Blogs

Zur Übersichtzurück weiter

Judiths Blog: Probleme meistern 2, Balance und Körperkoordination
02.02.2022 / Blogs

Judiths ,Riesenbaby
Judiths ,Riesenbaby' Clarcoon hat mittlerweile große Fortschritte gemacht! / Foto: Hans Kraus

Judith Oberngruber-Spenger ist Trainerin, geprüfte Übungsleiterin Reiten mit mehr als 35 Jahren Pferde-Erfahrung und Expertin für Trauma- und Krisenbewältigung. Sie entwickelte die Methode der Selbst-Aktivierung, um Probleme bzw. negative Verhaltensmuster durch neue, positive zu ersetzen. In ihren Workshops setzt sie auch ihre Pferde als Co-Trainer ein, um Vertrauen zu schaffen, Unbewusstes sichtbar zu machen und individuelle Stärken zu fördern.

 

In meinem letzten Blog habe ich von einem ganz speziellen Problem geschrieben, das mein junger Holsteiner Clarcoon entwickelt hat. Heute möchte ich von einem allgemeinen Thema schreiben, das junge und vor allem große, eher schlaksige, lange Pferde haben. Vor über einem Jahr half mir die Dual- und Mental-Trainerin Brigitte Brosig dabei, mein Riesenbaby (180 cm Stockmaß) mit seiner mächtigen Bewegung aussitzen zu lernen, bzw. die Balance auf ihm zu finden. Jetzt hat sie mich angeregt, über Clarcoons Entwicklung zu schreiben. Ihrer Meinung nach hat er nun einen gewaltigen Sprung gemacht, aber zuerst war Basis-Arbeit erforderlich

Doch der Reihe nach: Die ersten Versuche über Stangen im Schritt und Trab waren mehr ein herum Stolpern und Wackeln. Mein großer Schimmel mit seinen langen Beinen wusste offensichtlich nicht wohin damit. Vor allem das Anheben der Schulter fiel ihm schwer. Ich arbeitete viel mit Seitengängen (Schenkelweichen und Kruppherein) im Schritt in einem ganz langsamen Tempo (Zeitlupentempo) mit mal mehr, mal weniger Stellung und auch mit Außenstellung – und half ihm sukzessive, mehr Bewusstsein für seinen Körper zu finden. Wichtig dabei ist, die Verschiebung im Körper zu fühlen. Kein Ausweichen über die Schulter mit einem deutlichen Kreuzen der Beine.

Die Stangen bzw. Cavaletti, musste er alleine managen lernen. Ich war für das richtige Tempo und das gerade Anreiten zuständig. In den Wendungen half ich ihm manchmal mit einem kleinen Klapps auf die Schulter, die nach innen kippen wollte. Dadurch lernte er, dass er diese mehr anheben kann. Wichtig mit einem jungen Pferd ist auch, nicht zu viel Stellung zu geben. Der Hals darf auch in den Wendungen eher gerade bleiben. Manchmal hilft es dem Pferd auch, die Balance besser halten zu können, wenn man in der Wendung eine leichte Außenstellung im Hals ermöglicht. Auch das bewirkt, dass die innere Schulter freier wird und sich besser anheben kann.

Zusammengefasst sind für die Verbesserung der Balance und Körperkoordination wichtig:

1.    Schritt und Trab über niedrige Cavaletti (tiefste Stellung)
2.    Gerades Anreiten, richtiges Tempo wählen
3.    Über den Stangen das Pferd machen lassen
4.    Seitliches Verschieben durch den Körper

Womit muss ich rechnen?
Das Pferd weicht über die Schulter aus.
> Ich muss die Schulter mit dem äußeren Zügel stabilisieren, und mit halben Paraden die Vorwärtsbewegung und das Seitwärtsdrängen abfangen.
Das Pferd wird zu hohl.
> den Hals gerade oder sogar in die Bewegungsrichtung stellen (bitte sanft!)
Das Pferd stockt
> mit beiden Beinen vorwärts treiben; mehr ans Vor als ans Seitwärts denken
Die Hinterbeine kreuzen nicht (die Kruppe wird nachgeschleppt).
> überprüfen, ob der eigene Sitz gerade über dem Pferd ist und beim Abfußen des inneren Hinterbeins mit einem kleinen Klapps mit der Gerte unterstützen
Die Schulter sperrt sich.
> bei der Einleitung der Seitwärtsbewegung darauf achten, dass die Schulter voraus geht; Hals gerade stellen oder in Konterstellung und eventuell einen kleinen Klapps auf die innere Schulter geben.

Ganz wichtig! Bitte immer den eigenen Sitz und die korrekte Hilfengebung überprüfen! Der Einsatz der Gerte darf nicht strafend erfolgen, sondern immer nur leicht und aufmunternd. Manchmal reicht bereits das Anlegen der Gerte.

Häufige Reiterfehler:
•    zu schnelles Tempo;
•    die halben Paraden zum Einleiten des Seitwärts kommen nicht durch (Schenkelhilfe nicht im gleichen Moment wie die Zügelhilfe oder nicht impulsartig);
•    zu viel Biegung im Hals, meistens verbunden mit einem Ziehen am Innenzügel;
•    Einknicken in der Seite (zu wenig Körperspannung);
•    zu viel im Sattel nach außen sitzen (zentriert über dem Pferd bleiben);
•    falsche Beinstellung (inneres Bein hinten, verhindert eine Biegung im Körper) inneres Bein gehört an den Gurt;
•    Blick auf den Hals des Pferdes statt in die Bewegungsrichtung;
•    generell zu starke Hilfengebung; das Pferd kann nicht zur Seite gedrückt werden!!!

Heute stößt Clarcoon kaum mehr an Stangen und Cavaletti an. Er hat gelernt, seinen Körper und seine Beine zu koordinieren. Tempowechsel, Lastwechsel und Seitengänge funktionieren in allen drei Gangarten bereits im Takt und in der Balance. Auch ein paar Tritte Traversale gelingen schon sehr gut.
Wenn das Pferd geistig und körperlich in der Lage ist, die gestellten Aufgaben zu meistern, macht es dem Pferd Spaß – und es wird willig mitarbeiten. Das wiederum ist die Grundlage für harmonisches Reiten, das auch dem Reiter Freude macht.

In diesem Sinne: viel Spaß und Freude mit Eurem Partner Pferd!

Eure
Judith

PS: Nie vergessen – Ziel ist es, eine Leichtigkeit im Duett zwischen Mensch und Tier zu erreichen!

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen