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Tohuwabohu – die neue Sendereihe auf OEPS-TV
07.08.2017 / News

Leopold Pingitzer schreibt für ProPferd.
Leopold Pingitzer schreibt für ProPferd. / Foto: Archiv/Petr Blaha

Championats-Nominierungen zählen zweifellos zu den schwierigsten und heikelsten Aufgaben von Sportfunktionären bzw. Sportverbänden: Die Entscheidung zu treffen, wer sein Land bei einer Welt- oder Europameisterschaft vertreten darf, sollte daher auf möglichst belastbaren, objektiven Beinen stehen und auch kritischer Hinterfragung standhalten. Denn mit solcher ist in jedem Fall zu rechnen – entweder durch Medien und Öffentlichkeit, oder aber durch all jene, die nicht nominiert wurden und sich möglicherweise ungerecht behandelt fühlen.

Als Entscheidungsträger sollte man sich also auf Diskussionen einstellen – und sich mit möglichst guten Argumenten wappnen. Idealerweise legt man im Rahmen eines Qualifikations-Fahrplans nicht nur die Turniere fest, die als Basis für die Auswahl dienen – sondern auch, auf genau welche Weise Ergebnisse berücksichtigt, gewichtet und abschließend auch bewertet werden. Man könnte eine faire Qualifikation theoretisch in den einfachen Satz packen: „Es zählen die Ergebnisse dieser zwei (xxx) bzw. drei (xxx) Turniere – die besten (nach Fehler bzw. Platzierung) fünf ReiterInnen werden entsendet!" Man könnte bei sportlichem Gleichstand zwischen zwei oder mehr ReiterInnen auch die Ergebnisse eines einzigen Turniers zum Nominierungs-Kriterium erheben – auch das wäre sportlich fair, sofern es rechtzeitig allen Beteiligten kommuniziert wird. So ist das auch in den meisten Ländern auch übliche Praxis – nur Österreich ist hier offenkundig anders, wie wir letzte Woche wieder einmal miterleben konnten bzw. mussten.

Was sich in den letzten Tagen rund um die Qualifikation für die bevorstehende Nachwuchs-EM im Springreiten im slowakischen Samorin (8.–13. August 2017) abgespielt hat, ist selbst in einem so theater- und kabarett-verliebtem Land wie Österreich ohne Beispiel. Der Österreichische Pferdesportverband hat es wieder einmal geschafft, aus einer einfachen EM-Nominierung ein kabarettreifes Schauspiel zu machen, das jeder Theaterdirektor mit Handkuss ins Repertoire aufnehmen würde. Hauptdarsteller – und das gleich in mehreren, z. T. gegensätzlichen Rollen – ist der amtierende OEPS-Nachwuchstrainer Anton Martin Bauer, der innerhalb weniger Tage für ein beispielloses Chaos gesorgt hat – und am Ende auch noch alle Schuld auf das OEPS-Direktorium abschieben wollte: ein Schelmenstück der Sonderklasse.

Soviel vorweg: Was sich genau wann abgespielt hat, wem was zu welchem Zeitpunkt gesagt wurde und wer etwas davon gewusst hat oder nicht – das ist zum jetzigen Zeitpunkt für einen Außenstehenden kaum rekonstruierbar und ist nach wie vor Gegenstand heftiger Streitigkeiten. Immerhin lassen sich einige Eckpunkte des Geschehenen festmachen:

– Am 23. Juli 2017 wurden – im Anschluss an die Österreichischen Meisterschaften im Magna Racino – die fünf zu nominierenden EM-Teilnehmer der Junioren von Anton Martin Bauer und Sportdirektor Ing. Franz Kager festgelegt: Die vier Mannschafts-Reiter waren Dominik Juffinger, Anna Markel, Lisa Maria Räuber und Marie Christine Sebesta – also das in Hagen so erfolgreiche Quartett – sowie Einzelreiterin Johanna Biber.
– Am 24. Juli 2017 – dem definitiven Nennschluss – wurden diese fünf ReiterInnen durch die zuständige OEPS-Mitarbeiterin auch der FEI bekanntgegeben und am nächsten Tag seitens der FEI bestätigt.

