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Quarzsand von Reitplätzen kann Lungenkrebs-Risiko auf Pferdebetrieben erhöhen
13.09.2019 / News

Die auf Reitplätzen aufgewirbelten Partikel können auch lungengängigen kristallinen Quarzstaub enthalten – und ein erhöhtes Lungenkrebs-Risiko nach sich ziehen.
Die auf Reitplätzen aufgewirbelten Partikel können auch lungengängigen kristallinen Quarzstaub enthalten – und ein erhöhtes Lungenkrebs-Risiko nach sich ziehen. / Foto: Pixabay

Irische Wissenschaftler haben die Risiken analysiert, die durch das Einatmen von Quarzstaub-Partikeln entstehen können, die etwa bei der täglichen Arbeit auf Reitplätzen aufgewirbelt werden.

 

Dass in vielen Reitställen eine sehr hohe Staub- und Feinstaubbelastung herrscht und diese für zahlreiche Lungenerkrankungen verantwortlich ist, ist hinlänglich bekannt und auch wissenschaftlich gut belegt. Die Quellen für derartige Klein- und Kleinstpartikel sind in Pferdebetrieben mannigfaltig – sie können bei der Arbeit auf Reit- und Longierplätzen entstehen, beim Ausmisten und Einstreuen von Boxen, beim Putzen, beim Handling mit Stroh, Heu und sonstigen Futtermitteln usw. Vor allem in geschlossenen Räumen oder in Reithallen kann die Partikelbelastung exorbitant sein, wie ebenfalls Untersuchungen gezeigt haben.

Wissenschaftler der Universität von Irland in Galway sowie vom Institut für Arbeitsmedizin im schottischen Edinburgh haben sich in einer aktuellen Studie einer ganz speziell Partikel-Art gewidmet, die auch in Reitbetrieben auftreten kann – nämlich kristallinem Quarzstaub, einem natürlicher Bestandteil von Sand, der in vielen Berufsfeldern (z.B. bei Erzbergleuten, Gesteinshauern, Sandstrahlern, Ofenmaurern, Tunnelbauern etc.) die Atemluft belasten kann. Bei diesem Quarzstaub handelt es sich um die kristalline Erscheinungsform von Siliziumdioxid (SiO2), die seit 1997 von der IARC (International Agency for Research on Cancer) als „krebserregend für den Menschen“ eingestuft wurde. Das langjährige Einatmen von quarzhältigem Feinstaub kann zur berüchtigten Silikose (Quarzstaublunge) und zu Lungenfibrose führen.

Die irischen und schottischen Forscher gingen davon aus, dass derartiger kristalliner Quarzstaub auch auf Pferdebetrieben gehäuft auftreten kann, nachdem Quarzsand in sehr vielen Reitställen als Belag für Reitflächen im Freien oder in Reithallen, auf Trainingsbahnen, auf Longierplätzen oder auch in Schrittmaschinen zum Einsatz kommt. Doch nähere Untersuchungen über die Intensität der Belastung auf Pferdebetrieben gibt es bislang nicht – und diese zu erheben war das primäre Ziel der vorliegenden Pilot-Studie.

Die Wissenschaftler wählten als Test-Betrieb einen irischen Reitstall mittlerer Größe, der von seinem Betreiber selbst bewirtschaftet wurde. Der Stall umfasste rund 30 Einstell- bzw. Trainingspferde sowie weitere 15 Schulpferde, die Infrastruktur bestand aus zwei großen Außenreitplätzen sowie einer Reithalle. Die Tretschicht sämtlicher Reitflächen bestand aus Quarzsand, versetzt mit Textilschnitzeln aus geschredderten Teppichen. Der Reithallen-Belag wurde nur fallweise bewässert, um die Staubbelastung zu reduzieren – eine automatische Beregnungsanlage gab es nicht.

Zu den typischen Aufgaben im Betrieb gehörte das Ausmisten der Boxen, das Longieren der Pferde, das Freispringen für zwei bis vier Jungpferde täglich, Reitunterricht sowohl in der Halle als auch auf den Freiplätzen, das Reinigen, Auf- und Absatteln der Pferde (das ausnahmslos im Innenbereich stattfand) sowie das Abziehen bzw. und Rechen sämtlicher Reitflächen. Untersucht wurde die Staubbelastung, welcher der Betreiber/Arbeiter während der insgesamt überprüften 16 Arbeitsschichten zwischen Juni und August 2018 ausgesetzt war.

