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Judiths Blog: Gefühl oder Verstand - was ist wichtiger beim Reiten?
04.02.2023 / Blogs

Judith Oberngruber arbeitet seit 35 Jahren mit Pferden.
Judith Oberngruber arbeitet seit 35 Jahren mit Pferden. / Foto: Valerie Oberreiter

Judith Oberngruber ist Trainerin, geprüfte Übungsleiterin Reiten mit mehr als 35 Jahren Pferde-Erfahrung und Expertin für Trauma- und Krisenbewältigung. Sie entwickelte die Methode der Selbst-Aktivierung, um Probleme bzw. negative Verhaltensmuster durch neue, positive zu ersetzen. In ihren Workshops setzt sie auch ihre Pferde als Co-Trainer ein, um Vertrauen zu schaffen, Unbewusstes sichtbar zu machen und individuelle Stärken zu fördern.
 
Reiten lernt man nur durch Reiten! Diesen Spruch hat wohl jeder schon einmal gehört. Ich kann dem nur zustimmen. Denn um ein Gefühl für das Pferd und die Bewegungsabläufe zu bekommen, muss man dies schlicht erleben. Zugleich plädiere ich aber für den Einsatz von Reitsimulatoren: Würde es mehr davon geben und die Zeit nicht teurer sein als auf einem echten Pferd, könnte dies so manchen Pferderücken beglücken und viele Pferdemäuler schonen. Denn bis zu einem unabhängigen, ausbalancierten Sitz ist es eben ein weiter Weg.

Was eine Maschine freilich nicht simulieren kann, ist das Befinden eines Lebewesens. In Wirklichkeit muss ich mich nicht nur in die Bewegung des Pferdes einfühlen und einfügen, sondern auch wahrnehmen, wie es dem Tier unter mir geht. Fühlt es sich wohl, schnaubt es ab, kann es den Kopf fallen lassen und tritt es schwungvoll von hinten mit losgelassenem, schwingendem Rücken, ohne zu blockieren?

In der Regel wollen Pferde uns gefallen und es uns recht machen. Dazu müssen sie verstehen, was wir von ihnen wollen und körperlich in der Lage sein, dies auch ausführen zu können. Wenn ich möchte, dass mein Partner mich versteht, muss ich mich verständlich ausdrücken können. Daher muss ich WISSEN, was ich warum mache. Aus diesem Grund geht es nicht ohne Verstand. Um mein Pferd gesund zu erhalten, muss ich wissen, dass es wichtig ist, zu Beginn der Reitstunde die Sehnen und Gelenke ausreichend aufzuwärmen. Ich muss wissen, dass die Hinterbeine meines Pferdes die meiste Last aufnehmen sollen. Nicht weil ich Versammlung und hohe Dressur reiten möchte, sondern weil die Vorderbeine einfach zu schwach sind, um das zusätzliche Gewicht des Reiters gut tragen zu können.

Ein ähnliches Thema, bei dem es um die Gesunderhaltung unserer geliebten Tiere geht, ist die Losgelassenheit. Wenn ich eine ganze Stunde auf einem verspannten Pferd sitze, und es nur mit viel Zügeleinwirkung zum Absenken seines Kopfes bringe, brauche ich mich nicht zu wundern, wenn der Chiropraktiker regelmäßig die Verspannungen im Rücken meines Pferdes lösen muss. Damit es nicht so weit kommt, muss ich wissen, was mein Pferd braucht, um sich lösen zu können. Manche Pferde lösen sich sehr gut über Übergänge und Tempounterschiede, andere wiederum nur über den Galopp. Um das herauszufinden, muss ich mich sehr wohl ins Pferd einfühlen, aber ich muss auch wissen, was ich tun kann, um das Pferd optimal zu unterstützen (zB unabhängiger Sitz, Hände „weg“ vom Pferdemaul – weich werden und nachgeben…).

Beim letzten Kurs von Katja Lange (Dressur-Reiten erleben) diskutierten wir, wie hilfreich die Verwendung von Kameras beim Reiten wäre. Katja meinte, dass wir erwachsenen Reiter zumeist ohnedies zu viel im Kopf wären und alles zu Tode analysieren würden. Der Fokus auf ein Problem führt zu einer Vernachlässigung des gesamten Kunstwerkes – Pferd und Reiter in Harmonie – und wiederum zu mehr Verkrampfung statt einfühlsamem Miteinander.

Fazit, liebe Reitfreunde: Es braucht beides. Reiten mit viel Gefühl und Einfühlungsvermögen und den Verstand und das Wissen, um das Richtige zu tun!

In diesem Sinne, rate ich Euch liebe Pferdfreunde, fühlt Euch ein und denkt darüber nach, was Euer Partner Pferd braucht, damit es ihm unter dem Sattel gut geht ...

Eure Judith
www.emotion-works.at

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