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GASTKOMMENTAR: Feuerwerk und Pferde im Spiegel eines Gerichtsurteils
01.04.2016 / News

Dr. Reinhard Kaun ist Fachtierarzt für Pferdeheilkunde, Fachtierarzt für physikalische Therapie & Rehabilitationsmedizin sowie Allgemein beeideter & gerichtlich zertifizierter Sachverständiger.
Dr. Reinhard Kaun ist Fachtierarzt für Pferdeheilkunde, Fachtierarzt für physikalische Therapie & Rehabilitationsmedizin sowie Allgemein beeideter & gerichtlich zertifizierter Sachverständiger. / Foto: privat

Die Oma feierte den  70. Geburtstag und der Enkel und nunmehrige Beklagte hatte es übernommen, am Parkplatz vor dem Gasthaus, in dem gefeiert wurde, bei Einbruch der Dunkelheit ein Feuerwerk abzubrennen. Er hatte gewusst, dass in dem kleinen Dorf viele Pferde gehalten werden, auch in unmittelbarer Nähe. In einem Offenstall, etwa 20 m vom Parkplatz der Gastwirtschaft entfernt, befanden sich ebenfalls Pferde, die durch das Feuerwerk in Panik gerieten, durch mehrere Zäune durchbrachen, um dann nach einem Fluchtweg von etwa 2 km auf eine viel befahrene Bundesstraße zu gelangen und dort einen schweren Verkehrsunfall zu verursachen, bei dem eine Person schwer verletzt, ein Pferd getötet, zwei andere verletzt und ein PKW zum Totalschaden zerstört wurde.
Ich war als Gutachter bestellt und konnte für das Gericht überzeugend nachweisen, dass sowohl die Geräusche wie auch die Lichteffekte des Feuerwerks geeignet waren, den Kriterien von „Antreiben“ und „Reizen“ im Sinne des „Halterparagrafen“ § 1320 ABGB zu entsprechen.

Der entgegengehaltenen Behauptung der beklagten Partei, dass die „Verwahrung“ unzureichend gewesen sei, wurde vom Gericht auf Grund des Sachverständigenbeweises nicht gefolgt, in dem klar nachvollziehbar war, dass das Durchbrechen mehrerer Einzäunungen zweifelfrei auf die Panik der Pferde zurückgeführt werden konnte, der keine „übliche“ Einzäunung standgehalten hätte.

In seiner Entscheidung bezog sich das Gericht auf den § 1295 ABGB (Rechtswidrigkeit der Außerachtlassung der gebotenen Sorgfalt), den § 5 Tierschutzgesetz (Verbot, Tiere ungerechtfertigt in schwere Angst zu versetzen und den § 38 Pyrotechnikgesetz (Verbot von Feuerwerken u.a. in der Nähe von Tierheimen und Tiergärten).

Das Gericht befand in seiner Entscheidung, dass sich eine Verwahrung von Pferden lediglich an den ortsüblich zu erwartenden „Reizen“ zu orientieren hat und nicht an jeder denkmöglichen Reizentfaltung.

Zumindest eine Warnung der Pferdehalter wäre dem Beklagten zumutbar gewesen.
Der Klage wurde Folge gegeben, sämtliche Beträge aus den Schäden sowie auch die Kosten des Rechtsstreits musste der Beklagte tragen. [Urteil zur RS 3 C 40/14 b-21]

Der Beklagte ging in die Berufung, der aber nicht Folge gegeben wurde. [Urteil zu 2 R 229/14 z]  

Univ.Lektor VR Mag. Dr. Reinhard Kaun ist Fachtierarzt für Pferdeheilkunde, Fachtierarzt für physikalische Therapie & Rehabilitationsmedizin sowie Allgemein beeideter & gerichtlich zertifizierter Sachverständiger (Sachverständigenbüro für klinische und forensische Veterinärmedizin, Tierhaltung & Pferdewissenschaften) Kontakt: 2070 Retz, Herrengasse 7, Web: www.pferd.co.at | www.pferdesicherheit.at

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