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Judiths Blog: Zungenfehler Update
20.08.2023 / Blogs

Judith Oberngruber und Clarcoon im Turniereinsatz
Judith Oberngruber und Clarcoon im Turniereinsatz / Foto: privat

Judith Oberngruber ist Trainerin, geprüfte Übungsleiterin Reiten mit mehr als 35 Jahren Pferde-Erfahrung und Expertin für Trauma- und Krisenbewältigung. Sie entwickelte die Methode der Selbst-Aktivierung, um Probleme bzw. negative Verhaltensmuster durch neue, positive zu ersetzen. In ihren Workshops setzt sie auch ihre Pferde als Co-Trainer ein, um Vertrauen zu schaffen, Unbewusstes sichtbar zu machen und individuelle Stärken zu fördern.
 
 
Vor einiger Zeit habe ich über meinen jungen Holsteiner Wallach Clarcoon, der mittlerweile auch schon wieder 8 Jahre alt ist, und wie ich mit einem Zungenfehler umgegangen bin, der sich entwickelt hatte.

Seither habe ich viele Anfragen diesbezüglich erhalten. Deshalb schreibe ich hier noch einmal detaillierter über meine Erfahrungen und Erkenntnisse seitdem.

Wenn bei einem Pferd neu beginnt, die Zunge aus dem Maul zu strecken oder hängen zu lassen, dann ist sicher, dass es versucht auszuweichen. Meistens sind es Schmerzen im Maul, auf die Zunge, die Laden oder den Gaumen. Diese Schmerzen können durch vielerlei verschiedene Dinge ausgelöst werden. Daher muss man, um den Zungenfehler nachhaltig beheben zu können die Ursache beseitigen.

Diese Ursachen könnten sein:

1.     Ein gesundheitliches Problem (Zähne, Kiefer, Genick, Rücken, …)
2.     Die Entwicklung des Pferdes (Körper, Muskulatur, …)
3.     Unpassende Ausrüstung (nicht nur die Trense, auch Zaum und Sattel sind wichtig)
4.     Reitweise
5.     Kombination aus mehreren Faktoren

Bevor man etwas unternimmt, bitte unbedingt alle möglichen gesundheitlichen Faktoren ausschließen. Vielleicht auch einmal einen Zahn-Spezialisten ins Maul schauen lassen und nicht den Tierarzt für alle Fälle.

Um zurück zum Anfang zu springen. Mein damals 5-jähriger Wallach hatte sich eingerollt und bei dem Versuch einer Zügeleinwirkung die Zunge aus dem Maul hängen lassen.

Was habe ich konkret gemacht:

1.     Ich habe den Trainer gewechselt.
2.     Meine neue Trainerin Marion Wagenhofer (geprüfte Reitlehrerin und Grand Prix Reiterin) hat mir verschiedenste Trensen zum Probieren geliehen.
3.     Ich habe meine Reitweise vorerst auf lange Zügel und minimale Einwirkung mit der Hand umgestellt.
4.     Nach mehreren Monaten bin ich bei einer anatomischen einfach gebrochenen Trense von Fager bits hängen geblieben. Zuerst mit losen, dann mit fixen Ringen und FSS. Weil er sich damit am Wohlsten fühlt.
5.     Wir haben die Trense etwas nach oben gehängt, damit sie fixer im Maul lag.
6.     Viele Übungen für seine körperliche Balance
7.     Meine Balance am Pferd verbessert
8.     Clarcoon Zeit gegeben, sich zu entwickeln (er war erst mit 7 Jahren und 185 cm Stockmaß ausgewachsen)

Außerdem verwende ich einen Micklem-Zaum und habe mir auch als Springsattel für ihn einen neuen Schleese-Sattel geleistet.

Natürlich kann man ein Pferd nicht nur am langen Zügel reiten. Das Ziel war und ist es immer noch, dass er die Trense annimmt und ohne Einrollen, Verwerfen und Verwinden durch den Körper geht. Im Moment kommt die Zunge nur dann heraus und er bewegt sie hin und her, wenn ich bei der Parade zu langsam beim Nachgeben mit der Hand bin oder mit zu wenig Bein reite. Wenn ich mich verspanne, also nicht locker am Pferd sitze, kann ich damit rechnen, dass er sich ebenfalls anspannt und vorne heraushebt. Dann kann es passieren, dass die Zunge wieder rauskommt. Wenn ich mich dann entspanne und ihn mit dem Bein aktiviere, senkt er sich ab und geht von hinten nach vorne durch den Körper. Es ist in letzter Zeit sogar vorgekommen, dass er sich ein bisschen auf den Zügel gelegt hat. Was mich im Moment gar nicht stört, zumal er sofort wieder damit aufhört, wenn ich nachtreibe und die Hand ganz kurz nur weggebe, damit er sich wieder selbst trägt.

Vor kurzem habe ich zum ersten Mal mit dem Micklem Zaum ohne Trense geritten. Ohne Trense kommt keine Zunge aus dem Maul. Das gefällt ihm sehr gut. Allerdings ist es für mich sehr ungewohnt, weil ich das Gefühl habe, vorne mehr machen zu müssen, was gar nicht stimmt, da er sich ohnedies über den Sitz gut reiten lässt.

In Wirklichkeit ist jede unerwünschte Reaktion unseres Pferdes ein Zeichen/Hinweis an uns Reiter und Pferdebesitzer genauer hinzuschauen, die Ursachen zu finden und zu beseitigen. Was oftmals etwas dauern kann.

Ganz wichtig ist es, sich Zeit zu nehmen – und über kleine Fortschritte in die richtige Richtung freuen!

Viel Freude und Erfolg mit Eurem Partner Pferd
wünscht Eure

Judith

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