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Biosicherheit auf Pferde-Events: Verhaltensregeln für Pferdebesitzer, Reiter und Veranstalter
04.03.2021 / News

Turniere und andere Veranstaltungen mit Pferden können zur Ausbreitung von Krankheitserregern beitragen – daher sollten Teilnehmer und Veranstalter besondere Vorsichtsmaßnahmen beachten.
Turniere und andere Veranstaltungen mit Pferden können zur Ausbreitung von Krankheitserregern beitragen – daher sollten Teilnehmer und Veranstalter besondere Vorsichtsmaßnahmen beachten. / Symbolfoto: Archiv/Julia Rau

Angesichts des aktuellen massiven Herpes-Ausbruchs in Europa ist die Angst und die Verunsicherung unter Reitsportlern groß. Wie aber kann man seine Pferde am besten vor einer möglichen Infektion schützen – welche Vorsichtsmaßnahmen sind sinnvoll bzw. unabdingbar, um die Ansteckungsgefahr gering zu halten? Das Zauberwort dazu heißt Biosicherheit.


 
Viele Pferdebesitzer – speziell wenn sie mit ihren Vierbeinern auch Turniere, Kurse etc. besuchen wollen – fragen sich, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Teilnahme bei einem Pferde-Event derzeit vertretbar bzw. ratsam ist – und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen. Der angesehene britische ,Animal Health Trust' hat bereits vor einigen Jahren einen Ratgeber unter dem Titel „Sensible and simple biosecurity steps for horse owners and competitors attending equine events" zusammengestellt, der bis heute nichts von seiner Gültigkeit eingebüßt hat und nach wie vor als Leitfaden für Veranstalter, Pferdebesitzer und ReiterInnen empfehlenswert ist. Ihnen allen werden einfache, aber dennoch effiziente Schritte ans Herz gelegt, die man beim Besuch von Pferde-Veranstaltungen nach Möglichkeit beherzigen sollte – und zwar unabhängig davon, ob aktuell ein erhöhtes Infektionsrisiko für EHV (Equines Herpes Virus) besteht oder nicht.

In der Einleitung zu den einzelnen Vorsichts-Maßnahmen wird betont, daß EHV-1 für Pferde, die eine Veranstaltung besuchen und dort mit anderen Pferden in Kontakt kommen, eine ständige Bedrohung darstellt – und auch immer eine solche sein wird. Das liege in der besonderen Eigenheit des Virus, das die Fähigkeit hat, in latenter, versteckter Form im Pferd zu bleiben – und das ohne Vorwarnung ausbrechen und klinische Probleme verursachen kann, ähnlich wie das Herpes-simplex-Virus beim Menschen. Und ebenso wie beim menschlichen Virus können diese Ausbrüche von Individium zu Individuum variieren und in unterschiedlichen stressvollen Situation auftreten – etwa beim Transport sowie beim Kontakt mit anderen Pferden.

Weiter heißt es: „Die folgenden allgemeinen Verhaltensregeln sind erstellt worden, um Pferdebesitzern und Turnierreitern zu helfen, das Risiko einer Virus-Ansteckung oder Virus-Weitergabe für ihre eigenen Pferde und – besonders wichtig – auch das für andere Pferde auf Pferde-Veranstaltungen zu reduzieren. Wir möchten ausdrücklich festhalten, daß dieser Ratgeber sich nicht nur auf EHV-1 bezieht, sondern ebenso auf andere Infektionskrankheiten, mit denen man auf einer Pferde-Veranstaltung möglicherweise in Berührung kommen kann – und daß man die darin zusammengestellten Vorsichts-Maßnahmen stets befolgen sollte, ungeachtet eines erhöhten aktuellen Infektionsrisikos mit EHV-1, wie es derzeit der Fall ist."

Maßnahmen im eigenen Stall vor einem Turnierbesuch
– Es ist empfehlenswert, die Körpertemperatur sämtlicher Pferde routinemäßig zweimal täglich zu überprüfen und dies in einem Stall-Buch einzutragen, gemeinsam mit allfälligen weiteren, abnormalen gesundheitlichen Symptomen (z. B. Husten, Nasenausfluss, schlechtem Appetit, Schwellungen usw.). Es ist wichtig, die rektale Temperaturmessung beim Pferd auf korrekte Weise durchzuführen – auf Anfrage zeigt es Ihnen Ihr Tierarzt beim nächsten Besuch sicher gerne.

Aus den regelmäßigen Messungen ist dann leicht zu erkennen, wenn bei einem Pferd die Körpertemperatur einen abnormalen Anstieg zeigt (üblicherweise mehr als 38,5 Grad). Ein Pferd ,mit Temperatur' (üblicherweise als Fieber bzw. Pyrexie bezeichnet) sollte umgehend von anderen Pferden isoliert und einem Tierarzt zur Untersuchung vorgestellt werden.

