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Gundulas Blog: Craniosacrale Balance und gesundheitsförderndes Training
17.09.2020 / Blogs

Durch einfühlsames Wahrnehmen mit den Händen kann man die Befindlichkeiten des Gewebes erspüren.
Durch einfühlsames Wahrnehmen mit den Händen kann man die Befindlichkeiten des Gewebes erspüren. / Foto: Gundula Lorenz

Gundula Lorenz ist von Kindheit an mit Pferden verbunden, geprüfter Behindertenreitlehrwart (heute „Lehrwart für integratives Reiten“) und hat sich viele Jahre intensiv mit der funktionellen Anatomie und dem Bewegungsapparat des Pferdes beschäftigt. Sie besuchte die Fachschule für osteopathische Pferdetherapie von Barbara Welter Böller und entwickelte das Konzept Equino FIT® – ein ganzheitliches Trainings- und Ausbildungsprogramm für Reiter und Trainer, bei dem unphysiologische und verbrauchende Bewegungsmuster vermieden, Selbstheilungskräfte unterstützt und ein harmonisches Miteinander von Mensch und Tier gefördert werden sollen. In ihre Arbeit und ihre vielfältigen Erfahrungen bei der Pferdeausbildung gibt sie auf ihrem ProPferd-Blog Einblick!


Meine Neugierde in Bezug auf Bewegung, die die Gesundheit fördert und so einen Beitrag zur Selbstheilung leistet, hat mich schon oft weitergebracht und auch meinen Pferden geholfen. Sie führte mich eines Tages auch zu einem ,Selbstversuch‘, bei dem ich herausfinden wollte, inwiefern gesunde Bewegung auch eine Auswirkung auf das craniosacrale System des Pferdekörpers hat. Es gibt bekanntlich viele, die ihrem Pferd mit diesem wirklich tollen „Werkzeug“ etwas Gutes tun. Ich aber meine, dass auch ein Blick auf die Bewegungsmuster des Pferdes dazugehört, um den craniosacralen Ausgleich zu festigen, und genau das wollte ich mit einem kleinen Experiment ausprobieren.

Bevor ich das näher beschreibe, möchte ich ein bisschen ausholen und kurz skizzieren, was das Craniosacrale System überhaupt ist – für alle, die noch nie etwas damit zu gehabt haben: Andrew Taylor Still (1828 – 1917), der „Vater der Osteopathie“, suchte nach Möglichkeiten, Krankheiten erfolgreich ohne Medikamente und Chirurgie zu behandeln. Er sah den Körper als eine Einheit und war der Meinung, dass der Körper über Selbstheilungskräfte verfügt.

Jede Zelle verfügt über Schwingung, und kommt es zu einem Stillstand, ist quasi die Bewegung eingeschränkt (sehr vereinfacht ausgedrückt). Ziel der Osteopathie ist es, die Mobilität wiederherzustellen und so eine Möglichkeit der Selbstheilung in Gang zu setzen. Nur am Rande erwähnt: Ein ,Zuviel‘ an Mobilität an einer Stelle fordert mehr Stabilität an einer anderen Stelle – um einen Ausgleich herzustellen. Daher auch der Leitsatz: „Leben ist Bewegung!“

Die Osteopathie wird in drei Systeme unterteilt:
•    parietale Osteopathie: beschäftigt sich mit dem Muskel-Gelenk-System.
•    viszerale Osteopathie: beschäftigt sich mit den inneren Organen.
•    craniosacrale Osteopathie: beschäftigt sich mit dem zentralen Steuerungssystem des Körpers, d.h. mit dem sensorischen und zentralen Nervensystem

William Gamer Sutherland, ein Schüler A.T. Stills, gewann durch anatomische Studien, Experimente am eigenen Körper und Beobachtung und Palpation (Betasten) Erkenntnisse über das körpereigene Regulationssystem, das für das Gleichgewicht und ein gesundes Funktionieren des Körpers verantwortlich ist. Da der Schädel (lat.: cranium) und das Kreuzbein (lat.: sacrum) dabei von zentraler Bedeutung sind, nannte er es „craniosacral“. Wichtig zu wissen ist auch, dass man durch einfühlsames Wahrnehmen mit den Händen die Befindlichkeiten des Gewebes erspüren kann.

Nun aber zu meinem eingangs erwähnten Experiment: Ich ließ meine Stute in Bezug auf ihr craniosacrales System testen und wollte, dass es so wenig wie möglich durch spezielle Techniken danach beeinflusst wird. Natürlich waren zu dem Zeitpunkt auch die eine oder andere körperliche Schwachstelle vorhanden.

Mein Plan war, das Pferd drei bis vier Wochen zu trainieren – und dann das System nochmals zu testen. So wollte ich herausfinden, ob ich durch gesundheitsförderndes Training auch auf das zentrale Steuerungssystem – eben das craniosacrale System – Einfluss nehmen kann?

Trainiert wurde nach dem Konzept und Grundsätzen der Equinopathie – d.h. es wurde sehr viel Wert auf ein Gleichgewicht zwischen Mobilität und Stabilität (siehe meine vorangegangenen Blogs dazu) sowie auf das Setzen eines Trainingsreizes mit anschließender Regeneration gelegt. Und wenn es einmal zuviel war (was ja jedem passieren kann), gab‘s an den folgenden Tagen „Minustraining“ (z.B. nur Schritt bzw Übungen im Schritt). Koppelgang gab es natürlich jeden Tag, denn auf gute Haltung lege ich allergrößten Wert.

Nach der vereinbarten Zeit, wurde wieder getestet. Und siehe da – das craniosacrale System war „gefestigter und stärker“. Meine Vermutung hatte sich somit bestätigt! Und man kennt ja den Ausspruch: „Durch gutes Training werden Pferde gesünder und schöner.“

Als Botschaft möchte ich Euch mit auf den Weg geben: Mit Techniken, die das craniosacrale System beeinflussen, nehme ich passiv auf das Sensorische und Zentrale Nervensystem Einfluss. Mit Bewegung bzw Training beeinflusse ich das motorische Nervensystem – doch es gibt keine Bewegung ohne sensorische Wahrnehmung!

Daher kann ich das zentralen Steuerungssystem des Pferdekörpers mit gesundheitsfördernden Training positiv beeinflussen und somit auch die Selbstheilungskräfte ankurbeln: Es funktioniert!
Denkt daran und probiert es vielleicht einmal selbst aus,
Eure Gundula

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