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Geruchstest mit Pferden: Diesen Duft mögen sie ganz besonders
31.07.2022 / News

So lief der Test ab: Bild A zeigt einen Geruchsbehälter mit Drahtgitterdeckel. Darin befindet sich ein Ballaststein und Filterpapier (mit einer Geruchsprobe). Bild B zeigt den Behälter direkt vor dem Stall des Pferdes. Die Schnüffeldauer wurde ab dem Zeitpunkt gemessen, an dem sich das Maul des Pferdes innerhalb eines Abstands von 12 cm vom Eimer entfernt befand.
So lief der Test ab: Bild A zeigt einen Geruchsbehälter mit Drahtgitterdeckel. Darin befindet sich ein Ballaststein und Filterpapier (mit einer Geruchsprobe). Bild B zeigt den Behälter direkt vor dem Stall des Pferdes. Die Schnüffeldauer wurde ab dem Zeitpunkt gemessen, an dem sich das Maul des Pferdes innerhalb eines Abstands von 12 cm vom Eimer entfernt befand. / Foto: Maria Vilain Rørvang et.al.

Forscherinnen aus Schweden und Tschechien haben herausgefunden, dass die Geruchswahrnehmung von Pferden und ihr Interesse an Gerüchen mit dem Alter und der Trächtigkeit variieren. Aus vier überprüften Düften stach in den Tests einer ganz besonders hervor.

 

Pferde haben hochentwickelte Riechorgane, trotzdem ist ihr Geruchssinn bislang nur wenig erforscht, so Studien-Autorin Maria Vilain Rørvang von der schwedischen Universität für Agrarwissenschaften in Uppsala. Dabei sei evident, dass Pferde empfindlich auf Gerüche in ihrer Umgebung reagieren und von ihnen beeinflusst werden: „Diese Fähigkeiten werden in pferdewissenschaftlichen Büchern erwähnt, aber in der Praxis oft ignoriert. Wie Pferde auf Gerüche reagieren, ist wichtig, da dies eine Schlüsselrolle in ihrem täglichen Leben und damit in ihrem Wohlbefinden spielt“, so Rørvang weiter.

Die Reaktion von Pferden auf Gerüche – und die Fähigkeit, diese Reaktionen vorherzusagen – sind für den Menschen von entscheidender Bedeutung, um beim Umgang mit und dem Training von Pferden sicher agieren zu können. Ein Geruch kann für das Pferd neutral sein, er kann eine anziehende Wirkung haben oder auch Abwehr und Vermeidungsverhalten provozieren – je nachdem, wie das Pferd ihn wahrnimmt.

Das derzeitige begrenzte Wissen über das Geruchsempfinden von Pferden berge das Risiko, dass ihr Verhalten in bestimmten Situationen nicht den menschlichen Erwartungen entspricht, da Pferde möglicherweise ängstlich reagieren, wenn sie bestimmten Gerüchen ausgesetzt werden, die Menschen als harmlos oder sogar als angenehm empfinden. Mehr über Pferdegeruch zu erfahren, könnte daher unser Verständnis für das Verhalten von Pferden verbessern und das Risiko gefährlicher Situationen verringern, so die Autorinnen – zudem könnte es bislang unbekannte Möglichkeiten in der Verwendung von Gerüchen in verschiedenen praktischen Situationen geben, in denen Menschen mit Pferden interagieren.

In ihrer Studie untersuchte Rørvang zusammen mit ihren Kolleginnen Klára Nicova (Abteilung für Verhaltensforschung am Institut für Tierwissenschaften der Universität Prag) und Jenny Yngvesson (Universität für Agrarwissenschaften in Uppsala/Schweden) das Verhalten und die Geruchsempfindlichkeit von 35 Islandpferden. Die Pferde wurden in einem Versuchsprotokoll vier Duftölen – Pfefferminze, Orange, Lavendel und Zedernholz – ausgesetzt. Alle vier sind komplexe Gerüche, die ausgewählt wurden, da sie natürlichen Ursprungs und ungiftig, billig, zugänglich und leicht zu standardisieren sind.