Damit wäre die Sache eigentlich erledigt gewesen, doch stattdessen wurde sie nun so richtig kompliziert: Offenkundig hatte Anton Martin Bauer (AMB) noch am 23. Juli im Magna Racino ein Gespräch mit den Eltern der nicht nominierten Junioren-Reiterin Jessica Vonach, in dem er diesen mitteilte, dass es eine Woche später (also nach dem definitiven EM-Nennschluss!) beim CSI in Samorin noch eine zusätzliche Qualifikation geben solle, in der Jessica Vonach und Johanna Biber um den Einzel-Startplatz reiten sollten. Nach Darstellung von AMB – der zu diesem Zeitpunkt auch Trainer von Johanna Biber war – sowie von Fam. Vonach wurden auch die Eltern von Johanna Biber davon in Kenntnis gesetzt – was diese jedoch bestreiten: Von einer ,ergänzenden Qualifikation' sei ihnen gegenüber nie die Rede gewesen, eine solche müsse offiziell vom OEPS schriftlich mitgeteilt werden, und das sei nie geschehen, so Mag. Herbert Biber in einer Mail. Nach Darstellung von AMB wurde auch Sportdirektor Ing. Kager von der zusätzlichen Qualifikation informiert.

So nahm das Verhängnis seinen Lauf: Sowohl Jessica Vonach als auch Johanna Biber ritten am Samstag (29. Juli) beim CSI2* in Samorin ein Springen über 140 cm, welches Jessica Vonach fehlerfrei beendete, Johanna Biber mit zwei Abwürfen. Jessica und ihre Eltern freuten sich über die erfolgreiche Qualifikation – und warteten auf die offizielle Bestätigung der EM-Nominierung durch den OEPS, sprich: Sportdirektor Ing. Franz Kager. Doch diese kam auch nach zwei Tagen nicht – was zu wachsender Beunruhigung und schließlich zu einem drängenden Mail an Generalsekretär Dietrich Sifkovits am 31. Juli führte.

Die Antwort von Ing. Franz Kager folgte schließlich am 1. August – und fiel gänzlich anders als erwartet aus. Dieser schrieb: „Liebe Eltern! Am 24. Juli 2017 wurden folgende Reiter definitiv genannt: Dominik Juffinger, Anna Markel, Lisa Maria Räuber, Marie Christine Sebesta, Johanna Biber. Diese definitive Nennung wurde am 23.07.2017 mit Herrn Bauer fixiert. Da es im Anschluss bezüglich einer weiteren Qualifikation zwischen Johanna Biber und Jessica Vonach, welche Herr Bauer mit beiden Eltern abgesprochen hat, zu großen Unstimmigkeiten kam, bleibt die definitive Nennung vom 24.07.2017 aufrecht. Mit freundlichen Grüßen, Ing. Franz Kager, Sportdirektor."

Man mag sich vorstellen, wie sich Jessica und ihre Eltern nach Erhalt dieser Nachricht fühlten. Doch das böse Spiel ging noch weiter: Einen Tag später, also am 2. August, ließ Anton Martin Bauer eine Stellungnahme verschicken, in der er die Schuld für das entstandene Schlamassel dem OEPS gab: „Es stellt sich nun heraus, dass der Bundesfachverband Johanna Biber genannt hat und das Präsidium keine Umnennung mehr vornehmen will, obwohl sich durch die Ergebnisse in Samorin Jessica Vonach qualifiziert hätte. Laut FEI Regeln ist das umnennen bis zum Tag vor dem Vet-check möglich und dies wurde auch mit der FEI im Vorfeld geklärt. (...) Leider entschied sich das Präsidium ohne Absprache mit mir und ohne die sportlichen Aspekte in Betracht zu ziehen, für Johanna Biber, welche sich leider am letzten Wochenende nicht qualifiziert hat. Auf meine Nachfrage beim Päsidium erhielt ich die Antwort, dass diese Entscheidung nun so getroffen wurde und keine Änderung mehr gemacht werden möchte."

Auch in einem weiteren Statement am 5. August blieb AMB bei dieser Darstellung: „Tatsache ist, dass dieses Thema mit allen Beteiligten bei der Staatsmeisterschaft besprochen wurde und Herr Ing. Kager, mit Kenntnis des Reglements, die Änderung der Nennung in Aussicht stellte. Wie so treffend gesagt, ich bin schon lange genug im Geschäft und weiss, das Umnennungen immer möglich sind."

