peter Gmoser wäre auszuschließen gewesen – dessen Wiederaufnahme in die Wertung erfolgte eigentlich zu Unrecht. (Auf Nachfrage von ProPferd bestätigte dies Ing. Kager – wies aber auch darauf hin, dass man die vom Richterkollegium getroffene Entscheidung nun nachträglich nicht mehr rückgängig machen könne; um solche Missverständnisse bei der Regelauslegung künftig zu vermeiden, werde es bald entsprechende Klarstellungen in der ÖTO geben – und auch eine eindeutige ,Blut-Regel', die sogar noch strenger als die der FEI ausfallen soll, so Ing. Kager.)

Leider konnte sich auch die OEPS-Aussendung einen Seitenhieb auf die Vorwürfe von Meike Lang nicht verkneifen – und leistete somit einen weiteren Beitrag im Länderspiel Deutschland gegen Österreich: „Die von der deutschen Reiterin auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichte Darstellung der Vorkommnisse in Ebreichsdorf sollte man unter dem Aspekt, dass sie selbst eine schriftliche Verwarnung wegen unsportlichen Verhaltens (aufgestellte Gerte) am Abreiteplatz erhielt, betrachten."

Diese Bemerkung könnte dem OEPS noch einiges Ungemach verursachen – denn nun war es Meike Lang, die sich den Seitenhieb nicht gefallen ließ. Auf Ihrer Website replizierte sie am 7. März: „Die Information, ich hätte auf einem Turnier in Österreich Anfang Februar aufgrund auffälligen Verhaltens beim Abreiten eine schriftliche Verwarnung bekommen, ist nicht korrekt. Aufgrund meiner zu langen Gerte wurde ich lediglich mündlich vom Steward auf diesen Umstand hingewiesen. Die Gerte fand danach keinen Einsatz mehr.
Ich habe weder in Österreich selbst, noch bis heute, einen Monat nach dem Turnier, eine schriftliche Verwarnung erhalten. Auch der deutschen reiterlichen Vereinigung (FN) wurde keine Verwarnung meiner Person gemeldet."

Wie das deutsche ,Reiterjournal' recherchierte, war dies korrekt – tatsächlich war bis zum 7. März keine schriftliche Verwarnung bei Reiterin Meike Lang oder der deutschen FN eingetroffen. Der OEPS geriet in Erklärungsnot und musste auf Nachfrage zugeben: „Die Verwarnung wurde irrtümlich beim Turnierbericht abgelegt und nicht an die FN in Warendorf weitergeleitet." Dies habe man jedoch am 8. März nachgeholt, auch den Bericht des zuständigen Stewards habe man nun vorgelegt, in dem die Verwarnung aufgrund einer hochgestellten Gerte ebenfalls festgehalten ist.

Meike Lang bestreitet dieses Vergehen – und prüft lt. ,Reiterjournal' nun sogar rechtliche Schritte gegen den OEPS, da sie sich in ihrer Ehre und Glaubwürdigkeit als Berufsreiterin verletzt fühlt, nach dem Motto: Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen werfen. Genau diesen Satz hat sie in den letzten Tagen in diversen Facebook-Kommentaren lesen müssen – und möchte diesen Vorwurf nicht länger auf sich sitzen lassen. Sie habe den Verdacht, dass sie wegen ihrer Kritik an Peter Gmoser in Ungnade gefallen sei und nun als unglaubwürdig hingestellt werde.

Ohne uns als Schiedsrichter aufspielen zu wollen (der im Ländermatch Deutschland – Österreich ohnehin nur verlieren kann), sollte sich der OEPS ernsthaft fragen, ob es 1) nicht schon genug Gerichtsverfahren in der österreichischen Dressurszene gibt – und ob 2) die spitze Bemerkung in Richtung Meike Lang wirklich notwendig war (sachlich und inhaltlich war sie es zweifellos nicht, denn mit der konkreten Frage der ÖTO-Auslegung in der ,Causa Gmoser' hatte die vermeintliche oder tatsächliche Verwarnung von Meike Lang nun wirklich nichts zu tun)? Um es ganz offen zu sagen: Man sollte rasch nach Ausstiegs-Möglichkeiten und Deeskalations-Wegen in diesem Konflikt suchen – bevor Österreichs Dressursport den nächsten höchst überflüssigen Gerichtsstreit über sich ergehen lassen muss, noch dazu nach einer höchst überflüssigen Bemerkung. Österreichs Dressurszene sollten wirklich andere Dinge beschäftigen, meint
Ihr
Leopold Pingitzer

PS: Sagen Sie mir ruhig Ihre Meinung: redaktion@propferd.at

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1) Moonlight59: Klingt nach Hemingway, Tod am Nachmittag - Stierkampf. Kein Tier darf in Ausübung eines Sports durch menschliche Einwirkung bluten. Ganz einfach: Was würde mit einem Trainer z. B. eines Turn-Kindes passieren, der ihm eine blutende Wunde verpasst? (Zumindest hierzulande; während eines Wettkampfes; nachweislich vor Publikum.) Genauso sollte man mit einem Reiter oder sonstigen Verantwortlichen vorgehen, durch dessen Handeln ein Pferd blutet. Die Rechtfertigung, das Pferd hätte sich beim Ausritt selbst in die Zunge gebissen, gehört in die Kategorie unfreiwillige Komik . Wenn so etwas überhaupt möglich sein sollte, dann höchstens durch quälerisches Verschnallen eines Zaumes bzw. Gebisses, dem das Pferd nicht ausweichen konnte.
Sonntag, 4. Juni 2017
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