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Handverletzungen sind beim Führen von Pferden häufiger als beim Reiten
02.01.2025 / News

Ein absolutes No-Go: Um die Hand gewickelte Leinen, Stricke, Zügel etc. können zu schwerwiegenden Verletzungen führen und sind daher unbedingt zu vermeiden!
Ein absolutes No-Go: Um die Hand gewickelte Leinen, Stricke, Zügel etc. können zu schwerwiegenden Verletzungen führen und sind daher unbedingt zu vermeiden! / Foto: Archiv Martin Haller

Laut einer aktuellen Studie treten Handverletzungen beim Führen von Pferden deutlich häufiger auf als beim Reiten selbst oder beim Sturz von einem Pferd. Zudem sind diese Verletzungen besonders schwer und nicht selten sogar irreversibel.


Die häufigsten Verletzungen im Pferdesport betreffen den Kopf, gefolgt von Verletzungen der oberen Extremitäten sowie der Brust- und Lendenwirbelsäule. Verletzungen durch Reiten führen im Vergleich zu anderen Sportverletzungen zu einer deutlich höheren Operations- und Krankenhausaufenthaltsrate sowie einer deutlich längeren stationären Behandlung. Verletzungen der Hand infolge pferdesportlicher Betätigung sind dabei besonders häufig: Bei den Handverletzungen steht das Reiten nach den Ballsportarten und Radfahren sogar an dritter Stelle.

Eine in Norddeutschland von Benedikt Ritter und Kollegen an der Klinik für Plastische, Ästhetische, Hand- und Rekonstruktive Chirurgie der Medizinischen Hochschule Hannover durchgeführte Studie untersuchte die Umstände, Mechanismen und Lokalisationen von Handverletzungen beim Reiten sowie die Verwendung von Schutzausrüstung. Die Arbeit wurde im Fachjournal ,Archives of Orthopedic and Trauma Surgery' veröffentlicht.

Die retrospektive Kohortenstudie analysierte Krankenakten von PatientInnen, die über einen Zeitraum von fünf Jahren (2016 bis 2021) in das Handtraumazentrum eingeliefert wurden. Vollständige Krankenakten, einschließlich Nachuntersuchungsdaten, lagen für insgesamt 39 PatientInnen vor.

Das Übergewicht von Frauen im Pferdesport schlug sich auch hier deutlich nieder: Von den 39 PatientInnen waren 35 Frauen und 4 Männer im Alter von 9 bis 65 Jahren (Durchschnittsalter: 35 Jahre).

Die meisten ReiterInnen (51 %, n = 20) waren HobbyreiterInnen, die für ihre sportliche Betätigung bereits ein Reitabzeichen erworben hatten. Insgesamt besaßen 41 % (n = 16) der ReiterInnen kein Abzeichen und nur 7,7 % (n = 3) waren ProfireiterInnen.

Das Tragen von Schutzhandschuhen war – leider – nicht üblich: Nur 30,8 % (n = 13) der untersuchten PatientInnen trugen beim Umgang mit Pferden Schutzhandschuhe, wobei diese am häufigsten von HobbyreiterInnen mit Abzeichen (40,0 %, n = 8) getragen wurden, gefolgt von Profireitern (33,3 %, n = 1) und am seltensten von HobbyreiterInnen ohne Abzeichen (18,8 %, n = 3).

Für die Studie wurden Daten aus den Krankenakten sowie aus Telefoninterviews analysiert, um die Mechanismen von Traumata und Verletzungsmuster zu untersuchen.

Die wichtigsten Ergebnisse:

– Über die Hälfte der Verletzungen (21 Fälle) ereigneten sich beim Führen des Pferdes, hauptsächlich aufgrund von Zugkräften, die durch Zügel oder Führstricke auf die Finger ausgeübt wurden.
– 13 Fälle waren auf Stürze zurückzuführen, und 5 Fälle waren das Ergebnis von Bissverletzungen.
– Die am häufigsten verletzten Stellen waren die Fingerglieder (33 Fälle), gefolgt von den Mittelhandknochen (Hand) (4 Fälle) und den Handwurzelknochen (Handgelenk) (2 Fälle).
– Bei über der Hälfte (20) der Fälle traten Frakturen auf.
– Bei neun (23,1 %) der PatientInnen kam es zu Abrissamputationen.
– In 31 Fällen (79,5 %) war ein chirurgischer Eingriff erforderlich.

Die Autoren weisen darauf hin, dass Verletzungen im Zusammenhang mit Pferden zwar einen kleinen Anteil aller Notfallbesuche ausmachen, aber unverhältnismäßig schwer sind. Dies unterstreiche die Notwendigkeit gezielter Präventionsmaßnahmen und spezialisierter Pflege, um der hohen Zahl schwerer Folgen dieser Verletzungen zu begegnen, sagen sie.

Experten empfehlen nachdrücklich das Tragen geeigneter Schutzhandschuhe, um Handverletzungen vorzubeugen – neben der selbstverständlichen Beachtung grundlegender Sicherheitsregeln beim Führen von Pferden. Auch die Verwendung selbstöffnender Panikhaken mit Überlastungsschutz sei eine sinnvolle Vorsichtsmaßnahme, um übermäßige Zugkraft zu vermeiden, so das Autorenteam.

Die Studie „Equestrian-associated injuries of the hand: a retrospective analysis of injury mechanisms and patterns" von Benedikt Ritter, Nadjib Dastagir, Martynas Tamulevicius, Florian Bucher, Doha Obed, Peter M. Vogt & Khaled Dastagir wurde am 17. Okt. 2024 im Fachjournal ,Archives of Orthopaedic and Trauma Surgery' veröffentlicht und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

 

Die Ergebnisse dieser aktuellen Untersuchung decken sich weitgehend mit einer bereits 2023 veröffentlichten Studie, in dem Notfälle eines städtischen deutschen Traumazentrums der Stufe 1 untersucht worden waren („Horse-related injury patterns: a single center report" von M. F. Hoffmann et.al.). Auch hier musste mehr als die Hälfte der PatientInnen wegen Verletzungen der oberen Extremität behandelt werden – und Verletzungen an der Hand waren der häufigste Grund für eine OP. Die Ergebnisse kann man im Detail hier nachlesen!

Über elementare Sicherheitsregeln beim Führen von Pferden informiert dieser ausführliche Beitrag des Sicherheitsexperten und gerichtlich beeideten Sachverständigen Dr. Reinhard Kaun!

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