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Judiths Blog: Warum es Wieder-EinsteigerInnen besonders schwer haben
06.01.2021 / Blogs

Judith Oberngruber-Spenger ist Expertin für Trauma- und Krisenbewältigung.
Judith Oberngruber-Spenger ist Expertin für Trauma- und Krisenbewältigung. / Foto: Hans Kraus

Judith Oberngruber-Spenger ist Trainerin, geprüfte Übungsleiterin Reiten mit mehr als 35 Jahren Pferde-Erfahrung und Expertin für Trauma- und Krisenbewältigung. Sie entwickelte die Methode der Selbst-Aktivierung, um Probleme bzw. negative Verhaltensmuster durch neue, positive zu ersetzen. In ihren Workshops setzt sie auch ihre Pferde als Co-Trainer ein, um Vertrauen zu schaffen, Unbewusstes sichtbar zu machen und individuelle Stärken zu fördern.


In jungen Jahren war ich erfolgreich in den Disziplinen Dressur, Springen und Vielseitigkeit bis Klasse LM und M unterwegs, ritt viele junge Pferde an und korrigierte auch schwierige Pferde. Ich dachte zwar über die Ausbildung und das Training der Pferde nach, aber mein Sitz und die Einwirkung auf das Pferd funktionierten auch ohne viel Nachdenken ganz gut und gleichsam automatisch.

Dann bekam ich meinen Sohn und machte 20 Jahre Pause mit wenigen Unterbrechungen durch Ausritte. Als ich mir vor fast 6 Jahren wieder ein eigenes Pferd kaufte, hatte ich mit erheblichen Problemen zu kämpfen: Die damals 5-jährige Stute hatte super Anlagen und viel Sprungvermögen, ging aber wenig vorwärts, verkroch sich, reagierte nicht auf den Schenkel und wurde im Parcours von einer Minute zur anderen so heiß, dass ich oft nur noch Passagier war. Ich hatte mit meiner mangelhaften Kondition, nicht vorhandener Muskulatur zu kämpfen und ein Pferd, das einfach nicht so reagierte, wie ich es gerne hätte. Unverständnis und Frust waren die Folge.

Ich nahm regelmäßig Unterricht, las viele Bücher, bildete mich durch Youtube-Videos (Die Großen Meister, Ingrid Klimke, ...) und Kaufvideos weiter. Alles schön und gut, aber an meine Form aus jungen Jahren konnte ich nicht wieder anschließen. Irgendwie klemmte mein Pferd und – wie ich herausfand – ich auch. Über Centered Riding wurde das Klemmen weniger und meine Stute ging besser vorwärts, aber mein Sitz ist heute noch nicht dort, wo ich ihn gerne hätte. Ich habe mich zwar ganz gut drübergerettet und bin heuer sogar eine gute LP geritten, aber in Wirklichkeit war immer irgendwie der Wurm drin. Als ich im Mai mein Riesenbaby (5-jähriger Holsteiner mit knappen 180cm) bekam, hatte ich Probleme mit seiner großen Bewegung und der Anlehnung, vom Aussitzen ganz zu schweigen. Ach, wie frustriert war ich, dass es einfach nicht perfekt ging und das obwohl ich genau wusste, dass ich es in jungen Jahren problemlos gekonnt hatte.

Ich las noch mehr über den korrekten Sitz und Möglichkeiten zur Sitzkorrektur, arbeitete mit Fränklin-Bällen, dem Balimo Sitzhocker von Eckart Meyners und vielem mehr, das mich auch wirklich unterstützt hat. Aber die wohl wichtigste Erkenntnis kam durch einen Trainer, der mir nach den ersten Minuten bereits den Hinweis gab, ich müsse mehr Gewicht in den Steigbügel bringen. Denn tatsächlich versuchte ich mich ausschließlich über das Gesäß zu stabilisieren. So wie ich es immer wieder gehört hatte. Ich solle sitzen bleiben und ohne Steigbügel reiten, damit ich einen unabhängigen Sitz bekomme. Was leider beides nicht zu einer Verbesserung geführt hatte. Eine weitere Erklärung in diese Richtung, die mir wesentlich geholfen hat, kam von einem jungen deutschen Springreiter und Trainer Michael Fischer, der in seinen Lehrvideos davon spricht, wie wichtig es ist, auf seinen eigenen Beinen zu stehen. 

Es klingt wahrscheinlich etwas kryptisch, aber genau darin besteht die Lösung: Das elastische Mitschwingen und Federn im Steigbügel bei einem ausbalancierten Sitz, kombiniert mit Körperspannung und Losgelassenheit, genauso wie wir es uns von unseren Pferden wünschen, ist die Grundlage für ein harmonisches Reiten mit effektiver und sanfter Einwirkung.

Als erste Übung zum guten, ausbalancierten Sitz kann ich euch Folgendes raten: Trabt abwechselnd im leichten Sitz, im Leichttraben und im Entlastungssitz. Versucht dabei die Balance in den Bügeln zu finden, mit den ganzen Beinen in den Gelenken (von der Hüfte abwärts) nach unten zu federn und in der Bewegung mitzuschwingen. Fühlt euch in die Bewegung des Pferdes hinein, wechselt häufig vom leichten Sitz zum Leichtraben und wieder zurück. Als Steigerung könnt ihr versuchen das Tempo über den Sitz zu variieren, nur durch vermehrtes oder ruhigeres Mitschwingen. Wenn ihr anfangs etwas das Gleichgewicht verliert, macht das gar nichts, das ist ganz normal und deshalb üben wir ja.

Viel Spaß mit euren Lieblingen wünscht

Eure Judith

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