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Erst Sieg, dann Tod: War Many Clouds Tragödie vermeidbar?
01.02.2017 / News

Der bildhübsche Many Clouds – hier mit seinem Jockey Leighton Aspell – war eine Ikone des britischen Turf.
Der bildhübsche Many Clouds – hier mit seinem Jockey Leighton Aspell – war eine Ikone des britischen Turf. / Wikipedia/Dan-Heap

Am 28. Jänner brach der Grand National-Gewinner des Jahres 2015 – der irische Wallach Many Clouds – nach dem Sieg in einem Hindernisrennen in Cheltenham zusammen und verstarb. Um seinen Tod ist nun eine heftige Kontroverse entbrannt.

 

Es hätte ein Stoff für Träume sein sollen – doch es wurde ein Albtraum daraus: Bei der Cotswold Chase, einem Hindernisrennen über eine Distanz von 3 1/4 Meilen am 28. Jänner 2017 lag der zehnjährige Many Clouds mit Jockey Leighton Aspell am letzten Hindernis mit seinem großen Konkurrenten Thistlecrack gleichauf in Führung, doch der schien die größeren Kraftreserven zu haben und zog etwa 200 m vor dem Ziel unwiderstehlich an Many Clouds vorbei – das Rennen schien entschieden. Doch unter dem Jubel des Publikums hielt Many Clouds dagegen, kämpfte sich zurück und schob sich im Zieleinlauf noch um Nasenlänge an seinem Herausforderer vorbei. Welch ein Kämpferherz, welch ein Duell, welch ein Triumph – der Kommentator von ITV Racing sprach von einer „epischen Schlacht" und einem „Drama", dessen Zeuge man gerade geworden war.

Doch das wahre Drama folgte erst – und es blieb den TV-Sehern verborgen: Kurz nach seinem heroischen Sieg kollabierte Many Clouds und verstarb, von großen Planen abgeschirmt, noch auf der Rennbahn – die Tierärzte konnten nichts mehr für ihn tun. Großbritanniens Rennsport-Industrie zeigte sich ebenso geschockt wie der Trainer von Many Clouds, Oliver Sherwood, der nach dem Drama seinen Emotionen freien Lauf ließ: „Ich habe immer gesagt, dass Many Clouds für einen sterben würde – und nun ist er tatsächlich für mich und für unser Team gestorben, indem er tat, was er am meisten liebte. Er wollte dieses Rennen gewinnen, bei Gott, er wollte es gewinnen. Er war beinahe schon geschlagen, aber er kämpfte auf den letzten Metern, um noch einmal aufzustehen und zu siegen. Pferde wie dieses sind Träume, wirkliche Träume. Ich bin sehr traurig für Trevor, den Besitzer, und mein ganzes Team. Ich bin seit 32 Jahren im Geschäft und trainiere Pferde – aber solche wie Many Clouds trifft man nicht oft."

In das Entsetzen und die Trauer mischten sich aber auch kritische Stimmen – allen voran jene der rennsport-kritischen Tierschutzorganisation Animal Aid: Sie sprach in einer Aussendung am 29. Jänner – einen Tag nach dem Tod von Many Cloud – von einer „Tragödie, die nicht hätte passieren müssen". Animal Aid habe bereits vor zehn Monaten die britische Rennsportbehörde BHA (British Horseracing Authority) schriftlich davor gewarnt, daß Many Clouds bei einem Rennen kollabieren und sterben könnte. Nachdem er 2015 das Grand National gewinnen konnte, hatte Many Clouds bei mehreren darauffolgenden Rennen gesundheitliche Probleme und musste mit Sauerstoff versorgt werden. Sein Besitzer, der Milliardär Trevor Hemmings, wollte unbedingt das Grand National gewinnen – und dieses Ziel habe er mit Many Clouds auch vor zwei Jahren erreicht. Doch anstatt dem Pferd einen würdigen Ruhestand zu gewähren, zwang man es noch zwei Jahre lang Rennen zu laufen, so Animal Aid.

Dene Stansall, der Rennsport-Experte von Animal Aid, formulierte seine Vorwürfe unverhohlen: „Dass Many Clouds im Rennen zu Tode geritten wurde ist ebenso tragisch wie absehbar gewesen. Alle im Umfeld dieses Pferdes haben vermutlich von seinem lebensbedrohlichen Zustand Kenntnis gehabt und haben es verabsäumt, im Interesse des Pferdes zu handeln. Der Besitzer, Travor Hemmings, der Trainer, Oliver Sherwood, der Jockey, Leighton Aspell, der Cheltenham-Veranstalter, die Renntierärzte und nicht zuletzt auch die britische Rennsport-Behörde. Diese Leute sollten für den Tod von Many Clouds zur Verantwortung gezogen werden – nichts anderes ist akzeptabel, und wir werden alles dafür tun, um Antworten auf die Geschehnisse des heutigen Tages von ihnen zu bekommen."

Die britische Rennsport-Behörde BHA wollte gegenüber der Tageszeitung ,The Guardian' den Erhalt eines entsprechenden Mails von Animal Aid weder bestätigen noch dementieren – sagte aber immerhin eine gründliche Untersuchung des Todesfalls zu.

Seit dem 30. Jänner liegen auch die Ergebnisse der Autopsie von Many Clouds vor. Die Todesursache sei eine „schwere Lungenblutung" gewesen, darüberhinaus hätte man jedoch keine wesentlichen gesundheitlichen Probleme („no significant underlying health issues") feststellen können. Tony Welsh, Chef-Veterinär der BHA, meinte dazu: „Vorfälle wie dieser sind extrem selten und können auch bei Pferden auftreten, die keine anderen gesundheitlichen Probleme haben – und das über alle pferdesportlichen Disziplinen hinweg. Obwohl derartige Fälle höchst ungewöhnlich sind, sind wir als Sportbehörde entschlossen, mehr über sie herauszufinden und zu lernen, wodurch diese Symptome verursacht werden – und ob man mehr tun kann, um sie zu vermeiden."

Kritiker werden sich dadurch wohl kaum beruhigen lassen – sie machen vor allem in den sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter ihrer Wut über den möglicherweise vermeidbaren Tod von Many Clouds Luft. Einer postete: „Ein Pferd – Many Clouds – ist gestorben, nachdem es ein Rennen gewonnen hatte. Das – ist – Tierquälerei, und ich bin kein Gegner der Fuchsjagd und auch kein Tierrechtsaktivist. Ich bin ein Mensch, dem die Vorstellung missfällt, daß Tiere zu unserer Unterhaltung sterben. Verbietet es!" Ein anderer Twitter-User stieß ins gleiche Horn: „Ein Pferd wurde zu Tode geritten. Es ist Zeit, die grausamen Pferderennen zu beenden."

Für Animal Aid ist – am Beispiel von Many Clouds – die Grausamkeit des britischen Pferderennsports offenkundig geworden: „Many Clouds ist nur eines von Tausenden Rennpferden, die täglich von der Rennsport-Industrie ausgebeutet werden. Viele zahlen dafür mit dem höchstmöglichen Preis – nämlich mit dem Tod auf der Rennbahn. In den letzten zehn Jahren sind mindestens 1.482 Pferde auf britischen Rennbahnen ums Leben gekommen."

Ihre Namen und Details zu ihrem Tod kann man auf der Datenbank ,Racehorse Deathwatch' erfahren. Der Name von Many Clouds ist der jüngste Eintrag – aber es ist zu befürchten, dass er nicht der letzte sein wird...

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