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Luises Blog: Safari mit einer Kamelantilope
29.06.2017 / Blogs

,Nane
,Nane' soll alles kennenlernen, auch einen Bach – und zwar auf positive und entspannte Art und Weise: Das ist später angenehm und erspart jede Menge Probleme. Das Wasser hat ihm übrigens auf Anhieb gefallen – kein Wunder bei der Hitze ... / Foto: privat
Diese kleine Übung mit dem Stockerl sollte ,Nane
Diese kleine Übung mit dem Stockerl sollte ,Nane' ein Gefühl dafür geben, wie es ist, einen Reiter über sich zu haben. Er hat es mit stoischer Ruhe hingenommen und ich konnte mich auch schon ein bisschen drüberlegen und seinen Bauch auf der rechten Seite berühren. / Foto: privat

Anja Luise Wessely-Trupp ist als Reiterin und Ausbilderin österreichweit ein Begriff und vor allem für ihre einfühlsame Arbeit mit jungen Pferden bekannt. Auf ihrem Hof im niederösterreichischen Pernitz lebt sie mit ihren Pferden und für ihre Pferde, die ihr über alles gehen und mit denen sie viele spannende, denkwürdige und auch lustige Erlebnisse teilt, über die Sie in Ihrem Blog ,Mein Leben auf vier Beinen’ auf ProPferd berichtet ...

 

Eines der wichtigsten Dinge beim Ausbilden von jungen Pferden ist für mich der Faktor Zeit. Damit meine ich aber nicht, dass ich jeden Tag stundenlang mit ihnen herumtüddele,  bis sie mich nicht mehr sehen können. Es muss so sein, dass sie sich immer freuen, wenn ich komme und neugierig bleiben auf die Dinge, die wir zusammen machen. Also lautet mein klarer Auftrag: viel Abwechslung ohne Anstrengung. 

Bei „Nacht und Nebel", den wir "Nane" nennen,  kann ich mir sowieso endlos Zeit lassen, habe absolut keinen Druck und kann ihn entscheiden lassen, wann wir den nächsten Schritt machen. Wenn ich also noch ein Jahr brauchen würde, bis er mir absolut vertraut, dann würde ich ihn eben erst mit vier anreiten. Dann wären meine weiteren Blogs vermutlich etwas langweilig, aber das wäre es mir wert.  Im Moment schaut es aber gut aus – und die ersten Schritte vom ungestümen Wildpferd in Richtung  zivilisiertes Jungpferd haben wir geschafft! 

Nane hat sich inzwischen eingelebt und seine Kastration verarbeitet, obwohl das in seinem Fall etwas länger gedauert hat. Am Putzplatz hat er noch ordentlich den Hengst raushängen lassen, und wir mussten anfangs  aufpassen, weil er vorne gerne  "gepratzelt" hat, wenn er mit Sparky, der direkt daneben steht, zusammenschnuppert und dann auch nicht gerne auf der Krupp oder bei der Flanke geputzt wurde. Sein Hinterbein war ziemlich flink und ich dann notgedrungen auch. Dafür war der laute Staubsauger überhaupt kein Problem, er hat beim ersten Mal eigentlich überhaupt nicht reagiert, weil er ein typisches Luise-Pferd ist und kratzen über alles liebt. Und die Staubsauger-Bürste sind  wirklich angenehm! Wir hängen die Pferde zu Beginn nie fix an, sondern halten sie entweder am durchgefädelten Strick selbst oder vorne steht ein zweiter und füttert zum Beispiel Karotten. Dann kann es nicht dazu kommen, dass sie sich in den Strick hängen, wenn sie sich doch einmal kurz  fürchten und alles bleibt stressfrei. Die ersten paar Male Hufe heben sind  immer ein bisschen anstrengend, weil sie entweder wie einbetoniert stehen und man verzweifelt am Bein zerrt, dann aber bei manchen plötzlich eine schnelle Reaktion kommt und man darauf gefasst sein muss, sonst sitzt man womöglich unelegant am Hintern. Bei den Hinterbeinen kann das riskant sein und Nane hat gerne mal nachgetreten, wenn man nur vorsichtig die Hand auf sein Bein gelegt hat. Das ist aber völlig normal und ist schnell vorbei, wenn man sich die Mühe macht und ein paar Tage hintereinander in Ruhe übt. Mittlerweile ist es überhaupt kein Thema mehr und ich kann alle 4 Hufe schon von einer Seite auskratzen.