Die letzte Äußerung ist jedenfalls wagemutig und – soweit wir recherchieren konnten – nicht durch Fakten gedeckt: Nach dem definitiven Nennschluss sind Änderungen der Nennung lt. FEI Jumping Rules nur insofern möglich, als es sich um verletzungsbedingte Ausfälle handelt, die ersetzt werden müssen. Dafür ist die Vorlage eines ärztlichen Attests (bei einer Verletzung des Reiters) bzw. einer tierärztlichen Bescheinigung (bei einer Verletzung des Pferdes) erforderlich – und die Zustimmung durch die Ground Jury. Darum heißt der definitive Nennschluss auch so – weil er definitiv ist und kein unverbindlicher Vorschlag. Wie AMB zu seiner Behauptung kommt, Umnennungen seien immer möglich, ist eines der großen Rätsel dieser Affäre. Unverständlich bleibt auch AMBs Aussage, das Präsidium (das mit dieser Angelegenheit niemals befasst war, Anm.) hätte eigenmächtig und „ohne Absprache" mit ihm Johanna Biber auf die definitive Nennliste gesetzt – obwohl dies nach allen vorliegenden Fakten sehr wohl von ihm selbst so veranlasst worden war ...

Nicht weniger aufklärungsbedürftig ist aber auch die Rolle von Sportdirektor Ing. Kager. Hat er tatsächlich – wie es AMB behauptet – eine nachträgliche Änderung der Nennung zu irgendeinem Zeitpunkt in Aussicht gestellt? Ing. Kager gibt in einer Stellungnahme zu, von der nachträglichen Qualifikation in Samorin unterrichtet worden zu sein: „Am Montag Nachmittag oder Dienstag Vormittag (genau weiß ich es nicht mehr) hat mich Herr A.M. Bauer dann verständigt, dass er mit Frau Biber und Frau Vonach ausgemacht hat, dass die Mädchen in Samorin nochmals gegeneinander reiten. Diese Vereinbarung wurde anscheinend unterschiedlich interpretiert." Wenn Ing. Kager aber bewusst war, dass eine Änderung der Nennung nicht mehr möglich sein würde – wieso ist er nicht schon zu diesem Zeitpunkt eingeschritten und hat alle Beteiligten darüber in Kenntnis gesetzt, dass diese ,Qualifikation' sinnlos und null und nichtig war? Wieso ließ er Jessica und Johanna noch in Samorin gegeneinander reiten?

Viele Fragen sind derzeit noch offen – und werden hoffentlich nach der EM geklärt und aufgearbeitet. Das angerichtete Chaos könnte jedenfalls größer nicht sein – zurück bleiben Ärger, Frustration und Verzweiflung: Jessica Vonach und ihre Eltern fühlen sich vom Verband verschaukelt und um einen EM-Platz betrogen – Johanna Biber und ihre Eltern fühlen sich gemobbt und öffentlich diskreditiert, weil sie ihre Nennung nicht zugunsten von Jessica Vonach zurückgezogen und sich unkollegial verhalten hätten. Das alles hätte nicht sein müssen – wenn man seitens des OEPS klar kommuniziert und transparente, nachvollziehbare Entscheidungen getroffen hätte. Das ist mittlerweile auch OEPS-Präsidentin Elisabeth Max-Theurer bewusst, die sich in einer bislang beispiellosen Weise für die Vorgangsweise ihrer Funktionäre und Mitarbeiter entschuldigt hat – und versprach, dass derartige Dinge nicht mehr vorkommen werden.

Es bleibt abzuwarten, ob diese Zusage hält. Im Moment kann man nur hoffen, dass sich Österreichs Spring-Nachwuchs bei der EM von derartigen Fehlleistungen nicht beirren lässt und sich ganz auf die sportlichen Herausforderungen konzentrieren kann: Wir drücken allen die Daumen! Und nach der EM muss es zweifellos Konsequenzen auf mehreren Ebenen geben, damit sich ein solches Tohuwabohu hoffentlich nie mehr wiederholt, meint Ihr

Leopold Pingitzer

PS: Sagen Sie mir ruhig Ihre Meinung: redaktion@propferd.at

Kommentare

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1) unclesam1970: Unglaublich! Wenn man den Reitsport ruinieren will, nur weiter so.
Samstag, 24. Februar 2018
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