Die vier Düfte wurden aus 36 möglichen Gerüchen ausgewählt, da die Forscher der Ansicht waren, dass sie den Pferden unbekannt sein müssten, da ihnen keiner der Gerüche bislang in ihrem Futter, Heu oder als Bestandteil von auf dem Bauernhof verwendeten Produkten wie Cremes oder Seifen begegnet war. Darüber hinaus stellten sie auf der Grundlage der menschlichen Wahrnehmung die Hypothese auf, dass die vier Gerüche als voneinander verschieden wahrgenommen würden.

Jeder Geruchsstoff (10 Tropfen Öl auf einem Stück Filterpapier) wurde in einen beschwerten Behälter gegeben, über dem ein feines Drahtgitter angebracht war. Jeder Behälter wurde dann so platziert, dass er sich von ihrem Stall aus in Reichweite befand. Ihre Interaktionen mit jedem Behälter wurden penibel überwacht und analysiert.

Jeder Geruch wurde dreimal hintereinander für eine Minute dargeboten, mit einer Pause von zwei Minuten dazwischen. Nachdem der erste Geruchsbehälter dreimal in Reichweite gebracht wurde, hatte das Pferd noch einmal zwei Minuten Pause, bevor ihm der nächste Geruchsbehälter mit einer anderen Duftnote präsentiert wurde.

Die Dauer des Schnüffelns war bei den Pferden unterschiedlich, während Verhaltensreaktionen hauptsächlich Lecken und Beißen beinhalteten, während Schnauben oder Zurückweichen nur selten beobachtet wurden. Es wurden aber nicht nur die Verhaltensreaktionen der Pferde untersucht, sondern auch der mögliche Einfluss von Alter, Geschlecht und Trächtigkeit.

Die Analyse zeigte, dass sich die Pferde im Verlauf der drei Versuche an jeden einzelnen Geruch gewöhnten, mit einer signifikanten Abnahme der Schnüffeldauer pro Präsentation. Das Interesse wurde erneuert, wenn ein frischer Geruch vorgestellt wurde – dann stiegen auch die Schnüffelzeiten wieder an. „Pferde konnten somit alle vier Gerüche erkennen und unterscheiden“, so das Studienteam.

Der wohl bemerkenswerteste Befund: Die Pferde verbrachten deutlich mehr Zeit mit dem Schnüffeln, wenn sie dem Pfefferminz-Duft ausgesetzt waren. Mehr Pferde zeigten Lecken, wenn ihnen Pfefferminze vorgesetzt wurden – verglichen mit Zedernholz und Lavendel. Die Pferde, sagten sie, könnten Pfefferminzgeruch als essbar wahrgenommen haben, obwohl keines der Pferde diesem Duft jemals zuvor in Leckereien oder Futter begegnet war.

Zwei weitere interessante Befunde: Trächtige Stuten (acht der Testpferde waren tragend) schnüffelten beim Kontakt mit den Gerüchen weniger als nicht tragende Stuten, fanden die Autoren heraus. Und junge Pferde (unter 5 Jahren) schnüffelten länger an Zedernholz als ältere Pferde. Das Geschlecht hatte keinen Einfluss auf die Reaktion der Pferde, fanden die Forscher heraus.

„Die Ergebnisse zeigen, dass das Erkundungsverhalten und das Interesse von Pferden an Gerüchen mit dem Alter und der Trächtigkeit variiert – und dass Pferde, denen der Geschmack eines Substrats nicht bekannt ist, möglicherweise in der Lage sind, den Geruch mit Geschmack zu verknüpfen, was zuvor noch nicht beschrieben wurde“, so die Wissenschaftlerinnen weiter.

Das Resümee der Autorinnen: „Die Ergebnisse können helfen, die Verhaltensreaktionen von Pferden auf verschiedene Gerüche zu verstehen, und es könnte in Zukunft möglich sein, diese mit der Physiologie und Gesundheit von Pferden in Verbindung zu bringen. Gerüche können für Pferde eine Bereicherung ihrer Umwelt darstellen – entweder direkt als angenehme Düfte oder auch als neue Düfte in Verbindung mit bereits vorhandenen Materialien oder Gegenständen.“

Die Studie „Horse odor exploration behavior is influenced by pregnancy and age" von
Maria Vilain Rørvang, Klára Nicova und Jenny Yngvesson ist am 28. Juli 2022 in der Zeitschrift ,Frontiers in Behaviorla Neuroscience' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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