Ich war viel mit ihm mit dem Knotenhalfter an der Hand spazieren, und wir haben kleine Ausflüge über den ganzen Hof gemacht, damit er alles kennenlernt. Ich habe immer Kekse dabei, damit ich ihn sofort belohnen kann, wenn er sich unwohl fühlt und er trotzdem mitkommt oder wenn ihm der große rote Traktor Sorgen bereitet. Das ist später angenehm – und er lernt, vertrauensvoll überall hin und vorbei zu gehen. Weil es so warm war, habe ich das ausgenützt und ihm den Bach gezeigt und ich war sehr überrascht, weil er mir einfach ins Wasser gefolgt ist und es ihm auf Anhieb gefallen hat. Hätte er sich gefürchtet, wäre Sophie mit einem braven Pferd vorausgeritten, aber in seinem Fall war das nicht notwendig. Inzwischen war er sogar schon mit seinem 4-jährigen Freund auf der Koppel über dem Bach, durch den sie dann alleine hin und zurückgehen müssen und auch das war überhaupt kein Problem. Mutig ist er! 

Longiert habe ich anfangs mit dem Knotenhalfter, das hat er schnell verstanden, auch wenn ihm die Logik entgangen ist, warum ich ruhig in der Mitte stehe und er laufen soll. Er würde doch viel lieber bei mir bleiben und die Pferde beobachten, die rundherum auf der Koppel sind. Trab geht schon sehr ordentlich und beim Galoppieren muss ich noch ein bisschen helfen, indem ich Stimmhilfe gebe und in einem kleinen Kreis "mitgaloppiere". Das schaut zwar witzig aus, ist aber sehr hilfreich und  die Pferde tun sich viel leichter, nicht nur weil sie sehen was sie tun sollen (klingt absurd, ist aber so), sondern auch weil der Radius dann  größer wird und sie mit der noch nicht ganz ausbalancierten  Galoppade einfach mehr Schwung brauchen.

Inzwischen verwende ich einen Kappzaum und darüber ein Zaumzeug mit weißer Gummitrense, die ich aber nur zum Gewöhnen nehme, weil dann keine Gefahr besteht, dass ihm beim Abzäumen Metall auf die Zähne schlägt und er Angst davor bekommt. Wir geben immer- also auch bei den "alten Pferden"- ein Stück Apfel beim Zäumen, dann freuen sie sich darauf und wir haben niemals Schwierigkeiten. Das hat Nane sofort gespeichert und er nimmt die Trense schon richtig gut an. Später, wenn es Richtung reiten geht, bekommt er dann ein einfach gebrochenes Kupfergebiss ins Maul, weil das harte Plastik eigentlich sehr scharf ist.

Ich habe mich auch schon neben Nane auf das Stockerl gestellt, um ihm ein Gefühl dafür zu geben, wie es ist einen Reiter über sich zu haben. Er hat es mit stoischer Ruhe hingenommen und ich konnte mich auch schon ein bisschen drüberlegen und seinen Bauch auf der rechten Seite berühren.  Für Kekse tut er alles – und das ist gut so.

Bei den eigenen Pferde ist es wie bei Eltern mit ihren Kindern:  man findet sie immer toll, egal was sie machen oder wie sie ausschauen und krallt sich an ihren Vorzügen fest. Aber man muss auch Schwächen erkennen können, um daran zu arbeiten oder möglichen Schwierigkeiten vorzubeugen. Ich schaue sehr gerne durch die rosarote Brille und sehe positive Dinge ,die sonst keiner sieht, weiß aber um die kleinen oder größeren Macken meiner Pferde Bescheid. Natürlich habe ich gesehen, dass Nane einen riesigen Schritt hat, aber auch Schwierigkeiten mit dem Takt, wenn er sich aufregt und  nicht mehr über den Rücken geht. Sein Hals ist auch noch nicht optimal bemuskelt und er drückt gerne ein bisschen Unterhals heraus, wenn er verspannt ist. Und sollte ich wirklich einmal etwas übersehen, findet sich garantiert ein hilfsbereites Familienmitglied und gibt mir einen winzigen, gutgemeinten Tipp. Vor ein paar Tagen habe ich im Schritt longiert, die Pferde auf der Koppel sind galoppiert, Nane hat den Kopf gehoben und sich etwas verspannt  und genau da ist meine Mama kurz vorbeigekommen: „Ich komme mir vor wie auf einer Safari. Er schaut aus wie ein Kamel, gekreuzt mit einer Antilope!" Ja, das saß. Mama ist einfach die Beste ...

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