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Studie: Komplikationen bei Kastrations-OP sehr häufig
04.10.2017 / News

Wer seinen Hengst kastrieren lassen will, der muss in vielen Fällen mit Komplikationen rechnen, so das Resümee der aktuellen Studie.
Wer seinen Hengst kastrieren lassen will, der muss in vielen Fällen mit Komplikationen rechnen, so das Resümee der aktuellen Studie. / Archivfoto: Martin Haller

Unbedeckte Kastrationen am stehenden Pferd zogen in 60 % der Fälle Komplikationen nach sich – das zeigt eine Untersuchung an Rennpferden im Sha Tin-Trainingszentrum von Hongkong.

 

Ernüchternde Ergebnisse brachte eine retrospektive Studie an insgesamt 250 Rennpferden, die zwischen 2007 und 2012 im Sha Tin-Trainingszentrum in Hongkong einer Kastrations-OP unterzogen wurden. Angewendet wurde dabei die sogenannte ,unbedeckte' Kastration am stehenden Pferd (open standing castration = OSC), wie sie in den USA und Asien nach wie vor weit verbreitet ist. Das Ergebnis war ernüchternd: Bei nicht weniger als 150 der 250 operierten Pferde, also bei 60 %, traten nach dem Eingriff Komplikationen auf: ein Befund, der Anlass zur Sorge gibt und der es als berechtigt erscheinen lässt, die angewandte Operations-Technik insgesamt auf den Prüfstand zu stellen. Dies ist auch die Empfehlung der Autoren.

Von den 150 Pferden, bei denen sich postoperative Komplikationen einstellten, wurden 85 Fälle als ,leicht' (C1) eingestuft, 57 als ,mittelgradig' (C2) und nur 8 Fälle als ,schwer' (C3). Schwellungen des Hodensacks traten dabei am häufigsten auf, nämlich in 70 % dieser Fälle, gefolgt von einer Entzündung des Samenstrangs (Funikulitis), die in 36,7 % der Fälle auftrat. Eine Sekretbildung wurde in 24,7 % der Fälle festgestellt. Bei den meisten Pferden mit postoperativen Komplikationen musste die Wunde neuerlich geöffnet werden – nämlich bei 131 der 150 Pferde, das sind 87,3 %. Bei 75 der 150 Pferde waren zusätzliche Behandlungen mit antimikrobiellen Substanzen (sprich: Antibiotika) bzw. nicht-steroidalen entzündungshemmenden Medikamenten erforderlich.

Im Durchschnitt konnten Pferde, die keinerlei Komplikationen nach der OP hatten, innerhalb von 29 wieder das Training aufnehmen und nach 95,5 Tagen wieder Rennen laufen – bei den Pferden mit Komplikationen waren es 37 Tage bis zur Aufnahme des Trainings und 108,5 Tage bis zum ersten Rennen.

Das Resümee der Studienautoren: „Komplikationen nach unbedeckte Kastrationen am stehenden Pferd (OSC) waren bei den untersuchten Rennpferden weit verbreitet. Der Großteil davon war geringgradig und konnte mit antimikrobiellen Mitteln und einfacher Wundversorgung erfolgreich behandelt werden. Angesichts der hohen Rate von Komplikationen sowie des Einsatzes antimikrobieller Mittel, die in dieser Studie aufgezeigt werden konnte, erscheint eine Überprüfung der OP-Technik berechtigt."

Gegenüber dem Portal horsetalk.co.nz betonten die Wissenschaftler, dass auch frühere Studien von unterschiedlichen Komplikationen bei Kastrationen berichtet hätten – aber in deutlich geringerem Maße, nämlich in 16 bis 22 % der Fälle (bei unter Vollnarkose in einer Klinik durchgeführten Kastrationen liegt die Komplikations-Rate lediglich bei 6 bis 10 %).

Weshalb die Komplikationen in ihrer Studie zwei bis drei Mal höher als in vorangegangenen Untersuchungen waren, könnte unterschiedliche Gründe haben, so die Autoren: „Es könnten Umwelt-Faktoren dafür verantwortlich sein, etwa die Art der Einstreu, der Sand auf den Trainingsbahnen oder bestimmte klimatische Bedingungen, welche die Pferde empfänglicher für Komplikationen machen. Das Wetter ist im Frühjahr und Sommer in Hongkong sehr heiß und feucht – und das könnte durchaus einen Risikofaktor darstellen. Andererseits zeigten unsere Daten keine unmittelbare Verbindung zwischen Monat, Jahreszeit und Komplikationsrate", so die Forscher abschließend – es sei daher notwendig, auch mögliche andere Risikofaktoren, insbesondere das Haltungs- und Stall-Management, genauer unter die Lupe zu nehmen.

Die Studie „Open standing castration in Thoroughbred racehorses in Hong Kong: Prevalence and severity of complications 30-days post-castration" von S. Rosanowski, F. MacEoin, R.J.T.Y. Graham und C.M. Riggs ist im September 2017 im ,Equine Veterinary Journal' erschienen und kann in englischsprachiger Zusammenfassung hier nachgelesen werden.

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