Der OEPS muss sich drehen und winden und tief in die rhetorische Trickkiste greifen, um die verweigerte Startgenehmigung für Österreichs beste Dressurreiterin beim Stuttgarter Hallenturnier schönzureden – doch das macht alles nur noch schlimmer. Ein Kommentar von Leo Pingitzer.
ProPferd betreffend verfolgt der OEPS eine konsequente Informationssperre – Anfragen jeglicher Art werden stets mit dem gleichen Stehsatz beantwortet: „Sehr geehrter Herr Pingitzer, aufgrund Ihrer subjektiven Berichterstattung über den Österreichischen Pferdesportverband hat das Präsidium beschlossen, Ihre Anfragen nicht mehr zu beantworten.“ Passt eh, ist aber aus unserer Sicht eine nicht gerade intelligente Kommunikations-Strategie, weil man sich selbst der Möglichkeit begibt, OEPS-Positionen zu vermitteln und die eigene Sichtweise zu erklären. Aber das muss der OEPS selber wissen.
Gegenüber großen Tageszeitungen sind der OEPS und seine Präsidentin jedenfalls gesprächiger – wie ein Bericht der ,Kronen-Zeitung’ in Oberösterreich zeigt. Auf die Frage, wieso der OEPS Ulrike Prunthaller eine Startgenehmigung in Stuttgart verweigert hat (siehe auch unseren ausführlichen Kommentar zu dieser Affäre, Anm.), rechtfertigte sie dies u. a. mit dem Satz: „Andere Reiter hatten bisher 30, 40 Prozent weniger Starts als besagte Reiterin.“ (gemeint war Ulrike Prunthaller, Anm.)
Fr. Max-Theurer bezog sich dabei auf eine ominöse Statistik der Facebook-Seite ,Dressursport Österreich’, die just am gleichen Tag (Zufälle gibt’s, also wirklich …) veröffentlicht worden war und in der – zur Überraschung wohl aller Dressurinteressierten in Österreich – Ulrike Prunthaller mit 109 internationalen Starts auf Platz 1 gereiht war und Victoria Max-Theurer mit 55 Starts nur auf Platz 6. Was die OEPS-Präsidentin aber wohlweislich verschwiegen hatte, war die nicht unwesentliche Tatsache, dass diese Statistik bis ins Jahr 2017 (!) zurückreichte und das kleine Wörtchen „bisher“ von den meisten LeserInnen wohl so verstanden werden musste, dass damit „die bisherige“, also die laufende, heurige Saison gemeint wäre. Dann aber ist diese Aussage schlichtweg falsch.
Bekanntlich soll man ja nur jenen Statistiken trauen, die man selbst gefälscht hat – wieso an diesem Sprichwort ein wahrer Kern ist, wird an diesem Beispiel nur allzu klar: Denn man konnte auf die besagten Zahlen überhaupt nur kommen, indem man alle internationalen Turnierstarts seit dem 1.1.2017 (!) zusammenzählte – ein willkürlich, aber sicher nicht zufällig gewählter Zeitraum, denn bekanntlich ist Victoria Max-Theurer aus diversen Gründen 2017 und 2018 nur bei sehr wenigen int. Turnieren an den Start gegangen.
Faktum ist jedoch: Die Starts von 2017 und 2018 sind im Hinblick auf das aktuell so umkämpfte ,Olympic Ranking’ völlig bedeutungslos – und können schon gar nicht als Ausrede dienen, einer Reiterin wichtige internationale Turnierteilnahmen im Jahr 2019 (!) zu verweigern. Sowohl für die Dressur-Weltrangliste, als auch für das ,Olympic Ranking’ sind nur die Starts bzw. Ergebnisse der letzten 12 Monate relevant – und betrachtet man diesen Zeitraum (konkret von 1. Dezember 2018 bis Mitte November 2019, also inkl. Stuttgart), so ergibt sich ein gänzlich anderes Bild:
– Ulrike Prunthaller: 26 Starts bei 7 int. Dressurturnieren
– Victoria Max-Theurer: 32 Starts bei 11 int. Dressurturnieren
In diesem Zeitraum – der für die mögliche Qualifikation österreichischer ReiterInnen für Tokyo 2020 der einzig entscheidende und sportlich relevante ist – ist also genau das Gegenteil der Fall: Victoria Max-Theurer hat ein klares Übergewicht, sowohl bei den Starts als auch bei den beschickten Turnieren. Und Victoria Max-Theurer wurde unseres Wissens nach noch kein einziger int. Turnierstart 2019 verweigert – wir lassen uns aber gern eines Besseren belehren. Auch von anderen österreichischen DressurreiterInnen haben wir nie Derartiges gehört.
Wäre man böswillig, so könnte man die obige Aussage der OEPS-Präsidentin in diesem Licht als kleine, perfide Desinformation beurteilen – womöglich in der Hoffnung geäußert, dass eh niemand so genau nachschauen wird und sich vielleicht sogar manche davon beeindrucken lassen. Aber natürlich sind wir nicht böswillig – doch zu suggerieren, dass Ulrike Prunthaller irgendeinen Start-Vorteil gegenüber Victoria Max-Theurer gehabt hätte, ist schlicht und einfach unrichtig.
Davon abgesehen finden wir es befremdlich, dass die Präsidentin eines Sportverbandes die Zahl der Turnierstarts als Rechtfertigung benützt, um der aktuell besten österreichischen Dressurreiterin die Starterlaubnis für ein wichtiges Qualifikationsturnier zu verwehren. Die Zahl der int. Starts ist ein wichtiger Indikator für sportliches Engagement, größere Routine und wachsende internationale Turniererfahrung – und der OEPS sollte eigentlich danach trachten, Österreichs DressurreiterInnen möglichst viele int. Starts zu ermöglichen, anstatt diese zu vereiteln oder, was noch verwerflicher ist, die ReiterInnen gegeneinander auszuspielen. Dies auch noch mit haarsträubenden Argumenten und arg zurechtgebogenen Statistiken zu rechtfertigen, ist ein weiterer Tiefpunkt in der aktuellen Debatte – und für einen Sportverband wirklich beschämend.
Noch beschämender finden wir aber, dass sich der OEPS nicht zu schade ist, Ulrike Prunthaller in einer offiziellen Verbandsaussendung gleich dreimal (!) unter die Nase zu reiben, dass sie ihre geplante Teilnahme beim Weltcup-Turnier in Zakrzów (POL, 23.–27. Okt. 2019) krankheitsbedingt absagen musste – daher sei ihr Startplatz verfallen, und für Stuttgart wären eben andere Reiter vorgesehen gewesen, so der OEPS schnoddrig. Soll wohl heißen: Selber schuld, wärst nicht krank geworden, hättest starten können!
Lieber OEPS, es sei Euch ins Stammbuch geschrieben: Einem Menschen eine Krankheit vorzuhalten, ist nicht nur geschmacklos, sondern zeugt auch von schlechter Kinderstube. Das tut man einfach nicht! Niemand wird mutwillig krank oder weil's so lustig ist – und Ulrike Prunthaller wäre hundertmal lieber in Zakrzów gestartet, als krank zuhause im Bett zu liegen. Umso wichtiger wäre es für sie aber gewesen, für Stuttgart berücksichtigt zu werden, um im ,Olympic Ranking' nicht weiter an Boden zu verlieren. Es wäre ein Zeichen sportlicher Fairness gewesen, ihr diese Chance zu geben – aber auf diesen Gedanken kommt im OEPS natürlich niemand. Stattdessen kramt man völlig irrelevante Zahlen aus dem Jahr 2017 hervor – es ist einfach eine Schande,
meint
Ihr
Leopold Pingitzer
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