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Pferd verletzt: Unbeleuchtete Reiterin von Autolenker angefahren
01.08.2022 / News

Bei Dämmerung und Dunkelheit gefährden unbeleuchtete Reiter sich und ihre Pferde – und sind auch ein Risiko für andere Verkehrsteilnehmer.
Bei Dämmerung und Dunkelheit gefährden unbeleuchtete Reiter sich und ihre Pferde – und sind auch ein Risiko für andere Verkehrsteilnehmer. / Symbolfoto: Archiv/Pixabay

Dieser Unfall wäre vermutlich vermeidbar gewesen: Weil weder Pferd noch Reiterin mit Lichtern ausgestattet waren, hat sie ein PKW-Lenker in Wolfsberg (Kärnten) übersehen – es kam zum Zusammenstoß, bei dem Pferd und Reiterin verletzt wurden.


Wie die Landespolizeidirektion Kärnten meldet, hat sich der Unfall am gestrigen Sonntag (31. Juli 2022) gegen 21.15 Uhr in der Gemeinde Wolfsberg ereignet: Eine 17-jährige Reiterin aus dem Bezirk Wolfsberg war mit einem neunjährigen Wallach auf der Reinfelsdorfer Gemeindestraße in Wolfsberg (Gemeinde und Bezirk Wolfsberg) in Richtung St. Thomaser Straße unterwegs. Bei der Kreuzung mit der St. Thomaser Straße bog die Reiterin nach links in die St. Thomaser Straße ein. Zu diesem Zeitpunkt lenkte ein 56-jähriger Mann aus dem Bezirk Wolfsberg einen PKW auf der Thomaser Straße in Richtung Norden.

Im Kreuzungsbereich dürfte der Lenker die unbeleuchtete Reiterin übersehen haben und prallte mit seinem PKW gegen die rechte Seite des Pferdes. Durch den Zusammenstoß stürzte die Reiterin vom Pferd und erlitt dabei Verletzungen unbestimmten Grades. Das Pferd erlitt leichte Verletzungen. Der Lenker des PKW blieb unverletzt, am PKW entstand lt. Polizei schwerer Sachschaden.

Unfälle wie dieser wären wohl vermeidbar und sind für Experten immer wieder Anlass, nicht nur auf die allgemeinen Regeln für Verkehrsteilnehmer wie gegenseitige Rücksichtnahme, Einhalten von Sicherheitsabständen etc. hinzuweisen, sondern auch auf die geltenden Kennzeichnungs- und Beleuchtungspflichten lt. den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung (StVO). Diese gelten nicht nur für Autofahrer, sondern natürlich auch für Reiter, die auf der Fahrbahn unterwegs sind – und zumindest eine dieser Regeln ist hier offenkundig nicht ausreichend beachtet worden – nämlich die einer „ausreichenden Beleuchtung".

Gesetzeslage in Österreich

In Österreich sieht die StVO explizit eine entsprechende Beleuchtungspflicht für Reiter im Straßenverkehr vor. Wörtlich heißt es im § 79, Absatz 3: „Bei Dämmerung, Dunkelheit, starkem Nebel oder wenn es die Witterung sonst erfordert, müssen Reiter bei Benützung der Fahrbahn, wenn die sonstige Beleuchtung nicht ausreicht durch helleuchtende Laternen an der linken Seite gekennzeichnet sein.“

Im Unterschied zu Deutschland (siehe unten) sieht der Sicherheitsexperte und gerichtlich beeidete Sachverständige Dr. Reinhard Kaun diese individuelle Beleuchtungspflicht auch dann gegeben, wenn man in Gruppen unterwegs ist. Er präzisiert: „Auch in Gruppen hat m.A.n. jedes Pferd bzw. jeder Reiter der Beleuchtungspflicht nachzukommen, nur den Spitzenreiter und den Schlussreiter zu beleuchten, wird fachlich (z.B. bei Kurven) nicht ausreichen.“

Und er ergänzt: „Beleuchtung heißt in unseren Breiten: aktives Aussenden von Licht, in der Regel nach vorne – weißes Licht, nach hinten – rotes Licht. Reflektoren können aktive Beleuchtung also nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.“ Als Ergänzung sind sie aber erfahrungsgemäß höchst sinnvoll und effektiv und daher jedenfalls zu empfehlen.

