Blogs

Zur Übersichtzurück weiter

Luises Blog: Nane wird angeritten und entzückt durch Herumstehen ...
04.11.2017 / Blogs

Beim Longieren zeigte sich Nane unkompliziert, unerschrocken und intelligent und akzeptierte auch den Sattel problemlos. (Für alle, die sich wundern: Die Longe wurde wegretuschiert, damit Nane und seine Bewegungen noch schöner zur Geltung kommen ...:-))
Beim Longieren zeigte sich Nane unkompliziert, unerschrocken und intelligent und akzeptierte auch den Sattel problemlos. (Für alle, die sich wundern: Die Longe wurde wegretuschiert, damit Nane und seine Bewegungen noch schöner zur Geltung kommen ...:-)) / Foto: privat

Anja Luise Wessely-Trupp ist als Reiterin und Ausbilderin österreichweit ein Begriff und vor allem für ihre einfühlsame Arbeit mit jungen Pferden bekannt. Auf ihrem Hof im niederösterreichischen Pernitz lebt sie mit ihren Pferden und für ihre Pferde, die ihr über alles gehen und mit denen sie viele spannende, denkwürdige und auch lustige Erlebnisse teilt, über die Sie in Ihrem Blog ,Mein Leben auf vier Beinen’ auf ProPferd berichtet ...

 

Seit meinem letzten Bericht über meine Arbeit mit ,Nacht und Nebel’ (alias ,Nane’) ist einige Zeit vergangen. Innerhalb von ein paar Monaten kann sich bei einem jungen Pferd viel tun – und auch, wenn man nur zwei bis drei Mal in der Woche etwas mit ihnen macht, geht ordentlich 'was weiter. 

Körperlich hat sich Nane richtig gut weiterentwickelt, er ist gewachsen und hat ordentlich zugelegt. Durch  das Longieren ist er schon deutlich besser ausbalanciert, und  ich muss schon lange nicht mehr mitlaufen, wenn er galoppieren soll. Er hat gelernt, alle Grundgangarten auf Stimmhilfe zu zeigen und vor allem auf mein halb gepfiffenes "Shhht" durchzuparieren - das ist immer sehr nützlich.  Stimmhilfen sind für mich am Anfang sehr wichtig, um ihm dann unter dem Sattel  Kreuz- , Schenkel- und Zügelhilfen begreiflich zu machen, und ich gebe ihm damit die Möglichkeit, alles schneller und leichter zu verstehen.

Beim Putzen hab ich zum Gewöhnen zwischendurch einfach mal eine Schabracke aufgelegt, die er vorher eingehend untersucht hat. Er wollte  immer kurz einmal die Nase in alles stecken, bevor ich es hinten draufgelegt habe und hat sich auch interessiert danach umgedreht, wenn es dann auf seinem Rücken war.

Ich nehme mir viel Zeit für alles, aber besonders für die ersten Begegnungen mit Gurt oder Sattel, weil schlechte Erfahrungen für den Rest des Lebens Spuren hinterlassen, wie eigentlich bei allen Dingen in der Arbeit mit Pferden. Zuerst longiere ich nur mit Schabracke und einem elastischen Deckengurt, der durch die Schlaufen gezogen wird, um ein Verrutschen zu verhindern und der gerade so fest ist, dass die Decke gut in ihrer Position bleibt. Nane hat das überhaupt nicht gestört und ich konnte bald zum Longier-Gurt übergehen. Ich bin mit dem Angurten immer vorsichtig und mache das sehr langsam, denn ein Gurtenzwang ist das Letzte, was ich will – und ich mag auch nicht, wenn ein Pferd beim Satteln die Ohren anlegt. Also immer zuerst führen und lieber in der Halle noch einmal nachsatteln, wenn etwas verrutscht sein sollte.

Der Sattel war dann überhaupt kein Thema, Nane hat keinen einzigen Buckler gemacht oder sich in irgendeiner Weise über das festgeschnallte Ding auf seinem Rücken aufgeregt. Die ersten zwei Mal habe ich ohne Bügel longiert, damit er nicht durch die klappernden Geräusche erschreckt wird und die Sattelblätter werden normalerweise auch noch zusätzlich mit einem durch die Bügel gefädelten Deckengurt fixiert, was bei mir aber nicht notwendig war, da ich einen Monoblatt-Sattel verwende. Und später haben ihn die Bügel, die ich trotzdem immer fixiere, auch überhaupt nicht beeindruckt.

Nane ist unkompliziert, unerschrocken und intelligent, was die Arbeit mit ihm sehr angenehm macht, und bis jetzt gab es keine Herausforderungen für uns. Es ist eher so, dass er mir jedes Mal das Gefühl gibt, ich könnte ohne Probleme einen Schritt weitergehen. Sophie hat anfangs Crash Test-Dummie gespielt und ist die ersten paar Mal oben gesessen,  weil ich nicht ausfallen darf, sonst steht der ganze Betrieb. Aber das wäre bei Nane gar nicht notwendig gewesen.

