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Reitvereine und Reitschulen in Lockdown-Not: "Für die Kinder ist es katastrophal!"
03.02.2021 / News

Vor allem die Kleinen leiden unter den strengen Reglementierungen und verlieren in Lockdown-Zeiten einen positiven Anker, so Ralph Buchberger.
Vor allem die Kleinen leiden unter den strengen Reglementierungen und verlieren in Lockdown-Zeiten einen positiven Anker, so Ralph Buchberger. / Foto: privat/Reitstall Geiger
Den Kinder fehlt der intensive Kontakt zum Pferd, das Kuscheln und Pflegen – mit katastrophalen Auswirkungen.
Den Kinder fehlt der intensive Kontakt zum Pferd, das Kuscheln und Pflegen – mit katastrophalen Auswirkungen. / Foto: privat/Reitstall Geiger
Das Turnierteam des Reitvereins Geiger hält auch in schweren Zeiten zusammen: „Wir rocken die Krise gemeinsam!"
Das Turnierteam des Reitvereins Geiger hält auch in schweren Zeiten zusammen: „Wir rocken die Krise gemeinsam!" / Foto: privat/Reitstall Geiger

Nicht nur Reitvereine und Reitschulen leiden unter den Corona-Lockdowns, sondern ganz besonders auch die Kinder: Diese verlieren in der Krise einen positiven Anker und ihren besten vierbeinigen Freund, wie Ralph Buchberger, einer von Österreichs bekanntesten Dressurreitern und Ausbildern sowie Vorstandsmitglied im Reitverein Geiger in Amstetten, im ProPferd-Interview bestätigt.

 

ProPferd: Herr Buchberger, bei Ihnen sind 36 Privatpferde eingestellt, Ihr Schulbetrieb verfügt über 5 Schulpferde. Wie finanziert der Verein die Schulpferde in Zeiten der Pandemie?

Ralph Buchberger: Vorab muss man in Erinnerung rufen: Reitsport in Österreich ist nicht elitär, wie viele glauben. Die breite Masse spart sich jede Karotten vom Mund für sein Privatpferd, Unterricht oder für Schulstunden ab. Es war für uns alle erst einmal ein Schock, als wir von den Maßnahmen für Reitvereine und Schulbetriebe erfuhren. Wir vom Vorstand sind allerdings jung, engagiert und kreativ, und so haben wir gemeinsam nach Lösungen gesucht. Offen gesprochen warten die Schulpferde nicht mit dem Fressen, Tierarztkosten und ihren Hufbeschlägen, bis die Krise vorbei ist oder bis wir finanzielle Unterstützung erhalten haben.  Da der Schulbetrieb aber von Anfang an reglementiert worden ist haben wir unsere Schulpferde kurzum, mit Rücksicht auf den heruntergefahrenen Schulbetrieb, an gute Reitschüler/Innen vermietet. Unser neuer, offener aber überdachter Longierplatz ist so groß, dass dort die wenigen erlaubten Schulstunden abgehalten werden können. Hart getroffen hat es allerdings unsere Reitlehrer/Innen.

ProPferd: Inwiefern?

Buchberger: Die Reduktion auf Schulunterricht im Freien, auf bestimmte Personen-Haushalte, Personengruppen und im 3. Lockdown nur noch auf Einzelunterricht ist finanziell nicht zu überstehen.

ProPferd: Der Reitverein Geiger betreibt seit Gründung 1974 aktive Jugendförderung. Wie haben sich die Lockdowns hierauf ausgewirkt?

Buchberger: Mit einem Wort: katastrophal! Vor allem den Kindern nimmt man einen positiven Anker mit dem „Partner Pferd“ weg. Einzelunterricht können sich viele Eltern nicht leisten; wegen der Sicherheitsmaßnahmen dürfen die Kinder aber auch nicht zu uns in den Stall zum Kuscheln und Pflegen kommen. Die Kinder sind ohnehin schon Pandemie-bedingt isoliert und müssen jetzt auch noch auf ihren besten vierbeinigen Freund verzichten. Die Eltern sind genauso verzweifelt wie die Kinder selbst. Im Verein selber haben wir aber nicht die finanziellen Möglichkeiten, die Eltern bei den Schulstunden zu unterstützen.

ProPferd: Sie selber sind ein bekannter Dressurreiter in Österreich. Wie erleben Sie die Turnierszene?

Buchberger: Unser Verein veranstaltet normalerweise 3 Turniere jährlich, 2 Springturniere und ein Dressurturnier. Der Aufwand ist groß, aber die Einnahmen sind größer und dringend notwendig für den Erhalt unserer Anlage. Hierzu muss aber Publikum zugelassen werden, denn ohne Büfett-Einnahmen und hohe Starterzahlen gehen wir unter. Aber nicht nur wir, sondern auch die umliegenden Hotels und Wirtschaftsbetriebe profitieren von unserer heimischen Turnierszene. Ich spreche hier sicherlich für alle Turnierausrichter in Österreich.

ProPferd: Wie wirken sich die ständig wechselnden Sicherheitsmaßnahmen auf einen Reitverein und Einstellbetrieb aus?

Buchberger: All das kostet enorm viel Zeit und Mühe! Wir haben ein umfassendes Sicherheitskonzept entworfen, wo wir alle Vorgaben der Regierung strikt eingearbeitet haben und verfolgen. Glücklicherweise ist unsere Anlage mit 3 Hektar sehr groß und alle Einsteller/Innen zeigen sich seit Beginn der Krise absolut verantwortungsbewusst. Abstand halten ist bei uns allein wegen der Größe der Anlage und Stallungen perfekt möglich. Zusätzlich haben wir eine Stall-App, wo unsere EinstellerInnen ihre Hufschmied -und Tierarzt-Besuche vermerken, so dass wir jederzeit alle Personen nachverfolgen können.

ProPferd: Sie haben im Verein 54 Erwachsene und 30 Kinder als Mitglieder. Könnte der Verein in Existenznot geraten, wenn Mitglieder und Einsteller kündigen müssen?

Buchberger: Selbstverständlich verfolgen uns diese Gedanken ständig. Vor allem, was passiert dann mit unseren Pflegern, ihren Familien und unseren Schulpferden!? Aber die Mitglieder stehen voll hinter uns. Solange es bei ihnen finanziell möglich ist, bleiben sie dabei. So auch die Einsteller/Innen. Wir sind ein tolles Team, auch im Vorstand. Jeder gibt alles, wir haben gar keine andere Wahl. Wir halten zusammen und rocken die Krise gemeinsam. Im Sommer grillen wir hoffentlich wieder alle zusammen, veranstalten unsere Turniere, die Kinder und Teenager dürfen wieder zu ihren Pferden und von den Koppeln wiehern uns unsere Tiere entgegen.

ProPferd: Herzlichen Dank für das Gespräch!

Das Interview mit Ralph Buchberger führte Britta Bruckmüller-Schweinhage.

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