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Hohes Narkoserisiko für Pferde im Fokus
31.05.2021 / News

Bei Kolik-Operationen ist das Sterblichkeits-Risiko besonders groß.
Bei Kolik-Operationen ist das Sterblichkeits-Risiko besonders groß. / Symbolfoto: Redwings Horse Sanctuary

Das Narkoserisiko bei Pferden ist deutlich höher als etwa bei Hunden und Katzen – um ein Vielfaches größer als beim Menschen. Eine großangelegte internationale Studie möchte dieses Risiko nun neu bewerten und in all seinen Facetten beleuchten.


Pferde haben ein signifikant höheres Risiko, bei oder wenige Tage nach einer Operation schwerwiegende Komplikationen zu erleiden und im schlimmsten Fall an diesen zu versterben – die Wissenschaft spricht hier vom ,perioperativen Mortalitätsrisiko’ (perioperativ bedeutet die Zeit vor, während und nach einer Operation). Eine 2002 durchgeführte große internationale Studie ergab, dass ca. 1 von 100 Pferden eine OP unter Vollnarkose nicht überlebt, was einem Mortalitätsrisiko von 1 % entspricht. Bei Katzen und Hunden liegt dieses Risiko jedoch nur bei ca. 1 von 1000, also einem Promille – und beim Menschen gar nur bei 1 von 10.000, also einem Zehntel-Promille.

Die Ursachen für das besonders hohe Narkoserisiko bei Pferden sind, wie Ines Czupalla in ihrer 2012 veröffentlichen Disseration schreibt, „zum einen das hohe Gewicht der Tiere mit der damit verbundenen Prädisposition für Muskel– und Nervenschäden sowie der Schwierigkeit des pulmonalen Gasaustausches während der Seiten- oder Rückenlage." Hinzu komme, dass alle verwendeten Anästhetika eine kreislauf- und atemdepressive Wirkung haben – Experten sprechen hier von einer ,kardiorespiratorischen Depression’, der häufigsten Ursache für Narkosekomplikationen bei Pferden.

Die oben zitierte Studie aus dem Jahr 2002 ist immer noch die größte multizentrische Untersuchung mit einer Sammlung von 41.824 Fällen aus 62 Kliniken weltweit über einen Zeitraum von 6 Jahren. Diese sogenannte „CEPEF2-Studie" (CEPEF = Confidential Enquiry into Perioperative Equine Fatalities) berichtete von einer Gesamtmortalität der Pferde von 1,9 %. Dieser Prozentsatz wurde jedoch bei gesunden Pferden auf 0,9 % reduziert und bei Pferden mit Koliken auf 11,7 % erhöht. Sie umfasste einen Zeitraum von 7 Tagen nach der Anästhesie.

Im Jahr 2004 wurde CEPEF3 als randomisierte kontrollierte Studie veröffentlicht – klar ist aber, dass sich seither viel geändert hat: Es wurden auf diversen Gebieten erhebliche Fortschritte erzielt, darunter neue Medikamente und Anästhesieprotokolle, ausgeklügeltere Überwachung, verbesserte Anästhesie- und Beatmungsgeräte sowie Zusatzgeräte wie Infusionspumpen, von denen allgemein angenommen wird, dass sie die Sicherheit erhöhen.

Wissenschaftlern ist seit vielen Jahre klar, dass ein ,Update' längst überfällig ist – und dieses ist seit wenigen Monaten auch in Form von ,CEPEF4' auf den Weg gebracht: Das Untersuchungsteam und auch das Forschungsdesign sind definiert und startklar, wenngleich die weltweite Corona-Pandemie manches ein wenig verzögert hat. Bisher haben 70 Pferdekliniken auf der ganzen Welt Informationen von 9.000 Fällen beigesteuert, hauptsächlich aus Belgien, Großbritannien, Australien, Irland, Frankreich, der Schweiz und Spanien. Doch es kommen hoffentlich noch viele weitere in den nächsten Wochen und Monaten hinzu, um ein möglichst vollständiges Bild des Narkoserisikos bei Pferden zu erhalten.

Die Wissenschaftler wörtlich: „Das Hauptziel besteht darin, einen aktuellen und ebenso umfassenden Datensatz wie bei CEPEF2 zu sammeln, um die Mortalität im Zusammenhang mit der Pferdeanästhesie zu dokumentieren, aber auch um aktuelle Trends in der Pferdeanästhesie und Analgesie zu identifizieren. Das Herausarbeiten von Zusammenhängen mit erfolgreichen oder nicht erfolgreichen Resultaten sollte zeigen, welche der neuen Entwicklungen, wenn überhaupt, von Vorteil sind und den Weg für weitere Verbesserungen weisen." In letzter Konsequenz besteht das Ziel darin, eine Anästhesie und Genesung mit minimalen Komplikationen zu gewährleisten und dadurch das Sterblichkeitsrisiko im Zusammenhang mit der Anästhesie bei Pferden noch deutlicher zu reduzieren.

Nähere Infos findet man in diesem Fachartikel, mit weiteren Ansprechpartnern, Infos und Kontakten!

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