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Sonja Klima und der Beirat der schlechten Verlierer
19.01.2019 / News

Leo Pingitzer schreibt für ProPferd.
Leo Pingitzer schreibt für ProPferd. / Foto: Archiv/Petr Blaha

Die Wahl von Sonja Klima zur neuen Leiterin der Spanischen Hofreitschule hat eine beispiellose mediale Kampagne ausgelöst, in der von politischer Einflussnahme und Postenschacher die Rede war. Doch die Gründe für die Erregung liegen woanders – ein Kommentar von Leo Pingitzer.


Man mag es beurteilen wie man will – aber als zahlender Besucher der Operetten-Republik Österreich ist man in den letzten drei Tagen wirklich auf seine Kosten gekommen: Was sich derzeit rund um Bestellung von Sonja Klima zur Geschäftsführerin der Spanischen Hofreitschule abspielt, ist von hohem Unterhaltungswert und hätte dereinst wohl so scharfsinnige und scharfzüngige Kenner der österreichischen Volksseele wie Alfred Polgar oder Friedrich Torberg zu feuilletonistischen Höchstleistungen angestachelt.

Tatsächlich konnte man sich als Pferdefreund tagelang der süßen Illusion hingeben, dass das Wohl und Wehe der Republik Österreich einzig und allein von der Frage abhängt, wer denn künftig die Geschicke der Spanischen Hofreitschule lenken werde und ob dies Sonja Klima, Ulla Weigerstorfer oder doch jemand anderer sein würde? Keine Tageszeitung – weder die großen, noch die seriösen – konnte dieser schwerwiegenden Frage ausweichen, und sie alle hatten sichtlich Mühe, in diesem nervenzerfetzenden Bewerbungs-Drama zumindest einigermaßen Haltung und Contenance zu wahren.

Besonders schwer machte dies der sogenannten ,Fachbeirat’ der Hofreitschule, der grimmig entschlossen war, in diesem Theaterstück die Rolle der Kassandra zu übernehmen: Man sah das Unheil kommen, warnte eindringlich vor der Bestellung von Sonja Klima zur neuen Geschäftsführerin – und war schließlich sogar bereit, zum Äußersten zu gehen und zurückzutreten, sollte der Aufsichtsrat der nach dem Bewerber-Hearing erstellten Reihung nicht auf Punkt und Beistrich folgen. Doch wie es Kassandras Schicksal nun einmal so wollte, erfüllte sich die Prophezeiung unerbittlich – Sonja Klima bekam den Posten, und so blieb dem Beirat folgerichtig nur die Selbstopferung: Man trat zurück – freilich nicht, ohne zuvor medienwirksam noch ein geharnischtes Rücktrittsschreiben an Bundesministerin Elisabeth Köstinger abzufeuern.

Nach Angaben der Tageszeitung ,Die Presse’ war darin u. a. zu lesen: „Mit Sonja Klima wurde nun eine rein politische Entscheidung getroffen, die bereits zu zahlreichen kritischen Stellungnahmen im In- und Ausland geführt hat. Hier wird einer international einzigartigen Institution ein langfristiger Schaden zugefügt. Es schadet der Spanischen Hofreitschule, der klassischen Reitkunst und dem internationalen Ansehen unseres Landes. Wir sehen es als unsere Verpflichtung hierauf zu reagieren!" Weiter hieß es, dass man einen derartigen „Postenschacher“ nicht mittragen könne, dass Sonja Klima keines der drei geforderten Hauptkriterien erfülle und ihr der „fachliche Hintergrund leider vollständig“ fehle. Aus diesem Grunde trete man geschlossen zurück.

Damit hatte man – wie es neuerdings heißt – ein eingängiges ,Narrativ' in die Welt gesetzt, sprich: eine Erzählung gesponnen, die im Wesentlichen darin bestand, dass mit Sonja Klima eine fachlich ungeeignete, aber politisch ,gewünschte' Kandidatin auf einen Posten gesetzt wurde, den eigentlich ein anderer Kandidat (Herwig Radnetter) viel besser ausfüllen könnte; und ein so billiger politischer ,Postenschacher' sei einfach pfui und deshalb trete man zurück, basta! Die meisten Tageszeitungen griffen diese Erzählung dankbar auf, passte sie doch wunderbar in den aktuellen Zeitgeist von Wutbürgertum und Politikverdrossenheit und war ein gefundenes Fressen für die Empörungsindustrie der sozialen Medien, ganz nach dem Motto: Da sieht man wieder 'mal, wie's in der Politik zugeht, also das regt uns jetzt wirklich auf!

Freilich hat diese schöne Erzählung einen Pferdefuß – denn sie stimmt zu großen Teilen einfach nicht. Tatsache ist, dass man aus insgesamt zwölf Bewerbungen die drei geeignetsten KandidatInnen zu einem Hearing geladen hatte – und keine/r dieser drei Kandidaten das äußert breitgefächerte Anforderungsprofil zu 100 % erfüllen konnte. Erwartungsgemäß gingen auch die Beurteilungen innerhalb der fünfköpfigen Hearing-Kommission weit auseinander, wie der ,Standard' berichtete: Während die beiden Vertreter des Nachhaltigkeitsministeriums eine erfahrene Managerin (Klima, Weigerstorfer) präferierten, waren die übrigen eher für eine interne, reiterlich-fachliche Variante (Radnetter). Letztere waren in der Kommission in der Überzahl, was auch an den Gesamtergebnissen der drei Kandidaten ablesbar war (Weigerstorfer: 143 Punkte, Klima: 145 Punkte, Radnetter: 164 Punkte).

