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Judiths Blog: Reitersitz und Eigenbalance des Pferdes
13.01.2023 / Blogs

Judith Oberngruber und ihr ,Riesenbaby
Judith Oberngruber und ihr ,Riesenbaby' Clarcoon. / Foto: Hans Kraus

Judith Oberngruber ist Trainerin, geprüfte Übungsleiterin Reiten mit mehr als 35 Jahren Pferde-Erfahrung und Expertin für Trauma- und Krisenbewältigung. Sie entwickelte die Methode der Selbst-Aktivierung, um Probleme bzw. negative Verhaltensmuster durch neue, positive zu ersetzen. In ihren Workshops setzt sie auch ihre Pferde als Co-Trainer ein, um Vertrauen zu schaffen, Unbewusstes sichtbar zu machen und individuelle Stärken zu fördern.
 
 
Wichtig – nein: am aller-aller-wichtigsten – für harmonisches Reiten ist die Balance des Reiters. Wer denkt, dass ein Pferd losgelassen und im Takt freudig vorwärts gehen kann, wenn hoch über seinem eigenen Schwerpunkt das Gewicht eines menschlichen Körpers wackelt und schwankt, hat noch nie etwas Schweres und Instabiles auf seinen Schultern getragen. Ihr könnt es gerne einmal ausprobieren und ein Kind auf den Schultern oder Huckepack nehmen und ihm dann sagen, dass es ein bisschen vor und zurück wackeln soll ...

Genauso hemmend wirken klemmende Beine. Zusammengekniffene Po-Backen, angespannte Oberschenkel, feste Knie oder Waden, die ständig pressen fühlen sich unangenehm an. Gerne auch in der umgekehrten Rolle ausprobieren.

Vor allem aber ist es unmöglich mit ständig angespannter Muskulatur weich einzusitzen. In die Bewegung des sich ständig verändernden Pferderückens (im Idealfall locker auf- und abschwingend) kann man sich nur mit sich öffnenden und flexiblen Gelenken weich einfügen. Eine starre Hüfte, feste Knie oder nach unten durchgestreckte Sprunggelenke verhindern das erforderliche Federn.

Wer versucht, den richtigen Sitz entsprechend (s)eines Standbildes zu erlangen, muss scheitern.

Ich habe schon einmal von meinem Riesenbaby sowie von seinen und meinen Problemen mit der Balance geschrieben. Mein Holsteiner Clarcoon ist mittlerweile über 180 cm groß und hatte mit seinem großen, langen Körper und Beinen eine echte Herausforderung. Aber auch mit mir hatte er es nicht leicht. Denn ich als Wiedereinsteigerin (knapp 160 cm – mit kurzen Beinen) musste auch erst lernen mit seiner großen und nicht ausbalancierten Bewegung zurecht zu kommen. Jetzt kann ich ihn nicht nur gut aussitzen, sondern genieße die raumgreifenden, schwingenden Tritte und Galoppsprünge. Der Weg von einem wackelnden, auseinander gefallenen Riesenbaby zu einem geschlossenen, ausbalancierten Pferd war langwierig, aber es zahlt sich aus, ihn zu gehen.

Das Gefühl auf einem Pferd zu sitzen, dass sich in der eigenen Balance befindet und sich selbst trägt, ist wundervoll und die Voraussetzung für Losgelassenheit und Durchlässigkeit. Das geht nicht von heute auf morgen. Das muss dem Pferd in jeder Arbeitseinheit und mit jeder Übung näher gebracht werden. Wenn dann noch der Takt gehalten werden kann, steht dem harmonischen Reiten mit feinsten Hilfen nichts mehr im Wege.

Michael Fischer (MF Reitsport) spricht in seinen Lehrvideos davon, dass das Pferd auf eigenen Beinen läuft. Es braucht die Reiterhand nicht, um sich abzustützen. Es ist ausbalanciert. Das geht nicht von alleine, sondern man muss das Pferd ständig dahin führen und unterstützen. Denn auch die entsprechende Muskulatur muss zuerst aufgebaut werden, damit es sich und den Reiter in Selbsthaltung tragen kann. Manche Pferde, vor allem kompaktere, tun sich leichter dabei, andere schwerer und brauchen mehr Hilfe vom Reiter/Trainer.

Nun schließt sich der Kreis. Denn ich muss selbst unabhängig und ausbalanciert sitzen können, um das Pferd in erster Linie nicht zu stören und dann auch unterstützen zu können.

Viel Freude mit Euren Lieblingen wünscht Euch

Eure Judith
 
www.emotion-works.at

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