Wir beginnen immer mit Drüberlegen vom Stockerl aus – oder ich schupfe Sophie in den Sattel. Dazu üben wir vorher neben dem Pferd  mit den Händen am Sattel  auf und ab zu springen, bis es das für völlig normal hält. Manchmal bin ich nicht sicher, ob die Vierbiner nicht an unserer Zurechnungsfähigkeit zweifeln, aber im Grunde finden die meisten alles toll, was wir Menschen tun, wenn sie dafür nur oft genug belohnt werden.  Oben liegend gibt es von rechts dann Kekse, damit die Pferde verstehen, dass hinter ihnen etwas ist. Erschreckt sich ein Pferd, kann man gleich wieder abspringen und einen neuen Versuch starten – und sie haben nicht das Gefühl, dem „Ding da oben" zwanghaft ausgeliefert zu sein. Nane wollte von Anfang an nur mehr Kekse. Am besten von beiden Seiten.

Die nächste Aufgabe ist das Führen im Schritt, während Sophie  oben liegt und wieder jederzeit herunterrutschen kann , falls Spannung entsteht. Das kommt normalerweise öfter vor, weil  die Pferde ja nicht an ein Gewicht auf ihrem Rücken gewöhnt sind und versuchen auszuweichen oder "darunter" wegzulaufen.  Nane wollte wieder nur mehr Kekse.

Also hat sich Sophie vorsichtig in den Sattel gesetzt und ich hab sie im Schritt durch die ganze Bahn geführt, wie bei der Führzügelklasse, nur dass es sich um ein Pferdekind handelt und Sophie schon ganz ordentlich sitzt...

Ganz wichtig ist, nicht gleich nach dem Aufsteigen das volle Gewicht in den Rücken fallen zu lassen. Ich mache mich immer "leicht" und bleibe in den Bügeln stehen, bis das Pferd sich an das Reitergewicht gewöhnt hat. Auch später mache ich das noch, dadurch sind die Pferde wesentlich entspannter und lassen einen immer gerne aufsteigen, es gibt kein „spanniges" Losgehen und auch kein Aufwölben des Rückens.

Beim Schritt führen versuchen wir nichts anderes, als Nane Vertrauen und Sicherheit zu geben, damit er das alles locker verarbeiten kann. Wenn er stehen bleiben und sich umdrehen wollte, habe ich ihn das auch gelassen und nach ein paar Runden war es schon wieder genug.

Die ersten Trabtritte haben wir noch an der Longe gemacht, damit ich ihn "zur Not" gleich unter Kontrolle habe. Ich lasse mich sehr ungern auf einem jungen Pferd beim Anreiten longieren, weil ich da einen Longe-Führer brauche, dem ich 100% vertraue und der sicher nicht auslässt. Es kann ziemlich unangenehm und gefährlich werden, wenn einem bockenden Youngster auch noch eine flatternde Longe um die Beine fliegt. Aus irgendeinem Grund vertraut mir Sophie aber und ich darf am Anfang von unten helfen... Und das Pferd fühlt sich sicherer, weil es mit der Situation vertraut ist und merkt, dass alles gleich bleibt bis auf das Gewicht im Sattel.

Und dann kam ich. An einem Sonntagmorgen hatte ich Zeit und den verwegenen Plan, mich einfach auf mein wunderbares, vernünftiges Pferd zu setzen.  Ganz alleine, weil alle anderen haben noch geschlafen und ich mag diese Ruhe. Also hab ich geputzt, gesattelt und ablongiert und war voller Vorfreude. Ich habe Nane neben dem Stockerl geparkt und bin vollkommen entspannt aufgestiegen. Und er ist gestanden wie ein Stiefel! Als hätten wir das schon tausend Mal gemacht! Wie eine Statue – die sich nach Keksen umdreht. Und ich hab ihn ganz viel gelobt und seinen Hals gekrault. Und dann wollte ich losreiten. Vorsichtiges Zunge schnalzen, ein bisschen Bein. Nichts. Aufmunterndes Abklopfen und Zunge schnalzen und ein bisschen mehr Bein. Nichts. Ein bisschen nach rechts lenken und Bein. Nichts. Keinen Schritt hat er gemacht! Er hat sich nur immer umgedreht und versucht, mir von beiden Seiten zu erklären, dass da unten jetzt keiner mehr steht, der ihm sagt, was er tun soll. Also bleibt er besser hier geparkt, bis jemand kommt, der ihm richtige Anweisungen gibt. Es kam natürlich keiner. Und wir sind sehr lange gemütlich herumgestanden und haben zusammen Kekse gegessen. Ein Frühstück der etwas anderen Art. Ich weiß, ich bin leicht zu begeistern. Aber manchmal reicht einfach nur oben sitzen, um mich glücklich zu machen!

Übrigens haben wir das fast alles draußen auf unserem eingezäunten Viereck gemacht und bis auf ein einziges Mal, wo Nane sich vor einem Hund im Gebüsch erschreckt hat (das durfte er), hat er kein einziges Mal irgendeinen Blödsinn gemacht. Langweilig für Euch, aber herrlich für uns! Und mittlerweile hat er auch verstanden, dass er sich mit mir im Sattel auch bewegen kann ...

Kommentare

Bevor Sie selbst Beiträge posten können, müssen Sie sich anmelden...
Zur Übersichtzurück weiter

 
ProPferd.at - Österreichs unabhängiges Pferde-Portal − Privatsphäre-Einstellungen