– Der Tierarzt weiß möglicherweise nicht die genaue Ursache für das Fieber, wenn er das Pferd untersucht – aber er kann dabei eine Tupferprobe entnehmen, die in einem Labor ausgewertet werden kann, um den Auslöser der Infektion (normalerweise ein Virus oder ein Bakterium) zu bestimmen.
Den Auslöser der Infektion zu kennen, erleichtert es dem Tierarzt, das Pferd optimal zu behandeln, die Infektion unter Kontrolle zu halten und das Risiko einer Weitergabe an andere Pferde einzuschätzen.

– Es ist die Verantwortung jedes Besitzers, dass Pferde nicht den Hof verlassen dürfen, wenn dort vor kurzem eine Infektionserkrankung festgestellt wurde, da die Möglichkeit besteht, daß augenscheinlich gesunde Pferde bereits angesteckt sind. Wenn diese Pferde an einem Turnier oder einer sonstigen Veranstaltung teilnehmen, können sie zur weiteren Ausbreitung der Infektion beitragen.

Auch wenn keine genaue Infektion nachgewiesen werden konnte, die zu einer möglichen Ausbreitung innerhalb einer Pferdegruppe führen könnte, dürfen Pferde dieses Hofes bzw. Pferde, die kürzlich Kontakt zu anderen infizierten Pferden gehabt haben, keinesfalls an Pferde-Veranstaltungen teilnehmen.

Maßnahmen während einer Veranstaltung
– Infektionen wie EHV-1 verbreiten sich am einfachsten durch engen, direkten Kontakt zwischen Pferden oder durch indirekten Kontakt, wie er sich etwa bei der gemeinsamen Nutzung von Futter- bzw. Wasser-Eimern ergeben kann, ebenso von Ausrüstungsgegenständen wie Gebissen/ Zäumungen – oder durch Menschen, die Kontakt zu mehreren Pferden haben, ohne auf entsprechende Hand-Hygiene zu achten.

– Anders als Pferdegrippe (Equine Influenza) verbreitet sich EHV-1 nicht so einfach über die Luft von Pferd zu Pferd, wenn diese mehr als 5 bis 10 m voneinander entfernt sind.

– Achtet man auf diese beiden Dinge, kann das Risiko einer Übertragung von EHV-1 auf einer Pferde-Veranstaltung erheblich reduziert werden, indem Pferdebesitzer und Turnierteilnehmer mit ihren Pferden unter sich bleiben und den direkten und indirekten Kontakt mit anderen möglichst vermeiden.

Maßnahmen nach der Rückkehr von einer Veranstaltung
– Es ist empfehlenswert, Pferde, die von einer Veranstaltung wieder in den heimatlichen Stall kommen, routinemäßig von den anderen – soweit möglich – fernzuhalten bzw. unter eine Art „Quarantäne" zu stellen, da sie sich möglicherweise infiziert haben und so eine mögliche Ansteckungs-Quelle für die daheimgebliebenen Pferde darstellen.

– Diese „Quarantäne" sollte zumindest zwei Wochen lang aufrechterhalten werden, damit sich mögliche klinische Symptome ausbilden und zeigen können.

– Je kürzer diese „Quarantäne" ausfällt und je geringer die angewendeten Standards dieser Biosicherheit sind, umso größer ist die Gefahr, daß ein infiziertes Pferd wieder in die heimatliche Gruppe eingegliedert wird und sich die Infektion auf andere Pferde im Stall ausbreitet.

– Die wichtigsten Maßnahmen einer derartigen „Quarantäne" für heimkehrende Turnierpferde sollten folgendes beinhalten:

Physische Trennung von den daheimgebliebenen Pferden, im Idealfall durch eine Distanz von mindestens 10–20 Metern, um die Möglichkeit einer Verbreitung über die Luft zu reduzieren (obwohl dies möglicherweise nicht ausreicht, um die Ausbreitung eines Pferdegrippe-Virus zu verhindern). In vielen Fällen können bestehende Einrichtungen adaptiert werden, sodaß z. B. ein Stallgebäude bzw. ein Teil davon zu einem Quarantäne-Areal wird – das kann z. B.  der hintere Teil eines Boxenstalls sein, mit mehreren leeren Boxen zwischen den unter Quarantäne stehenden Pferden und den übrigen Stallgenossen.

Nach Möglichkeit sollte getrenntes Personal und getrennte Ausrüstung für die Quarantäne-Pferde und die anderen Pferde verwendet werden, um eine indirekte Übertragung zwischen den beiden Gruppen zu verhindern. Falls das nicht möglich ist, sollten die Quarantäne-Pferde immer nach den übrigen Stallpferden versorgt werden, um eine indirekte Ausbreitung zu vermeiden.

Die routinemäßige Messung der Körpertemperatur und die Aufzeichnung abnormaler gesundheitlicher Symptome sollte – wie oben beschrieben – weiter durchgeführt werden, um mögliche Anzeichen einer Infektion frühzeitig zu erkennen.

Tierärztliche Untersuchungen sollten bei jedem unter Quarantäne stehenden Pferd durchgeführt werden, das klinische Symptome wie Fieber, Nasenausfluss, Husten, Koordinationsstörungen etc. zeigt. Im Idealfall sollten Labor-Tests durchgeführt werden, um die genauen Ursachen der Infektion festzustellen.

