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Judiths Blog: Auch Pferde wollen gefallen!
14.08.2021 / Blogs

Judith Oberngruber-Spenger arbeitet seit 35 Jahren mit Pferden.
Judith Oberngruber-Spenger arbeitet seit 35 Jahren mit Pferden. / Foto: Valerie Oberreiter

Judith Oberngruber-Spenger ist Trainerin, geprüfte Übungsleiterin Reiten mit mehr als 35 Jahren Pferde-Erfahrung und Expertin für Trauma- und Krisenbewältigung. Sie entwickelte die Methode der Selbst-Aktivierung, um Probleme bzw. negative Verhaltensmuster durch neue, positive zu ersetzen. In ihren Workshops setzt sie auch ihre Pferde als Co-Trainer ein, um Vertrauen zu schaffen, Unbewusstes sichtbar zu machen und individuelle Stärken zu fördern.


Auch wenn es manchmal nicht so aussieht: Unsere Pferde wollen es uns recht machen. Häufig verstehen sie uns einfach falsch – besser gesagt: Wir konnten uns nicht hinreichend verständlich machen und ihnen vermitteln, was wir genau von ihnen möchten. In solchen Situationen übernimmt es mitunter auch die Führung, weil wir diese nicht deutlich genug innegehabt haben.

Furlanetto, mein Profi, übernimmt zum Beispiel gerne die Führung, sobald es in Richtung Heimat geht – weil er meint, wir müssten so schnell wie möglich wieder zum Stall zurück. Beim Dressurtraining habe ich überwiegend Probleme damit, dass er viele Lektionen einfach vorwegnimmt. Zum Beispiel war es für ihn mit seiner jahrelangen Springerfahrung klar, dass bei einem Handwechsel auch ein fliegender Wechsel gemacht gehört. Dadurch hatte er seinem Reiter im Parcours das Leben erleichtert und gefallen. Jetzt liegt es an mir, ihm ganz klar zu kommunizieren, dass er entspannt im Kontergalopp weitergehen soll. Aber bei jeder kleinsten Veränderung von mir – zum Beispiel Ausatmen – macht er sofort den Wechsel... Echt süß – nur in der Dressuraufgabe eben nicht immer gewünscht …

Auch bei den Haltparaden weiß er sofort, was kommen wird und bremst sich augenblicklich ein, was es mir erschwert, die Hinterhand drunter zu bringen. Aber ehrlich gesagt, das ist Jammern auf hohem Niveau. Denn: Ist es nicht schön, ein aufmerksames Pferd zu haben, das alles „richtig“ machen möchte? Auf jeden Fall!

Eine zweite Eigenheit von ihm ist es, ganz gerne einen Haken zu schlagen, wenn man direkt auf gefährliche Dinge zureitet. Das diese „Dinge“ Menschen sind, die zu nah an der Bande stehen oder Decken und Jacken oder Blumenkisten mit Buchstaben drauf, ist ein anderes Thema... ich denke, er will uns vor etwas, das er als Gefahr sieht, beschützen.

Ich schätze es, dass Furly so ein waches Pferd ist, auch wenn er mir mit seiner Übereifrigkeit manchmal das Leben schwer macht. Ich liebe meinen „Alten“, der herumspringt wie ein Junger, weil er selbst überzeugt ist, dass er sechs und nicht 16 ist. Manchmal fällt es mir jedoch schwer, bei diesen „Faxen“ nicht grantig zu werden. Dann hilft nur: Raus aus dem Viereck und in der Natur entspannen.

Aber: Wenn ich merke – und jeder Beobachter es sieht – wie er bei Lob zu wachsen beginnt und regelrecht strahlt, dann wird einem klar, dass er nichts mehr möchte als mir zu gefallen. Daher ist es wichtig, ihn so viel wie möglich positiv zu bestärken.

Wie aber können und sollen wir unseren Pferden zeigen, dass es uns Freude macht, von ihnen getragen zu werden? Häufig ist die einzige Belohnung das Abklopfen oder das Leckerli am Ende der Reitstunde. Dabei bin ich sicher, dass es während der Einheit viele Gelegenheiten für Lob gegeben hätte. Was ist also wichtig für das Pferd und welche Möglichkeiten haben wir, unserem Partner zu zeigen, dass er es gut macht und ihn zu belohnen? Hier ein paar Tipps und Anregungen:

1. Wahrnehmen, dass etwas gut angenommen wurde. (Es muss noch nicht perfekt sein!)
2. Mit sanfter Stimme ein Lob aussprechen wie „Fein“ oder „Gut gemacht“.
3. Sich entspannen, selbst loslassen signalisiert dem Pferd Zufriedenheit. (Damit ist nicht gemeint, auf dem Pferd zusammenzusinken, sondern gezielt Spannung raus zu nehmen und die eigene Anspannung zu reduzieren.) Eventuell Schultern fallen lassen.
4. Leicht am Widerrist oder über den Mähnenkamm und Hals streicheln.
5. Überstreichen mit der inneren Hand.
6. Überstreichen mit beiden Händen.
7. Die Hände eine Nuance nach vor geben, um das Pferdemaul zu entlasten.
8. Den Zügel hingeben. Auch einmal in der Stunde und in allen Gangarten.
9. In den leichten Sitz gehen und den Pferderücken entlasten.
10. Sanfter Blick!
11. Lächeln!
12. Noch mehr und breiter lächeln!

Denkt immer daran: Gut aussehen am Pferd kann man nur, wenn einem das Pferd auch gut aussehen lässt – und dazu brauchen wir viel Geduld, Konsequenz und ganz viel positive Verstärkung für ALLES, das gut läuft!

In diesem Sinne wünsche ich Euch viel Freude bei jedem kleinen Fortschritt,

Eure Judith

P.S.: Sollte die Corona-Lage stabil bleiben, möchte ich bald wieder Seminare „Angstfrei-Reiten“ und „Harmonischer Reiten“ abhalten. Bei Interesse sendet bitte einfach eine E-Mail an info@emotion-works.at!

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