Für beide ,Philosophien' gibt es in der langen Geschichte der Hofreitschule gute Beispiele und auch gute Argumente. Die letzte Entscheidung lag jedenfalls beim Aufsichtsrat – und dieser wollte, vermutlich nicht ohne Grund, keine interne Lösung, sondern eine versierte Managerin mit Know-how in Sachen Marketing und Sponsoring und langjähriger Erfahrung in der Leitung eines Unternehmens – und traute dies am ehesten Sonja Klima zu. Damit aber wollten sich – aus welchen Gründen auch immer – die Anhänger der unterlegenen Seite nicht abfinden, entpuppten sich als schlechte Verlierer und ließen seither keine Gelegenheit aus, Sonja Klima öffentlich zu diskreditieren. Als Motiv hinter dieser wenig sympathischen Vorgangsweise darf man gekränkte Eitelkeit vermuten – und als Ziel die persönliche Desavouierung von Sonja Klima als künftige Leiterin der Spanischen Hofreitschule (dass man damit auch die Hofreitschule selbst beschädigt, nahm man offenbar billigend in Kauf). Sogar Details aus den Bewerbungsunterlagen von Sonja Klima wurden – von wem auch immer – den Medien zugespielt: Manche sind sich eben für nichts zu schade.

Das Ausmaß dieser medialen Kampagne – fast muss man von Hetze sprechen – steht jedenfalls in keiner Relation zu den tatsächlichen, weitgehend harmlosen Fakten (ein Aufsichtsrat hat sich mit nachvollziehbaren Argumenten für die zweitgereihte Kandidatin einer Ausschreibung entschieden, na und?). Warum man derart wild und vehement um sich schlug und vor keiner Bösartigkeit und Untergriffigkeit zurückschreckte, hat wohl einen anderen Grund, wie in einem heute erschienenen ,Presse'-Artikel erstmals erahnbar wird: Es geht um einen Richtungsstreit – und den weiteren Umgang mit dem zwiespältigen Erbe der Ära Gürtler. Während Elisabeth Gürtler sich lt. ,Presse' für Radnetter als ihren Nachfolger ausgesprochen haben soll, hat sich Sonja Klima keinen Geringeren als den langjährigen Oberbereiter Johann Riegler an ihre Seite geholt, der die Schule vor Jahren verlassen hat. Er soll die Leitung der Reitbahn übernehmen und einen Neuanfang einleiten: „Derzeit scheinen Pferde und Reiter überfordert", wird Riegler zitiert, der auch ein klares Ziel vor Augen hat: „Man muss versuchen, die Schule dorthin zu bringen, wo sie vor der Ära Gürtler war." Sonja Klima ist diesbezüglich mit ihm auf einer Linie: „Es ist Zeit für einen Neuanfang in der Hofreitschule."

Auch die erste Stellungnahme von Aufsichtsrats-Chef Johann Marihart erscheint diesbezüglich in einem neuen Licht. Dieser meinte nach der Bestellung von Sonja Klima: „Frau Klima deckt mit ihrem Persönlichkeitsprofil die Bereiche Marketing und Verkauf sowie Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising sehr gut ab. Im Zuge dieser Neubestellung sollen insbesondere auch Maßnahmen zur weiteren Stärkung der Kernkompetenz der Hofreitschule, nämlich die Pflege der klassischen Reitkunst sowie der Zucht getroffen werden."

Vielleicht ist diese Aussage spannender und substanzreicher, als man im ersten Augenblick glaubte – und das könnte auch für die erste Reaktion von Bundesministerin Elisabeth Köstinger gelten, die meinte, dass Sonja Klima „die Spanische Hofreitschule weiterentwickeln und in eine neue Zeit führen" werde. „Dafür hat sie meine volle Unterstützung, ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihr." Die Vorkommnisse seit Klimas Bestellung haben wohl deutlich genug gezeigt, wie wichtig diese Unterstützung ist und auch künftig sein wird.

In jedem Fall hat sich Sonja Klima eine faire Chance verdient – auch und gerade nach den üblen Vorverurteilungen der letzten Tage. Dass die Luft in solchen Sphären rau ist, das hat Sonja Klima vermutlich gewusst – womit sie freilich nicht rechnen konnte war die Gehässigkeit und Böswilligkeit mancher beteiligten Personen. Sie soll sich davon ja nicht entmutigen lassen, meint
Ihr

Leopold Pingitzer

PS: Sagen Sie mir ruhig Ihre Meinung: redaktion@propferd.at

Kommentare

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1) ulrikethiel: Richtigerweise hatten von Beginn an zwei Posten ausgeschrieben werden mússen: ein inhaltlicher und ein PR massiger Wenn dann die Bewerbungen transparent und mit den entsprechenden von den Bewerbern vorgeschlagenen Massnahmen publiziert worden wären wäre es zu diesen peinlichen Pannen nicht gekommen. Lustig ist dass nach Weggang von FRau G:urtler zugegeben wirdd, dass die AuffÜhrungen verdoppelt worden w ren und die Pferde überfordert seien. Für eine diesbezügliche Kritik in einem Artikel wurde ich persönlich beim Handelsgericht Wien nch verklagt . Trotz der sogenannten Privatisierung wird nat:urlich noch subventioniert und das zu Recht, da über die Umwegrentabilitat sehr viel hereinkommt. Ausserdem gehört eine solche INstitution ins Kultusministerium und nicht ins Landwirtschaftsmiisterium. Leider hat Frau Gúrtler in den letzten Jahren sich in erster Linie mit dem Schreiben von Pseudo-schwarzen Zahlen beschaftigt . Es müsste nun gekl;art werden ob es um den gesetzesauftrag: die Pflege der klassischen Reitkunst und die Zucht der Lipizzaner gehen soll oder um Gewinne, die man wie in einem solchen Betrieb eben NICHT machen KANN.
Sonntag, 20. Januar 2019
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