Tupferproben von der Nasen- und Mundschleimhaut können mittels einer speziellen Labor-Analyse (PCR-Tests) auf infektiöse Auslöser untersucht werden. Abhängig davon, ob die Proben bei spezialisierten Labors eingereicht werden sind Ergebnisse bereits innerhalb weniger Stunden nach dem Eintreffen im Labor verfügbar.

Blut-Problen, die von einem Tierarzt in einem frühen Quarantäne-Stadium abgenommen wurden – im Idealfall sogar vor dem Besuch der Veranstaltung (erste Probe) – sowie in der Endphase der zweiwöchigen Quarantäne (zweite Probe) sind besonders nützlich, da sie deutlich den Anstieg der Antikörper gegen spezielle Infektionen anzeigen. Dieser Anstieg des Antikörper-Levels weist auf eine Immun-Antwort des Pferdes gegenüber einer Infektion hin, die es sich rund um die erste Probe zugezogen hat.

– Veranstalter sollten unbedingt verständigt werden, falls eine infektiöse Erkrankung bei Pferden festgestellt wurde, die von einem Event/Turnier zurückgekehrt sind – das wird zu erhöhter Vorsicht führen und kann unter bestimmten Umständen helfen, eine weitere Übertragung von anderen Ställen oder Höfen zu verhindern.

Maßnahmen für Veranstalter
– Die Stallungen bei einem Pferde-Event sollten zwischen unterschiedlichen Pferde-Gruppen gereinigt und desinfiziert werden, einschließlich der Futtertröge sowie der Tränken. Für neu ankommende Pferde sollte frische und unbenutzte Einstreu verwendet werden. Es ist nicht empfehlenswert, Stallungen mehrfach mit Pferden zu besetzen, ohne die Einstreu aus den Boxen zu entfernen, sie zu säubern und zu desinfizieren, da sich ansonsten Krankheitserreger festsetzen und die indirekte Verbreitung einer Erkrankung von Pferd zu Pferd begünstigen können.

– Gemeinsame Tränken sollten vermieden werden, da diese eine erhebliche Infektionsquelle für viele Pferde darstellen, sobald sie durch ein infiziertes Pferd kontaminiert wurden.

– Freier Zugang zwischen Stallungen, der direkten Kontakt von Pferd zu Pferd zulässt, sollte vermieden werden.

– Ziehen Sie die Einführung von „Gesundheits-Zertifikaten" durch Tierärzte in Betracht: Damit könnte z. B. gewährleistet („zertifiziert") werden, daß Pferde, die Ihre Veranstaltung besuchen, ausschließlich von Höfen bzw. Ställen kommen, in denen keine akuten Infektionskrankheiten bekannt sind und/oder keine Pferde gibt, die keinerlei klinische Symptome aufweisen, die auf eine Infektionserkrankung hindeuten.

– Sorgen Sie für entsprechende örtliche Gegebenheiten sowie für Personal, um einen einfachen, kurzen Gesundheits-Check jedes teilnehmenden Pferdes vor dem Einlass ins Veranstaltungsgelände durchführen zu können. Dabei könnten Pferde (die etwa aus dem gleichen Stall kommen oder die gemeinsam transportiert wurden), die klinische Symtpome einer Infektionserkrankung aufweisen, von der Teilnahme an der Veranstaltung ausgeschlossen werden. Eine nur oberflächliche Untersuchung von Pferden, nachdem diese bereits in den Stallungen untergebracht wurden, ist nicht ideal und sollte möglichst durch entsprechende Checks vor dem Betreten des Veranstaltungs-Areals ersetzt werden.
Alternative Vorkehrungen, um Pferde mit klinischen Symptomen isolieren bzw. sie sofort wieder in den eigenen Stall zurückschicken zu können, sollten bereits getroffen sein, bevor die ersten medizinischen Check vor der Veranstaltung beginnen.

Isolations-Bereiche sollten von besonders gewissenhaften und erfahrenen Personen betreut werden, die auch mit entsprechender Schutzausrüstung (Einweg-Overalls und Handschuhe sowie wasserdichte Schuhüberzieher) sowie mit Reinigungs- und Desinfektionsmitteln und präzisen Protokollen für deren Anwendung ausgestattet sein sollen.

Zwei wichtige Ratschläge am Schluss:
– Wenn Sie in Sorge sind, daß Ihr Pferd möglicherweise mit EHV-1 oder irgendeiner anderen Infektionskrankheit in Berührung gekommen sein könnte, dann kontaktieren Sie unbedingt ihren Tierarzt!

– Wenn Ihr Pferd infiziert ist oder einem Krankheitserreger ausgesetzt war, verhalten Sie sich bitte verantwortungsbewusst und vermeiden Sie jeglichen Transport des Tieres, bis Ihr Tierarzt dafür wieder die uneingeschränkte Erlaubnis erteilt.

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