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Studie bestätigt: Ein bewegliches Becken ist der Schlüssel zu gutem Reiten
11.02.2021 / News

Auf die Beweglichkeit des Beckens kommt es beim Reiten an – das untermauert eine aktuelle Studie dänischer und amerikanischer Wissenschaftler.
Auf die Beweglichkeit des Beckens kommt es beim Reiten an – das untermauert eine aktuelle Studie dänischer und amerikanischer Wissenschaftler. / Symbolfoto: Archiv/Irene Gams

Eine gute Beweglichkeit und Kontrolle des Beckens ist für gutes, pferdefreundliches Reiten von überragender Bedeutung – und wichtiger als die Fähigkeit zum statischen Ausgleich, so eine aktuelle Untersuchung.

 

Während ihrer Reitausbildung lernen ReiterInnen, ihr Becken zu bewegen und zu stabilisieren, um die Bewegungen ihres Pferdes aufzunehmen und zu beeinflussen. Im Allgemeinen neigt sich das Becken des Reiters in die jeweils entgegengesetzte Richtung und rollt in die gleiche Richtung wie die Drehung des Sattels. Die Beckenkontrolle gilt insbesondere im Dressursport als Schlüsselfaktor für gutes Reiten.

Die Forscherinnen Mette Uldahl, Janne Christensen und Hilary Clayton haben in einer aktuellen Studie festgestellt, dass es durchaus schwierig sein kann, zwischen den Ursachen und Auswirkungen der Asymmetrie zwischen Pferd und Reiter zu differenzieren, da beide eng miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen. Zugleich benötigen Reiter eine Art ,Kernstabilität’, um den Bewegungen des Pferdes zu folgen und diese steuern zu können – und zu vermeiden, dass unbeachtigte oder widersprüchliche Signale gegeben werden.

Dieses komplexe Zusammenspiel wollten sie im Rahmen ihrer Untersuchung nachzeichnen. Sie bewerteten dabei die Leistungen von ReiterInnen bei Übungen auf einem Gymnastikball und setzten diese Ergebnisse dann in Beziehung zu ihrer Leistung auf dem Pferd. An der Studie nahmen insgesamt 20 weibliche Reiterinnen teil, die alle mindestens fünf Jahre Reiterfahrung mit eigenen Pferden oder Ponys aufwiesen.

Bewertet wurde die Leistung jeder Reiterin bei einer standardisierten Dressurprüfung, die 5 Minuten und 20 Sekunden dauerte und mittels Video aufgezeichnet wurde. Die Qualität und Harmonie jedes Rittes wurde von einem professionellen Physiotherapeuten bewertet, der sich darauf spezialisiert hat, ReiterInnen zu bewerten und zu trainieren, um ihre Leistung im Sattel zu verbessern bzw. auch ReiterInnen nach einer Verletzung wiederherzustellen. Bei jeder Dressurpferde wurde jegliches Konfliktverhalten der Pferde dokumentiert und festgehalten, auch die Herzfrequenz jedes Pferdes wurde während des Dressurtests überwacht und die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Speichel nach der Prüfung gemessen. Nach der Dressurphase stiegen die Reiter ab, und jedes Pferd wurde mit einem Satteldruck-Messpad ausgestattet. Der Reiter stieg dann wieder auf und ritt das Pferd in zwei 20-Meter-Zirkeln im ausgessenen Trab auf jeder Hand.

Die Gewichtsverteilung im Stehen zwischen dem linken und dem rechten Bein jeder Reiterin wurde mit zwei Personenwaagen gemessen. Das Gleichgewicht und die Beweglichkeit jeder Reiterin wurden in Tests an einem Gymnastikball bewertet, wobei jede mit horizontalen Oberschenkeln und vertikalen Waden auf den Ball gesetzt wurde. Jede einzelne wurde basierend auf einer späteren Videoanalyse bewertet, indem sie ihr Becken nach links und rechts rollen sollten, weiters mussten sie ihr Becken nach links und rechts drehen, während ihre Beine und ihr Rumpf so ruhig und stabil wie möglich bleiben sollte. Anschließend wurden sie gebeten, 30 Sekunden lang zu versuchen, auf dem Ball zu balancieren, ohne dass ihre Füße den Boden berührten.

Die Ergebnisse waren eindeutig: Die Wissenschaftler stellten fest, dass die Fähigkeit der Reiterinnen, das Becken auf dem Gymnastikball von einer Seite zur anderen zu rollen, in hohem Maße mit ihrer Fähigkeit korrelierte, das Becken auf dem Ball kreisen zu lassen (beides Indikatoren für eine gute Beweglichkeit des Beckens) – und mit der Qualität und Harmonie während des Reitens. Das Beckenrollen und die Qualität des Reitens zeigten hingegen eine eher negative Korrelation mit den Balancefähigkeiten am Ball, was für die Wissenschaftler bemerkenswert war – denn es deutet darauf hin, dass die Fähigkeit zu aktiver Beckenbewegung für gutes Reiten wichtiger und ausschlaggebender ist als die Fähigkeit zum statischen Ausgleich: „Pferde, die von Reitern mit besserer Beweglichkeit und Kontrolle des Beckens geritten wurden, zeigten zudem signifikant weniger Konfliktverhalten. Im Gegenteil, hohe Punktzahlen für das Balancieren auf dem Gymnastikball korrelierten negativ mit der Arbeits-Herzfrequenz der Pferde, was auf eine weniger dynamische Leistung hindeutet."

Pferde arbeiteten mit signifikant höheren Herzfrequenzen bei Reiterinnen mit guten Werten beim Beckenrollen, ebenso bei Reiterinnen mit einer guten Bewertung für das Beckenkreisen – im Vergleich zu jenen mit schwächeren Bewertungen. Dazu die Wissenschaftlerinnen: „Diese Unterschiede können darauf hinweisen, dass Reiterinnen mit einer besseren Beckenkontrolle in einer günstigeren Position sind, um den Antrieb, das Engagement und die Versammlung zu steigern, was einen höheren Energieverbrauch des Pferdes und damit eine höhere Herzfrequenz erforderlich macht.“

Die Pferde zeigten während des Reitens weniger Konfliktverhalten, hatten jedoch höhere Herzfrequenzen, wenn sie von Reiterinnen mit guten Werten beim Beckenrollen geritten wurden, verglichen mit denen, die als schlechter eingestuft wurden. Einen ähnlichen Trend gab es für die Fähigkeit der Reiterinnen, das Becken zu kreisen.

Das Resümee der Forscherinnen war daher eindeutig: „Es scheint, dass die Fähigkeit, das Becken aktiv zu bewegen, für die Leistung des Pferdesports relevanter ist als die Fähigkeit zum statischen Ausgleich. Einfache Übungen auf einem Gymnastikball, die die Fähigkeit schulen, das Becken zu bewegen und zu kontrollieren, könnten nützlich sein, um die Fähigkeiten des Reiters zu bewerten und möglicherweise zu verbessern“, so die Autorinnen.

Die Studie „Relationships between the Rider’s Pelvic Mobility and Balance on a Gymnastic Ball with Equestrian Skills and Effects on Horse Welfare" von Mette Uldahl, Janne W. Christensen und Hilary M. Clayton ist am 9. Februar 2021 in der Zeitschrift ,animals' erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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