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Haftung für Mitreiter: So sieht die Rechtslage in Österreich aus
12.10.2017 / News

Dr. Peter Lechner hat die Rechtslage bezüglich der Mitreiter-Haftung für ProPferd analysiert.
Dr. Peter Lechner hat die Rechtslage bezüglich der Mitreiter-Haftung für ProPferd analysiert. / Foto: privat

Das OLG Nürnberg hat kürzlich entschieden, dass eine Pferdebesitzerin auch für die Unfall-Folgen einer Mitreiterin haftet – doch wie sieht die Rechtslage in Österreich aus? Eine Analyse von Dr. Peter Lechner.

 

Das Urteil des Oberlandesgerichts Nürnberg – über das auch ProPferd ausführlich berichtet hat – hat für einiges Aufsehen und hitzige Diskussionen gesorgt: Das Gericht hatte entschieden, dass die Besitzerin eines Pferdes (= Pferdehalterin) auch für Unfälle einer Mitreiterin haftet, die durch das Pferd verursacht wurden. Die Tatsache, dass der Unfall eine Mitreiterin betraf, die bei einem Ausritt vom Pferd gestürzt war und eine Querschnittlähmung erlitten hatte, ändere nichts an der Haltereigenschaft. Das Gericht legte nach eingehender Beratung eine Quote von 50 % fest (Details sind unserem ausführlichen Artikel zu entnehmen).

In der anschließenden Diskussion tauchten vor allem zwei Fragen auf: 1) ob ein derartiges Urteil auch in Österreich grundsätzlich möglich wäre – und 2) ob ein sogenannter ,Haftungsausschluss’ im Mitreiter-Vertrag in einem solchen Fall wirksam gewesen wäre. Wir haben dazu den prominenten Rechtsanwalt und gerichtlich beeideten Sachverständigen Dr. Peter Lechner aus Innsbruck um Auskunft gebeten. Hier seine Stellungnahme dazu:

1) Vergleich der Rechtslagen in Österreich und Deutschland

Die Rechtslage in Österreich unterscheidet sich von der deutschen Rechtslage doch erheblich, zumal sowohl der Begriff „Tierhalter“ als auch die Haftungsgrundlage unterschiedlich sind.

Während nach § 833 BGB eine Verletzung oder Tötung eines Menschen oder eine Beschädigung einer Sache durch ein Tier den Tierhalter in jedem Fall zum Schadenersatz verpflichtet, ist nach § 1320 ABGB in Österreich 

a) derjenige haftbar, der das Tier angetrieben, gereizt oder in der Verwahrung vernachlässigt hat und
b) die Haftung dadurch begrenzt, dass eine Beweisumkehr eintritt und der Tierhalter beweisen kann, dass er das Tier ordentlich verwahrt und beaufsichtigt hatte.

Nach österreichischem Recht kann Tierhalter auch derjenige sein, der das Tier vom eigentlichen Tierhalter zur Verwahrung und Beaufsichtigung übertragen erhalten hat. Hier ist der übertragende Tierhalter dann von der Haftung befreit, wenn der beweist, dass die ausgewählte Person für die Verwahrung geeignet ist und diese über die Eigenheiten des Tieres aufgeklärt wurde.

In Deutschland existiert demgegenüber der „Tieraufseher“ gemäß § 834 BGB. Dies ist jene Person, die vertraglich die Aufsicht über das Tier übernimmt.

Wesentlich vereinfacht dargestellt bedeutet dies, dass der Tierhalter nach österreichischem Recht nur dann haftet, wenn er nicht in der Lage ist, nachzuweisen, dass er das Tier ordnungsgemäß verwahrt oder einer ungeeigneten Person übergeben hat. In Deutschland haftet der Tierhalter in jedem Fall, wenn sich die „Tiergefahr“ verwirklicht.

2) Wäre das Urteil auch in Österreich denkbar?

Entgegen der rechtlichen Beurteilung des OLG Nürnberg wäre nach österreichischem Recht die Halterhaftung im Rahmen der Reitbeteiligung auf die Reitbeteiligung übergegangen, weil – wie oben ausgeführt – der eigentliche Pferdehalter für die Ausübung derselben der Reitbeteiligung die Verwahrung und Beaufsichtigung des Pferdes übertragen hat.

Für eine allfällige (Mit-)Haftung wäre daher nach österreichischem Recht abzuklären und entscheidend, ob dem eigentlichen Tierhalter (Pferdebesitzer) ein Verschulden vorzuwerfen ist. Ein derartiges Verschulden kann darin gesehen werden, dass der Pferdehalter die Reitbeteiligung nicht über Eigenheiten des Pferdes aufgeklärt oder sich über die notwendigen Reitkenntnisse der Reitbeteiligung nicht informiert hat.

3) Haftungsausschluss im Reitbeteiligungsvertrag

Grundsätzlich ist ein Haftungsausschluss nach der Rechtsprechung in Österreich nur für leichte Fahrlässigkeit und für Sachschäden, nicht aber für Personenschäden zulässig. Es ist daher – wie oben ausgeführt – eine Prüfung erforderlich, ob ein Verschulden des eigentlichen Tierhalters vorliegt. Die Haftung ihm gegenüber kann nur auf Verschulden gestützt werden. Demzufolge sind auch im Wege der Legalzession auf die Krankenkasse übergegangene Forderungen nur dann gegenüber dem Tierhalter durchsetzbar, wenn diesem ein Verschulden am Unfall vorgeworfen werden kann.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass im Ergebnis ein Urteil auch in Österreich analog dem Urteil des OLG Nürnberg denkbar wäre, wobei allerdings andere rechtliche Voraussetzungen geprüft und festgestellt werden müssten.
Dr. Peter Lechner

Dr. Peter Lechner ist Rechtsanwalt und gerichtlich beeideter Sachverständiger für Reiten und Pferdesport im Allgemeinen sowie Pferdehaltung in Innsbruck (www.dierechtsanwaelte.com).

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