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Judiths Blog: Hilfe, es geht wieder los!
29.04.2020 / Blogs

Judith Oberngruber-Spenger ist Trainerin und Expertin für Trauma- und Krisenbewältigung.
Judith Oberngruber-Spenger ist Trainerin und Expertin für Trauma- und Krisenbewältigung. / Foto: Valerie Oberreiter

Judith Oberngruber-Spenger ist Trainerin und Expertin für Trauma- und Krisenbewältigung – mit mehr als 35 Jahren Pferde-Erfahrung. Sie entwickelte die Methode der Selbst-Aktivierung, um Probleme bzw. negative Verhaltensmuster durch neue, positive zu ersetzen. In ihren Workshops setzt sie auch ihre Pferde als Co-Trainer ein, um Vertrauen zu schaffen, Unbewusstes sichtbar zu machen und individuelle Stärken zu fördern.


Ab 1. Mai werden die Beschränkungen für bestimmte Outdoor-Sportarten gelockert – auch intensiveres Reiten und Ausreiten sollen dann wieder möglich sein. Nach mehreren Wochen Pause ist das freilich kein unproblematisches Unterfangen – schließlich ist ein Pferd kein Tennisschläger, den man nach mehreren Wochen einfach so wieder aus dem Schrank holen und ,reaktivieren‘ kann. Bei manchen ReiterInnen können daher Bedenken und Ängste auftauchen, das Pferd könnte nach längerer Reit-Unterbrechung leichter außer Kontrolle geraten, weil es sich eher erschrickt oder einfach die Gelegenheit nutzt, um sich auszutoben. Diese realen Gefahren und die damit verbundene Angst, es könnte etwas passieren, sollten auf jeden Fall ernst genommen werden.

Um das Risiko so gering wie möglich zu halten, ist es ratsam, behutsam und schrittweise vorzugehen, damit weder Pferd noch Reiter mit der neuen Situation überfordert sind. Hier einige Tipps dazu:

Das Pferd vor dem Aufsteigen zu longieren ist sehr zu empfehlen – es ist eine effiziente Aufwärmübung und Gymnastizierung und hilfreich dabei, das Pferd ins Gleichgewicht zu bringen. Die ersten Ritte sollte man im Viereck oder – wenn möglich – in der Halle absolvieren, auch wenn das schöne Wetter zum Ausreiten lockt. Eventuell gibt es ja ein ruhiges Begleitpferd im Stall, mit dem man gemeinsam den ersten Ausflug ins Gelände wagen könnte. Mitunter kann es auch ratsam sein, eine/n sattelfesten ReiterIn (TrainerIn) zu bitten, den Erstversuch nach einer längeren Reitpause zu unternehmen – auch das ist keine Schande! Das Tragen von Schutzausrüstung, vor allem eines Helms (!) und Weste, sollte bei alldem immer eine Selbstverständlichkeit sein, es schützt vor Verletzungen und gibt Sicherheit.

Um sich selbst optimal vorzubereiten, gibt es ebenfalls einige sinnvollen Schritte und Übungen:

1. Die mentale Vorbereitung: Ich visualisiere einen entspannten Ritt und das wohlbehaltene Ankommen und Absitzen beim Stall.

2. Emotionale Vorbereitung: trotz der möglichen Gefahren, freuen wir uns beim Pferd zu sein und wieder reiten zu können. Daher diese Freude schon bei der Fahrt in den Stall groß werden lassen und dann dieses Gefühl immer wieder herholen.

3. Atemübungen: tiefe Bauchatmung und langes Ausatmen, das beruhigt unser vegetatives Nervensystem. Am besten mitzählen: 3 Takte einatmen – 6 Takte ausatmen. Diese Übung hilft bei Panikattacken ebenso wie bei Seitenstechen. Um es im Bedarfsfall zu können, ruhig öfter in den Alltag einbauen.

4. Körpersignale während der Vorbereitung: aufrechter Oberkörper, Kopf hoch, ruhige und zielgerichtete Bewegungen. Wenn wir nervös herumwuseln, merkt das Pferd unsere Unruhe sofort und lässt sich anstecken.

5. Körpersignale nach dem Aufsteigen: langsam und bewusst Ausatmen und versuchen die Schultern zu Entspannen. Schultern zu den Ohren ziehen und danach fallen lassen, gekoppelt mit einem langen Ausatmen. Jedes Verkrampfen wird sofort vom Pferd wahrgenommen und versetzt es in Alarmbereitschaft.

6. Die Aufmerksamkeit ist ständig beim Pferd: Wir kennen die Signale unserer Pferde und wissen, wenn es die Ohren spitzt oder aufgeregt ausschnaubt, dass wir achtsam sein müssen, bzw. was hilft, um es zu beruhigen (Stimme, Hals-Streicheln)

7. Erhöhte Aufmerksamkeit richtet sich gleichzeitig auf unsere Umgebung. Im besten Fall haben wir den Fasan in der Hecke bereits vor unserem Pferd bemerkt und können uns vorbereiten indem wir zum Beispiel die Zügel etwas aufnehmen und bereit sind, sollte das Pferd zur Seite springen.

8. Planung der Reiteinheit: ich überlege mir vorab, was ich mit meinem Pferd tun möchte. Im Viereck könnte es das Üben von Übergängen sein. Volten und Achter Reiten helfen, das Pferd zu gymnastizieren und zu beruhigen. Schulterherein und Schenkelweichen ebenso. Einfach das Pferd beschäftigt halten und vorwärts gehen lassen, ohne es zu sehr zu spannen, wäre mein Vorschlag. Auch die Wahl der Ausreit-Strecke sollte wohlüberlegt getroffen werden: Entweder möchte ich meinem Pferd die Gelegenheit geben, sich auf einem Bergaufstück auszugaloppieren – oder ich wähle eine entspannte Runde, die keine Galoppstrecke einschließt.

In diesem Sinn wünsche ich uns allen unfallfreie erste Ritte und eine schöne Zeit mit diesen sensiblen und edlen Tieren, unseren Pferden!
Eure
Judith

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