Atemluft-Proben wurden während der gesamten Dauer einer Schicht, einschließlich der kurzen Pausen in der Kantine, erhoben, und zwar mittels spezieller, kalibrierter Luftmessgeräte. Die Probennahmezeiten reichten von 480 bis 540 Minuten, wobei der Pächter 75 bis 85 % seiner Arbeitszeit in der Halle oder ihrer Nähe verbrachte.

Es wurde festgestellt, dass der Arbeiter im Durchschnitt Konzentrationen von alveolengängigem (also bis in die Lungenbläschen eindringendem) Staub von 0,12 mg pro Kubikmeter und Konzentrationen von lungengängigem kristallinem Quarzstaub von 0,02 mg pro Kubikmeter ausgesetzt war. Die Quarzstaub-Konzentrationen waren an den Tagen signifikant geringer (bis max. 0,03 mg pro Kubikmeter), an denen die Reitflächen bewässert wurden. War dies nicht der Fall, konnten die Konzentrationen bis zu 0,09 mg pro Kubikmeter ansteigen. Das manuelle Bewässern (mittels Wasserschlauch und Leiter) war jedoch, wie die Wissenschaftler anmerken, zeitintensiv und wurde nur verhältnismäßig selten angewendet.

Damit lag die Belastung mit kristallinem Quarzstaub zwar unter dem in Irland zulässigem Höchstwert von 0,1 mg pro Kubikmeter – aber immerhin über dem Grenzwert, den das Nationale Institut für Berufssicherheit und -gesundheit der USA empfiehlt, nämlich 0,05 mg pro Kubikmeter. Wie die Wissenschaftler anmerkten, gibt es mehrere Studien aus den USA, in denen etwa für Arbeiter bei der industriellen Sandgewinnung gezeigt werden konnte, dass bereits Konzentrationen von 0,05 mg pro Kubikmeter ein erhöhtes Risiko von Lungenkrebs nach sich ziehen können. Dieses Risiko wird jedoch deutlich vergrößert, wenn die Betroffenen auch noch Raucher sind.

Die Wissenschaftler konnten aus dieser Untersuchung – die zwar klein angelegt und daher in mancherlei Hinsicht von begrenzter Aussagekraft war – einige interessante Schlussfolgerungen ableiten: Insgesamt habe die Studie „neues Datenmaterial hinsichtlich der Belastung von Arbeitern auf Pferdebetrieben mit lungengängigem kristallinem Quarzstaub“ geliefert, so ihr Resümee. „Die Belastungen mit lungengängigem kristallinem Quarzstaub bewegen sich innerhalb jenes Bereichs, der mit einem erhöhten Lungenkrebs-Risiko verbunden wird. Die Verwendung von staubhemmenden Lösungen und Maßnahmen wie z. B. der Partikel-Bindung durch Bewässern sollte bei der Arbeit in Reitbetrieben weiter vorangetrieben werden. Die Arbeitskräfte in Reitställen sollten jedenfalls betriebliche Gesundheitsschulungen zu jenen Risiken erhalten, die mit der Belastung durch lungengängigen kristallinen Quarzstaub verbunden sind.“

Die Forscher empfahlen auch den Einbau automatischer Beregnungssysteme, da die vielfältigen sonstigen Arbeitsaufgaben in einem Reitbetrieb nur wenig Zeit für die manuelle Bewässerung größerer Flächen lassen. Und sie sprachen sich auch dafür aus, weitere Forschungsarbeiten zu unterstützen, die generell das gesundheitliche Bewusstsein in Pferdebetrieben fördern – auch für die bei Reitflächen verwendeten Grundmaterialien – und so dazu beitragen, ein besseres Wissen und Verständnis der damit verbundenen Risiken zu entwickeln.

Die Studie „Occupational Exposures in an Equestrian Centre to Respirable Dust and Respirable Crystalline Silica“ von Kathleen Bulfin, Hilary Cowie, Karen S. Galea, Alison Connolly und Marie Ann Coggins ist im ,International Journal of Environmental Research and Public Health’ erschienen und kann in englischer Originalfassung hier nachgelesen werden.

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