Besonders eindringlich weist Dr. Kaun darauf hin, dass Beeinträchtigungen der Sicht im Regelfall vorhersehbar sind und Reiter sich daher auch entsprechend vorbereiten und ausrüsten müssen: „Auf jedem Handy gibt es eine WetterApp, aus der sich Sonnenaufgang, Sonnenuntergang und andere Wetterphänomene wie Nebel, Regen, schlechte Sicht) ablesen lassen. Es bricht also im Herbst und Winter die Dämmerung nicht völlig unvorhersehbar herein und in Nebelgebieten muss mit Nebel gerechnet werden.

Die betroffenen Reiter sind meist keine Berufsreiter, die bei "Nacht und Nebel" unterwegs sein müssen – wenn das Risiko groß ist, kann ein "Vergnügungsritt" zu St. Leonhards Ehren auch abgesagt werden. Im Zweifel sind an die Spitze und das Ende klar erkennbare Begleitfahrzeuge zu setzen. Andere Verkehrsteilnehmer müssen auf Grund des § 3 StVO (Vertrauensgrundsatz) sich darauf verlassen können, dass Reiter ihrer Beleuchtungspflicht nachkommen.“

Gesetzeslage in Deutschland

Die Bestimmungen in Deutschland sind weitgehend ident und u. a. in einer Zusammenstellung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) nachzulesen. Darin heißt es u. a.:

„Reiter/Innen müssen während der Dämmerung, bei Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst einfordern (z.B. Nebel, Schnee, Regen) ausreichend beleuchtet sein (§ 17 StVO).

Zur Beleuchtung müssen mindestens verwendet werden § 28 StVO (2): 1. beim Treiben von Vieh vorn eine nicht blendende Leuchte mit weißem Licht und am Ende eine Leuchte mit rotem Licht, 2. beim Führen auch nur eines Großtieres oder von Vieh eine nicht blendende Leuchte mit weißem Licht, die auf der linken Seite nach vorn und hinten gut sichtbar mitzuführen ist. Zusätzliche Leuchtgamaschen am Pferd und reflektierende Kleidung beim Reiter sind sehr zu empfehlen, ebenso die Stifelleuchte (links).

Eine größere Reitergruppe bildet einen "Verband". Im "geschlossenen Verband" (§ 27 StVO) setzen sich die Reiter zu zweit nebeneinander. Der Verband soll nicht länger als 25 m sein. Dicht aufgeschlossen sind das etwa 12 Reiter. 20 Reiter formieren sich z.B. in 2 Verbänden zu je 10 Reitern. Der Abstand zwischen den Verbänden sollte wiederum mindestens 25 m betragen, damit ein Überholen möglich ist. Da der Verband als ein Verkehrsteilnehmer gilt, braucht nicht jeder Reiter beleuchtet sein. Die seitliche Begrenzung geschlossen reitender oder zu Fuß marschierender Verbände muss, wenn nötig (§ 17 Abs. 1 StVO), mindestens nach vorn durch nicht blendende Leuchten mit weißem Licht, nach hinten durch Leuchten mit rotem Licht oder gelbem Blinklicht kenntlich gemacht werden. (Die Beleuchtung muss in eigenem Interesse auch von weitem gut zu sehen sein.) Auch hier ist die Verwendung zusätzlicher Leuchtgamaschen dringend zu empfehlen."

Welche Vorschriften und Vorsichtsmaßnahmen generell zu beachten sind, wenn man mit seinem Pferd auf öffentlichen Straßen und Wegen unterwegs ist, hat Dr. Reinhard Kaun im Beitrag „Sicheres Reiten & Fahren im Straßenverkehr“ zusammengestellt.

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